Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

DOI Heft:
Nr. 76 (September 1911)
DOI Artikel:
Adler, Joseph: „Künstler“
DOI Artikel:
Werbung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0164

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Feuerzauber

Es war eine Not. Wochenlang „b r ü t e t e“
das Himmelhuhn Sonne Wärme. Tropische Wär-
me. In den Redaktionstuben waren die letzten
Wasser der Nüchternheit ausgetrocknet. Ueber-
hitzte Phantasie und oelbildreiche Sprache wüte-
ten schirokkoartig.

Vom „sausenden Webstuhl der Zeit“ fielen
nur noch S t o f f e für unsere Reporter ab. Ta-
gesberichte wurden gedichtet. Allerorten,
t ä g 1 i c h gab es Waldbrände. Man glaubte
nicht mehr an sie. Bis eines Tages in unserer
Nähe in einem Walde Feuer ausbrach. Das
Bild festzuhalten, entsandte die Morgen-
post einen Redakteur an die Brandstätte.

Entstanden war der Brand durch das bekann-
te „achttos hingeworfene Streich-
h o 1 z“.

„Es liess das dürre Gras in Knisterflämm-
. chen emporlodern, dann schoss die Feuer-
schlange weiter, ringelte und ziingelte am Bo-
den hin, kroch verdorrte Stauden empor.

Von zwei Seiten wird der Waldbrand an-
gegriffen, und beide Kolonnen treiben das
Feuer nach der Mitte zusammen. Aber das
tiickische Element gehorscht nicht der verein-
ten Löschtaktik, wie eine feurige Katze schiesst
es am Waldboden hin, und ehe der Wasser-
strahi die fliichtige Flamme erreichen kann,
prasselt sie an einem dürren Strauch empor,
zuckt grell auf und beleuchtet wie mit Zau-
berschlag die nächste Umgebung. Noch stehen
die Kiefern schwarz und unberiihrt, wenn
auch die kühne Feuerkatze hie und da einen
Sprung am Stamm hinauf versuchte, sie hat
nicht weit kommen können. Ein wohlgezielter
Wasserstrahl machte ihrem Höllenleben ein jä-
hes Ende.

Am Waldessaum, fern von der Stätte, wo
die Johannisthaler Braven mit den Flammen
kämpfen, hält der Trompeter, ein Kasten Bier
steht unter seiner Obhut, und von Zeit zu Zeit
kommen einer und ein anderer aus dem kni-
sternden, qualmenden Waldbrodem heraus, um
Tageshitze und Feuersglut mit einem kühlen
Trunk abzulöschen, .^espensterhaftes Ab- und
Zugehen, wie am Rande von Dantes Hölle.
Und man wird wohl kaum vor Nacht abzie-
hen können, die gelbe Katze hat ein zähes Leben.

Ob zwar schon ein „wohlgezielter Wasser-
s rahl ihrem Höllenleben“ ein Ende bereitet hatte.

Und dieweil sich die B r a v e n von Johan-
nisthal redlich mühten, des „Feuers Herr zu
werden“, verübte man — fingerfertig — einen
Einbruch in die Literatur.

Auf feines Spüren

Zeitungsredakteure uncl Feuilletonisten ma-
chen keine Ferien. Sie verreisen, aber sie ra-
s t e n nicht. Der falsche Prophet uncl Feuille-
tonregenerator lag zur Erholung an der Nord-
see, musste aber doch jede Woche zwei Cause-
riebarken vom Stapel lassen. Er lag auf „wei-
ssen Sanden, die Unsterblichkeiten in Heines Wer-
ken wiederzufinden. Doch „es geschah“, dass
er sein Reklamheftchen Heine verlor.

Am Strancle verloren, und dort liegt der
Sänger nun irgendwo herum, zwischen zertre-
tenen Muscheln und Seesternen und all der
sterbenden Kreatur der See.

Ich ging zum Buchhändler, um ein neues
Exemplar zu kaufen. „Bitte geben Sie mir
Fleines Nordsee, sagte Herr Anburtin zu dem
Manne im Laden. Und dieser — „d u r c h -
schauend lächelnd“ — gab ihm Grie-
bens Führer durch die Nordseebäder.

So putzige Geschichten iiberlässt man kei-
neswegs dem „U 1 k“. Für ihn hat Engel an
der See gedichtet, Lyrik. In der bewährten
Art des Sängers, der dort nun irgendwo her-
umliegt, zwischen zertretenen Muscheln und
Seesternen und all der sterbenden Kreatur der
See.

Engels hatten Fischlein gefangen
Und mit heissen Wangen
Einander mit Sand bestreut.

Wir nahmen ein Buch zu Händen
Und lasen es nicht.

Wir lagen in Mittagsbränden
Und liessen das Auge uns blenden
Vom wogenden, wabernden Licht.

Das Buch war sicher nicht Heines Nordsee.
Wurden wir nicht gesunder
Im Duft des Tangs?

Lieblich schmeckte der Flunder,

Llnd noch dazu das Wunder
Des Sonnenuntergangs.

Hier versagt ein Komma. Es taucht kichernd
unter, und diese Strophe drängt hinauf:

O, in das Meer ohne Brücken
Fuhr man hinaus.

Stiegen die Wellenrücken,

Brach man in lautes Entzücken,

Ach, wie brach man da aus!

Man brach aus!

Der überzählige Plural

Ein mit Oderwasser getauftes Frankfurter
Kind, das seine ersten Lebenswochen geliend
durchschrie und sich schon damals prophezeien
iassen musste: Aus der wird mal was, die
macht schon jetzt von sich reden! Das bin
ich. Und was ward aus ihr?

Ein deutsche Dichterin

Otto von Leixner, Eugen Trowitzsch, R u-
dolf Presber haben mich dann zu mei-
nen kleinen Liedern ermuntert, und ihnen dan-
ke ich, dass ich jetzt in den besten Blättern
Deutschlands Eingang gefunden habe.

Otto von Leixner hat nicht nur eine Lite-
raturgeschichte und schlechte Romans verfasst
Er hat auch anderes Unheil angerichtet.

Die Sonntags Zeitung für das Deutsche
Haus, eines „von den besten Blättern
Deutschland s“, bringt die kleinen Lieder
des Frankfurter Kindes dutzendweise zum Ab-
druck. Ein Blatt, das einen „O n k e I“ in der
Redaktion zu sitzen hat, der im Briefkasten die
Einsendungen der Nichten und Neffen, die in
der geliebten Verskunst Dilettantieren, keck be-
spötrelt und ablehnt.

Nicht alle, Viele werden angenommen. Und
darum schicken so viele Jungfrauen und Jüng-
linge ihre „ Musenkinder“ an ein Familienblat!
zur Priifung. Sie tun es in der Ueberzeugung,
dass ihre Verse nicht schlechter sind als die
kieinen Lieder der Dichterinnen, dievon sich
reden machen.

Alle deutschen Familienblätter — und wenn
sie sich Woche für Woche mit Gedichten der
Frieda Schanz, Josefa Me z, Clara Schelper,
Adelheid Stier und anderen Reimtan.en bis
zum Brechen füllten, werden dem P ! u r a 1 i s:
Dichterinen keine Geltung verschaffen kön
nen.

Gibt es doch in Deutschland nur eine Dich-
terin: Eise Lasker-Schüler. J. A.

Verantwortlich für die Schriftleitung
HERWARTH WALÜEN / BERLIN-HALENSEE

Verantwortlich für die Schriftleitung in Oesterreich-
Ungarn / I. V.: Oskar Kokoschka

L’Effort

Halbmonatsschrift

für moderne Kultur u. fran-
üösische Sezetsion in den
Künsten undin derLiteratur

Herausgeber und
:: Schriftleiter ::

JEAN RICHARD

Jahresbezug für das
Ausland: Mark 4.50

Zweiter Jahrgang

Verlag und Redaktion:
POITIERS (Vienne)
Frankreich

Les ilarses

5 rue Chaptal / Paris

Diese literarische Zeitschrift
veröffentlichte das franzö-
sische Original der Tage-
bücher Flauberts, deren
Uebertragung in Deutschland
verboten wurde.

Die Hefte, die die Tage-
bücher Flauberts enthalten,
sowie die übrigen seitdem
erschienenen Nummern sind
vom Verlag der Zeitschrift
Les Marges gegen Einsen-
dung von sechs Francs direkt
zu beziehen.

Die Fachel

HERAUSQEBER
Karl Kraus

Erscheint in zwangloser
Folge

üfummer 326/327/328

ist erschienen

Preis 75 Pfennig

80 Seiten

Mit einer Illustration:
Der Sieger

ÜBERALL ERHÄLTLICH

Werbeband der Fackel
50 Pfennig

Les Cahiers duCenfre

Monatsschrift für Soziologie
Qeschichte, Kunst
und Literatur

Qegründet von Paul Cornu

Herausgeber u. Schriftleiter

HENRY BURIOT

In den Cahiers du Centre

erschienen Werke von Jules
Renard, Charles-Louis Phi-
lippe, Marguerite Audoux,
Emile Guillaumin, Romain
Rolland, Andre Spire, Henri
Bachelin, Valery Larbaud,
Raymon Darsiles u. a. m.

Jahresbezug fürs Ausland:

4,80 M. (Luxusausg. 9,60 M.)

Probeheft gegen Ein-
sendung von 50 Pfg.

VERLAQ u. REDAKTION:
16, Boulevard Chambonnet,
MOULINS (Allier) Frankreich

1--

Verlag „1

)er Sturm“

rr~..

Herwarth Walden
DAFNISLIEDER

FürQesangu.K!avier/52Seiten

DREI MARK

Durch alle Buch- und Musi-
kalienhandlungen oder direkt
durch denVerlag DER STURM
Halensee/Katharinenstrasse5

V i

608
 
Annotationen