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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

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Nr. 63 (Mai 1911)
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Heymann, Walther: Berliner Sezession 1911, [1]
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Falk, Norbert: Berliner Leben
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0060

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schiimmer sein, wer.n man wirklich mal als Re-
volutionär die Streitaxt schwang und später als
Gernüt aus dem so schön verspotteten deutschen
Familienleben veritable Kohlköpfe erntet. Thomas
Theodor H e i n e betet als Maler zu Adolf Adam
Oberländer. Hat also alien Grund, gcgen
die Einfuhr französischer Kunst zu protestieren.
Dein Teufel haßte das Gefackel!

Doch führte dicli mit Hallelujah
Das Engelein vom Mops zunr Dackel.

Auf deiner Urne unterni Tuja
Steht: Dies war Thornas Theodor.

Reuig gestorben als Pastor.

Ebenfalls gedenken wir leidtragend dcs p.
Hans Thoma, der uns vergangen erscheint, ob
er gleich noch lebt; er hat doch einmal gut ge-
malt Diese Sorte von Verklärern meinte ich nicht.

Auch nicht die allzu Fertigen. K I e i n -
Diepold kommt uns wieder glänzend wie Speck
und gehört in das gut bürgerliche Eßzimmer.
Die iiebenswürdige Auffrischung macht L i n d e -
Walther nicht moderner und hilit uns bei
detrt braven strebsamen F r i t z R h e i n noch
nicht iiber die Langeweile hinweg. Die sehr ge-
konnten, sehr farbigen Bilder von P h i I i p p
Franck behalten etwas Kaltes; sind mir
immerhin lieber wic die langweiligen Strandbilder
von O p p 1 e r und K ä r d o r f f, dessen Stilleben
ich brutal, an dessen Frauenportraits ich nur das
Frauenproblem reizvoll finde; derTeint der Hand
dürfte doch von der Farbc der Bank verschicden
sein. SabineLepsius gehört in die „Große“,
der Gesinnung nach Oppenheimer und der
ganz unüberwindliche Manierist Haberman n
ebenfalls. Um von Größeren zu reden,
Kalkreuth und T r tib n e r, sie sind ernste
Künstler, und sicher wie ausgebildete Indivi-
dualitäten. Aber sclbst ihr Einfiuss ist schon
historisch gewordert; ttnd Trübners Andromeda
von ihm aus eine Verwirrung. Es ist beängstigend,
zu sehen, wie die wenigsten Künstler von ihrcs-
gleichen um mehr geschätzt werden, als die ab-
lernbare Technik, wie die Geschätzten davon all-
mählich selbst überzeugt werden, ohne zu be-
denken, daß sie von ihrer eigenen Entwicklung
in immer neuer Sprache uns durch dic Zeugen
ihres kiinstlerischen Seelenlebens etwas mitteilen
sollen. Und so komrnt es, daß L i e b e r m a n n,
alt und kaum mehr in der Vollkraft, unter dem
höheren Mittelwuchs wieder wie ein einsamer
Riese dasteht. Seine Palette ist nicht mehr sehr
reich, aber sehr verfeinert. Er ist von Grnnd
aus immer Zeichner gewesen. Die Auffassung

der Legende vom barmherzigen Samariter kommt
halb von einer gegemvartiichen, halb von leicht
klassizistischer Sachlichkeit, ohne daß der Vorwurf
uns sonst noch an seine irüheren Verkörperungen
durch die Franzosen erinnert. Die Gleichgiiltigkeit
des reichen Passanten, die Unbekiimmertheit des
Esets — und die vermenschlichte Pietä, die
Hilfeleistung im Vordergrunde dieser in der
Kargheit fast nordischen Landschaft — cias scheint
kein Schauspiel mehr, es suggeriert Leben mit
der Kraft des Dramas. Nur eine innige Natur
konnte das empfinden, eine sichere Gefühls-
verteidigung und kiihle Erkenntnis es so vor
jedem Zuviel bewahren. Fiir die allerchristlichste
deutsche Kircke kann man kein besser frommes
Bild finden. Die Größe der Empfindung und
die Reinheit der Vision sind bewundernswert.
Niemand, meine ich, ist Rembrandt so nahe ge-
kommen, als der beste deutsche Impressionist.
Der uns aus dem Selbstbildnis ansieht, so
retiefhaft, voller Glut unter dem leise Erstarrenden,
das ein heiliges Licht von äußen verklärt.

Berliner Leben

Hermaphroditiaches

Es wird aber auch noch Schweiß kosten, elie die Gesamt-
aussteliung' aus ihrem rudimentären Zustand herausgerissen
sein wird. Voriäufig ist ihr Symbol das Piakat der
nackten Männer mit der Trikolore. Auch sie ist
noch lange ein halbnakter Mann; er trägt ein paar tüditige
deutsche Strümpfe, englische Sdnihe, eine ungarische Krawatte
und einen — Bersaglierehut

Norbert Falk

Aus der B. Z. am Mittag vom sechzehnten Mai 1911

Der akadesnische Engel

Jede Woche läuft mir ein Eng-el übcr den Weg. Diesmal
der Eduard. Er sprach im Akademisch-Literarischen Verband
über dic Ursprünge der jüng-stdeutschen Litcratur. Was er
sagte war sehr flach, aber desto länger. Das Publiktim
trampelte ihm Beifall. Herr Engel blieb auch durchaus ver-
st’ändlich. Er führtc aus, dass er der jüngstdeutschen Li-
teratur sehr nahe stehe, weil er mit ihren hervorragenden
Vertretern gar manche Nacht zusammengesessen habe. Er
konntc auch feststellen, dass die Herren nicht scine stupide
Bildung besassen. Bemerkte auch, mit Humor, dass er sich
verpflichtct hättc, schon damals, ein Drama wie die Familie
Seiickc in zwci Stundcn heruntcrzudichten. Lcider tat er es
nicht, sonderri benutzte seine Meggendorferphantasie, wie er
selbst mitteilte, zwei Bände Novellen zu schreiben. Er drückt
sich in seiner Literaturgeschichte über sich selbst pessimistisch
aus: „Zu den Erzählern mit keinem höheren Ehrgeiz als dem,
zu crzählen, und wenns gelänge, Menschen zu formen, wollte
Eduard Engel gehören.“ Also nicht einmal dazu reichte es

nach seiner eigenen Meinung. Damit die Herren Akademlkc!'
nicht etwa erst auf den Kauf seiner Literaturgeschichte hinein-
fallen, seien hier einige Werturteile aus seincrn trocken-
komisclien Werk wiedcrgegeben. Ueber Mombert: „Er
besitzt alle Eigenschaften des lyrischen Dichters, bis auf die
eine: er kann kein Gedicht machen. Hier ist zum Beispie'
eins der Mombertschen Gedichte:

Eine Gestalt fliegt hinter uns her.

Die bläst eine goldene Posaune.

Die durchschallt das blaue Aethermeer.

Wenn dies ein Gedicht ist, so gibt es keinen g'ebildeten
Deutschcn, der nicht jährlich einige hundert solcher Gedichte
maclien könnte.“

Ueber Max Dauthendey: „Schon seine Titel versteht man
nicht, auch könnte man sie beliebig vertauschen, zum
Beispie! ohne Schaden sagen Die brennende Hochzcit und
Der ewige Kalender. Scine Verssprache ist eine Mischuno-
von ossianischer blumiger Prosa und kindlichen Bonbonge-
dichtchen, nur dass dies beides verständlicher ist, als was
Dauthendey für Lyrik hält.“

Ueber Rainer Maria Rilke: „Sein Erkennungszeichen ist
einc sanfte musikalische Unverständlichkeit. „Sinnlosigkeit"
wagt man nicht zu sagen; denn wer weiss, vielieicht schlummert
in seinen Gedichten ein unerhÖrter Tiefsinn, den aber nui*
Leser mit den letzten lyrischen Weihen ergriinden könnena'

Ueber Stefan George: „So lieisst der Versbauer durch
den diese ganze sich Dichtung nennende Hantierung- ein -n
nicht so leicht zu übergipfelnden Gipfel erklommen hat: dte
Dichtung derer, die nicht dichten können.“

Hingegen steht nach Engels Ansicht an der Spitze der
jüngst oesterreichischen Lyriker Hugo Salus“ Als sein Haupt-
kennzeichen darf gelten die Kraft des lyrischcn Ausschöpfens
eines Bildcs oder inneren Erlebnisses.“ Ich wiinsche wohl
zu schöpfen.

Ucber Else Lasker-Schüler: „Um sie ist es schade, denn
mit ihrem zitternd heissen Sceleniebcn, dem brennendcn Durst
nach Dichtung' wäre sie einc unserer starken Sängerinne:n
gcworden, wenn ihr das Lied nicht zu abgedroschcn erschien
Sie könnte die bezauberndsten rythmischen Wirkungcn er-
zeugen, aber absichtlich unterbricht sie den P'Iuss ihres
Gesanges durch stolperndc hinkende Verrenkungcn. Ach,
welcli ein edler Geist ward hier zerstört!“ Herr Engel hat
sich bei dieser Gelegenheit sogar den Fuss verrenkt.

Einige Urteile über Kollegen. „In bunter Reihe, ohne
Vollständigkeit seien noch als Kriliker mit Literaturkenntnis
Verständnis und Eintluss genannt: in Berlin F r i t z Engel,
R u d o 1 f H e riojf, G. W e i s s t e i n , R u d o l f P r e 5*
b e r , P h i 1 i p p S t e i n ; in Wien H. Wit t m a n n , M.
Necker, J. Bauer, K. Kraus s.“ Mit dem letzten Namen
ist — Karl Kraus gemeint!

Das dürfte genüg'en. Die Akademiker seien nochm
ausdriicklich vor allcn Eno-cln auf dieser Erde gewarnt.
Bleibe zu Hause

Die Ausstellungshallen sind wieder einmal gefüllt. Vor»
dcr Thealerausstellung' beibehalten sind: Korsetts, Parfums.
und unheimlich viel schlechtc Bilder und Gipsbüsten. Hinzjj-
gckommen sind: Stiefel, Dioramen, Prospekte, Füllfederhaltei-,
Robes, optische Instrumente und eine schwarzwälder Bauer«.-
stube. Die Länder sind durch grosse Schilder ke.mtlich
gemacht. Ich möchte nur wissen, auf welche Weise die
Ausstellungsleiter stets so unglaublich viele schlechte Bilder
auftreiben. Der Zweck dieser Internationalen Aussellung
für Reise-und Fremdenverkchr scheint zu sein, die Berliner
an ihre „Schoile“ zu fesseln. Trust

LesCahiers duCettire

Monatsschrift für Soziologie
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