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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

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Nr. 68 (Juli 1911)
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Loewenson, Erwin: [Rezension von: Dr. S. Friedlaender, Friedrich Nietzsche. Eine intellektuale Biographie]
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Koch, Hermann: Biosphor
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0100

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Dr. S. Friedlaender

Friedrich Nietzsche

Eine intellektuale Biographie

Für heute nur einen Gruss. Ob ich gegen
Sie zu Felde rücken werde, oder zu Ihnen, weiss
ich noch nicht. Denn Ihr Buch ist ein grosses
Monument — von dieser Welt und doch nicht
von dieser Welt — irgendwo fabelhaft hinge-
stellt, wo man nicht jede Woche im Jahr Zu-
tritt hat. Ich will es lange umpilgern.

Es ist schön von Ihnen, dass Sie Ihr Werk
Friedrich Nietzsche nennen. Nicht wegen Be-
scheidenheit. — Aber weil Sie sichs leisten
können. Was Sie getan haben? Sie haben sich
mit Nietzsche über Ihre Philosophie unterhal-
ten. Reciprok . . selbstverständlich und andeu-
tungsweise. Und haben ihm, Buch für Buch,
dargelegt, dass er um Ihr Mysterium weiss.
Nein, dass er ohne es zu wissen nur immer um
Ihr Mysterium gerungen hat.

Er hätte Sie noch erleben sollen. Nach
einem, der ihm reden helfen konnte, hat er sein
ganzes Leben sich die Augen wund gesehen.
Gerade Sie, ein metaphysisch Mündiger (denn
er hat Metaphysik nur retrospektiv abgelehnt;
denn er bebte nach einer solchen Ueberwelt-Ru-
he und ungewaltsamen Göttlichkeit; alles in
ihm triumphierte und flimmerte danach) wenn
Sie in seine Einsamkeit gekommen wären, viel-
leicht hätte er vor Freude geweint, — das un-
geheuer wunderbare' Kind.

Aber immerhin: die Diskussion hat begon-
nen. Und ich glaube, zum ersten Mal in der
Geschichte der Philosophie hat ein Geist (wenn
auch zu spät) einen andern getroffen, der ihn
vorwärts-interpretierte, tiefer hinein, ihm eigne
Begriffe und Flügel lieh und ihn clennoch nicht
pervertierte.

Simmel, in seinem neuen Buch, den „Haupt-
problemen der Philosophie“, leistet Phaenome-
nales im Nacherleben unterirdischer Concepti-
onen. Aber schliesslich ist das nur Luxus, da.
Sein 1 Blick ist nicht furchtbar genug, um solche
Weiten bannen zu wollen wie Sie.

Sie haben Pathos. O wie müssen Sie heiter
sein. Trotzdem Ihr Gehirn diese fiebernde Selbst-
aufrichtigkeit (bis zum Erfolg) hat. Man fühlt,
Sie sind durch blutigste Gräben gewatet. Grim-
mig scheusslich, ohne Pardon. Man ahnt auch,
Sie haben sich mal verkracht auf Sandbänken rum-

3

gerekelt und totgelacht. Und sind nun wieder
da: Schlagender, flackernder, entsetzlicher als einst.
Ruheloser und dennoch beruhigter, voll Infa-
mie des letzten Zugreifens, nicht minder skep-
tisch, aber tausendmal lustiger, jagdgeiler als
einst. Sie Mann vom zweiten Pathos.

Vielleicht werde ich später sagen: „Herr,
Ihre Präzisionen sind mir zu liederlich. Gebt
uns grotesk Controllierbares, exakte Mystik, Si-
cherheit, oder kein Wort mehr darüber. Wir
sind sehr reizbar, Herr; es ist hohe Zeit. Nach-
gerade!“ Aber bis dahin entzückt mich noch
der unbändige Ueberfluss und der Mut Ihrer
Logik.

Für heute einen grossen Gruss!

Sie gehören sicherlich zu den immer-mal-
wieder über die Erde gewürfelten zwölf, drei-
zehn Menschen, die einen Schimmer haben.

G o 1 o Gangi

Das Buch erschien im Verlag Göschen/Leipzigl911

Biosphor

Von Hermann Koch

Die epochalen Zerebralexkremente des Lebens-
forschers John Cecil Cevatch drangen erst in den
Kulturorganismus, als sie der Multibillionär Mr.
Joe Boom in ordinary und preference shares ab-
zog. Die Experimente auf Jkaamaui waren abge-
schlossen. Infusorien, Ephemeren erreichten durch
eine subkutane Einspritzung Paradisier-Alter, hun-
dertzwanzigjährige Maorigreise waren so unkon-
ventionell, ihr vierdimensionales Wesen nicht auf
geben zu wollen., selbst Infektionen und Zivili-
sationsversuche liessen sie warm.

Mr. Joe Booms Tätigkeit war eminent.

Gigantophone heulten: Biosphor, Flammen-
schriften wanden sich um das Erdsphäroid: Bios-
phor, Biosphor.

Hier setzte jene Polemik ein, in deren Ver-
laufe Prof. Krz bewies, dass die Erfindung a pri-
ori undenkbar, a posteriori ein Schwindel sei.

Mr. John Cecil Cevatch wies der Kulturwelt
den tadellosen Meldezettel des nun hundertfünf-
zigjährigen, ewigen Maorihäuptlings: da wurde es
ernst. Die Kalahariwüste und Przemysl horchten
auf, ein Freudenkrampf befiel die Menschheit.
■MaBMBMMBMBB——ME——BMMM—

Biosphor, Biosphor, Biosphor, ein Kubik,
Mikron 1 Pfund = 5 Dollar = 20 Mark = 24 Kronen.

Minimalmenge ein Gramm.

* *

*

„Genossen, das Kapital hat jetzt ein Mittel
in der Hand, uns Proletarier auszurotten, wir aber
lassen uns nicht ausrotten . . . Proietarier aller
Länder.“

Da begann jenes Gemurr, das sich der Mars
nicht erklären konnte und für Sphärenharmonie
hielt.

Am fünften August dieses Jahres wurde in
Haugkou die von Militär bewachte Biosphorver-
schleissstelle gestürmt. Da die Anführer des
Exempels halber sofort gerichtet wurden, begann
der Welt-Ausstand.

In der Schreckens-Stille. die plötzlich das
gesammte Kulturleben absorbierte, krächzten bloss
die Gigantophone: Biosphor . . .

Das Militär jedes Staates sollte die nötigsten
Licht- und Verkehrsarbeiten übernehmen. Ein
Teil wurde von den Streikenden erschlagen, der
andere meuterte.

Als man in der Schnelligkeit einige Meuterer
füsilierte, begannen die Proletarier von den Solda-
ten unterstüzt die öffentlichen Beleuchtigungskör-
per mit Würdenträgern zu verunzieren. Durch
Hunger war bereits ein Dritteil der Bevölkerung
vernichtet, von den Uebrigen wurde ein effekt-
voller Weltbürgerkrieg in Scene gesetzt, der vielen
kannibalisches Wohlbefinden brachte.

Entfesselte Epidemien, Städte-Sprengungen
liessen ein weiteres Drittel Menschenseelen emig-
rieren.

Dieses'letzte Drittel spaltete sich in zwei Sechs-

tel, die sich allmähüch auf Null ergänzten . . . .
*

❖ »

Auf einen Trümmerhügel, dessen Monotonie
selten genug durch einige steil emporgerichtete
menschliche Beine unterbrochen wurde, sass der
letzte Mensch Europas und dachte angestrengt
nach: wo er doch einmal das Wort Biosphor ge-
hört hatte?

Verantwortlich für die Schriftleitung
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE

Verantwortlich für die Schriftleitung in Öesterreich
Ungarn / I. V.: Oskar Kokoschka





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Monatsschrift für Soziologie
Qeschichte, Kunst
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Gegründet von Paul Cornu

Herausgeber u. Schriftleiter

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erschienen Werke von Jules
Renard, Charles-Louis Phi-
lippe, Marguerite Audoux,
Emile Guillaumin, Romain
Rolland, Andre Spire, Henri
Bachelin, Valery Larbaud,
Raymon Darsiles u. a. m.

Jaliresbezug fürs Ausland:

4,80 M. (Luxusausg. 9,60 M.)

Probeheft gegen Ein-
sendung von 50 Pfg.

VERLAG u. REDAKTION:
16, Boulevard Chambonnet,
MOULINS (Allier) Frankreich

Les Mnrses

5 rue Chaptal / Paris

Diese literarische Zeitschrift
veröffentlichte das franzö-
sische Original der Tage-
bücher Flauberts, deren
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Les Marges gegen Einsen-
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