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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

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Nr. 67 (Juli 1911)
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Adler, Joseph: Modernes Theater: Musik wider Musik
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0092

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Herzen in harter Fron schmachtet — nicht zu
gönnen, dass ein Operettenerfolg ihm die Mit-
tel verschafft, ganz seinen Neigungen zu le-
ben?

Noch entheiligen die Mittel den Zweck. Um
der guten, der edlen Musik leben zu können,
komponierte der i n harterFron schmach-
tende Brucknerschüler eine schlechte
Operette, er steckte das morsche Holz, daraus
man diese macht, mit dem Fünkchen Kunst, das
in ihm gliiht, in Brand.

Und weil „er den Schmiss eines Lehar und
die grosse Routine Leo Falls nicht hat, 1 i e s s
er sich den Weg von der Schablo-
n e w e i s e n , die der Operette nach dem heu-
tigen Geschmack ihr Gepräge gibt“. Aber auf
diesem Weg „den er mit A n s t a n d w a n -
d e 11, schreibt er einen fliissigen Satz, und
wissend, wie man einen Schlager macht, über-
schreitet er niemals die Grenzen des gu-
ten Geschmack s“.

Und das Libretto, „d a s B u c h“, fand ein
Kollege L u s z t i g : „ganz amüsant. Nichts
Himmelstürmendes, aber doch mit Logik und
Verstand aufgebaut.“

Doch selbst das Neue Operetten-Theater war
davon nicht zu überzeugen, und schon acht Ta-
ge nach der Erstaufführung der Mache zu ed-
lerem Zwecke berichtete das B. T., dass die Ver-
lagsgesellschaft „Harmonie“ im Einverständnis
mit den Autoren Antrag gestellt hat: auf eine
pchleunige gerichtliche Verfügung, nach der
Direktor Palfi die weitere Aufführung der Ope-
rette untersagt werden soll. Und eine weitere
Klage gegen ihn wurde eingeleitet: auf Auffüh-
rung des Werkes in der richtigen Fassung. Aber
er fasste die ganze Angelegenheit ernstlich „von
der heiteren Seite“ auf und erklärte:

„Dieselben Verleger, die heute behaupten,
sie hätten mir wegen Aenderungen die Auf-
führungen des „Ledigen Gatten“ untersagt,
haben mir, als sie von den durch mich vor-
genommenen Aenderungen erfuhren, einen Tan-
tiemenanteil am Werk z;ugesprochen. Wenn
ein so guter Witz, wie dieses angebliche Ver-
bot im Stück gewesen wäre, brauchte ich es
nicht abzusetzen.“

Palfi hatte in der Operette keinen Witz ge-
funden, sie schien ihm geistlos und schlecht, sie
missfiel ihm sogar, aber er nahm schliesslich
Aenderungen an ihr vor und brachte sie zur
Aufführung. Unwillig. Doch ein lobbereiter

Rezensent, ein Wandale, zerriss die Zweifel des
Direktors und grinste, allerdings verbindlich:
sie sei ganz amüsant.

Nur Herrn Reinhardt der Zirkus

Loeb Moritz meint in der B. Z. am Mit-
tag:

„Hagenbeck hofft mit seiner Tierschau in Ber-
lin ein grosses Geschäft zu machen, was
ihm auch gewiss niemand verdenken wird. Je-
der verdient gern viel Geld; ob man das Geld
mit Zirkusaufführungen von Shakespearedramen
oder mit der Vorführung wilder Tiere verdient,
das hängt lediglich von dem Geschäftszweig ab,
dem man sich zugewandt hat.“

Zirkusaufführungen griechischer Dichter sind
auch kein schlechtes Geschäft. Doch eben da-
rum muss eine Reinhardtsche Konkurrenz „aus
der Manege“ geschlagen werden. Die demokra-
tische Presse erklärt jeden vorweg für moralisch
insolvent, der wie Reinhardt mit Theaterauffüh-
rungen im Zirkus spekulieren will. Nur Rein-
hardt soll das Recht und die Ehre zustehn, der
Würde und den Gesetzen der Kunst zu schmä-
hen. Nach Ferdinand Bonns Shakespeareaus-
schlachtung hat die Literarische Geseilschaft die
Orestie des Aeschylos in der Manege auf Neu
gearbeitet. Aber der Blätterwald rauscht empört
'gegen den Theaterbusch. Diesmal lässt sich die
Presse keinen geharkten Sand in die Augen streu-
en. Sie nahm sogar die Peitsche des abgegrif-
fenen Spottes in die Hand und liess sie um die
Ohren eines Gelehrten knallen, den der „pro-
paglandistijsche Siinn“ der Literarischen Gesell-
schaft in die Manege herabgelockt hat.

Im Tageblatt schwang sich V. A., ein neuer
Stern am Berliner Feuilletonhimmel, auf das Tra-
pez der Ueberlegenheit und spuckte so herunter:
„. . wurde man in den Zirkus Busch einge-
laden, wo Professor Wiiamowitz-Möl-
1 e n d o r f f vor den versammelten Schauspielern
einen Vortrag iiber die Orestie des Aeschylos
halten sollte. Die Nachricht von diesem Vortrag
wird ja wohl sonst noch verbreitet gewesen sein,
aber besonders elektrisierend scheint sie auf die
Massen nicht gewirkt zu haben. Als ich einige
Minuten nach vier Uhr in der Arena des Zirkus
ankam, fand ich dort als Zuschauer und Zu-
hörei- vor: einen Photographen, der an seinem
Apparat herumbastelte, einen Mann, der Säge-
späne streute, und einen kieinen Hund. Dieses

Auditorium schien mir noch nicht zahlreich und
vollständig genug, deshalb ging ich wieder fort
und trank in einem der nahegelegenen Börsen-
cafes, wo sonst wohl die Haute-Finance verkehrt,
einen Schwarzen. Nach einer halben Stunde ging
ich in den Vortrag zurück und fand nun, dass
sich die Zuhörerschaft doch immerhin etwas ver-
mehrt hatte. Der Mann mit den Sägespänen war
fortgegangen, dafiir sass jetzt auf den Bänken
ein Vierteldutzend Personen, die, weil sie sich
um Fräulein Maria Mayer scharten, doch wohl
wirklich Schauspieler sein mochten. Der kleine
Hund war noch da. Es war ein brauner Hund
und schien mir jener Zirkushund zu sein, der
bei besonders lustigen Nummern die Pferde in
den Schwanz zu beissen hat. Er muss also ein
sehr intelligenter Hund sein; aber ob diese seine
Intelligenz ausreicht, einem Vortrag über Aeschy-
los ganz zu folgen, das ist doch wohl noch
sehr die Frage.

„Auf dem Teppich der Zirkusarena prome-
hierte ein grosser, stattlicher, grauhaariger Herr,
Se. Exzellenz der Wirkliche Geheime Oberregie-
rungsrat Professor Dr. Ulrich v. Wilamowitz-
Möllendorff. Einer der Grossen im Bezirke der
deutschen Wissenschaft, einer, bei dessen Wort
alles auflauscht und alle Gelehrtenherzen höher
schlagen. Wenn er der Universität einen Vortrag
ankündigt, vermag der grosse Hörsaal die Schar
der Wissbegierigen nicht zu fassen; aber wenn
er sich in die Welt des Theaters begibt, ist er
ein Unbekannter und sieht sich einem Dutzend
Zuhörer gegenüber.“

Und zum Schluss noch eine aphoristische
Bauchwelle:

„Einst war Reinhardt Möllendorffs Schüler.
Jetzt folgt Möllendorff errötend Reinhardts Spu-
ren. Die Welt dreht sich wieder um, immer
wieder von neuem um. Und das Merkwürdige
ist nur das sie dabei eigentlich immer dieselbe
bleibt.“

Es ist ein Weg der Ehre und des Ruhmes,
den Reinhardt eingeschlagen hat, aber seinen
Spuren zu folgen, soll selbst für einen Gelehrten
eine Schande sein. J. A.

Verantwortlich für die Schriftleitung
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE

Verantwortlich für die Schriftleitung in Oeste rreich
Ungarn / I. V.: Oskar Kokoschka






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