wird, vermittelst komplizierter und intimer Be-
wegungsvorgänge.
Der Handschuh muss gewendet werden.
Auch hier begegnen wir der Tatsache einer
grossen Gesamt- und Hauptrichtung, die durcb
die zahireichsten und verschiedenartigsten Rich-
tungsvariationen, Differenzen und Abweichungen
im einzelnen, ihren Hauptrichtungscharakter, ihre
Keim- und Entwicklungstendenz nicht verliert,
sondern unerbittlich beibehält und einen ganzen
Bewegungskomplex ihrer Wirkungslinie nach be-
stimmt. Eine jede solche Grundgesamtrichtung
können wir uns, mit Rücksicht auf einen noch
grösseren, uns vielleicht nur verborgenen, Be-
wegungszusammenhang, wiederum ihrerseits als
Einzelrichtung und Einzelvariation innerhalb
einei anderen, noch grösseren, tiefer und weiter
wirksamen Grund- und Hauptrichtung vorstellen
— und so fort in majorem et in minorem par-
tem unserer ganzen Wahrnehmungswelt. Je grö-
ssere Bewegungszusammenhänge wir zu über-
schauen und zu durchschauen vermögen, um so
grössere und mannigfaltigere Richtungsformen,
Richtungsbeziehungen und Richtungsmöglichkeiten
werden wir erkennen. Jede Erscheinung der Be-
wegungswelt wird uns deshalb um so klarer
und verständlicher Werden, je mehr wir alle ihre
innewohnenden und in ihr wirksamen Richtungs-
qualitäten uncl Richtungspotenzen erforschen, je
tiefei wir in die verborgenen Untergründe und
Geheimnisse ihrer „Richtungswelt“ eindringen.
Es gibt sicher noch eine Fülle von Rich-
tungstatsachen und Richtungsmöglichkeiten, die
für unsere ganze Natur- und Lebenserkenntnis
von allergrösster Wichtigkeit und Bedeutung
sind, die wir aber noch nicht entdeckt haben,
weil unsere gesamte Welt- und Wirklichkeitser-
forschung sich bisher in der grundfalschen Bahn
der Einheits- und Substanzvorstellung vollzogen
hat; die wir aber in Zukunft finden und für die
Erkennfnis nutzbar machen werden, wenn uns
die Ueberzeugung in Fleisch und Blut überge-
gangen ist, dass das Reich der „Wirklichkeit“
nur im Reiche der „Bewegung“ gesucbt werden
muss.
Der Bildungs- und Entwickiungsgang des
menschlichen Gehims, rein physiologisch aufge-
fasst, zeigt uns, wie durch neue Richtungsmög-
lichkeiten für unsere Wahrnehmung neue Raum-
möglichkeiten entstehen können. Die Genesis un-
seres Gehirnorganes, die Entwicklungsgeschichte
seiner stofflichen Natur lehrt uns, wie beliebige Ver-
mehrung von Substanz und substanziellen Qua-
litäten ohne Vermehrung von Volumen möglich
ist. S:e lässt uns durch spiralförmige und
andere kunstvolle Einschachteiungsvorgänge et
cetera immer wachsende Raum- und Substanzzu-
nahmewahrnehmen, die nur aus Richtungszunahme,
das heisst aus neuen Richtungsbildungen, aus
Bewegungstatsachen heraus verständlich wird, die
wir mit Hilfe unserer bisherigen starren Raum-
und Substanzvorstellung aber uns nicht zu e-
klären vermögen.
„Neue Richtung“ schafft und erzeugt neuen
„Raum“.
Kurz, wohin wir auch blicken mögen, über-
all stossen wir auf die Elementartatsache der
„Richtung“ und die „Richtungswirk-amkeit“.
In dem Masse, in dem die grosse Bewe-
gungserkenntnis fortschreitet, in dem Masse wird
sich die grosse Elementarwissenxhaft der Zu-
kunft, die „Richtungslehre“ ausbilden und ver-
tiefen.
VIII
Die zweite von uns wahrgenommene Grund-
eigenschaft der Bewegung ist die „Geschwindig-
keit“.
Die moderne Naturwissenschaft hat bereits
wenigsfens bis zu einem gewissen Grade erkannt,
welche Bedeutung Geschwindigkeitswerte und
Geschwindigkeifsmasse für die Erklärung der
Naturerscheinungen besitzen. So hat man be-
kanntiich festgestelit, dass den Erscheinungen des
Lichtes und cies Schalles gewisse Geschwindig-
keitsgrössen und Geschwindigkeitsdifferenzen zu
Grunde liegen.
Dabei hat man beobachtet, dass eine Zu-
nahme der Geschwindigkeit (unter gewissen
Grundrichtungsvoraussetzungen) einer Zunahme
derjenigen Wahrnehmungserfahrung entspricht, die
wir „Intensität'“ nennen.
Wir wissen, dass alie Licht- und Farben-
qualitäten, sowie alle Tonarten und Tonformen
in erster Linie auf Geschwindigkeitsqualitäten
und Geschwindigkeitsformen zurückzuführen sind.
Auf diesen Sinnesgebieten ist die ganze Wahr-
nehmungsfähigkeit überhaupt erst durch eine ge-
wisse Minimalgeschwindigkeitsgrösse bedingt.
Das Geschwindigkeitsmoment, in Verbindung
mit der früher erwähnten grossen konzentrato-
rischen Urrichtungstendenz, die zu den Elementar-
erkenntniswerten „Stoff“ und Kraft führte, ist wahr-
scheinlich ausschlaggebend für die Wahrnehmungs-
form, die wir kurz und grob einmal als „Prin-
zip der Dichtigkei “ bezeichnen wollen. Vollzieht
sich der „Verdichtungsprozess“ der Bewegung
innerhalb eines geschiossenen Richtungssystems
in der Elementarrichtung der „Einheitsvorstel-
lung“ als solcher, der Vorstellung des „Seins“,
der (scheinbaren) „Nichtbewegung“, auf Grund
gewisser Geschwindigkeitspotenzen und nach
Massgabe dieser Geschwindigkeitspotenzen, so>
entsteht vermutlich die Wahrnehmungstatsache
des „Stoffes“ der „Stofflichkeit“, der „Körperlich-
keit“ schlechthin. Vollzieht sich der „Verdich-
tungsprozess“ der Bewegung innerhalb eines ge-
schlossenen Richtungssystems dagegen in der
Elementarrichtung der „reinen Bewegungsvor-
stellung“, der Vorstellung des „Werden“, das
heisst der Vorstellung der Bewegung als solcher,
soweit wir sie unmittelbar und als Gegensatz
zur (scheinbaren) „Nichtbewegung“ wahrneh-
men, auf Grund gewisser Geschwindigkeitspo-
tenzen und nach Massgabe dieser Geschwindig-
keitspotenzen, so entsteht vermutlich die Wahr-
nehmungstatsache der „Kraft“, deren „Dichtig-
keitsgrade“ als „Stärkegrade“ figurieren.
Es würde demnach der Grad der „Dich-
tigkeit“ der „Materie“ direkt durch den Grad
der „Geschwindigkeit“ der Bewegung, die der
Materie zu Grunde liegt, bedingt sein.
Wir können uns die Welt der „Körper“
vorstellen als „Bewegungskomplexe“ von so im-
mensen Gexhwindigkeitsgraden innerhalb eines
Bewegungskomplexes, dass sie sich, — wenig-
stens bis jetzt — unserer Wahrnehmung entzie-
hen, wenigüens vorläufig von uns nicht gemes-
sen werden können.
Die Erscheinungen der „Elektrizität“ und des
„Magnetismus“ geben uns einen iiberraschenden
Wink dahin, dass sich gerade in der „dichtesten“
Materie, in der scheinbar „bewegungsfeindlich-
sten“ „Substanz“ die ungeheuersten Bewegungs-*
vorgänge abspielen, die fabelhaftesten Geschwin-
digkeitsgrade wirksam sind.
Wahrscheinlich ist auch in der Welt der Ge-
schwindigkeit noch eine ungeahnte Fülle neuer
und verborgener Formen, Beziehungen und Mög-
lichkeiten zu entdecken.
in dem Masse, in dem die grosse Bewe-
gungserkenntnis fortschreitet, in dem Masse wird
sich die andere grosse Elementarwissenschaft der
Zukunft die „Geschwindigkeitslehre“ ausbilden
und vertiefen.
IX
Wie man bei „Licht“ und „Schall“, die man
als gewisse Uebergangsformen, als Mittelformen
zwischen „Bewegung“ und „Substanz“ (schein-
bare Nichtbewegung) betrachten kann, die unter
dem substanziellen Bilde verborgenen Bewegungs-
tatsachen wenigstens bis zu einem gewissen Gra-
ge nachgewiesen hat, so wird es künftig 1 vielleicht
einmal gelingen, alle substanziellen Qualitäten
iiberhaupt, alle stofflichen Eigenschaften und Un-
terschiede, alie Wahrnehmungstatsachen der„Ma-
terie“ auf „reine Bewegung“, auf reine Rich-
tungs- und Geschwindigkeitsqualitäten zurückzu-
fiihren und alle „Substanz“-Werte in „Bewe-
gungs“-Werte zu übersetzen.
Das ist clie grosse Aufgabe der Wissenschaft
der Zukunft, alle „Substanz“ restlos in ,.Bewe-
gung“ aufzulösen für unsere Erkenntnis hinfer
allem Schein „Sein“ die Wirklichkeit „Werden“
zu entdecken und zu messen.
Die Wissenschaft wird soweit in der Er-
forschung und Erkenntnis der Wirklichkeit vor-
wärts schreiten, als es ihr glückt, „Bewegung“
festzustellen. Dazu muss sie freilich von Grund
auf umlernen, sie muss lernen, in diametral-ent-
gegengesetzter Richtung zu forschen und zu prü-
fen wie bisher, sie muss ganz andere neue Me-
thoden der Wirklichkeitserforschung finden und
erfinden.
Um den grossen Gegensatz zwischen der
heutigen Wissenschaft und der von mir geahn-
ten Wissenschaft der Zukunft an einem bestimm-
ten Beispiele darzutun, will ich den Fall setzen,
man friige einen Chemiker der Gegenwart und
einen Naturforscher, wie ich ihn mir in Zukunft
vorstelle, nach einem gewusen „Stoffe“, etwa
nach „Glas“. Der Chemiker von heute würde
mir auf diese Frage eine Formel nennen, die
genau angibt, aus welchen Substanzelementen
„Glas“ besteht, die mir die stofflichen Verbin-
dungsverhältnisse des Glases qualitativ und quan-
titativanzeigt, —meinNaturforscher derZukunftaber
würde imstandesein, miralsAntwortaufmeineFrage^
eine Formel zu entwickeln, die den Eingeweihten
in Zahlen und Zeichen bis aufs' kleinste und
feinste genau verkündet, aus welchen reinen Be-
wegungstatsachen, aus welchen Richtungs- und
Geschwindigkeitsformenwerten und Verhältnis-
sen clie Substanztatsache sich zusammensetzt,
das stoftliche Wahrnehmungsbild entsteht, das
wir „Glas“ nennen.
Vielleicht gelingt es sogar noch einmal, auf
mikroskopischem Wege die den festen, starren
Substanzbildern zu Grunde liegenden Bewegungs-
bilder sichtbar zu machen. Um das zu errei-
chen, darf man auch an den kleinsten und schein-
bar unbedeutendsten Bewegungswahrnehmungen
nicht mehr achtlos vorübergehen; man muss
auch die winzigste und verschwommenste Flim-
inererscheinung ausserordentlich wichtig nehmen
und sie für fähig halten, entscheidende Realitäts-
aufschlüsse zu geben, weil man eben nicht mehr
nacli „Substanz“ forscht, sondern nur nach „Be-
wegung“.
Welchen überraschenden und neuen Einblick
gewinnen wir durch die grosse Bewegungser-
kenntnis, durch die reine Bewegungslehre in die
Tiefen des ganzen Naturgeschehens, in alle bis-
her kaum halb aufgeklärten Erscheinungen, Dinge
und Vorgänge der Welt und des Lebens! — in
welchem neuen Lichte, in welcher wunderbaren
Klarheit und Verständlichkeit erscheinen uns jetzt
Probleme wie die der „Schwerkraft“, der „Er-
haltung der Kraft“, der „Wärme“, des „Magne-
tismus“ und der „Elektrizität“, und andererseits
wieder der „Zeugung“, der „Ernährung“ etce-
630
wegungsvorgänge.
Der Handschuh muss gewendet werden.
Auch hier begegnen wir der Tatsache einer
grossen Gesamt- und Hauptrichtung, die durcb
die zahireichsten und verschiedenartigsten Rich-
tungsvariationen, Differenzen und Abweichungen
im einzelnen, ihren Hauptrichtungscharakter, ihre
Keim- und Entwicklungstendenz nicht verliert,
sondern unerbittlich beibehält und einen ganzen
Bewegungskomplex ihrer Wirkungslinie nach be-
stimmt. Eine jede solche Grundgesamtrichtung
können wir uns, mit Rücksicht auf einen noch
grösseren, uns vielleicht nur verborgenen, Be-
wegungszusammenhang, wiederum ihrerseits als
Einzelrichtung und Einzelvariation innerhalb
einei anderen, noch grösseren, tiefer und weiter
wirksamen Grund- und Hauptrichtung vorstellen
— und so fort in majorem et in minorem par-
tem unserer ganzen Wahrnehmungswelt. Je grö-
ssere Bewegungszusammenhänge wir zu über-
schauen und zu durchschauen vermögen, um so
grössere und mannigfaltigere Richtungsformen,
Richtungsbeziehungen und Richtungsmöglichkeiten
werden wir erkennen. Jede Erscheinung der Be-
wegungswelt wird uns deshalb um so klarer
und verständlicher Werden, je mehr wir alle ihre
innewohnenden und in ihr wirksamen Richtungs-
qualitäten uncl Richtungspotenzen erforschen, je
tiefei wir in die verborgenen Untergründe und
Geheimnisse ihrer „Richtungswelt“ eindringen.
Es gibt sicher noch eine Fülle von Rich-
tungstatsachen und Richtungsmöglichkeiten, die
für unsere ganze Natur- und Lebenserkenntnis
von allergrösster Wichtigkeit und Bedeutung
sind, die wir aber noch nicht entdeckt haben,
weil unsere gesamte Welt- und Wirklichkeitser-
forschung sich bisher in der grundfalschen Bahn
der Einheits- und Substanzvorstellung vollzogen
hat; die wir aber in Zukunft finden und für die
Erkennfnis nutzbar machen werden, wenn uns
die Ueberzeugung in Fleisch und Blut überge-
gangen ist, dass das Reich der „Wirklichkeit“
nur im Reiche der „Bewegung“ gesucbt werden
muss.
Der Bildungs- und Entwickiungsgang des
menschlichen Gehims, rein physiologisch aufge-
fasst, zeigt uns, wie durch neue Richtungsmög-
lichkeiten für unsere Wahrnehmung neue Raum-
möglichkeiten entstehen können. Die Genesis un-
seres Gehirnorganes, die Entwicklungsgeschichte
seiner stofflichen Natur lehrt uns, wie beliebige Ver-
mehrung von Substanz und substanziellen Qua-
litäten ohne Vermehrung von Volumen möglich
ist. S:e lässt uns durch spiralförmige und
andere kunstvolle Einschachteiungsvorgänge et
cetera immer wachsende Raum- und Substanzzu-
nahmewahrnehmen, die nur aus Richtungszunahme,
das heisst aus neuen Richtungsbildungen, aus
Bewegungstatsachen heraus verständlich wird, die
wir mit Hilfe unserer bisherigen starren Raum-
und Substanzvorstellung aber uns nicht zu e-
klären vermögen.
„Neue Richtung“ schafft und erzeugt neuen
„Raum“.
Kurz, wohin wir auch blicken mögen, über-
all stossen wir auf die Elementartatsache der
„Richtung“ und die „Richtungswirk-amkeit“.
In dem Masse, in dem die grosse Bewe-
gungserkenntnis fortschreitet, in dem Masse wird
sich die grosse Elementarwissenxhaft der Zu-
kunft, die „Richtungslehre“ ausbilden und ver-
tiefen.
VIII
Die zweite von uns wahrgenommene Grund-
eigenschaft der Bewegung ist die „Geschwindig-
keit“.
Die moderne Naturwissenschaft hat bereits
wenigsfens bis zu einem gewissen Grade erkannt,
welche Bedeutung Geschwindigkeitswerte und
Geschwindigkeifsmasse für die Erklärung der
Naturerscheinungen besitzen. So hat man be-
kanntiich festgestelit, dass den Erscheinungen des
Lichtes und cies Schalles gewisse Geschwindig-
keitsgrössen und Geschwindigkeitsdifferenzen zu
Grunde liegen.
Dabei hat man beobachtet, dass eine Zu-
nahme der Geschwindigkeit (unter gewissen
Grundrichtungsvoraussetzungen) einer Zunahme
derjenigen Wahrnehmungserfahrung entspricht, die
wir „Intensität'“ nennen.
Wir wissen, dass alie Licht- und Farben-
qualitäten, sowie alle Tonarten und Tonformen
in erster Linie auf Geschwindigkeitsqualitäten
und Geschwindigkeitsformen zurückzuführen sind.
Auf diesen Sinnesgebieten ist die ganze Wahr-
nehmungsfähigkeit überhaupt erst durch eine ge-
wisse Minimalgeschwindigkeitsgrösse bedingt.
Das Geschwindigkeitsmoment, in Verbindung
mit der früher erwähnten grossen konzentrato-
rischen Urrichtungstendenz, die zu den Elementar-
erkenntniswerten „Stoff“ und Kraft führte, ist wahr-
scheinlich ausschlaggebend für die Wahrnehmungs-
form, die wir kurz und grob einmal als „Prin-
zip der Dichtigkei “ bezeichnen wollen. Vollzieht
sich der „Verdichtungsprozess“ der Bewegung
innerhalb eines geschiossenen Richtungssystems
in der Elementarrichtung der „Einheitsvorstel-
lung“ als solcher, der Vorstellung des „Seins“,
der (scheinbaren) „Nichtbewegung“, auf Grund
gewisser Geschwindigkeitspotenzen und nach
Massgabe dieser Geschwindigkeitspotenzen, so>
entsteht vermutlich die Wahrnehmungstatsache
des „Stoffes“ der „Stofflichkeit“, der „Körperlich-
keit“ schlechthin. Vollzieht sich der „Verdich-
tungsprozess“ der Bewegung innerhalb eines ge-
schlossenen Richtungssystems dagegen in der
Elementarrichtung der „reinen Bewegungsvor-
stellung“, der Vorstellung des „Werden“, das
heisst der Vorstellung der Bewegung als solcher,
soweit wir sie unmittelbar und als Gegensatz
zur (scheinbaren) „Nichtbewegung“ wahrneh-
men, auf Grund gewisser Geschwindigkeitspo-
tenzen und nach Massgabe dieser Geschwindig-
keitspotenzen, so entsteht vermutlich die Wahr-
nehmungstatsache der „Kraft“, deren „Dichtig-
keitsgrade“ als „Stärkegrade“ figurieren.
Es würde demnach der Grad der „Dich-
tigkeit“ der „Materie“ direkt durch den Grad
der „Geschwindigkeit“ der Bewegung, die der
Materie zu Grunde liegt, bedingt sein.
Wir können uns die Welt der „Körper“
vorstellen als „Bewegungskomplexe“ von so im-
mensen Gexhwindigkeitsgraden innerhalb eines
Bewegungskomplexes, dass sie sich, — wenig-
stens bis jetzt — unserer Wahrnehmung entzie-
hen, wenigüens vorläufig von uns nicht gemes-
sen werden können.
Die Erscheinungen der „Elektrizität“ und des
„Magnetismus“ geben uns einen iiberraschenden
Wink dahin, dass sich gerade in der „dichtesten“
Materie, in der scheinbar „bewegungsfeindlich-
sten“ „Substanz“ die ungeheuersten Bewegungs-*
vorgänge abspielen, die fabelhaftesten Geschwin-
digkeitsgrade wirksam sind.
Wahrscheinlich ist auch in der Welt der Ge-
schwindigkeit noch eine ungeahnte Fülle neuer
und verborgener Formen, Beziehungen und Mög-
lichkeiten zu entdecken.
in dem Masse, in dem die grosse Bewe-
gungserkenntnis fortschreitet, in dem Masse wird
sich die andere grosse Elementarwissenschaft der
Zukunft die „Geschwindigkeitslehre“ ausbilden
und vertiefen.
IX
Wie man bei „Licht“ und „Schall“, die man
als gewisse Uebergangsformen, als Mittelformen
zwischen „Bewegung“ und „Substanz“ (schein-
bare Nichtbewegung) betrachten kann, die unter
dem substanziellen Bilde verborgenen Bewegungs-
tatsachen wenigstens bis zu einem gewissen Gra-
ge nachgewiesen hat, so wird es künftig 1 vielleicht
einmal gelingen, alle substanziellen Qualitäten
iiberhaupt, alle stofflichen Eigenschaften und Un-
terschiede, alie Wahrnehmungstatsachen der„Ma-
terie“ auf „reine Bewegung“, auf reine Rich-
tungs- und Geschwindigkeitsqualitäten zurückzu-
fiihren und alle „Substanz“-Werte in „Bewe-
gungs“-Werte zu übersetzen.
Das ist clie grosse Aufgabe der Wissenschaft
der Zukunft, alle „Substanz“ restlos in ,.Bewe-
gung“ aufzulösen für unsere Erkenntnis hinfer
allem Schein „Sein“ die Wirklichkeit „Werden“
zu entdecken und zu messen.
Die Wissenschaft wird soweit in der Er-
forschung und Erkenntnis der Wirklichkeit vor-
wärts schreiten, als es ihr glückt, „Bewegung“
festzustellen. Dazu muss sie freilich von Grund
auf umlernen, sie muss lernen, in diametral-ent-
gegengesetzter Richtung zu forschen und zu prü-
fen wie bisher, sie muss ganz andere neue Me-
thoden der Wirklichkeitserforschung finden und
erfinden.
Um den grossen Gegensatz zwischen der
heutigen Wissenschaft und der von mir geahn-
ten Wissenschaft der Zukunft an einem bestimm-
ten Beispiele darzutun, will ich den Fall setzen,
man friige einen Chemiker der Gegenwart und
einen Naturforscher, wie ich ihn mir in Zukunft
vorstelle, nach einem gewusen „Stoffe“, etwa
nach „Glas“. Der Chemiker von heute würde
mir auf diese Frage eine Formel nennen, die
genau angibt, aus welchen Substanzelementen
„Glas“ besteht, die mir die stofflichen Verbin-
dungsverhältnisse des Glases qualitativ und quan-
titativanzeigt, —meinNaturforscher derZukunftaber
würde imstandesein, miralsAntwortaufmeineFrage^
eine Formel zu entwickeln, die den Eingeweihten
in Zahlen und Zeichen bis aufs' kleinste und
feinste genau verkündet, aus welchen reinen Be-
wegungstatsachen, aus welchen Richtungs- und
Geschwindigkeitsformenwerten und Verhältnis-
sen clie Substanztatsache sich zusammensetzt,
das stoftliche Wahrnehmungsbild entsteht, das
wir „Glas“ nennen.
Vielleicht gelingt es sogar noch einmal, auf
mikroskopischem Wege die den festen, starren
Substanzbildern zu Grunde liegenden Bewegungs-
bilder sichtbar zu machen. Um das zu errei-
chen, darf man auch an den kleinsten und schein-
bar unbedeutendsten Bewegungswahrnehmungen
nicht mehr achtlos vorübergehen; man muss
auch die winzigste und verschwommenste Flim-
inererscheinung ausserordentlich wichtig nehmen
und sie für fähig halten, entscheidende Realitäts-
aufschlüsse zu geben, weil man eben nicht mehr
nacli „Substanz“ forscht, sondern nur nach „Be-
wegung“.
Welchen überraschenden und neuen Einblick
gewinnen wir durch die grosse Bewegungser-
kenntnis, durch die reine Bewegungslehre in die
Tiefen des ganzen Naturgeschehens, in alle bis-
her kaum halb aufgeklärten Erscheinungen, Dinge
und Vorgänge der Welt und des Lebens! — in
welchem neuen Lichte, in welcher wunderbaren
Klarheit und Verständlichkeit erscheinen uns jetzt
Probleme wie die der „Schwerkraft“, der „Er-
haltung der Kraft“, der „Wärme“, des „Magne-
tismus“ und der „Elektrizität“, und andererseits
wieder der „Zeugung“, der „Ernährung“ etce-
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