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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

DOI Heft:
Nr. 83 (Oktober 1911)
DOI Artikel:
Steiner, Max: Aphorismen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0217

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WOCHENSCHRIFT FÜR KULTUR UND DIE KÜNSTE

Redaktion und Verlag: Berün-Halensee, Katharinenstrassn 5
Fernsprecher Amt Pfalzburg 3524 / Anzeigen- Annahme

: -: durch den Verlag und sämliche Annoncenbureaus : -:


Herausgeber und Schriftleiter:

HERWARTH WALDEN

1

Vierteljahrsbezug .1,50 Mark / Halbjahresbezug 3,-— Mark /
Jahresbezug 6,— Mark / bei freier Zustellung / Insertions-
preis für die fünfgespaitene Nonpareillezeile 60 Pfennig


JAHRGANG 1911

BERLIN OKTOBER 1911 NUMMER 83

lnhalf* MAX STEINER: Aphorismen / ARTUR WEESE: Ferdinand Hodler FJODOR SSOLLOGU8: Der Knabe und die Birke / ALFRED

lllliail. VVALTER HEYMEL: Sehnsucht aus der Zeit / ELSE LASKER-SCHÜLER: Briefe nac.h Norwegen / Dr. FRIEDLÄNDER: Dr. Max
Zerbst: Die vierte DimensionJ/ FERDINAND HODLER: Zeichnung

Skizze zu dem Universilätsbild in Jena

Aphorismen

Von Max Steiner

Die gewöhnliche Ansicht, die man librigens
seibst bei ungewöhnlichen Autoren lesen kann,
geht dahin, daß die Naturwissenschaft erst erfolg-
reich wurde, als sie sich von Aristoteles und der
Schoiastik losgesagt hatte. Nichts ist verkehrter
denn diese Ansicht. Die Naturwissenschaft hat
nämlich nicht etwa die Atethoden gewechselt und
rhr Ziel— das Ewig-Wahre erreicht. sondern sie
kat zwar das erste getan, cias zweite aber aufge-

ä'eben. Und die Scholastik unterscheidet sich vid
weniger durch die Methode von der Naturwissen-
schaft ais durch die Probieme. Wenn man dem
heiiigen Thomas von Aquino ein modernes Hand-
buch der Physik in die Hand geben könnte, so
würde er sich vermutlich von den Antworten der
neuen Forschung durchaus befriedigt zeigen. Ueber
die Fragen aber wiirae er lächeln. Er würde sa-
gen, daß die Naturwissenschaft reinlich arbeite, gut
messe und redlich wäge, daß sie mit einem Worte
ein ehrsames Handwerk sei. Doch sehe er nicht
ein, inwiefern sie ihn belehren wolle, da sie sich

ja unr das, was cr gesucht itabe: um die Wahrheit,
das Wesen der Dinge, das große Warum, niemais
kiimnrere. Oegen solclre Ankiagen ist der Natur-
forscher, der rnit ttns die F.rkenntnis des Rich-
tigen, nicht die des Wahren, als die Aufgabe der
Wissenschaft betrachtet. sehr wohl gefeit. Denn
die Scholastiker liaben das Wahre gesucht, aber
nicht gefunden, während wir durch Erfahrung
dreier Jahrtausende hinlängiich gewitzt sind, es
nicht erst zu suchen. Den Naiven freilich, die noch
heute glauben, die Wissenschaft wolle die Wahr-
heit ergriinden. kann der Scholastiker auf Schritt

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