Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0308
DOI issue:
Nr. 94 (Januar 1912)
DOI article:Zech, Paul: Arbeiterkolonie, [1]
DOI article:Jung, Franz: Puppenspiel
DOI article:Pechstein, Max: Hugo von Tschudi
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0308
Arbeiterkolome
Früh Sonntags kreischt in den Lauben
die Säge durch morsches Molz.
KJeine Mädchen gehn weiß und stolz
und die Söhne füttern die Tauben.
In den gesäuberten Stuben beten
die Mütter den Rosenkranz,
und die Väter, ledig des schwarzen Qewands,
Jungern vor den Staketen;
ihr Pfeifchen dampft
und der Atemziige Gebrau.
Und irgend ein Steiger stampft
mit Kindern und Frau
weit durch die hagren Alleen
den Friihling zu sehen.
Paul Zech
■
Puppenspiel
Von Franz Jung
Herr B: sitzt am Tisch und weint.
Frau B (atemholend): So, daß dus weißt!
Herr B: wischt sich mit dem Taschentuch die
Augen und schneuzt sich.
Frau B (schnell): Was willst du noch? Wa-
rum kommst du immer wieder zuriick!
(Räkelt sich) Qott sei Dank!
H e r r B (scharf): Qut! (Steht auf) Ich werfe mäch
nicht mehr auf die Kniee. (Schüttelt die
Faust) Warte du Aas!
F r a u B (zurückweichend: Vergreife dichl (Auf-
heulend) Alles hab ich ihm gegeben und so
so.
Herr B (knirschend): Du Dreckweib du — die
Qurgel möcht ich dir —
Frau B (sinkt auf den Stuhl und weint): O wie
brutal du bist! (Sie springt auf) Das also
ist mein Leben, das ich mir gewünscht und
ersehnt habe, für das ich alles —
Herr B (schreit): Rrrraus!
Frau B (kühl): O mein Lieber so leicht —
Herr B.: lacht gezwungen.
Fr a u B: Ich werde erst warten, bis ich jemanden
hab.
Herr B (ruhig): Ja so. Bleib nur, ja so.
F r a u B (heulend): Wie gemein du bist!
Es klopft. Der erste Freund erscheint.
Erster Freund: Na kommt, Kinder. Das
dauert etwas lange.
Frau B (giftig auflachend): Sieh dir den an, der
will mein Mann sein!
Erster Freund: Aber ich bitte —
Frau B: Wenn du wüßtest, wie er mich behan-
delt (sie streichelt ihn) du, hilf mir doch.
H e r r B (bitter): Sie wartet ja nur darauf, sie zieht
mir älles raus.
Frau B: (geht ins Nebenzimmer).
Erster Freund: Ia was soll man dazu sagen.
Herr-B: Die entsetzlichen Stunden und dann
wieder — du weißt es selbst.
Erster Freund: Sie ist krank. O wie ist sie
krank.
Herr B: Was soll ich tun? Ich kann sie doch
nicht in ein Sanatorium bringen.
Erster Freund: Du mußt dich beherrschen,
zusammenkrampfen, auch wenn es dir
scheint, du zerbrichst.
H e r r B: Wie oft hab ich das selbst schon zu
ihr gesagt! (Er seufzt)
Erster Freund: Aber deine Tragödie ist klein
gegenüber dem Leben, das ich täglich bei
U’s sehe, wie unscheinbar. Das solltest du
erieoen! (Er klopft an der Tür zum Neben-
zimmer: Aber so kommen Sie doch) —
(geht hinein).
Es klopft. Der zweite Freund erscheint.
Z we iter Freund: Auf euch kann man aber
warten.
H e r r B: Sofort. Meine Frau macht sich noch zu-
recht.
Schweigen. Man hört drinnen weinen.
H e r r B: Es ist schrecklich über den Arzt nicht
hinauszukommen.
Zweiter Freund: Was heißt das.
H e r r B: Ich dächte, ich hätte mit dir auch schon
davon gesprochen, wie ich sie behandeln
muß.
Zweiter Freund:Aber ich habe dir auch schou
vor Monaten gesagt, du wirst sie nicht halten
können.
Herr B (aufbrausend): Was heißt das!
Zweiter Freund: Sie weiß mit ihrer wahn-
sinnigen Liebe zu dir nichts anzufangen.
H e r r B (beruhigt): Sie liebt mich wahnsinnig.
(Gequält) Und jedes Opfer, das sie bringt,
zertritt sie wieder.
Zweiter Freund: Mir scheint, du kannst über-
haupt ein Weib nicht richtig behandeln.
H e r r B: Ab und zu sagt sie das auch. Aber
wie ich sie systematisch hebe, wie ich die
Flügel beschneide und die Fäden des Netzes
enger ziehe, davon wisst ihr nichts, alle
nichts.
Zweiter Freund: Ich habe gesehen, wie du
sie getreten hast. Du wirst dich vielleicht
doch trennen.
Herr B: Die Fußtritte ersetzen das.
Zweiter Freund: Du weißt, wie gern ich
euch beide habe. Ich möchte dich nicht un-
tergehen sehen.
Herr B: Ja, ein wunderbarer Trottel, scheints.
ZweiterFreund: Es wird dichtreffen, aber ich
muß dir sagen, ich hätte sie dir genommen,
wenn dir dairrtit geholfen wäre.
Herr B: So — (Schreiend) Scher dich rrrraus!
Er dringt auf ihn ein.
Z w e it er Freund (abwehrend): Was soll das!
Der erste Freund kommt mit Frau B aus dem
Nebenzimmer.
Frau B (spitz): Ah — eine Komödie.
Herr B (sich schüttelnd): Wie wohl das tut.
Zweiter Freund: rückt seinen Kragen zurecht.
Erster Freund: Nun wollen wir aber endlich
gehen.
He r r B (in sich zusammengestinken): Ich gehe
nicht mit.
Frau B (schnell): Was heißt das?
Herr B (schreiend): Schluß! (Ruhiger) Schluß.
Aus. (Lauter) Auf der Stelle erklärst du,
daß allest nicht wahr ist!
Frau B: lächelt und schweigt.
Erster Freund: Ich hab nichts gesagt. (Scharf
und schnell zu Herrn B) Oder hab ich dir was
gesagt?
Herr B (vor Aufregung zitternd zu Frau B): Du
also hast erklärt, du hättest mich betrogen,
mit l.chelndem Munde, in diesem Jahre, wo
ich alles für dich getan habe-Oh!
Frau B (mit Pathos): Um Qotteswillen! Wohin
bin ich geraten? War ich denn blind?
Erster Freund (murmelnd): Ich hab nichts
gesagt.
Herr B (erschüttert): Qesteh — gesteh!
F rau B: Ja was soll das, ändert das was? (Thea-
tralisch) Um Gotteswillen-
Erster Freund: Denkst du denn, wir sind hier
deine Narren?
Zweiter Freund (zu Herrn B): So komm
doch!
He rr B: grunzt vor Wut in sich hinein.
Frau B (leise): Um Gotteswillen.
Erster Freund: Die Sache wird mir doch zu
bunt.
Er niinmt den zweiten Freund am Arm. Bekle
gehen hinaus.
F r a u B: siehi sich spöttisch um. (Schweigen).
Herr B: Schließlich wäre es mir auch gleicb-
giiltig.
Fr a u B: Nu also.
Herr B: Aber ich weiß, daß es nicht wahr ist,
Das tut weh.
F r a u B (will ihn am Arm fassen): So komm doch.
Herr B (schreit): Laß mich!
F r a u B: Also du willst nicht.
Herr B (fletscht die Zähne): O-du —
Frau B (geht zur Tür): Qut!
Ins Zimmer treten die beiden Freunde mit
einem Fremden.
Der Fremde (iächelnd: Verzeihen Sie.
Erster Freund (schnell): Der Herr will sich
durchaus nicht zurück haiten lassen —
iibrigens ein Bekannter.
Frau B (ruhig): Ja — aber heute kann ich sie
Ihnen nicht zeigen.
Der Fremde: Sie haben Besuch?
Frau B (stotternd): Wie man so nimmt —
Der Fremde (mit einem Seitenblick auf Herrn
B): ich will durchaus nicht stören (verbeugt
sich) vielleicht ein andermal —
Die drei Herren gehen hinaus.
Zweiter Freund (ruft im Gehen): Also wir
warten unten.
Frau B (interessiert): Weißt du, ich kenne ihn
von früher, er wollte die Skizzen sehen.
Herr B (v/ie aus einem Schlaf erwachend): Wel-
che Skizzen?
Frau B (schnell): Du welßt doch, die Akte,
zu denen ich neulich dem Meiwald gestan-
den hab.
H e r r B (resigniert): So dem Meiwald —
Frau B (schnell): Vielleicht hast du sie gar noch
nicht gesehen (schmeichelnd) du Dnmmer —
Herr B (sanft): Warum tust du das alles. Ich
bin so müde.
Frau B (streichelt ihn): Laß gut sein.
Herr B (streichelt sie seufzend): Ja.
Frau B (besorgt): Mit welchen Leuten du dich
auch umgibst, du siehst doch, wie häßlich sle
sind.
H e r r B (murmelt): Mein Kopf —
Frau B: Qelt, nun gehen wir auch nicht fort.
Herr B (streichelt sie): Wie du willst.
Frau B (drückt seinen Kopf an die Brust): Ach
du Einziger, Quter — komm, Süßer!
S'ie zieht ihn ins Nebenzimmer. Man hört von
der Straße die Herren sich entfernen.
■
Hugo von Tschudi
Wehmut, Ieise klingende Silberschale im
schwarzdunklen kathedralen Raum. Wimmemd
bricht sich der Schall an den hohen Kapitälen der
dünnschäftigen Säulenbündel. Es knirscht das
schwere doppelte Tor. Leben, brennendes, uner-
bittliches, hastendes Leben, die tastenden Finger
greifen nach Halt. Ah!
Mit welcher Inbrunst nehmen doch die Künst-
ler des Impressionismus Hugo v. Tschudi für sich
in Anspruch, vergessen gänzlich, daß es ihm stets
nur um Kunst und nicht um einzelne Etappen der
Kunst zu tun war. Bis in die letzten Tage, die über-
raschend schncll dieses gute Leben abschnitten,
bewahrte er sein Interesse außer für „anerkannte“
Kunst auch uns verfehmten Jungen (hmja! Junge
von dreißig Jahren und noch älter).
Anbetungswürdiger, unparteiischer Mann, die
letzten Tage deines Lebens brachten mir noch eina
der größten Freuden, es ist mir eine Reliquie, dieses
750
Früh Sonntags kreischt in den Lauben
die Säge durch morsches Molz.
KJeine Mädchen gehn weiß und stolz
und die Söhne füttern die Tauben.
In den gesäuberten Stuben beten
die Mütter den Rosenkranz,
und die Väter, ledig des schwarzen Qewands,
Jungern vor den Staketen;
ihr Pfeifchen dampft
und der Atemziige Gebrau.
Und irgend ein Steiger stampft
mit Kindern und Frau
weit durch die hagren Alleen
den Friihling zu sehen.
Paul Zech
■
Puppenspiel
Von Franz Jung
Herr B: sitzt am Tisch und weint.
Frau B (atemholend): So, daß dus weißt!
Herr B: wischt sich mit dem Taschentuch die
Augen und schneuzt sich.
Frau B (schnell): Was willst du noch? Wa-
rum kommst du immer wieder zuriick!
(Räkelt sich) Qott sei Dank!
H e r r B (scharf): Qut! (Steht auf) Ich werfe mäch
nicht mehr auf die Kniee. (Schüttelt die
Faust) Warte du Aas!
F r a u B (zurückweichend: Vergreife dichl (Auf-
heulend) Alles hab ich ihm gegeben und so
so.
Herr B (knirschend): Du Dreckweib du — die
Qurgel möcht ich dir —
Frau B (sinkt auf den Stuhl und weint): O wie
brutal du bist! (Sie springt auf) Das also
ist mein Leben, das ich mir gewünscht und
ersehnt habe, für das ich alles —
Herr B (schreit): Rrrraus!
Frau B (kühl): O mein Lieber so leicht —
Herr B.: lacht gezwungen.
Fr a u B: Ich werde erst warten, bis ich jemanden
hab.
Herr B (ruhig): Ja so. Bleib nur, ja so.
F r a u B (heulend): Wie gemein du bist!
Es klopft. Der erste Freund erscheint.
Erster Freund: Na kommt, Kinder. Das
dauert etwas lange.
Frau B (giftig auflachend): Sieh dir den an, der
will mein Mann sein!
Erster Freund: Aber ich bitte —
Frau B: Wenn du wüßtest, wie er mich behan-
delt (sie streichelt ihn) du, hilf mir doch.
H e r r B (bitter): Sie wartet ja nur darauf, sie zieht
mir älles raus.
Frau B: (geht ins Nebenzimmer).
Erster Freund: Ia was soll man dazu sagen.
Herr-B: Die entsetzlichen Stunden und dann
wieder — du weißt es selbst.
Erster Freund: Sie ist krank. O wie ist sie
krank.
Herr B: Was soll ich tun? Ich kann sie doch
nicht in ein Sanatorium bringen.
Erster Freund: Du mußt dich beherrschen,
zusammenkrampfen, auch wenn es dir
scheint, du zerbrichst.
H e r r B: Wie oft hab ich das selbst schon zu
ihr gesagt! (Er seufzt)
Erster Freund: Aber deine Tragödie ist klein
gegenüber dem Leben, das ich täglich bei
U’s sehe, wie unscheinbar. Das solltest du
erieoen! (Er klopft an der Tür zum Neben-
zimmer: Aber so kommen Sie doch) —
(geht hinein).
Es klopft. Der zweite Freund erscheint.
Z we iter Freund: Auf euch kann man aber
warten.
H e r r B: Sofort. Meine Frau macht sich noch zu-
recht.
Schweigen. Man hört drinnen weinen.
H e r r B: Es ist schrecklich über den Arzt nicht
hinauszukommen.
Zweiter Freund: Was heißt das.
H e r r B: Ich dächte, ich hätte mit dir auch schon
davon gesprochen, wie ich sie behandeln
muß.
Zweiter Freund:Aber ich habe dir auch schou
vor Monaten gesagt, du wirst sie nicht halten
können.
Herr B (aufbrausend): Was heißt das!
Zweiter Freund: Sie weiß mit ihrer wahn-
sinnigen Liebe zu dir nichts anzufangen.
H e r r B (beruhigt): Sie liebt mich wahnsinnig.
(Gequält) Und jedes Opfer, das sie bringt,
zertritt sie wieder.
Zweiter Freund: Mir scheint, du kannst über-
haupt ein Weib nicht richtig behandeln.
H e r r B: Ab und zu sagt sie das auch. Aber
wie ich sie systematisch hebe, wie ich die
Flügel beschneide und die Fäden des Netzes
enger ziehe, davon wisst ihr nichts, alle
nichts.
Zweiter Freund: Ich habe gesehen, wie du
sie getreten hast. Du wirst dich vielleicht
doch trennen.
Herr B: Die Fußtritte ersetzen das.
Zweiter Freund: Du weißt, wie gern ich
euch beide habe. Ich möchte dich nicht un-
tergehen sehen.
Herr B: Ja, ein wunderbarer Trottel, scheints.
ZweiterFreund: Es wird dichtreffen, aber ich
muß dir sagen, ich hätte sie dir genommen,
wenn dir dairrtit geholfen wäre.
Herr B: So — (Schreiend) Scher dich rrrraus!
Er dringt auf ihn ein.
Z w e it er Freund (abwehrend): Was soll das!
Der erste Freund kommt mit Frau B aus dem
Nebenzimmer.
Frau B (spitz): Ah — eine Komödie.
Herr B (sich schüttelnd): Wie wohl das tut.
Zweiter Freund: rückt seinen Kragen zurecht.
Erster Freund: Nun wollen wir aber endlich
gehen.
He r r B (in sich zusammengestinken): Ich gehe
nicht mit.
Frau B (schnell): Was heißt das?
Herr B (schreiend): Schluß! (Ruhiger) Schluß.
Aus. (Lauter) Auf der Stelle erklärst du,
daß allest nicht wahr ist!
Frau B: lächelt und schweigt.
Erster Freund: Ich hab nichts gesagt. (Scharf
und schnell zu Herrn B) Oder hab ich dir was
gesagt?
Herr B (vor Aufregung zitternd zu Frau B): Du
also hast erklärt, du hättest mich betrogen,
mit l.chelndem Munde, in diesem Jahre, wo
ich alles für dich getan habe-Oh!
Frau B (mit Pathos): Um Qotteswillen! Wohin
bin ich geraten? War ich denn blind?
Erster Freund (murmelnd): Ich hab nichts
gesagt.
Herr B (erschüttert): Qesteh — gesteh!
F rau B: Ja was soll das, ändert das was? (Thea-
tralisch) Um Gotteswillen-
Erster Freund: Denkst du denn, wir sind hier
deine Narren?
Zweiter Freund (zu Herrn B): So komm
doch!
He rr B: grunzt vor Wut in sich hinein.
Frau B (leise): Um Gotteswillen.
Erster Freund: Die Sache wird mir doch zu
bunt.
Er niinmt den zweiten Freund am Arm. Bekle
gehen hinaus.
F r a u B: siehi sich spöttisch um. (Schweigen).
Herr B: Schließlich wäre es mir auch gleicb-
giiltig.
Fr a u B: Nu also.
Herr B: Aber ich weiß, daß es nicht wahr ist,
Das tut weh.
F r a u B (will ihn am Arm fassen): So komm doch.
Herr B (schreit): Laß mich!
F r a u B: Also du willst nicht.
Herr B (fletscht die Zähne): O-du —
Frau B (geht zur Tür): Qut!
Ins Zimmer treten die beiden Freunde mit
einem Fremden.
Der Fremde (iächelnd: Verzeihen Sie.
Erster Freund (schnell): Der Herr will sich
durchaus nicht zurück haiten lassen —
iibrigens ein Bekannter.
Frau B (ruhig): Ja — aber heute kann ich sie
Ihnen nicht zeigen.
Der Fremde: Sie haben Besuch?
Frau B (stotternd): Wie man so nimmt —
Der Fremde (mit einem Seitenblick auf Herrn
B): ich will durchaus nicht stören (verbeugt
sich) vielleicht ein andermal —
Die drei Herren gehen hinaus.
Zweiter Freund (ruft im Gehen): Also wir
warten unten.
Frau B (interessiert): Weißt du, ich kenne ihn
von früher, er wollte die Skizzen sehen.
Herr B (v/ie aus einem Schlaf erwachend): Wel-
che Skizzen?
Frau B (schnell): Du welßt doch, die Akte,
zu denen ich neulich dem Meiwald gestan-
den hab.
H e r r B (resigniert): So dem Meiwald —
Frau B (schnell): Vielleicht hast du sie gar noch
nicht gesehen (schmeichelnd) du Dnmmer —
Herr B (sanft): Warum tust du das alles. Ich
bin so müde.
Frau B (streichelt ihn): Laß gut sein.
Herr B (streichelt sie seufzend): Ja.
Frau B (besorgt): Mit welchen Leuten du dich
auch umgibst, du siehst doch, wie häßlich sle
sind.
H e r r B (murmelt): Mein Kopf —
Frau B: Qelt, nun gehen wir auch nicht fort.
Herr B (streichelt sie): Wie du willst.
Frau B (drückt seinen Kopf an die Brust): Ach
du Einziger, Quter — komm, Süßer!
S'ie zieht ihn ins Nebenzimmer. Man hört von
der Straße die Herren sich entfernen.
■
Hugo von Tschudi
Wehmut, Ieise klingende Silberschale im
schwarzdunklen kathedralen Raum. Wimmemd
bricht sich der Schall an den hohen Kapitälen der
dünnschäftigen Säulenbündel. Es knirscht das
schwere doppelte Tor. Leben, brennendes, uner-
bittliches, hastendes Leben, die tastenden Finger
greifen nach Halt. Ah!
Mit welcher Inbrunst nehmen doch die Künst-
ler des Impressionismus Hugo v. Tschudi für sich
in Anspruch, vergessen gänzlich, daß es ihm stets
nur um Kunst und nicht um einzelne Etappen der
Kunst zu tun war. Bis in die letzten Tage, die über-
raschend schncll dieses gute Leben abschnitten,
bewahrte er sein Interesse außer für „anerkannte“
Kunst auch uns verfehmten Jungen (hmja! Junge
von dreißig Jahren und noch älter).
Anbetungswürdiger, unparteiischer Mann, die
letzten Tage deines Lebens brachten mir noch eina
der größten Freuden, es ist mir eine Reliquie, dieses
750