Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0221

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
n zu

*

ingen

dlich

derei,

inſten
krenz-

0 1:

93.-
Wally

ten.
von
lüfang
Uhr.

393.


6

lalur.
en-


— —











Erſcheint taͤglich mit Ausnahme der Sonu⸗ und Feiertage
Samfiags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlid
“ E, 1.20. ohne Trugerlohn n. Boftanfidlag. Beſtellungen
bei den Poſtanſtalten u. bei der Syhebition Zwingerſtraße?



für Stadt




Knzeige-Blatt ür die Amtsbezirke Heidelberg,
£abenburg, Weinheim, Schhwebingen, Philippabura,
iesloh, Bruchſal/ Breuen Ne targemünb, Mosbach
Eberbach/ Buchen Walldiru, T-Bi °85., Werfheimse,









Berantwortlicher Redalteur:
Julius Yeder in geidelberg.





Dyng, Berlag . Srpedition ven Sebr. Yuber
iu Heidelberg, Zwingerſtrake 7.





Seidelberg, Mittwod, den 8. Mirz 1898.

%. %flé@;@.





Beſtellungen

auf den „Pfälzer Boten werden fortwährend bei
ſämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen




ſtraße 7, entgegengenommen.

Verlag des „FPfälzer Bote.°°





git Gamdidatur Fusangels,

die wir in unſerer Wochenrundſchau ſchon

haben, ſchreibt das „Echo der Gegenwart“:
Die Vorſtände unſerer Fraktionen verwerfen die

erwähnt


wenn nur die gemeinſamen Grundſaͤtze dadurch nicht
verletzt werden, Jedermanns Recht Verſchiedene
Claſſen — ſagte in dieſem Sinne dieſer Tage mit
Bezug auf die Candidatur Fusangel die „Deutfche
Reichs⸗Ztg. treffend — können ja trotz verſchiedener
Neigungen im Handeln ſehr einig ſein. Hat
ſelbſt der hl. Vater bei einer der Audienzen des
aus dieſem
Grunde das Centrum den Frauzoſen als Muſter hin-
geſtellt. Das Centrum, ſo ungefähr ſagte damals
der Papſt, wird aus verſchiedenen Elementen gebildet,
aber in den religiöſen Fragen und überall da, wo
das Princip es verlangt, iſt es durchaus einig. SIn
dieſem Sinne faßten wir die Aeußerungen Fusaͤngel's



zwiſchen einem linken und einem rechten Flügel der
Partei ſowohl für das Land wie für den Reichs- u.
Landtag. Sie erklären, daß derjenige, welcher eine
andere Stellung einnimmt, damit außerhalb des Cen-


partei nicht anerkannt werden könne. Die Vorſtände

Centrums eintritt. Und daß wir nicht allein dieſer
Anſicht ſind, beweiſt wohl zur Genüge, daß verſchie-


rheiniſche und weſtfaͤliſche Centrumsblätter vor uns
und nach uns den bewußten Brief Fusangel’3 eben-
falls nachdruckten. Sie werden eben mit uns das
Hauptgewicht auf die Erklärung Fusangel's gelegt



in dieſem Falle wahren. Sie haben daher gewiß
Recht, wenn ſie verlangen, daß jeder Kandidat unſe-
rer Partei bei ſeiner Bewerbung auf das Ganze fehe
und keine wirklich trennenden Unterſcheidungen
mache. Wir glauben aber, daß dies nur vom Pro-


nach den gemeinſamen,
punkten der Partei gelten kann,

programmatiſchen Geſichts-
nicht bezüglich des

Kandidat ſtellen zu müſſen glaubt Die Thatfache,

wolle und lieber auf eine Candidatur verzichte, als


laſſe.“

Wenn es richtig iſt, was von Berlin nicht etwa
bloß von „liberaler“ Seite gemeldet wird, daß der
Frhr. v. Schorlemer wie dort vor Wochen, ſo jetzt
wieder für die Annahme der Militärvorlage
ſei und in dieſem Siune auch ſeine Anſprache in



daß ſonſt ausgezeichnete katholiſche Männer doch
wohl ſehr weit nach rechts ſtehen können, ohne den
Anſpruch zu verlieren eventuell auch um die Stims
men von Centrumswählern zu werben.

Das Gleiche ſcheint uns bezüglich des Herrn
Fusangel gelten zu müſſen. Wir treten für ſſeine
Kandidatur nicht ein; denn das iſt, wie geſagt, die
Sache der Wähler des zweiten Arnsberger Wahl-
kreiſes. Aber die Einheit unſerer Partei in Ehren
müſſen wir doch unſere Anſicht dahin ausſprechen,
daß Herr Fusangel wohl ein Recht hatte, ſich als
einen linksſtehenden Centrumsmann! zu betrachten
und zu empfehlen, genau ſo wie Freiherr v. Schor-
lemer Alſt und Andere als „rechtsſtehende“ Centrums-
männer zu betraͤchten ſind und ſich alſo geriren. Die
Vorſtände unſerer Fraktionen durften duͤrchaus ſich
gegen die Kandidatur des Herrn Fusangel wenden
und öffentlich dagegen auftreten, dagegen iſt Nichts
zu ſagen, aber wir vermögen nicht zu erkennen, daß





Körperſchaften vorhanden ſind, daß aͤber doch je nach
Geburt, Bildung, und Entwickelung auch in unſerer
Partei verſchiedenartige Spielarten und Richtungen
bezüglich der Auffaſſung und Behandlung der maͤte-
riellen Fragen beftehen, — in den religiöſen,
zipiellen Fragen ſind Alle ganz einig — iſt doch
wohl nachgerade Niemanden mehr unbekannt. Sollte
irgendwo die Auffaſſung beſtehen, daß dies nicht der
Fall wäre, ſo müßien wir dies als eine unhalibare
Fiktion bezeichnen. Iſt jene Thatſache doch auch oft
genug merkbar geworden, ohne daß dadurch die Ge-
ſchloffenheit unſerer Pariei und unſerer Fraktionen
IrgenDwie gelitten hätten. Denn bezüglich materieller
Auge ſo oder ſo zu denken und zu handeln, iſt,


zugeſpitzt habe, ſo iſt ja damit auch vewieſen, daß


trum verſchiedene Meinungsäußerungen möglich und
erlaubt ſind YFıh-. v. Schorlemer ſtellt ſich damit
ja zuäußerſt rechts im Centrum: vom „rechten
wenn mir mal 10 ſagen

unſerer Fraktion, welche

ſollen, neigt er entgegen




Konſervativen.
v. Hornſtein, welcher allerdings unſerer
nicht beigetreten iſt, aber ſtreng-gläubiger Katholik
iſt und den Centrumswählern in Baden ſein Man-
dat verdankt, iſt, wie der Badiſche Beobachter“
bitterlich klagt, der „eifrigite Werber für die Militär-
vorlage“; er verirrte ſich ſogar zu der Behauptung

der Reichstags-
es uuf ſeinem ab⸗—
Das Gegeutheil iſt

mandate in Ausſicht ſtellte, ſalls
lehnenden Standpunkte beharre!


er ſich mehr nach links,
ſtellte.

Nach ſeinem ganzen Vorleben, nach ſeinen Hand-
lungen zu urtheilen, iſt Herr Fusangel gewiß der
Letzte, welcher, als er eine Kandidatur annahm, da-
mit ein trennendes Element in unſeren Fraktionen
einführen wollte Seine öffentlichen Wahlerklärungen
hätten wir ganz gewiß anders gewünſcht; wir billigen
ihre Form und ihre Wendungen nicht; aber dis frak-
tionelle Abſage an den vielverdienten Mann hätten
wir, war ſie überhaupt nothwendig, ganz auders
gewünſcht, und in ihrer prinzipiellen Faſſung erſcheint
uns dieſelbe, wie ausgeführt, aufechtbar.

Einer der Gegner des Herrn Fusangel, der ge-
nannte Frhr. von Fürſtenberg aus Herdingen, erklärt,
nur in kirchenpolitiſchen Diugen auf dem Standpunkte
des Centrums zu ſtehen — genau wie der Yrhr. v.
Hornſtein — dagegen in wirthſchaftlichen auf dem
Standpunkte der „Konjervativen“, und was die Mis
litärvorlage angeht, ſo iſt der Herr da Regierungs-
mann. Das iſt gewiß eine vielfarbige Kouleur, und
doch hat ſich in dem politiſch ſo deroutirten zweiten
Arnsberger Wahlkreiſe bereits ein aus angeſehenen
Mänuern — Geiſtlichen, Oekonomen uſw. — beſte-
hendes Komitee gefunden, welches mit Eifer für den
Herrn eintritt!! Das ſcheint uns doch ganz anders
und viel „ſchlimmer“ zu ſein als die Erklärungen
des Herrn Fusangel. Uns will bedünken, daß, wenn
die Vorſtände unſerer Fraktionen nicht auch in pari-

zur /demokratiſchen! Seite

















Die feinökichen Brüsder.

Roman von H. v.MNemagen.
Nachdruck verb.)

Man hatte zugefehen, ob ſie krank gemworden ; aber ſie
war gefund und wohlauf gewejen und hatte in ihrer
killen, ‚aber beſtimmten WeifegUntwort gegeben, ſie ber-
Ddiene fich felbit, was {ie ndthig Habe. Man hatte fie
gewähren lafjen, da man der Meinung war, wenn fie
Noth hätte, würde fie ſchon wiederkommen; aber fie war
— und mit den Zaͤhren hHatte man jie ver-

Sie hatte ſchon bei Lebzeiten ihres Mannes in den
Schluchten und Felsſpalten des Gebirges Kräuter ge-
Tammelt und Wurzeln gegraben und dieſelhen Heilkünſtlern
und ihren Gejellen verkanft, die zur Herbſtzeit von hüben
4 drüben aus dem fNachen Lande in die Berge zu
ommen pflegten und daͤbef von ihnen mandcherlei über
ihre Heilkraͤfte und Anwendung gehört und erfahren ;
jpäter da fie allein war und ihre Heine Haushaltung fie

53)


gemacht, das ihr genug einbrachte, um ohne NMahrungs-


aus den Pflanzen, deren hHeilfjame Wirkung gegen Wunden
und Brandivunden, gegen Fieber und welches die Gebre-
en ſonſt waren, vou denen die Leute im Dorfe be-
Jonders heimgelucht wnrden, {ie geniügend fennen gelernt
hatte Tränklein und Salbe zu fochen, die bald weit und
hreit begehrt wurden; ſie halfen in vielen Fällen, und
halfen fie nicht, {o tröjtete man fich damit, daß gegen den
Tod fein Kräutlein gewachſen fei und dak e& nicht viel ge-
foltet, Denn die Tare der alten Urfel lautete „nach Be-
liehen und fie nahın mit dem vorlieb, was man ihr gab
und jagte noch Schöndank, wenn e8 Nicht8 war, als ein
lohnts Oott“.
So war Urſel ſchon damals was die Frauen heutzu-
fage zu werden anfangen, eine Aerztin, ohne freilich weder
aheim noch im Auslande ſtudirt zu Haben oder approbirt
zu lein: ſie heſaß ſogar eine fehr ausgedehnte BKrarxis und
es ſind ihr, wie man vermuthen darf, da das Gegentheil





nicht bekannt geworden, . nicht mehr Baticnten geſtorben,
als ſelbſt hochbejahrten und berühmten Doktoren zu ſterben
bilegen. Wen aber nicht die Noth trieb, die alte Urfel in
ihrem Häuschen droben in den Bergen aufzuſuchen! der
war froh / wenn er ihr nicht in den Weg lief und konnte
er ihr nicht ausweichen, ſo eilte er ſcheu und mit kurzem
Sruß an ihr vorüber; He wußte eden mehr als andere
Qeute und konnte ihr Wiſſen und die Geheimniſſe ihrer
Tränklein und Salben nur von den Geiſtern und Ko-
holden erlauſcht haben die zur Nacht ihr Wejen in dem
Gebirge trieben, wenn nicht gar vom Gottſeiheiuns in ei-
gener Berjon. AnfangS war das der Uriel zu Herzen
gegangen, mit der Zeit jedoch Hatte ſie ſich Daran ge-
wöhnt, und ſeit fie gemerkt, Ddaß eS für ein atmes, ver
laſſenes und ſchutzloſes Weib befjer jei, von böſen und
nichtanußigen Menſchen gefürchtet und gemieden, als ver-
ſpottet und gequält zu werden, war e ſogar zufrieden
geworDen, ) .

Urfel hatte ihr Morgen{üpplein gegeffen undD War
eben im Begriff, den eiſenbeſchlagenen Krückſtock in Dder
Hand und den Tragkorb auf dem gekrüummten Rücken zu
Berg zu gehen, als Gottfried an der Thür des Häuschens


Mutter Urfel”, ſagte er haſtig zı Dder

„Grüß Gottz-
war und auch ſelbſt Zeden

Alten, die von Allen gekannt
kannte.

„Si, Du _ bift’s, Friedel? _1
— „grüß DichH Gott, lieber Bub! Aber Du bijt ja ganz
Hinter Athem gefommen, was ſchaffts denn, daß Du e5 ſo
eilig haſt?“



korbes geloͤſt und denſelben ſamwt dem Kruͤckſtock in eine
Ecke geſtellt; dem Friedel aber war das Waſſer in die
Angen getreten und zwei große Thränen liefen ihm über
die gerötheten Wangen.

„Schaw Bub’, Du weinit wohl gar !”

Ich hab’ den Florian halt gar jo gern”, antwortete
der Knabe ſchluchzend, „®ar {o gern hHaft Du ihn?” und
Urfel trat an SGottiried heran, faßte ihn unter das Kinn,
und hob ihm das Geſicht empor. Der Knabe nicke und
fuhr ſich mit der Hand über die Augen Brauchſt Dich
der Thränen nicht zu ſchämen, Friedel, ſolche Thränen
ſtehen den Kindexn gar zu gut, und der liebe Gott ſelbſt
mag ſeine Freunde daran haben! Aber ſag, mein liebes
Buürel, Du ſiehſt mir gerade jo aus, als wäreſt Du ans
Angit um den Flarian ohne Fruͤhſtück von zu Hauſe fort-
444 wie? Gelt ich hab Recht? Sa, ja, ich wußt es
ſchon!!

Die Alte ging dann binaus und kam gleich darauf
mit einem Schüffelchen Ziegenmilch und einer Schnitle
Brod zurück. —

„Du könnteſt mir ſchwach und am Ende auch noch
krank werden, wenn ich dich jo mit leeren Magen hHeim-
laufen Liege, Jagte ſie freundlich und ſtellte die Milch auf

und iB, die Morgenluft zehrt und Dder Weg ijt mühjamı,
und wenn Dır fertig bift, daun iſt auch das Tränklein für



Urfel verſtand ſich auf Linder, wenn fie auch ſelbſt
feins hHatte, und Gottfrieds Thränen hörten almählich auf
zu {lieben; wie Herzlich auf er e& auch mit jeinem Florian



die Mutter ſchön bıtten, Ihr möchtet mir doch ein Zränk-


um ihn {teht.” * 2

„Der Slorian, „ jJagit Du ? Und ’3 Iibige Fieber?
Nehm’ ihn Dder liebe Gott in ſeinen Schußb,
Schelm hat nicht viel zuzujeben.“




macht und er ließ jich das Frühſtück trefflich ſchmecken und
vergaß dabet auf Augenblide jeinen Kummer. ——

„So mein Bübel”, nickte jie ihm zu, als er das Schüſſel
chen geleert Hatte, „jeBt magſt Du wieder heimgehen und
braunen
Safte bringen.

Fortſetzung folgt)


 
Annotationen