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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#1023

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Exſcheint raglich mit Angnahnio DEr — znl %eigrta'ge
Samftags mit Unterhaltungsbeilage, Bıeis vierlehahrlich
%. 1.20 obre Kröägerlohn ı, Hoflanfflag. SBeßellungen

Sei den Bofanflalten ı. bei der Grpobition Bwingerütraße €

Auzergee Blett {ür die Aurtsbezirie Heidelberg,
Kabenburg, Weinheim, Shweßingen, PHhilippSburg,
Mieslocdh, Brucfal, Vretten/ Nefargemünd, Mosbadh
Gherbadh Guchen Waldlirn, L.-Bı &,, Wertheimoe.

















Br 29

Verantwortlicher Redakteur :
SInlius Feder in Heidelberg.






Druch Verlag u. Expedition von Gebt, Huber
im Geibelderg, Jivingerfrage 7.







m Monat November tritt ſowoͤhl der




* det oroße Spieler- und Wucherer-Brozeß,

der gegenwärtig in Hannover ſich abſpielt wirft ein
grelle s Licht auf die Zuftände in gewifjen „beffern“
Rreifen. Eine Bande von Wucherern und Falſch-
ſpieleru thut ſich unter dem Namen von Banquiers


maliger Offiziere, die ſich zu Schleppern hergeben,
Offiziere und Grobgrundbeſitzer oder deren Söhne
auf das ſchamloſeſte auszuplündern. Sie ſind auf
allen Reunplatzen und in allen Bädern zu finden,
treten als Gentlemen erſter Klaſſe auf und betrügen
ihre Opfer um fabelhafte Summen Die meiſten
dieſer Ehrenmänner ſind ſchon im Zuchthaus oder
Gefaͤnguiß wegen Betrugs, Meineids, Wuchers uſw.
beſtraft oder haben ſich wenigſtens einer Uebertretung
Erſtaunt fragt
man ſich, wie ſolche Subjekte Zugang in Offiziers-
uſw. Kreiſen finden, wie ſie namentlich ihren Schwin-
del ſo lange und gegen ſo viele Perſonen hetreiben
kounten, ohne entlarvt zu werden. Ueber 100 Offi-
ziere, vom Generalmayor bis zum Steondelieutenant,
fowie eine große Anzahl Rittergutsbeſitzer, Studenten
uſw. ſind al Zeugen geladen. Man darf ruhig
aunehmen, daß dies bei weitem nicht Ale ſind, die
mit den Schwindlern in unangenehme Berührung ge-
kommen ſind.

Die Verführung durch für anſtändig gehaltene
Kameraden a. D. erklärt ja Manches, aber man ſollte
meinen, die Kameraden würden ſehr hald als Bes
trüger enilarvt und ihnen damit das Handwerk gelegt


um ſich gegriffen, daß die Verführer leichte Arbeit
haͤben und im Grunde nicht locken, ſondern nur an-


eomment, der den Räubern das Geſchaͤft erheblich
erleichteri. Zu der Verblendung durch die Spielwuth

begreifliche Scheu der Gerupften, öffentlich Lärm zu
ſchiagen, wenn ſie in ihren Geſchäftsverbindungen
mit den Gaunern nicht gar noch beſondere Gründe
haben, ſtill zu ſein. Mit dem Spiel und den Spiel-
ſchulden hängt zweiffellos der ſchamloſe Wucher
zujammen, den die „Banquiers? des Conſortiums
mit Offizieren, jungen höheren Beamten, Söhnen
reicher Eitern uſw. getrieben haben. Zu Tauſenden
müſſen die Offiziere außer der Verpflichtung, Wucher-

zinfen zu zahien, werthloſe Lotterielooſe, aller Art
uͤbernehmen, noch dazu unter Verzicht auf beſtimmte
Gewinne und ſonſtige Rechte. Das baare Geld,
das ſie erhalten, pflegt viel weniger zu ſein als der
Betraͤg der ihnen aufgezwungenen Lodſe, der aber als



baares Geld mit in den Wechfel hineingeſchrieben wird.

Bei verlangter Prolongation gibt es wieder einen
Pack der netten Looſe.
Muß man die Gauner verurtheilen, ſo kann man
die Begaͤunerten kaum bedauern, da ſie meiſt eine
große moraliſche Schuld auf ſich geladen haben. Wie
| Mancher durch die Leidenſchaft des Spieles völlig
ruinirt wird, die Carriere aufgeben, das Vaterland
verlaſſen muß, falls er nicht zur Piſtole greift, das
kann man aus den Fällen, die ab und zu an die Oeffent-

{
{ Wie oft wird durch den Leichtſinn des Sohnes die
Familie, die ſeine doch ſehr zweifelhafte „CEhre“ um

hält, daß nur die wenigſten Fälle bekannt werden.


}

ſtab gebracht!

ein eruſtes Wort gegen den Lurus bei den Offi-
zieren gejprochen. Allem Anſchein nach ganz ohne
| Wirkung. Der ühertriebene Aufwand ftürzt den
jungen Offizier zuerſt in Schulden, und das Spiel
fowie die Geſchaͤfte mit den Wucherern folgen bald.
Das Offiziercorps beanſprucht eine ganz beſondere
Ehre für ſich. Wie verworren muß aber der Ehr-
begriff von Leuten ſein, die ſich von ganz gewöhn-
lichen Gaunern und Halgabſchneidern Bedingungen
vorſchreiben laſſen, wie ſie nach den Enthüllungen
des Prozeſſes in Hannover von zahlreichen Offizieren
vhne Zögern augenommen worden ſind! Wenn der
Druck der Schulden unempfindlich gegen ſolche Dinge
macht, ſo kann ſchließlich das Ehrgefühl auch noch in
ganz andern Dingen verſagen.

unter den Eltern der bewucherten und der Spielleiden-

unter den Gutsbeſitzern, die ſich in einer Nacht 60 000







M. im Spiel abnehmen laſſen, auf allen Rennplätzen
liegen des ſich an die Reunen knüpfenden Spieles
wehen und weite Reiſen, ſogar mit Extrazügen, zum
Spiele machen: Viele ſind, die bei anderer Gelegen-
heit ſehr laut über die Nothlage der Landwirthſchaft
klagen. So ſchädigen dieſe Leute nicht nur ſich ſelbſt
und ihre Angehörigen, ſondern auch das Anſehen und
die Intereſſen der Berufskreiſe, denen ſie ſonſt ange-
hören. Die ſoziale Wirkung des Prozeſſes
fann ſich Jeder leicht ausmalen. Für die Sozial-
demokratie gibt es kaum etwas Willkommeneres als
die Enthüllungen, die ſo ſchwere Schäden in der ſo
gern als die Dealſte Inſtitution des deutſchen Volkes
ausgegebenen Armee bloßlegen und ein ſchlechtes Licht
fallen laſſen auf einzelne Angehörige des landwirth-
ſchaftlichen Berufes, wo der Sozialdemokratie der
Zutritt ſo ſchwer gemacht wird. Ohne Zweifel wird
der Prozeß wieder Anlaß geben zu Berſuchen, den
offendar gewordenen Uebeln zu Leibe zu gehen.
Wenn in dem Prozeß aber Offiziere bis zum General-
Lieutenant hinauf als Zeugen auftreten müſſen, ſo
wird man ſich von Erlaſſen, Veordnungen, Warnun-
gen uſw. kaum eine große Wirkung verſprechen. So
lange die Lebensanſchauungenen. Lebens-
gewohnheiten der betheiligten Kreiſe derart ſind,
daß nur der ſehr Reiche allen Anforderungen ent-
ſprechen kann, der minder Wohlhabende dagegen
Schulden machen muß, wenn er ſich in dieſer Sphäre
halten will, ſo lange wird es nicht beſſer werden.
Wer iſt aber mächtig genug, tief eingeriſfene Lebens-
anſchauungen einer angeſehenen Klaſſe zu ändern und
hier die ſiltlichen Grundſätze zur Geltung zu bringen,
die den liebgewordenen Gewohnheiten und Anſprüchen
an das Leben ſo wenig entſprechen?



Deutſches Reich.

* Berlin, 28. Okt. Die Berufung des Reichs-
tags ſoll möglichſt beſchleunigt werden, damit er noch
vor den Weihnachtsferien wenigſtens einige Wochen
Er wird etwa Mitte
November zuſammentreten. Die Einberu-
fungsordre dürfte ſchon in der nächſten Zeit erſcheinen.

Berliu, 29. Okt. Die „Nordd. Allg. Ztg.“
hebt hervor, daß der ruſſiſche Flottenbeſuch
in Frankreich keinen Grund zur Beuuruhigung für
Es ſei längſt bekannt, daß Ruß-
land auf die Freundſchaft und möglicher Weiſe ſogar
auf die Heeresfolge rechnen könne, ohne es nöthig zu





108 Treuer Siebe Sohn.

Roman von Roſen.
Gaͤchdruck verb.)
8 * war des Mädchens Vater?“ erkundigte ſich der
raf.
Der Marquis beachtete dieſe Frage nicht. Er blickte
mitleidig auf Beatriee.
— — Sie Ormond, mein Kind?“ fragte er dann
ötzlich.
Vord Ormond?“ wiederholte Beatrice unwillis er-
—4 — „Nein, Herr Marquis. Ich haͤſſe und verab-
ue ihn.“
„NochH eine Frage, Beatrice,“ bemerkte Marquis. „Lie-
—— meinen MNeifen, jenen erbärmlichen Gottfried
ei **
„ „ lann Ihnen darauf nicht antworten,“ Hauchte
fie mit Halb erfticter Stimme, während, tödtlidhe Bläfie
1r Geficht bedecte. SIhr war, alg ob eine eijferne Hand
1r Herz umfrallte. In der Furcht/ Ormond habe ſeinem
Äntel Alles verrathen und der Maͤxauis ſei gefommen,
ihrem Vater Enthüllungen zu macdhen, verlor ſie ihre
Selbitbeherridhung. Sin SGefühl der Ohnmacht durch-
Ichauderte fie.
! „IO empfinde das tieffte Mitleid mit Ihnen Beatrice,
wenn Sie SGottfried wirklih noch Lieben,“ fagte der Mar-
9ui8, „Sie haben ihn als todt beweint, ſind ſeinetwillen


alten

xme3, elendes Kind. Sie wollten an die Nied-


vhn bietet der ESlende Ihnen dafır ? Bereiten Sie ſich

; {‘e\g eine gewaltige Erſchüiterung vor. Gottfried Trewor

Beatrice ſprang wie galvaniſirt empor. Ein ſcharfer


eilnahm3voll ihre Hand.
„Sa Beatrice, Gottfried Iebt,“ wiederholte der Greis.


auf.

„Können Sie noch mehr vertragen? Er war ſeinen
Gelühde nicht treu wie Sie mein Kind und heixathete
— — dieſe Gräfin Arevalo, von der ich
prach.
Gottfried Tremor lebt und verheirathet! ſtöhnte
der Sraf. „Unglaublidh. Haben Sie ihn geſehen, Herr
Trewor?“

„ „Nein, aber ich ſah ſeine zrau, ohne zu wijjen, Ddaß
ſie meines Neffen Gattin fei._ Sie iſt eine ſtattliche blond-
Xocdige Dame, eine deutſche Schönheit von imponirender
Erſcheinung

Die lebten Worte des Marauis exleichterten das be-
drückende Herz des Grafen auderordextlich.

Sie ſahen Gottfried Trewors Frau und ſprachen


Vorſehung.


dieſe Giralda iit jeine Tochter und fo _ gut und

{chuldig, wie ich ihn einſt wähnte. Ich liebe fie, wie ich
ihn auch liebte. Und in meinen alten Tagen iſt es mir
unmöglih geworden, mein Herz noch einmal von einem

gbeglren Wejen Loszureißen. Ich will das Mädchen zurück
aben!

Und um dieſes Mädchens willey möchten Sie nun
auch deffen VBater wieder zurücrufen ?“ fragie dann Bea-
trice. „Der Tochter wegen wollen Sie aüch dem Vater
verzeihen?

_ Der Marquis ſüttelte ſein ehrwürdiges Haupt wie
ein Lowe jeine Mähne.

— „Niemal83!“ rief er mit lammenden Augen. „IH kannn
niemal3 die Hand Ddeffen drücen, der mich ermorden wollte.
SO kannn niemals mit ihm unter einem Dache jOlafen.
Ider SGiraldas wegen will ich auf eine Berfolgung des
VerbrecherS verzidhten. Wenn er mir Giralda zurüdgiebt
wil ih ihn ungejtört in ſeiner ruhmloſen Dunkelheit fert


e

mir nicht ſprechen. >

Beakrice. |
! „Ach, Beatrice, zwiefach gekränkte, edle Seele, Sie


hitten noch für ihn,“ vief der Marquis. Hören Sie mich,
Ich ſchwöre Ihnen, daß ich an dem Tage, an welcheni
Gottfried ſeine Unſchuld beweißt ihm nicht nur verzeihen
daß ich ihn auf den Knieen um Bergebung, für daͤs ihm
geſchehene Unrecht anflehen will. Aher bis dahin hleibe
er ſowohl wie ſein ränkeſüchtiges Weib meinen Pfaden
fern. Sie wollten, wie Ormond mir fagte, Ddas unſchul
dige Kind zum Werkzeug ihrer niedrigen Anſchläge machen
Ich haſſe ſie Beide

Er ließ ihre Hand los und Beatrice ſetzte ſich. Ihre
Aufregung war von Minute zu Minute gejtiegen. _ Leife
2 faͤnk fie ohnmächtig in die Kiſſen ihres Seſſels
zurück.



43, Kapitel.
In der Höhle des Löwen.

Unter den zärtlichſten Bemühungen ihres geängitig-
ten Vaters und des alten Marquis erwachte nun Beas
triee wiedex zum Bewußtſein. Sie öffnete ihre Augen
mit einem furchtſamen Blick u. ſchaute unruhig im Zimmer

4

Faſſe Dich Beatrice,“ bat der Graf, ſeiner Tochter
Hand ftreichelnd. „Der Karguis und ih wir begreifen
wohl, wie ſehr die verblüffenden Enthüllungen über SGott-
fried Dich erregen mußten. Mein armes Kind. Und Du
haft ihn all dieſe Jahre geliebt, all’ dieje Jahre um ihn
zetrauert?

Lord Trewor ſah mit einem Ausdruck väterlicher


Ich glaubte ſie kalt und herzlos mein liebes Kind“,

4 der Marquis. Wie ſebt Habe ih Sie mibdeutet

erzeihben Sie mir Beatriee und ſchenken Sie mir wieder
Ihre Freundſchaft

Gortſetzung folgt.)


 
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