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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0719

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Yrfheint cäglid ait Augnahme der Gonzs und Keiertage
— mit Unterhaltungsbeilage, Prei® vierteljährlich

. 1,.20 odıe Lrägerlohn . Poßanffdlag. Bekellungen
Ai den Boftanfialten m. bei der Gxpedition Zwingerfraße 7,









YnzeigerBlatt {r die Amtebezirte Heidelberg,
Labenburg, Weinheim, Schwebingen, PHilipp3burg,
Wiekloch, Bruchſal/ Breiten, Nedargemünd, Mosbacdh
eberbach/ Buchen Waldärn,Z.-Bıu _ “8h., Wertheintse,











Berantwortlidher Nebaktenr :
KYulins Yoeder in Heidelberg.


Druek, Verlag ı, Erpedition von Gebr. huber
in Heidelberg, Zwingerſtrate 7.

A.









Beſtellungen

auf den „Pfälzer Boten“ werden fortwährend bei
ſammtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traßze 7, entgegengenommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.°°





* Sachfen in hefihr.

Wehe! wehe! Sachſen iſt verloren, geht elend zu
Yunde. Die Liebe zum Vaterland, der Patriotis-
MUS iſt untergraben, das Vertrauen auf das Königs-
haus geſchwunden. Und warum? Weil der Prinz Max
on Sachfen dem Drange ſeines verzens und
Jeiner Ueberzeugung folgend ſich dem Prieſter-
tan de widmen will und zur Vorbereitung darauf
fich na Sichftätt begeben hHat. Das muß für die
Aangeliſchen Bundesbrüder doch gar ſchrecklich ſein
ım (jJächfijdhen) Oſchatzer Amtsblatt hat ein ſol-
jer ſeine Wuth darüber in einer Weiſe erxpektorirt,
1e einem wirklich die Frage aufdrängt ob der Mannn
NO vernünftig fet oder noch irgend ein Gefühl für
Dleranz hHabe. Wir geben unſern Leſern daraus fol-
gende Proben: Dem Biedermanne iſt e& gleich, ob
der Prinz Mönch oder Prieſter wird, in letzterem
Fij ſoll das ſachfiſche Volt alle Aufklaͤrung über
le Veranlaſſung zu dieſem, verhängnißvollen Schritt
ordern! Dann redet er von dem „feinfühligen,
Eicht zu Miktrauen geneigten „proteſtantiſchen Ge⸗—
wiljen“ und hackt wieder, wie im erſten Artitel, auf
den Bijchof Wahl ein. Febt folgt die bodenlojefte
Uroganz und Unverfchämtheit: „Im Interejfe
* inneren Friedens ſcheint es geboten
aß der Prinz, dafern es noch Zeit iſt,
von dem Eintritt in den Priefterſtand
Zzogehalten wird.“ Ferner: „Der Prinz dem

üterlande verloren (!); e8 iſt ganz ausge-
ſchloffen, daß er als Prieſter in ſeinem Heimathlande
Wwirkt, felbft jeine Kuckteht an den Königshof würde,
wenn ſie nach der Prieſterweihe erfolgte, unter allen
Umftänden dasz größte Mißtrauen des V ol-
S gegen das gejammte Königshaus
@ormfen 4



Das iſt denn doch ſelbſt der Redaktion des pro-
teſtautiſchen „Leipziger Tagebl.“, zu ſtarh weldhe,
da3 frehe Gewaͤfch des Aniisblaites (!) abdruckend,
hinzufügt:

„Von einem Mißtrauen des Volkes gegen das
das geſammte Koͤnigshaus kann jedenfalls ke ine

ede ſein. In der That freuen ſich in Leipzig nicht
nur Katholiken, ſondern auch konfervative Proteſtan-
len daͤruber, daß ein königlicher Prinz des Hauſes
Wettin un uujeren Tagen des Unglaubens ſich dem
Dieuſte der Kirche weiht, die Liebe zu unſerem
Koͤnigshauſe kann durch dies glückliche Ereigniß nur
geſtärtt werden. Uebrigens haͤt ein Mitarbeiter der
„Leipz. Neueſten Nachrichten? am Sonntag Abends
au8 dem Munde des hier anweſenden Prinzen Georg
des Vaters des Prinzen Max, vernommen, daß der
Prinz aus freiem AntriedeLniht in Folge
irgendwelcher Familienbeſtimmungen nach Eichſtädt
gegangen ſei.“

* der Altkatholizioͤlllio in det Schweiz.

Mit dem Altkatholizismus geht es in ſchnellem
Tempo bergab, ſelbſt im Canton Genf, wo dieſe
Selte ſeit 1873 geſetzlich als /katholiſche Kirdhe“ an
erfannt und unterſtüßt wird, mährend die Römiſch-
Katholiſchen in dieſem Canton als Diſſidenten be-
handelt werden. Bekanntlich ſetzie |. Z. die Regier:
ung fammtliche katholiſche Pfarrer ab, weil ſie den
jeit 1873 vorgeſchriebenen Staatseid verweigerten,
und faſt alle katholiſche Gemeinden (18) erhielten
hergelaufene Abenteurer als nationalkatholiſche!
Pfaͤrrer. Dieſe merkwürdigen Hirten hatten natärlich
jährlih vom 1. Januar bis zum 31. Dezember
Ferien und fanden es beinahe jämmtlich gerathen,
den Genfer'ſchen Staub von den Füßen zu ſchüttein
und ſich davon zu machen. In vier Gemeinden ge-
laͤngten die Katholiken in den Beſitz der ſeit Jahren
unbenutzten Kirchen und Pfarrhäuſer und zwar mit
guſtimmung der Regierung, welche aus pactei⸗politi-
ſchen Gründen den Ultramontanen entgegen kam.
Ictzt werden letztere (noch im Laufe d. 8) die
Firchen in aͤllenkatholiſchen Gemein-
den zurückfordern! Conſequenterweiſe muß die
Regiekung ihnen willfahren. Um aber diejes „Cano-
{ja” zu vernieiden, wollen die beſtürzten Liberalen in,
ihrem Katholilenhaß geſchwind ein Geſetz vorlegen
und durchdrücken, nach welchem die Kirchen nur den
ſtaatlich enerkannten Confeſſionenaur





Verfügung ſtehen ſollen. Lieber leere Kirchen als

katholiſche! Die liberalen Culturhelden ergehen ſich

in rührenden Klagen über die Zerfahrenheit u

ungtaubliche Gleichgültigkeit der-
Chriſtkatholiſchen, Ddie ſich als Stürmböcke

gegen Rom? ſo ſchlecht bewährt haben, aber durch
den neuen kecken Angriff der Ultramontanen vielleicht
aufgerüttelt werden.“ Die „Chriſtkatholiſchen? wer-
den auch dieſe Hoffnung zu Schanden machen; denn
von kirchlichem Leben war bei ihnen nie die Rede,
und ihre „Dogmatik“ geht bekanntlich in unheimlicher
Weiſe immer mehr nach links. Ein Genfer „Pfarrer“

hat dem Oberkirchenrath ſogar vorgeſchlagen. ein

Handbuch zu verfaſſen, welches ausfchließlich
nur noch die Prophezeiungen über die
Ankunft des Meſſias behandle! Unter ſol-
chen Berhältniſſen kann man es den Proteſtanten
wirklich nicht verdenken, wenn ſie von dem Ueber-
tritt der „Chrifkatholi) hyen“ zum
Proteſtantismus nichts mijfen wolten.
Sehr deutlich, aber ſehr höflich und klug drückte das
ein proteſtantiſcher Reformpfarrer auf der altkatholi-
ſchen Synode zu Aarau im Mai d J. folgender-
maßen aus „Wir proteſtiren und ihr proteſtirt
gegen die Prätenſionen Roms; allein ihr Chriſtkaiho-
lilen habt ſehr gut daran gethan, nicht den
ganzen Schritt zu thun, wie man euch oft zugemuthet
hat, und nicht roteſtauten zu werden.
Eure Exiſtenz iſt für Romum ſo unbe-
quemer .. wir gehören gleichwohl zuſammen
im gemeinſamen Proteſt gegen die römiſche Geiſtes-
knechtung“ Dieſes edle, gemeinſame proteſtantiſch-
chriftkatholiſche Handwerk, Rom zu ärgern, zu be-
ſchimpfen und zu begeifern, wird denn auch mit dem
größten Eifer betrieben und zwar derart, daß es
ſchon wiederholt ſelbſt Ungläubigen zu arg, reſp. zu
dumm wurde. So ſpöttelte unlängit der „Katholit“,
das Organ des chriſtkatholiſchen „Biſchofs? Herzog,
über diẽ ſozialpolitiſche Thätigkeit Leos Ein
ſozialdemokratiſches Blatt aber ſchickte den
Kraͤkehler folgendermaßen heim: „Der ſozialdemokra-
tiſchen Arbeiterſchaft kommt es vorläufig darauf an,
daͤß der Arbeiter gegen die ausbeuteriſche Uebermacht
des Capitals geſchüßt wird. Wer dabei mithilft, iſt
recht. Jedermann weiß, daß der Papſt kein Sozialiſt
iſt; allein daß er in Frage des Arbeiterſchutzes,
gleichviel aus welchem Motive, eben doch weiter geht
als die Bourgedis der allermeiſten Länder, iſt eine
Thatfache, an welcher einzig der Unverſtand und die














2 —

Treuer Liebe Sohn.
Roman von U Rojen.

* * * — verb,)
Er ir eS auch, gnädiges Fraulein; aber ſo geizig er
Tein {joll, lieben ihn jeine Leute dennoch. Er jieht 2
* ‚dem Herrn Marquis recht Ahnlich, jeinen Namen un-
erteme ſoſche Ankündigung zu jeßen, was doch ofonſt pei
S Sachen nicht üblich ijt; allein was kümmerts ihn,
* twas üblich iſt oder nicht Es wird Ihnen im Schloſſe
—— gnädiges Fräulein Es iſt dort ſehr dde und

„ will menigitens einen Verſuch machen. Wenn
* ‚Die gemwünfchte Stelle nicht befomme, dann muß ich
ue‘hcfi wieder ı zurücfehren. Könnte ich vielleicht etwu
?é?)r%o Uhr einen Wagen haben, der mich dann dorthin

Der Virth vermochte nun den Muth des jungen,
welcheSer nun eine lebhafte Theil-

ghme empfand, nichtnoch mehr Herabitimmen u. verſprach
4 AWagen würde zur feitgejeßien Stunde in Bereitjchaft

Pünktlich um zehn Uhr beſtieg Giralda, ihre Reiſe-

taiche in der Hand, den Wagen.

* * Berkanfsläden waren jetzt geöffnet, die Krämer

Q Nden vor ihren Thüren oder lehnten träge vor ihren
Adentijchen.

* Da fein Markttag war, gab es für die Händler faſt

* Nichts zu thun und alles Leben im Dorfe ſchien aus-

— zu jeim, Das Keine Zhal mit jeinen nied-
gen Häuschen blieb bald zurück und das Gefährt arbei-



8 Wurde hHeller. Bogel zogen ſingend zwitſchernd durch
Wweite Quft. Auf den Feldern weideten junge Lämmer





den. In der Tiefe breiteten ſich lachende v grüne Zhäler
aus und aus dichten Gebitih Iugten Schäferhütten oder
achlhbfe hervor. Endlich erreichten fie den Gipfel Ddes
Hügel3, zu deſſen Fuͤßen ſich Aecker und Wieſen ausdehnten
während ſich auf jeinem breiten Rücken das mächtige alte
Schloß erhob.

Siralda wußte, ohne daß es ihr auch Jemand
* * ſehe den ehrwürdigen Herrenſitz der Trewors nun
vot ſich
Wie vertraut mir dieſes durch die Jahrhunderte ta-
genDde, zinnengekrönte Gebände vorfommt“, dachte ſie
„Bapa deſchrieb uus bftexs ein ſolches Schloß als Ddie
Heimath, die er in dem Beſitz ſeiner Kinder vuͤnſchte. 39
bin neugierig, ob er jemals in dieſer Gegend war und
Treworpark Fennt.“ {

in breites Thor verſperrte dem Wagen die Weiter-
jahrt. Der Kutſcher fprang vom Bock ſtieß das kaarrende
Thor auf u.{bog in eine Allee von prächtigen , uralten Bäumen
ein, deren obere Zweige ſo ineinander verjchlungen maren,
daß ſie im Sommer einen_ grünen Vogen bildeten,
jeßt aber einer -geboritenen Decenwölbung gleih war.
Yeber das aufgehäufte trockene Laub des Barkes ſprangen
Hajen, während helläugige Rehe ſich ohne Scheu herum-
fummelten. .

U3 ſie vor dem Schloß hielt begann Giraldas
Herz Heftig zu pochen, und ſie wurde todienbleich vor
Erregung. Der Kuͤtſcher läutete an dermeſſinabeſchlagenen
Eingangsthür, die nach wenigen Minuten von der Haus-
4 einer gutimüthig ausjehenden alten Frau. geöffnet
wurde.

Ich wünſche gord Trewor zu ſprechen ſagte, Das
Mädchen, das haftig ausgeftiegen mar, halb ſchüchtern
* fomme, um mich auf das Inſerat in der „LZimes“” zuU
melden.”

Die Haushälterin blickte exſtaunt auf die kindliche Ge-
{talt, bat aber die junge Fremde mit höflichen Worten ein-
zufireten. . ;

„Sch will den Herrn Marquis jagen, deß Sie hier
angefommen {ind“, bemerkte dann die Zrau, Giralda



in ein kleines ungeheiztes Wartezimmer führend „IO


glaube noch nicht, daß er ſich ſchon für eine Dame ent-
ſchieden hat.“

Mit einer artigen Verbeugung zog ſie ſich zurück, um
ſehr bald wieder zu kehren. -
Der Herr Marguis wüniht Sie zu _empfangen,
gnädiges Fräulein rief fie. „DBitte,. folgen Sie mir nur

ach
Sie ſchritt ihr nach und klopfte an die Thür ihres


* Eine barſche Stimme befahl ihr dann auch einzu-
reten.

Giralda üherſchritt die Schwelle eines bequem und
vornehm ausgeſtatteten Zimmers.

Lord Trewor ſaß, den rechten Fuß in warme Deeken
gewiaͤelt/ ver einem runden mit Briefen überſäeten Tiſch.
Einen derſelben hielt er in der Haͤnd

Der Greis ſah nicht aus wie ein Geizhalz, Er mar
von hHoher Geſtalt, breitjchultrig und von gebietender Er-
jcheinung. Sein kurzgeſchnittenes Haar war weiß _ wie
Schnee und legte fich in dichten Loden um ſeine Ichoͤn
gewölbte Stirn. Die Augenbrauen waxen weiß und bı
jchig und der filberglänzende weiße Schnurrbart verlich
ihm etwas Militärijches. Seine Ddunklen Augen hatten
den ſcharfen durchdringenden Blick der Iugend.

Er war noch immer ein Mann von leicht erregbarem
Temperament. Sein Geſicht trus für gewöhnlich einen
Ausdruck beißenden Spottes. In ſeinen jüngeren Zagen
war er als Mann von glänzendem Geiſtkund Witz bekannt
geweſen und auch jeßt haͤtte er noch ſehr piele von
* mit Recht hoͤchgeprieſenen Gaben und Talenten be-

ahrt

Er haßte Falſchheit und Irug, und feine gegen ſich
Eelbſt unnachlichtige Natur entſchuldigte die Hervorrageniten
Fehler feinesiEhaxalters eine unerbitterliche Strenge, Un-
duldſamkeit und Selbſtſucht.

Fortſetzung folgt.)



































































 
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