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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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Sifgeint caglig au Ansnadme ber Gonus und Feiertage
Bamftags. urit UnterHaltungsbeilage, vierteljährlich
B, 1.20° obne Zrägeriohnt ı. Boßanfiglag. Befelungen


gäg} Siadt



YnzeigerBlatt r die Aıntsbezirke Heidbelberg,
Yabenburg, Weinheim, Schwebingen, BOilippeburg,
wierloch Eruchſel/ Breiten, NeXaärgemänd, Mosbac











Verantwortlicher Redaktenr:

— Zutius FJeder in Heidelberg.

Eberbach/ Suchen Walbdärn,Z.-Dı — ‘*8h.; Werkbeimae,




Druc Verlag n. Expeditiun von Gebr guber

m Heibelberg, Zwingerürake 7,



28. Jadrg.









— Beitelungen


‘“m_mtlid)en Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
Iwie in unſerer Eypedition Heidelberg, Zwinger-
aße 7, entgegengenommen.


— — — — — —
der yeutigen NMummer liegt Ur. 39 der Wogensei-
ge bei.

&xecssesecs esceecc — — E

* Anterellante Enthüllungen

Über die in dem bekannten italieniſchen Baukſkaudal
Verwidelten öffentlichen Perjönlichleiten bringt
%‘bhdy die ſo lang erwaͤrtete nunmehr veröffentlichte
%nnagegeid)icbte im italieniſchen Bankprozeß.
ach den beſchlagnahmten Briefen ſind es nicht
Weniger al 36 politijche Perjönlichleiten gewejen,
Welde — nach der Anficht der Anklagebehürde ohne
Aniniß (!) von den geheimen Zwecken Tanlongos,
Lruberall Unterſtuͤtzung für feine und der Bank
Wereſfen ſuchte — für ſich oder andere an die
Mene Hand des Baukgouverneurs appellirt haben.
Mier ihnen ſind die Miniſter Branca, Chimirri,
Vpretis, Ellena, Grimaldi, Micelli, Nicotera, ſowie
e ganze Reihe von Abgeordneten, € r is p ikonnte
jfi‘“@ Wechſelſchulden zur Verfallzeit bezahlen, zum
— etft, yadjdem die Kaljenmankos bei
der Bank entdeckt waren.
Am {Olimmften komnit der Exminiſter Nico-
4 in den Ausſagen Tanlongons und Lazzaronis
* Beide geben an und haben noͤtirt, daß Nieo-
* nach Uebernahme des Miniſteriums des Junern
* Februar 1891 ſich einen Wechſel über 44 000
8 quittirt habe zurückgeben laſſen, ohne ihn zu
ahlen, und daß er gleichzeitig 156000 Lıre in






Üöfen, Später habe er weitere 30000 Lire verlangt

;‘t“b erhalten, alles ohne Quittungen und ohne je
was zuruͤckzuzahlen.

Der Wechjelagent Mortera, der die für den
Vtauſch mit der — erforderlichen Bank-

noten zu beſorgen hatte, blieb der Bank über 100 000
Lire ſchuldig, die er veruntreut haben ſoll. Der


von der Bankleitung, die viele ihrer Beamten fürch-
ten mußte, mit dem Maͤntel der Liebe zugedeckt
wurde! Dies konnte ardere ungetreue Angeſtellte
nur ermuthigen, und in D That haben noch ver-


Tanlongo ſelbſt hat nach ſeinem eigenen
Geſtandniß elf Millionen unterſchlagen; doch
will er das Geld nicht zu eigenem Nutzen verwender
haben. Im erſten Verhör behauptete er im Allge-
meinen, ſämmtlichen Miniſterpräſidenten ſeit Deprelis
Zeit zu Wahlzwecken bedentende Summen gegeben zu
haben. Später, durch einen Brief ſeines Sohnes
Pietro beſtimmt, erklärte er folgendes: Depretis


Zeitungsleuten Wechſelvorſchüſſe gewährt worden, die
nicht zucückerſtattet worden ſeien; daſſelbe ſei auf
Cri3pis Empfehlungen hin geſchehen. Während
der Miniſterpräſidentſchaft des Marcheſe di Rudini


tera, die ſchon früher erwähnten Summen erhalten,
ſondern die Bank habe auf Andrängen der Miniſter
Nicotera, Chimirra und Luzatti dem Abg. Fazzari
zum Zwecke ſeiner großen induſtriellen Unternehm-
ungen einen erſten Kredit von 300000 Lire eröffnet
und auf Wunſch di Rudinis die dem Zuſaminen-
bruche nahe Firma Zardy und Bennet in Savona
unterſtützen müſſen Dem gegenwärtigen Miniſter-
präſidenten Gi olitti wil Tanlongo zur Zeit der
Wahlen gegen 120.000 Lire,. aleichzeitig den
Miniſtern Srimaldi und Zacava zujammen
22000 Lire zugeſtellt haben! In der Folge
nahm er die letzteren Behauptungen wieder zuruͤck u.
beſtätigte die Ausſage des Schcktzdirektors Cantoni,
der erklärt hatte, im September 1892 für die Gue-
neſer Feſtlichkeiten 60000 Lire namens der Regier-
ung bei der Bank erhoben zu haben. Dieſe find,
wie gewöhnlich verabredet, im Februar d S, erftattet
worden.


und die Preſſe ſowie zu Beſtechungszwecken hält die
Auklagebehörde für bei weitem geringer, als Tan-
longo ſie angiebt. Es wird deshalb angenommen,
daß er im eigenen Nutzen etwa achtzehn Millionen


Börſenſpiele verloren worden iſt. Wieviel von dem





Reſte ins Ausland in Sicherheit gebracht, verſteckt
oder zum Beſten der Angehörigen Tanlongos ver-
wendet worden ſei, iſt noch dunkel. Obwohl Tan-
longo und der Kaſſierer Lazzardni ſich bemühen,
einander wechſelſeitig die Hauptſchuld an den Verun-
treuungen und Fälſchungen aufzuladen, ſo wird an-
genommen, daß ſie in vollem Einverſtändniß gehan-
delt haben. Ihr Schuldbewußtſein würde alein
ſchon durch ihren gemeinſamen Widerſtand gegen die
vorgeſchriebenen Kaſſenunterſuchungen bezeugt werden,
für welche die Mitglieder des Aufſichtsrathes ihre
Taggelder in Empfang nahmen, ohue je eine Unter-
ſuchuͤng anzuſtellen. Mit den Taggeldern allein war
es aber noch nicht gethan. Dem von 1885 bis
1890 mit der Ueberwachung der Banea Romana be-
trauten Regierungskommiſſaͤr Zammarano z. B. wurden
bis 1892 im ganzen 18000 Lire als Geſchenke
eingehändigt.

Gerade erſtaunlich klingt der Bericht über vor-
genommene Revifjionen. Bei einer Reviſion im
Jahre ergab ſich nach dem Berichte ein Abgang
von 5 Millionen Die von Tanlongo hieruͤber ” an-
geſtellten Nachforſchungen ergaben nichts Genügendes
— ſo belehrt uns der Bericht — aber das Verwal-
tungsmitglied Cavallini entſchloß ſich (welch' ein edler
Entſchlußl), aus der Verwaͤltung auszuſcheiden —
natürlich ohne Zuſammenhang mit den 5 Millionen.


führung ungenügend, die Emiſſion von Noten alles
Maß überſchreitend, die Kaſſe in Verwirrung, die
Banknoten ſchlecht verwahrt“. Trotz all dieſer ſchönen
Dinge gab es jedoch „KFeinen Anlaß, hier eine Unter-
ſuchung zu veranſtalten, da die Sache nicht zur ge-
richtlichen Kompetenz gehörfte,“ Der Bericht über
dieſe Affatre ſchließt mit der lapidaren Waheheit:
„Gewiß iſt das Eine, daß alles im Stillſchweigen
begraben mwurde.“ Auf eine Sühne der großartigen
Betrügereien wird man vergebens Wwarten, Da zu
viele einflußreiche Perſonen bloßgeſtellt ſind. Immer-
hin aber bildet der Skandal ein herrliches Bild von
dem „geeinten ıt. fortgeſchrittenen Italien.

Deutſches Reich.
Berlin, 21. Sept. Dem Vernehmen nach hat




jekts lediglich die Unmöglichkeit einer Einigung ter-
geben. Es erſcheint fraglich, ob das Projekt vom
Bundesrath acceptirt wird. — Wiener brafilianifche









Treuer Siebe Lohn.

Roman von U. Roſen. ;
Nachdruck verb.)
S Umftände feien eingetreten, die fie ndihigten, das
n undverweilt zu verlaſſen Ihn zu Jehen, wage fie
44 un nicht ihre Kraft und ihre Selbitbeherrichung zu
ir veren. Er möge das Teſtament, das er FKüirzlihH zu
en SGuniten gemacht habe, wieder vernichten und .. was
jie 10 NachtheiligeS von ihr hHüre, immer glauben, daß
QEbüm wahr und aufrichtig geliebt und niemalz Ddaran
u 9Ot habe, jich durch jeine Zuneigung, äukere Vortheile
5 ingen. Diefen mit zitternder Hand deſchriebenen,
4* <hränen Vlb verlöjchten Brief adreflirte {ie an den
ALQUiS von Trewor.

die Yachdem ihr Kammermädchen die Lampe angezündet,
zugezogen und ſich wieder entfernt Hatte,
4 © ®iralda, des Iangen Weges nach dem Bahnhof ein-
4 nE, ihren Mantel um und warf ihren Shwal 4
und Arm, verhüllte inr Geſicht mit einem dichten Schleier
fln itahl {ic, Die Meijetajche in der Hand, die Treppe
@aäfätfi und durch ein Seitenpförtchen hHinrans in Dden

* Die Nacht war milde und dunkel. Zedex Gegenſtand
Xurgflnbféafl war Ddeutlich erfennbar. Im Schatten eines
ar onumes blieh Giralda: ftehen, Das Wohnzimmer
Ticht noch hell beleuchtet und die Borhänge waren noch
in der Hgezugen. Lord Ormond faß mit einem Buche
8 & Hand an dem Tijh, der Marauis Lehnte in
Seſſel vor dem Fener, ein Auzdruc der Trauer
* er Schwermuth verdüfterte jeine edien vornehmen

füm @tra}ba betrachtete ihn einige Minuten. Die Thränen
5(‚%”“9 ſie tapfer zurüd. Ihm noch einen Leßten Bli zu-
jort ND, wendete fie fih ab, um ihre einfame, Wanderung
* — Mit tiefer Verzweiflung in der Seele, verließ
—— Laters rechtmäßiges. Erbe. SIhre Aufgahe war
* endet, „ihre Hoffnung zerfrümmert... Niemals, das
— ſie ſich in bitterem Schmerz, durfte ſie daran

n. hierher zurücdzufehren, nie mieder Davon frähmen,







die beiden Hochgefinnten, Ddurch Hinterlijt einander ent-


ihres Vaters Namen und Ehre in ſeinem früheren Glanze
wieder herzuſtellen Alles, worauf ſie noch zu hoffen


4 * ur Flucht zu verhelfen Unbemerkt gelangte ſie

auf den

ſchritt ſie die wilde Bergeinjamfkeit. Ihre Gedanken waͤren
ausjcOließlih mit den Thenren im VBaterhaufe und den

göän Naͤchrichten beſchäftigt, welche ſie ihnen zu bringen
atte.

Die Straße war verödet. Weder Wagen noch Fuß-
gänger begegneten ihr.

Heute werde ich nicht mehr vermißt werden, ſagte
ie „und morgen hin ich in Birkenhain.. Ich muß meine
Fahrkarte gleich nach meiner Ankunft auf dem Bahnhofe
löſen/ um nicht Lord Ormond unter die Augen zu ge-
rathen. Er würde ſonſt meinen Plan durchſchauen und


Der anſtrengende Weg war beinahe zur Hälfte zurüd-
gelegt, als ſie fich, um auszuruhen, ermüdet auf einen
Stein feßte. Ein Gefühl der Erleichterung überfam ſie
und ihr gehrochener Muth begann ſich wieder aufzurichten
als ein Plößlich rafelndes Geränijch wie von einem näher-
rollenden Laſtwagen an ihr Ohr drang. Sie zog ſich ein
wenig in den Schatten einer Hede zurüd, um das Gefährt
an ſich vorüber zu laſſen.

Es war nun kein Laſtmagen, welcher jetzt an ihr
vorüberklirrte, ſondern eine ſchwerfällige Kutſche, in der
zwei Männer ſaßen/ die ſcharf nach den Hecken am Wege
ausſpähten.

44 303 ſich immer noch tiefer in das Buſchwerk

zurück

Das Gefährt hielt ſtill und der Kuͤtſcher rief vom Bock

herunter:

2 zpe, hallo! Gnädiges Fräulein! Welchen Weg gehen
*
Sich noch ferner zu verbergen war nuBloS.
Nach dem Dorfe”, erwiderte Giralda gleichgültig.




„Wollen Sie mit ung fahren ? Ich nehme Sie gerne
mit.“

ein ich danke Ihnen”, entgegnete das Mädchen,
4 laut pochendem Herzen! „Ich ziche e& vor zu
gehen.”

In Ddemjelben Augenblick ſprang einer der Männer
aus dem Wagen und näherte ſich Giralda, die in Ddem
Heranſtürmenden jogleih Lord Ormond erkannte Mit
einem Schrei des Enſſetzens wendete ſie ſich von ihm ab,
um Davonzulaufen. Lord Ormond jagte ihr nach und
* 4 Minuten hatte er fie erreicht und am Arm
erfaßt.

Ich ſehe nun, daß Sie ſich vor mir fürchten“, ſagte
Ormond, ſie mit ſich nach dem Wagen ſchleppend „Sie
bachten, mir 3zu entichlüpfen, jind aber nur in eine
15@cbimge gefallen, aus der Sie ſich nicht mehr befreien
Önnen.“

„Sajjen Sie mich gehen, o, lafjen, Sie mich gehen“,
bat ®iralda in wmahnjinniger Angit. „D Myloxb, wenn
4 * die Gnade des Himmels hoffen, laſſen Sie mich
gehen!

Ormond Dblidte erbarmungsloS in das geängſtigte
44 des Mädchens Wollen Sie meine Gattin werden ?“
ragte er.

„Niemal8 !“ rief Giralda verzweifelt. „Sie wihen ia,
daß ich e$ nicht Kann. Sie haben kein Recht, mich auf
* Weiſe zurückzuhalten. Ich verlange meine Freiheit
wiedex.

Perkins, gebot Ormond, gieb auf die Pferde Acht,
ich werde nach dem Mädchen fehen“, 4
Giralda in die Höhe hebend, ſchob er e in den


Des Madchen ffieß einen lauten Anaſtruf aus

Sie thäten beſſer ſtill zu ſein warnte Ormond und
die ganze teufliſche Natur ſprach aus Blick und Geberde
Noch ein ſolcher Schrei und ich werde mich gezwungen
jehen, Sie zu knebeln, mein ſchönes Fräulein.“

Fortſetzung folgt.)


 
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