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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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Yylins Yader in Hetnelzara

Seidelberg, Dienliag, den } Ni 1698

‚ rud, Merlag u. Expedition von Gebr Yuber
in Keidelberng, Ziuingerürake 7,



2









*

Beſtell ungen
auf den, Pfälzer Boten“ werden fortwährend bei
ſämmtlichen Poſtauſtalten, ber unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
ſtraße 7, entgegengenommen.
Verlag des „FPfälzer Bote.‘





Vet if der wahre Arbeiterfreund ?

== geidelberg, 1. Mai.

Man ſchreibt uns:

Heute iſt der 1. Mai! Die Arbeiter,
verfuͤhrten Arbeiter feiern bekanntlich dieſen Tag.
Auch hier in Heidelberg hat eine ſolche Feier
ſtattgefunden. Dr. Rüdt, der Arbeiterfreund“ hielt
die Feſtrede. Gut, daß der Arbeiterſtand auch noch
andere Freunde hat, als ſeine rothen Schutzpatrone,
die Arbeiterfreunde mit Reichspatent, die Sozialde-
Mofraten. Noch beſſer aber, daß die Arbeiterfreunde
ohne Patent jenen um eine
Loraus ſind, die ſo laut im Lande herumprahlen, die
Tugend der Arbeiterfreundlichkeit einzig und allein
in waſchechter Farbe zu beſitzen, gerade wie die Na-
tionalliberalen den Patriotismus.


weſen der Sozialdemokratie durch die bürgerlichen
Parteien zu Stande kamen, bringen doch dem Ar-
veiter Vortheile, die keinesweas zu verachten ſind.
So wurden im Jahre 1892 baare 95 Millionen M.
an kranke Arbeiter ausbezahlt Arbeiter, welche durch
einen Betriebzunfall geſchädigt wurden, erhielten zu-
ſammen 32!/2 Mill M., und von den ausgedienlen
Invaliden der Arbeit wurden in dieſem Jahre 22
Mill. M. bezogen. Wir wiſſen nicht, ob die ſozial-
demokratiſchen Abgeordneten im Jahre 1892 ſo viel
Worte zum Befien der Arbeiter geredet haben,
als die Verſicherungskaſſen an Markſtücken ausbezahlt
haben; aber das wiſſen wir, daß die 150 Mil. M.
Verſicherungsgelder mehr Nutzen geſtifet haben, als
alle Reden det ſozialdemokratiſchen Abgeordneten, u.
* ſie es auch auf 150 Millionen Worte gebracht
aben.

Die patentirten Arbeiterfreunde haben ſich den
unbequemen Verſicherungsgeſetzen gegenüber eine ganz






— —

— —



Geſetze getadelt werden, wie z. B. das Klebegeſetz,
fagen ſie den Leuten: „Seht dieſe? theuere und lä-
tige Geſetz verdankt ihr dem Centrum“. Das iſt
freilich nicht richtig; denn vom Centrum haben 47
Mann gegen dieſes Geſetz geſtimmt; aber das Cen-
trum iſt der kräftigſte Gegner der Sozialdemokratte
und darum wird ihm dieſes undeliebte Geſetz ins
Schuldbuch geſchrieben. Dabei verſchweigen die So-
zialdemokraten forafältig, daß nach ihren Verbeſſer-
üngsvorſchtägen das Kiebegeſetz noch weiter ausge-
dehnt und die Beiträge noch höber geworden wären.
Wo aber die neuen ſozialen Geſetze gelobt werden,
wie die Unfallverſicherung, die Krankenkaſſen, das Ar-
heiterſchutzgeſetz, da ſagen die Sozialdemokraten ganz
ihr uns. Wir 36
eine größere moraliſche Gewalt,
als die 360 Abgeordneten miteinander; die Mehrheit
iſt gegen ihren Willen durch uns zu dieſen Maß
regeln genöthigt worden.“

Mit eſſigſaurem Geſichte haben die patentirten
Arbeiterfreunde zugeſchaut, wie die „Bourgeois“ die
Geſetzgebung zu Gunſten der Arbeiter begaͤnnen und
Mann für Mann haben ſie gegen all? dieſe Ge-
ſetze geſtimmt, die
Zeugniſſe des Herrn v. Vollmar „Erh bliches“ für
den Axbeiter leiſten. Jetzt, nachdem die Geſetz gegen
ihre Stimmen zu Stande gekommen, ſtecken ſie das
Verdienſt der Anderen ganz ruhig in ihre Taſche.
der die Schwalben das Neſt
bauen läßt und ſich dann in ſeiner ganzen Breite
hineinſetzt. Nein, mein Beſter, wer ſein eigenes


tern; e& geht nicht an, das rothe Rößlein

Habextruhe des Centrums ' w verſorgen. Wer das
Verdienſt um ein Geſetz haben will, der muß
für das Geſetz auch ſeme Stimme hergegeben

haben, wie gut, daß die „moralifche Gemwalt“ der
Sozialdemokraten nicht ſo groß war, als die rothen
Rettungsengel der Arbeiter ſich ein-
bilden. Hätte ihr moraliſcher Einfluß den Ausſchlag
gegeben, dann wäre eben für die Arbeuer nichts
geſchehen. Die Sozialdemokraten wollen keine Reform;
noch kürzlich in der großen Redeſchlacht im Reichs
tage über den Zukunftsſtaat hat
auf dem Geſtändniſſe feſtgenagelt, daß ſie heute uoch
das Arbeiterſchutzgeſetz, die Krankenverſicherung Die
Uyfallverſicherung an ihrem Widerſpruche ſcheitern
laſſen wollten und hat daraus den richtigen Schluß
gezogen, daß die Arbeiter keinen praktiſchen Fort-
ſchritt in unſerer Geſetzgebung mehr zu hoͤffen hätten



wenn die Sozialdemokraten einmal zur Ausſchlag-
gebenden Barter würden.

Aber, ſchreibt eine ſozialdemokratiſche Broſchüre,
welche zugibt, daß die materielle Lage der Arbeiter
„ein ganz klein wenig“ verbeſſert wuͤrde, aber ſelbſt
der höchſte Grad, der durch die heutige Geſetzgebung
erreicht werden könnte, bleibt noch weit hinter dem
Ideale zurück, das die Sozialdemokratie durch die
Verwirklichung des ſozialdemokratiſchen Zukunftsſtaates
zu erreichen hofft. Ia hofft, ſagen wır; aber was
Einer bloß hofft, bleibt immer um Meilenlaͤnge hinter
dem zurüc, was Einer wirklich Hat. 150 Mierllionen.
in der Taſche iſt mehr werth als 150 Milliarden,
die im verſperrten Geldſchrauk der unſichern Zukunft.
liegen und wer mir in der kalten WinterSzeit einen
Schubkarren voll Holz gibt, iſt mir lieber, als wer
mir in meiner kalten Stube prophezeit, daß es wahr-
ſcheinlich im März ſchon wieder ſchöne warme Tage
geben werbe. Der rechte Arbeiterfreund iſt nicht der
welcher dir in nebelgrauer Zukunf fette Kuchen ver-
* ſondern der, welcher dir heute ſchen Brod
gibt.



Deutſches Reich.

Berlin, 30. April. Wie der Nationalztg. aus
Stettin gemeldet wird, iſt eine dortige Näherin unter
choleraverdachtigen Symptomen erkrankt und
in die Jolir Station des Krankenhauſes gebracht
worden. Dejektionen wurden auf amtliche Requiſition
an das Koch'ſche Inſtitut nach Berlin geſchickt.


Keichslag.
Berlin, 29 April.

„ Der Reichstag erledigte heute den Geſetzentwurf über
die Erſatzvertheiluͤng in zweiter Lefung ohne Debatte. In
Dritter Lejung wurde der Nachtragskredit für die Bot-
ichaften in Vaſhington und Madrid, ſowie für die Yus-
itellung in Chicago angenommen. Fn erfter und zweiter
fifflixtq_qgnei)zntgte der Reichstag den Nachtragskredit von
62 Meilionen Mark für Naturalleiitungen. (Der Nach-
trag ijt Durch Ddie gefteigerten Getreide nothwendig ge-

olate nunmehr die zweite Lefung des Geſetzentwurfs
bekreffend die Abzahlungsgeſchäfte.
Yg. Heine (Soz.) fragte an, vb die Vorlage auch auf


Ubg. Träger (Deutichfreif.) befürwortete den von ihm
und Abg. v. Bar geftellten Antrang, welcher Bekimmungen
zu ©uniten des Verkaufes enthält und führte aus, es
drohe ein Eingriff in die BVerkanfsfreiheit. Befonders daͤs
Nähmaſchinenaͤeſchäft werde hHast betroffen.

Abg. Adermann (fonjerv.) ftimmte den Kommijfiong



bequeme Doppelſtellung zuͤrecht gemacht. Wo . Diefe











Die feinoͤlicherr Zrüoer.
Roman von H.v. Remagen.
. (Nachdruc verb.)
Iſt es Dagegen nicht gefährlidh, dann habe ich nur
%\teweme Bitte — Heile mich jo ſchnell als e& eben möglicq

Der Arzt ergriff die Hand des Rentmeiſters und de-
gann mit der Unterjuchung der Bruftwunde.

En furchtbares Ding,“ ſagte er Kopfichüttelnd ; „Doch
Sott jei Dank, edlere Theile Hatte der Stoß nicht verleßt
Mnd wenn nichts Wiedergewöhnliches eintritt, jo kannkt Tu
IN einem Monat wieder auf den Beinen jein und Deinen
Seidhäften nachgehen. ! ——

Das iſt ſehr lange, viel zu longe für mich und das,
wasS ich zu thun hHabe,“ ſagte mißmuthig der Reutmeiſter;
** zunächſt haͤbe ich noch einen Stoß bekommen — —

inten im Ruͤcken ſitzt er !“

Hatteſt Du an dieſem hier noch nicht genug?“

Das war der zweite !“

Du wurdeſt alſo hinterrücks angefallen und wandteſt
Dich dann gegen den feigen Schurten?“ —— .

„Und halte ihn faſt Überwältigt, als mir ſein Meſſex
da hineinfuhr; da Hatte ich freilich genug, denn ich brach
zuſammen.“

„Blaub, es wohl.“
„So, der eine wäre beſorgt, jetzt alſs den zweiten.
Der Ht niht von Bedeutung, nur ganz flach. Aber gut
angeI‚egt_maren beide, und es ift fajt cin Wunder, daß Du
10 Mit einem blauen Auge davonackommen bift. — Und
Hun hierher, %rau, und aufgepaßt! Die Wunde auf der

Tuft muß anhaltend gefühlt werden — leinene Tücher in

Hes Waffer getaucht und ausgewunden; um die andere
braucht Shr Cuch Keine Sorge z machen. Yus diejem
Jaͤſchchen hier gebt Shr dem Kranken allnundlich dreißig

Topfen mit etwas Waffer vermijcht — abergenau g zählt;
z Und was das Sijen anbetrifft jo kann er jebt, wenn er
Berlangen danacdh hat, noch ein Glas Milch genießen, dann
Ver vis morgen nichts außer frijchem Wafler, dann mögt

x ihm geben, {o viel er begehrt.“ ;

98)

_ „Die Anordnungen des Herrn Doͤktors ſollen pünktlich

bhefolgt werden,“ entgegnete Hanne. *

Alſd bis morgen Zreund!“ ſagte der Arzt, ſich wieder
zu dem Patienten wendend. . n

Es wird ſich zur Nacht wohHl etwas Wundfieber ein-
ſtellen — ich Hoffe aber, daß ich Dich heſſer finden werde,
als ich Dich jetzt verlaſſe. AWproposS, hHaft Du mir vielleicht
noch 5** aufsutragen, etwa für Deine Tochter oder ſonſt
einen ?

Nichts. Dokter, als unbedingtes Schweigen; außer
uns Ddarf kein Menſch erfahren, daß ich noch lebe oder wo
7 4 auch meine Tochter nicht! Dein Ehrenwort

arauf !“
eein Wort und meine Hand — wenn ich auch nicht
begreife, warum Du. dem Raubmörder nicht die Häſchẽr
auf die Ferſen hetzen willft!“

Es wär kein Kaubanfall — e5 war noch ein feigeres
und ein ſchlimmeres Verbrechen! Ich kenne ihn, Dder es
veriibt und werde ihn zur Strafe ziehen, w nn mein Arm
wieder ſtark genug gewoͤrden iſt; eine Beſtrafung nach d m
Geſetz befriedigt meinen Haß nicht — ih will berſönliche
Rache an ihm nehmen, von meiner Hand ſoll der Bube
fallen! meinen Fuß will ich ihm auf die Bruſt ſetzen und
erten. bis er ſeine ſchwarze Seele ausgehaucht haben
wird!

Menſch, Du biſt ja fürchterlih — ſo habe ich Dich
nie gefannt! Das wird ſich auch wieder legen wie
groß auch dex Frevel ſein mag, dex an Dir begangen
worden ijt, wie verwerflich, wie ahſcheulich die Motive,
welche dazu verleiteten Aukläger, Richter unh — Genfker,
das darf kein Menſch in einer Perſon jein wollen !“

Ich will e& aher ſein und werde es fein !”

„So jei e& — Du bilt es auf Deine Rechnung und
Sefahr, vor Deinem Gewiſſen Für jegt aber ermahne ich
Dich dringend, jeden Gedanken niederzuhalten, der Dich

aufregen fönnte, wofern Dir Etwas Ddaran gelegen ift,
—— geſund zu werden. Mit Gott Herr Rent-
meiſter!

Der Arzt drehte ſich kurz um und verließ die Stube;
draußen vor der Thür traf er den Köhler



voͤrt. lieber Freund!! ſagte er, „wenn ihr meinem
Rathe folgen wollt {o_ bleibt hHeute daͤheim! Unjer Batient
wird ein gründliches Fieber befommMen, und es fönnte ein
Unglüc pajliren; denn CEure Frau würde nicht im Stande
jein, den Raſenden zu bändigen.

Ich danke Ihnen für dieſe Warnung, Herr Doktor!
Ich werde meine Wohnung nicht verlaffen undD gemein-
mit meiner Hanne an ſeinem Schmerzenslager
wachen.

Der Arzt ſchwans ſich auf ſein Pferd und ritt in
ſcharfen Trabe züruck *

Eine 1ät9) lhafte Gejdhichte,“ ſagte er zu ſich ſelbſt
„unDd ein gefährlicher Menjch Ddiejer Rentmeijter! Sines
ſolchen Haſſes eineS ſolchen gierigen Raͤcheduͤrſtes hätte
ich ihn nicht für fähig gehalten; er machte immer ein {o
frommes und unſchuldiges Geſicht, als könnte er Fein
Wäſſerchen trüben!

Die Nacht brach an, und mit ihr ſtellte ſich auch das
Fieber ein; e& wuchz von NMinute zu Minute.

Der Köhler und ſein Weib mußten all’ ihre Kraͤfte

aufbieten, um den Naſenden zu bändigen. Seine Phanta-
ſien waxen fürchterlid — Himmel und Hölle, unſeren Her-
gott und den Teufel — AlleS mengte er lachend, fluchend
betend; weinend Ddurcheinander.
Laß mıy ſchrie er wild i Muß fort wo
find die Schfüffel — — fie verhHungert, ſie {tirbt! — — —
Tenfel, willſt Du _ auch das Kind morden? — — — Wie
hiſt Du ſo ſchön, Zochter — — in dem ſilbergeſtickten Braut-
fleide - — mit der Grafenkrone auf den blonden Haaren
Röschen — — zu Hülfe — — er mordet mich —
— Schurke !“ E A

Röchelnd ſank er in die Kiſſen zurück Da holte die
Wanduhr zum Schlage aus — zwölfmal fiel der Hammer
auf die Glocke. Der Kentmeijter hatte die Augen weit
4 er horchte, er ſchien die Schläge zu zählen.

„Mitternadt — — ich komme Du ſoliſt gerettet

Fortſetzung folgt.)

jein!”


 
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