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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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8
















‚örfeint säglım al Anugnabee ber Gokne und Keiertage
‚ Bemßags mit Unterbaltungsbelang, Breis wiertellädrlich
EA%. 120 obng Zrägerinhz , Moßauffdlag, Beftellungen -

f



MEIeigesBlatt Ar bie Kmtsdezirie O Adelherg,
—— Weinheim, BOwebingen, Bitieppsbura,

4 n
2616.
A Biegiod, Brncfal, Dreiten, Netargemünd, Mosbad





















Sei den Mofanfalien u. bei der Grhebikion Zwingerüraße 7, ' — ⏑⏑ *8h., Werkheinue,
Eonntag, den 10, Dezember 1893. . — — —⏑ Sadıg.
2—— — ; »« — — —



Beſtelluugen
auf den Pfälzer Boten werden furtwährend bei
ſämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
kraßze 7, entgegengenommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.°°





%W%@%%N&ö@ömfiö&äo%%

der heutigen Yummer liegt ur. 50 der wochenbet-
lage bzi.

ww%m&ww%aw%wu%e&m

Kililiſche Wodenüberfiht.
O Heidelberg, 9. Dezember.

„Der Jeſuitenantrag des Centrums iſt an-
genommen worden! Was ſagen Sie nun dazu?“
Dieje Frage wird an allen libelalen Biertiſchen auf
allen ihren Konventikeln mit einer Gemüthebewegung
behandelt, wie ſie wohl nicht größer beim Untergange
Jeruſalems geweſen ſein fann. Dieſe „erbärmliche
ultramontan ſozialdemokratiſch⸗welfiſch - voltsparteilich-
polniſch⸗ daniſche Mehrheit“, wie ſich das „gebildete
und Dbefigende“ Blait, die Landesbaſe ausdrückt,




zurück! Jetzt wird wohl wieder ein Entrüſiungs-
ſchwindel losgehen, um dem Bundesrath zu Gemüth
zu führen, wie — „patrioti{jh“. die edlen Herren von
„Befig“, „Bildung“, „ethiſcher Kultur“ u,, Religion
der Moral“ ſind, und wie ſie ſofort in die ſchaͤrffte
Oppoſition treten müßten, wenn der Bundesrath ſich
zu einem „realtionären“ Schritte verleiten ließe. —
Wie lange iſt es her, daß wir in der Politik
jchon den Humor entbehren mußten! So ernft die
Steuerreformfrage iſt, ſo viel Erheiterndes hat ſie
uns auch geſchaffen. Nun dürfen wir ja auch ſchon
etwas munterer an ſie herantreten, denn die ſchreck-
lichen Gewitterwollen, welche Zeus Miquel an ſeinem
Jinanzhimmel einherſchob, find überſtrahlt von dem
roſenrothen Schimmer der — Aus ſichtsloſigkeit. So-
fort hat denn auch unſer mächtiger Gebieter im
Reichsgeldſchranke alle die Geigen die er an ſeinem
Himmel hiuter den Wolken verſteckt hielt, eingezogen.
Die 40 Millionen über die Koſten der Militärvors
lage, die als Liebesgaben für die Einzelſtaaten-
Kollegen Miquels dienen ſollten, ſind als völlig „ge-
— — — — —





fnidte Hoffnung mit zwei Beinen im Grabe Die
We inſieuer Hüftelt. ſchon ganz bedenklich und in
; Württemberg, welches derſelben den Todesteım
eingeimpft haben ſoll, ſoll die Dame Krifis hauſen;


Herr Miquel wäre da ja mit feiner Weinftener ein
Rüttler an der deutſchen Einigkeit“ geworden, Bei
uns in Baden hatis am Mittwoch und Donnerſtag
Ebenfalls im Landtag eine Debatte gegeben bei wel
Her der Abg. Muſer ſeine Anſicht dahin kundgab,
die Vilitarvorlage ſei nicht auf dem geraden Weg
der Ehre zur Annahme gelaugt. Dieſe freie Mei-
nungsäußerung koſtete dem Abgeordneten einen Ord-
nungsruf. — Die Tabakſtener — doch warum vom
Zukuͤnftigen reden, halten wir uns an das, waͤs wir
jchon wiſſen. Nachdem der erſte Sturm der Reforme
Debatte verrauſcht mar Herr Miquel haͤtte fie
vexanlaßt da war auch ſchon die Lage ſo zirmlich
geklärt. Der große Rechner war zu ungeduldig ge-
wejen, um hübſch zu warten, bis die erfie Lejungder
Vorlagen an die Reihe kam. Und nun, mo am
Dienſtag der Tanz begann, wo man erwaͤrtet hätte,
der Vater der Geſetze werde ſeine Kinder noͤch einmal
nit aller vaͤterlichen Liebe dem hohen Haufe als die
beſten, wohlerzogenſten Dinger vorführen, da Hörte
man nichis vom Herrn v Miquel. Sein Himmel
hing voller Geigen, die Geigen wurden verftimmt,
und ba mag er auch verftimmt. fein, — Das NMeichs-
ftempel Abgabegeſetz eröffnete in erſter Lefung den
Reigen der . KReformpläne. Herrn Miniſter Riedel —
nicht Migquek — , den Befehlahaber des bayerifchen
Geldſchraukes, haben wir als erften Redner u einen
artigen Mann Fennen gelernt; der auch artige Scherze
zu . macdhen verfteht,, Die Nothwendigieit neu er
Steuern hielt der Miniſter für uͤnumgaͤnglich noth-
wendig Nicht, wie uuſer beſchräntter Unterthanene
verftand aunimmt, in erſter Linie zur Deckung der
Militärvorlage-Koften, ſondern „mit Rückficht auf
den Fehlbetrag im Rechnungsanſchlag und die zwei


Schuldnergewijfen des Reiches nur von den Gegnern
der Borlage etwas — Herr Riedel vertheidigie zuerft


eine Quittung ausſtellen laͤzt über .20 Mark und
höher. Dabei machte Herr Miniſter Riedel den
hübſchen Scherz, daß dieſe Steuer ja nur derjenige zu
zahlen habe, welcher die Quittung ſich ausfte Nen laſſe.
Es liegt ein unendlicher Troſt in bdiefem weiſen!
Vorte Was braucht man auch eine Yuittung ? 3.

— —

B. Boftquittungen find ja ganz „überflüffig“, „ Steuer
quittungen“ auch, und „Omittungen über Gerichts-
koſten uſw. uſw. Wer ſo „nißtrauiſch“ iſt und will
abſolut eine Quittung Dbhaben, der muß auch die
Steuer bezahlen ; wer zehn Pfennige geben kann, um
auf den Cijenbahnperron zu kammen, der kaun auch
Quittungsſteuer bezahlen! O, der Finanzminiſter
Baherns iſt ein {ehr ſpaͤßiger Herr. Seine Be-
gründung“ der Tabakſteuer war eben ſoeingehend
als — verblüffend. Herr Riedel ſagte (e8 war am
5. Dezember den Tag wollen wir ung merfen) ; Unter
den kleinen Leuten fel es gar nicht üblich, ſich Quit-
tungen geben zu L aſſen, und — — „aucdh) zum
Nau Hen ſei ja niemand — geziwungen”. Iſt das
Rauchen auch nicht ü b lich unter den kleinen Leu:
ten? Auf die nehlichkeit legt der Herr ja anſcheinend
ſehr viel Sewicht! Zum Bayeriſch Biertrinken
iſt Ja auch Niemand gezwungen! Ferr Riedel muß
indeſſen ſelbſt nicht ſehr viel Bertrauen in die 5
willigungsluſtigkeit des Reichstages und die Vortreff-
lichkeit der Steuervorlagen gehabt haben, denn er
ſprach nicht ‚von Auflöjung, ſondern davon, daß
wenn der Reichstag die Vollaͤgen ablehne, dieſelben
— Dbald wiederkommen wuͤrden! Ob man dann mehr
Slüc haben wird, das bezweifeln wir fehr. Das
vird ſich nun einmal nicht ändern laſſen daß die
Mehrheit des Reichetages — wenn das Volt nicht
gänzlid gleidgültig und irre werden ſoll —
feſt darauf beſtehen. muß, daß erſtens kein Pfennig
mehr, als n5thig, und zweitens das Nöthige den
derſprochenen „ftärferen Schultern“, z. B der Börſe,
die ja- ſo bercitwilliligſt - ihre Goldfüchſe bei den
Wahlen zur Militärvorlage opferte, auch wirklich
auferlegt‘ werden. Ebenſowenig, wie jemand zum
Nauchen, gezwungen wird — . wie Finanzminiſter
Riedel jagte — ebenſowenig ſind die Aktionäre
„gezwungen”, Coupons ab zu ſchn eiden undan
der Börfe zu ſpieten Das iſt wenigſtens die
Anſicht des Boten aus der Pfalz.“

‚Sn Deſtexreich Ungarn iſt nun einmal der
ſpringende Puntt die Nationalitätenfrage, und die
mwird auch woͤhl niemals {chwinden. Die Slaven,
welche ſich zu einem politiſchen Bunde zuſammenge.
ſchloſſen, werden wohl bald wiedet etwas von ®
hören laſſen. — In Ungarn ſteht das Ehegeſetz
des Herrn Weckerle im Vordergrunde Der Herr
Jiſtiʒminiſter gab. die politiſche Verſicherung ab,
2* 4* 4* 44 nunmehr nebeneinander und
mileinander frei und harmoniſch ihre erfprießlichen
Aufgaben löſen. Früher lebte 44 —





Verhungert.

(Schluß:.)

„®ott im Himmel, was iſt geſchehen Träume ich oder
ijt-es Wirklihteit? Im Fluge bin ich die ſchwankende
morſche Trephe einer alten Thurmruine emporgeftiegen,
und eben mur habe ih das Blatean erreicht, ſo trifft ein
Jürchterliches Gekrach mein Ohr das mich bis in die Tie-
jen meiner ©eele zujammenichaudern macht. Mit „ange-
gehaltenem Athem und zugedeckten Augen hHabe ich einen
MHugenblit gelaufcht — dann wendete ich mi Hinunter —
die Trephe war Hinter mir zujammengebrochen. Sine geit
fang {tand i wie erfiarrt, DHYne. Befinnung, ohne Gedan-
fen. — falt oOne Gefühl. Mir war, als Tebte ich nicht
mehr. Bald kam ich wieder zu mir und in ein Dajein zU-
rüd, das ohne Zweifel ein grauenvoll verlorenes war. Ich
fann. Feine Möglichkeit, hinab zu gelangen, entdeden. Die
Mauern find hoch und weijen nur einzelne,‘ von einander
entfernte Borſxrinat aus Keine Stange, fein Seil, keine
Hälfe weit und breit, den ganzen Tag - hHabe ich gerufen
und gefrieen, aber Niemand hat mich gehört. . Meine
Stimme, glaube ich, reicht nicht hinab. An den Rand der
Deffnung, in welche die Treppe eingeſtürzt ift, mwage‘ i


eriten‘ Moment des Schredens eilte i Ddahin, ‚aber die
jowindelnde Tiefe und das jwarze Dunkel nehmen mir
10 fehr die Befinnung, daß ich halb ohnmächtig zurüctau-
melte. Bergebens verfuchte ich dann, micy oben auf den
Rand der Brüftung zu ſchwinaen; meine Kräfte reichten
dazu nicht aus. S©o lange ich die Arme. bewegen kfonnte,
hHabe ich mit dem Tajdhentuche nach allen Seiten gewinkt.
Richts hat geholfen, keine Menfchenfeele ift meiner gewahr
geworden. HZujammengefauert in einex Ece, bitterlich wei-
nend und [hluchzend, war ich eingefchlafen. Früh, beim
erften Morgengrauen, bin ich aufgetwacht. Mich friert, mich
Hunge Mebt mir am Gaumen, Soll ic
Ddenn wirklich verloren fein? Eltern, Gejchwijter, treibt
euch denn leine Ahnung an dieſe @tefie_? Vein Herz, das
Ansſt, Schmerz, Hunger, Durſt und meine Thränen erftick

ten ! Vieder habe ic gerufen, gewinit, alle möglichen
Anfirengungen gemacht. Meine Hände, meine Knie, mein
ganzer Seib find mund. Hundert Mal mar e& mir, al8
wenn ich Menſchenſtimmen hörte, ganz deutlich meinte ich,
die Mutter nach mir rufen zu Hören.

Aes umfonft ! }

„ır Zodesangit Habe i angefangen, loſe Steine mit
den Nägeln aus dem Mörtel zw löjen, und fie zu Stufen
aufzuthärmen, meine Finger bluteten furchtbar dabei, und
al3. ich einmal im Schmerz nach dem Munde fuhr und die
warme Slüfligfeit {pürte, Hätte ich mich felbit in Stüce
reißen fönnen, um mein Blut zu trinfen. Mein Blut thut
mir 1ehr wohl! Uch Gott! es war jeit 48 Stunden meine
einzige Nahrung.

Schon habe ich am Stroh meines Hutes gekaut Aber
10 furchtbar mi auch na Speije verlangt, die Entjeb-
lichfeit meiner Qage läßt mi alle Bedürfniffe bvergefjen..,
Den ganzen Tag thürmte ich die Lo8gelöften Steine auf.
Endlich gegen Sonnenaufgang ſchien mir ihre Hiühe e
träctlich genug, um den Rand erreihen zu fönnen, zu dem
{onit einıge Bretterfiufen geführt haben, die aber jebt veL-
fault und zertrümmert umherliegen.

Ich eritieg ſie. *

‚ Weit Iag dis Land vor mir Ich ſah in den umher-
— Dörfern die Schorniteine rauchen auf dem
Noheıne ein Daͤmpfſchiff fahren.. Heftig winkte ich mit dem
<Zuche und glaudte zu bemerken, daß man mir wieder
winkte, die Ölüclidhen meinten, es fei ein Gruß der Freude
ach, He abnten nicht, mie jehr e& das BZeichen, der Noth
war. Mir {dheint, daß ich {hon eine Ewigkeit hier oben
bin, die Zunge Mebt mir am Gaumen feit. Ih fann nicht
mehr tufen. Meine Kleider hängen in Feben herum, mein
Huar iſt zerrauft. Geftern Kamen ein vaar Manuerfohwal-
gen äeragfgeflogen und ſetzten ſich, vom Flug ermattet, auf

en Rand.

Dies war das legte Glüd, das mir zu theil ward,
ein Gruß aus der Welt, auz dem Leben. Al e davon-
flogen, fahH ich ihnen Lange nach; ich meinte, {te müßten
geradenweas zu den Meinen fliegen und ihnen Nachricht
von meinem Elende geben — — Das ift, glaube ich, der







vierte Tag die vierte Hölenewigfkeit. Ceſtern war mir
bLößlich wieder, al Hörte ih- meinen Namen wie aus
ieeene Tufen. Ich raffte mich auf und Hetterte noch
einmal die aufgeſchichtelen Steine empor.

m Schwanken löſte ſich die Unterlage und ich fiel wit
den Steinen zur Erde. ‚ Wie lange ich Dbetäubt g’mi‘ dent
Salle gelegen, Wweiß ich nicht. Feßt. weiß i : Ales iM
auS; mein Tod iſt gewiß. Nodh eınmal wil ıO beten für
das Heil meiner Seele, für euch, Bater, Mutter, George
Marie. Dann will ich jehen, oß i noch Kraft habe, mid
am Die dunkle Definung des Tburmes zu ſchlexpen
und 44 Vater im GHimmel, jet meiner Seele

2*

gnädig!

Diefe Aufzeichnungen fagen alles und zwar in einet
Zirt, dab uns dünit, fein Dichter Hätte die Situation er-
iec?t,p%äggber malen können, als der Stift der Unglücklichen

N

— — —

Humoriſtiſches.

Genaue Aus kunft
‚_ Sremder: „Können Sie mir nicht. jagen, wo ſich hier
die meiſten Serren rafiren laͤffen ?“ ]
Badträger : „Na, Männeden, wo denn wohl andere
als im Geſicht!

* 7 *

* Starfe Zumuthung.
Frau: Aber Chriſtophl, Du riechſt ſchon wieder nach
Rothwwein!
Dann : „Siebe Fran, Du wirft doch nicht verlangen
daß ich Deinetwegen Kölnijhmaijer trinke !“
*

* *
Wa3Z i dergute Ton?.

Dieſe Frage wurde folgendermaßen beantmortet: Ein
heuchleriſcher Sirnik, den man auf einen Steden freicht,
um ihn für ein ſpaniſches Rohr auszugeben.




























































































































 
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