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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0581

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en Gruͤnd-

Nehrheit
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ausbleiben

Wohlfahr

für ein



Erfgheint taglic mit Musnahme der. Eonns und Feiertage
Samfags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
3, 1.20 ohne Trägerlohr u. voſtauffchlag Beſtellungen




für Sfadt







ote

KuzeigesDSlatt ür die Amtabezirle Heidelberg,
Lavenburg, Weinheim, Schwetziigen Philippsbura,
Vierloch Bruchſal, Bretten, Ne targemurid, Mosbach
Eberdach/ Buchen / Wakdärn,E.-Bı eh., Wertheimoe.

















Berantwortlider Kedalteur:
Juliuz Yeder in Heidelberg.

— — 28. Jla







. 10






Unſer Wahlſpruch war:

Wir wiederholen dieſen Ruf.

Wir laſſen keinen Nationalliberalen durch!



mus zu ſchlagen!



unſere Stimmen!
Thun wir es vollzählig und einig!


nothwendig ſind,


Arbeiter









Juni 1893











— — — — —

Zes blinden Jängers Tod
Eine Skizze aus dem Leben von L. V.
In Bl. war es, im Seebad.

. Dit hatte ich ihn geſehen, wie er daftand und zitterte
m iei}temfi dünnen Kocklein, wenn eifig kalt von der See
landeinwärts fegte der rauhe Nord. Oit auh traf ich ihn
auf dem in die Brandung vorragenden Brücenkopf. Da
Ng er, geführt von einem ſchwachen Knaben, man’ traurig
Sied, der arme blinde Sänger, und auf einer uralten
Violine jpielte er dazır die mehmüthig-trübe Melodei. Und
Venn er dann mit dem Hut in der Hand Herumgeführt
Wilrde, danır wurde weich und Öifnete {ich ihın mandh jonit
19 {tolze8 Herz; aber auch mandher feifte Geldbeutel that
Dasfelbe, und mit einem fleinen Vorraih an Kupfer- und

Übermünzen pflegte der blinde Sänger abzuziehen, nach-
7*2 7 Dank für die Verſorguns für Ichlechte Zeiten
en Weltfindern noch ein luftiges Lied geſpielt Doch felbit
durch ein jolches frohe3 Lied zitterte es immer, wie De-
flßmmer_\er Shmerz, und der Menjchheit ganzer Zammer
Toßte mich an, jo oft i ihn jah. Bald vergaß die Leicht-
ebige Welt den Armen, mir aber hHat felbit während der

acht jein trauriges Bild oft vor den Augen geitanden
Und ich lhat für ihn, mwas ich vermochte.
Waren die guten Tage, und im Grund war der arme
S linde mit Jeiner Geige, die von beſſern Zeiten zeugte,
D nur ein Betiler, der den größten Theil des FJahres
En elend Leben führte. Nach undnach erichien er ſeltener.
HDatte ihn eine Krankheit ergriffen, die tückijh feine geringe
Lebenstraft verzehrte ?

* *
*



Ein Jahr ſpäter.
Juſt war ich wieder zu Beginn der Zerien 1n Bl.
Angelommen. MNachdenklich jchritt ich am Ufer der wogenden
ü Ce entlang, die ich, wie einen auten Freund gar innig
lebe,. c dachte nach über die Nehnlichteit des Meeres
Mit dem. menjchlidhen Leben. Wie gleicht e3 . doch der


ruhigen See! Gleichwie mit emigem Wogen und Brauſen
jelbit Die {tille, die friedliche See eine gewaltige Kraft
erzeugt, eine Kraft, die genügen würde, auch das Stärkſte
auf Erden zu vernichten, ſo hält auch der Menich, wenn
in das Guͤck rofig anlächelt, mit ſtolzer Stirn ſeine
Feinde in Schach und wie die Fluth des ruhigen Meeres
ſich gleichtwohl üher alles hHinwegjekt, das ihr im Wege
iteht, wie ſie ſich ſtets Bahn bricht und nimmer —
braucht, ſo erreicht auch der Menſch im Glück/ ſelbſt ohne
helfende Freundeshand/ wenn er nur Maßz zu halten weiß
und etlihe Thatfraft befißt, ſein HZiel mit Leichtigkeit.
Nicht Jo der Unglücklihe! Sein Schikfal gleicht dem S tu r m
auf hoher See! Das empörte Meer wirft das gebrech-


doß eS laut erkracht und jämmerlich ä?@runbe geht, wenn
nicht der Bilot in der Stunde der Noth von ferne des
rettenden Leuchtthurms freundlich helles Aufbliken ſieht.
So ſtürzt der Menſch im ſchweren Unglück die Verzweif-
lung in Aenaſten und Tod, erblickt er nicht das ſtrahlende
Licht, das ihm in Glauhe und Hoffnung |MHeint — — —.

Unter dieſen und ähnlichen Gedanken war ich zum
althekannten und vertraͤuten Brücenkopf gelangt, und
hatte ihn faum beitiegen, als mir ſchon einige Grupyen
auffielen, welche zu ſehen ich von anderen Jahren her nicht
gewohnt war. In denſelben wurde eifris hin und her-


Bald wurde mir HNar, Ddaß jemand verunglückt war-
und auf näheres Befragen theiltẽ man mir mit, daß ſich
während des Sturmes, der geſtern |pät abendz gewüthet
hHabe, jemand vom Brückenkopf in die See geftürzt unD
einen jammervollen Zod gefunden hHabe.

Wer war es? fragte ich aufgeregt.

Der blinde Sänger! tönte es zurück
Ich bin tief erſchüttert

* ; *
*

Als wir ſpäter bei einem Glaſe „petitamer“ zufammen
jaßen, theilte mir mein Freund der Augenzenge geweſen
war, ebenfalls tief — — folgendes mit:

Wahlberechtigt iſt jeder





Der Abend war windig gewejen. Man hatte den
Saͤnger in verſchiedenen Lokalen guftreten jehen; aber er
hatte keine reiche Ernte gemacht, ſei eS, daß die Muͤftt des
greiſen Mannes nicht gefiel, jei e8, daß landere umſtände
die Aufmexkſamkeit abzogen SIa, an einigen Stellen hatte
man ihm ſogar die Thür gewiefen.

Soviel hatte mein Freund von andern erfahren. Er
ſelbſt hatte an dem Abend einen Spaziergang zum Brücken-
kopf unternommen, da herrliches Meerleuchten war Gerade
war er auf dem eigentlichen Koxf. angelommen, da er-
hob ſich ein furchtbarer Sturm. Alles eilte, das bedenklich
ſchwaͤnkende Brettergerüſt zu verlaſſen und an's feſte Land
zu fommen. Z . :

Plötzlich ſtürmte ohne Hut, im Winde flatternd das
greiſe Haar, mit ſtiexem Blick der blinde Sänger kauf den
Brücenkopf. Er ließ ſich nicht zurüchalten, FImmer
weiter drang er vor durch den ſchäumenden Gijcht, der
ſich im Bogen über dem Holzgerüſte zufammen|hlug. - Er
ruhte und raſtete nicht eher, bis er ganz vorn angelommen
war. Da, am altgewohnten Standplatz xiß er mit einem
Ruck die Geige heraus und begann in Sturm und Wogen
drang zu ſpielen und zu ſingen. Ein Lied, mißtönend und
unharmoniſch war es deſſen verworrene Töne zu uns
herüberdraugen: und doch wieder drückte es den ganzen,
ganzen Jammer eines gequälten Menſchenhertens aus.
Es ſchien lebensgefährlich, bis zu ihm vorzudringen, da
der Sturm unterdeſſen immer ſtärker geworden war und
der Brückenkopf von der Hochfluth überfpiült wurde und
aus ſeinen Fugen zu weichen drohte Trotzdem wagten es
einige entſchloſfene Männer, darunter mein Freund.
Faſt hahen - wir ihn erreicht,”“ ſo fuhHr mein Freund
fort, „Da bricht er ploslich Inmitten des Liedes 1äh ab,
und, das Haar vom Winde zerſauſt, mit irrem Augenrollen,
fhminat er ſich ehe e& jemand hindern kann mit der
Schnelligleit des GedankenS auf die Brüfjtung und ftürzt
ich mit lautem Wehejdhrei hinah in die tojende Fluth
Rettung war unmöglich, und die beherzteſten Fiſcher welche
ſie dennoch verſuchteg. fanden keine Spur von ihm; nur
jein alter zerriffener Hut ſchwanm auf dem Waffer, Heut,
morgen erſt fand man die Leiche, in der Hand feſt um a





































 
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