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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#1179

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Tabenbu :g, Weineim, Shwesingen, POuppsbutg,
Byeu0, Brucfal, Bretten, Nefargemünd, Mosbas
Eherhuch/ Buchen Walbdärn,£.-Bi 85., Wertheiwoc














Verantwortlicher Redakteur:
Julius Zecker in Heidelberg.


Druc, Berlag u. Erpebition von Gebr. Yuber
is Seibalerg, Zwingerürake 7,







2 E



Einladung zur Beſtellung.

Mit dem 1. Januar beginut für den Pfälzer
Boten ein neues Quartat und bitten wir um recht
valdige Beſtellung bei den Poſtanſtalten oder Poſt-
boͤten. ;

Der Pfälzer Bote vertritt in allweg die Intereſſen
der kath Kirche und des kath Voͤltes und alle
ſeine Augelegenheiten mit Muth und Auf-
opferung und empfiehlt ſich deshalb ſeinen Geſinnungs-
genoſſen zu zahlreicher Beſtellung.

Der Keichztag wie der badiſche Landtag
werden der Steuervorlagen wegen dieſen Winter des
Intereſſanten und Wiſſeuswerthen genug bieten, wes-
halb in keinem kath. Hauſe eine kaͤth. Zeitung fehlen
ollte
Die große und weite Verbreitung des Pfälzer
Boten empfiehHlt denſelben ats wirkſames Auzeige-
blait. *4
In den nächſten Tagen wird der Pfälzer Bote }
mit der Veröffenilichung eines neuen, höchſt Intere |-
ſanten Roman 8 beginnen. Wir zweifeln nicht
daran, daß derſelbe bei unſern Leſern und Leſerinnen
den gieichen Beifall finden wird wie unſere bisher
gebraͤchten Feuilletons. Auch für unſer Unterh al '
tung sblatt haben wir Sorge getragen, daß wie
bishet auch in Zukunft ein reichhaltiger, belehrender
Lefjeftoff geboten werden kann. Wir fordern deshalb
alle unfere Leſer, die Freunde und Gönner des
Pfaͤlzer Boten auf, mit an der weiteren Verbreitung
des Blattes zu arbeiten, damit in zahlreichen Familien
echt katholtſcher Geiſt hineingetragen werde,
und die Prinzipien der Centrumspartei immer weite-
ren Boden finden bei unferer ſtädtiſchen und ländli-
chen Bevölkerung Darum friſch daran und ab on-
nirt zahlreich, wozu Euch einladet:

Kedaktion und Verlag des Pfälzer Boteu.







Deutſches Reich.
Berlin, 12. Dez. Der Reichstagabg. Rektor
a. D. Ahlwardt, der gegenwärtig im Strafgefaͤngniß
zu Plötzenſee die ihm im Jadenflintenprozeß zuerkaunte
fün fmonatliche Haftſtrafe verbüßt, will eine nochmalige
Verhandlung des Judenflintenprozeſſes herbeifithren.
Er hat deßhalb, wie der „Poſt ein Berichterſtatter
meldet; dieſer Tage bei der Staatsanwaltſchaft des
des königl. Sandgerichts I den Antrag auf WieDde r '
aufnahme des Verfahrens geſtellt Er behauptet
durch nachtraͤglich erhaltene Beweismaterialien in der


Lage zu ſein, die Richtigkeit der in den bekannten
Broſchüren: Judenflinten I und II. aufgeſtellten
Behauptungen beweiſen zu können. Dieſer Behaup-
tung wird freilich in juriſtiſchen Kreiſen wenig Ge-
wicht beigelegt.
Berlin, 12. Dez. Im neuen Reichshaushalts-
etat wird, wie früher bereits berichtet, eine Erhöh⸗!
ung des dienſteinkommensdes deutſchen
Botſchafters in Rom um 20,000 M, gefordert
Der Botſchafter würde dann 120,000 Mark nebſt
freier Wohnung erhalten. Die Erhöhung war im
vorigen Winter abgelehnt worden. Ihre Wiederein-
bringung wird mit der „anhaltenden Steigerung
ſämmtlicher Preiſe und Löhue in Rom“, den höheren
Einkommen der Botſchafter anderer Staaten und mit
den ſehr erheblichen KRepräjentations pflichten“ des
Botſchafters begründet. Im Anſchluß hieran bemerkt
die Staßburger Poſt?: „Wir möchten dringend
wünſchen, daß man ſich bei dieſer Gelegenheit das
ganze Repräfentationsweſen einmal etwas genauer
anſehen wollte! Unter unſern diplomatiſchen Ver-
tretern im Auslande, denen beſondere Repräſentations-
gelder zugebilligt ſind, gibt es eine ganz erhebliche
Anzahl, welche die betreffenden Gelder zwar willig
annehmen, aber entweder gar keine Gegenleiſtung da-
für bieten oder doch nur in emem ı0 geringen Um-
fange, daß es wirklich nicht der Mühe werth iſt.“
Schlußfolgerung: 1. Man trenne bei den betreffenden
Poſitionen ganz genau Gehaltennd Repräſentations-
gelder; 2. man ſehe zu, daß die letztern wirklich aus-
gegeben werden, und zwar nicht zum Beſten des Em-

pfaͤngerz, ſondern zur Renkäsentatign . 00
Poſen, 12. Dez. Zu den Konzeſſionen an di-
Polen erfährt die „Poſener Ztg.“, daß das Kultus-
miniſterium zuerſt nur eine Stunde wöchente
bich für den polniſchen Unterricht zugeſtanden habe.
Auch habe das dazu beſtimmte Leſebuch keineswegs
den Wünſchen der Polen entſprochen. Erſt als in den

Mitwirkung des Miniſterialdirektors Kuegler in Poſen
ſeiner Zeit tagte, der Reichstagsabgeordnete Propſt
Dr. von Jagdzewski ſich auf eine ihm vom Reichs-
kanzler Grafen Caprivi gegebene ſchriftliche Zus


Stellung befindliche Perſönlichkeit, welche die Ange-
legenheit baldigſt zu einem zufriedenſtellenden Ende
geführt ſehen wollte, für die polniſchen Forderungen
eingetreten ſei, waͤre die Miniſterialverfügung erwirkt
worden, welche die Einführung des poluiſchen Sprach-
unterrichts in den Voͤlksſchulen mit zwei Stunden


wöchentlich beſtimmt. Auch ſoll ein neues polniſches
Leſebuch, welches Erzbiſchof von Stablewsti
ausarbeiten ließ, mit Genehmigung der Staatsregier-
ung zur Einführung gelangen. Die neue Einrichiung
ſowie das neue Leſebuch ſollen mit Oſtern in Kraft
treten. Die Anordnungen hierzu ſind bereits der
Poſener Regierung zugegangen und werden demnüchſt
den zuſtändigen Stellen übermittelt werden.

Keichstag.

Berlin, 12 Dez.

Der Reichstag berieth bei gut beſetztem Hauſe und
Tribinen zunächlt den rumäntſchen HandelSvertrag,
den Graf Simburg-Stirum im Namen der Confer-
vativen untex Berufung auf die Autoritaͤt Bismarct's .alg
die Lindwirthſchaft ruinirend und den rujlijhen Handels-
vertrag foͤrdernd tebhaft befämpft. Er griff den Commifion3-
bericht als tendentibs an und forderie die Inangriffnahme
l Staataſekretix Srhr. 0. Mar-
j all erwiderte unter lebhaftem Widerfpruch der Rechten
dem VBorredner, die Ablehnung Ddes Antrages werde
70,000 Induſtrie Axbeiter brodlos maden. (Rufe rechts:
Tabak-Steuer.) RKeferent Paafche vertheidigt Jeinen
Bericht unter ſcharfen Bemerkungen , gegen Ddie Rechte,
Daran ſchließt ſich ein laͤngeres Hin- und Herreden . über
Entitehung und SForm des Conimiffions⸗Berichts an.
Uog. Dr. Sch ädler erklärt ſich im Namen eines großen
Theils des Centrum s gegen den rumaͤniſchen HAanZels-
verirag, weil er die Lage der Landwirthſchaft berſchlechtere.
Damit wolle er ſich aber nicht grundjäßlich ‚gegen Han-
del3-Berträge erkflären; auch nicht in den Tonm mit ein-
timmen welcher der Regiexung alles Vertrauen abf{pricht.
Die baterifchen Landwirthe jeien gegen den MVertrag.
Tas Centrum iſt im Hauſe überaus flart vyertreten.) - Nach
weiteren Ausführungen derAbgg. Stumm, Mirbach, Barth
und HBubdeb#!g wird die Berathung auf morgen vertagt.

Ausland.

Paris, 12. Dez In der geſtrigen Kammer-
ſitzung wurde nach längerer erregier Debaͤtte der Ge-




gegen 65 Stimmen angenommen. ;

‚* Baris, 12 Dez. Die „Verdieni{te“ des
Miniſteriums Caſfimir- Perier werden von
Millerandz fozialiftijcher Zeitung „BPetite Republique
Francaiſe! in einer Weiſe gewürdigt, welche zu
haralteriſtiſch iſt, als daß man ſie mit Stillſchweigen
übergehen könnte. Das Blatt ſchreibt: j

Caſimir⸗erier: 500,000 Franfen Einkünfte; die
Frucht der menſchenmörderiſchen Arbeit der Gruͤben-
leute von Anzin, welche Schwarzbrod eſſen u. Waſſer
trinken. Burdeau: Ein ſeibſtgemachter Mann, wie








Der rothe Teufel.

Eine Ehriſtkindaeſchichte von Dr. Ar min Kaufen.
. . ‚ (Machdruek verb.)

Klara Hellmann war eine ſchlanke Brünette von leb-
haſtem Temperament. Unter den dunklen Augenbraunen,
welche in ſchönen runden Linien die weiße Stirn begrenz-
ten, funfeltennein paar Augen, deren Farbe gom Braunen
in’8 Schwarze hinüberſpielte Der feinen Naſe entprach
ein ſchmaler zierticher Mund, dem der ſinnende Ernſt und
der kuͤhne Trotz nicht minder aut ſtanden als das ſchelmi-
ſche Lächeln Leichtfüßig ſchritt ſie dahin und mit dem
ganzen‘ Jugendmuth ihrer 18 Saͤhre nahm ſie das geben
wie ein Spiel, in welchem man nicht leicht verlieren kann,
weun man auf Gott und auf ſich ſelbſt vertraut, ſtets den
Kopf obenhält und wenis nach dẽm ‚ Frägt, was die Andern

ſagen. ; *
Die Nachbarn nannten ſie den „rothen Teufel“, obwobl
iemand genan wußte, welchen tieferen Grund dieſe Titu-
atur baben ſolte, Klara ‚war wohl. als ſie noch die
Töchterſchule beſuchte/ ein rechter Wildjang geweſen, immer
zu allerlei Streichen aufgelegt.. Lina Torner, ihre „Defte
Schulfreundin/ erzählte von ihr, daß ſie einmal im rothen
Kleide, mit aufgelöſtem Hanr, zwei hochaufgerichtete weiße
Bapierhörner in den dunklen Locken und eine ſelbſtaefer-
tigte, mit Tinte bemalte Maske vor dem Geſicht, den leib-
Haftigen Mephiſto darzuſtellen verfucht und die Meinen Mit-
ſchſleriunen nicht wenia damit erſchreckt hHabe, Aber diejer
unjQuldige Kinderſcherz konnte e& doch nicht genügend er-
Hären, daß man die zur hHolden Jungfrau erblühte Notars-
tochter noch immer den „rothen Teufel“ nannte
‚ Bina Toxner wußte freilich wenn ſie „danz unter
vier Augen - redete,, noch allerlet aeheimnißvolle An
deufungen von gewifjen Abentenern zu fMlültern, weldhe
Rara in ihrem Backfiſchalter beſtanden, von Liebeleien
* 5 kleinen Kabalen, welche ſie angeſponnen
jaben ſollte.

Eis eingebrochen war, mit der Gefahr des eigenen
Lehens gereitet hatte „Das hätte ich auch gethan!
meinte Lina Tornet, „wenn ich gerade Ddazu gefommen
wäre.” ; C

Bei Hellmanıu’3S hHatte e3, jeitdem Klara. aus der
Penſton zuruͤckgekehrt war, für die Iugendfreundinnen
fein Theckrärzchen mehr gegeben. „Das war früher ſo
hHübjch, da erfuhr man Alle3, ietzt iſt Klara gegen mich
{o verfchloffen, fie . wird wiffen, warum,“. Alagte Lina
Torner als ſie mit dem Referendar Wejer, Ddem fot-
teſten Tänzer Dder Geſellſchaft! durch den Ballfaal
promenierte. .
Eben war Klara Hellmann am Arme eines Neulings
in dieſem Kreije, des erſt kürzlich angejtellten Urmenarztes
Dr Laffen, vorüber gefommen und haͤtte Lina freundlich
aber kurz und gemeſſen zugenickt

Ling wurde von ihrem Tünzer an ihren Platz an
der Seite der, Kanzleirgthin Torner zurücdgeführt und
raunte jofort ihrer jüngjten Schweiter hinter dem Zächer
her ins Ohr: Jetzt will fie uns auch den jungen Dottor
wegfifchen, Klara i{jt doch unausftehlich mit ihrem
%}?}genußäd;etn und ihrer herablaſſenden, ſiegesbewußten

— T
Das. Loiungswort vom „rothen LZeufel“ machte bald

pieder die Runde durch den Saal, und Klara wußte e&
ſich nicht zu erflären, weßhalh einzelne junge Herren fie
blöglich ſo ſeltlam fixirten, um ihr dann um ſo eifriger die
Cour zu ſchneiden.
„ . Or., Lafjen dagegen. welcher während des Soupers zu
ihrer Linken ſaß/ hielt ſich nach demſelben auffallend zuruͤck
und verließ ſchoͤn hald das Zeſt

Klara war über dieſe Seltſamkeiten nicht wenig

beunruhigt. So. deutlich wie heute hatte ſie es noch
* 4 daß eine geheime. Intriaue . gegenm . fie
piele.

. Dr CEugen Laſſen hatte, wie bei den übrigen Honora-.
tioren der Stadt, {o auch im Hauyfe des Notars einen
Autrittsbeſuch gemacht und mar zu Der letzten - größeren



Zwar ließ ſich nicht leuanen, daß der „rothe Teufel“
vor zwei Zaͤhren einen kleinen Knaben, der in’s

Geſellſchaft eingeladen worden
Die Väler waͤren alle Studienkameraden, ‚da machte



- — —
es ſich denx ganz von ſelbſt, daß Klara dem jungen Arzte
und auch diejer ihr vielleicht herzlicher entgenenkam, alses
das ſtrenge Decorum unter neuen. Bekannten er
Heifchte. unverſehens hatte ſich au eine gewijfe
?It)bmtpatfne zwiſchen den beiden jungen Leuten hHerausge-

ildet.

Yn jenent. Ballabend aber war der Stachel. des Arg-
wohns in Laffen’8 verz geſenkt worden.. Und als . er am
nächſten Tage in der „goldenen Krone” fjein Mittagsmahlk
einnahm, und das Thema auf die gefeierte Schönheit, den
crothen. Teufel' kam,“ wagte er den loſen Bemerkun-
gen und den Halbjpöttijhen. Andeutungen der Tiſch-
nur noch ſchüchternen Widerſprüch entgegenzw-
etzen,

„Mein lieber Doktor,“ naͤſelte ein junger Lieute-
nant mit impertimentem Geſichtsausdruck ihm zu, Sie
ſind erſt ſeit ſechs Wochen hier , und wiſſen nicht Ades,

e

he, he.

Die Anderen lachten, Or. Laſſen ſchwieg ver-
legen. Aber ſeit dieſem Tage faͤh * e&r Alara Hell-
mann mit anderen Augen an und mied das ; gaftlihe
Haus

* *

‚ &€ war am Varadende des hl. Ehriſtfeſtes Durch
die Straßen der Stadt fegte ein Schneegeitöber,. daß
Jedermann froh war, wenn er hühſch beim warmen Ofjen
bleiben und den eiſigen Zauber des Winters durch die
wohlyerwahrten Fenſtexſcheiben genießen durfte

Die Geftalten, welche bis über die Ohren eingehüllt
ſich durch den wirbeinden Schnee bewegten, Hatten e®

heute doppelt eilig.
Schluß folgt)


















































 
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