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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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Byjheint taglidh mit Musnahme.der Gonnm und Heiertage
Samfiags mit UnterHaltungsbeilage. Pret® vierteljährlich
E, 1,20 oOne Trägerfohn z. Pofattjfdlag. Beſtellungen
bet ben Boftanfalten ı, bei her Srvebition Zwirngerüraße 7.




für Stadt





AnzeigerBlatft ür bie Mmitsbezirie Heibelberg,
Labenburg, Weinheim, Echwetzingen, Bhilippaburg,
Wiesloh, Bruchſal, Bretten, NeTargemünd, Morbach
Wderbadh, Euchen Waldärn,Z.-Bı ‘Eh., Wertheimct,















fgi 184 _ Berantwortlicher Redaktenr:
l. ] S, V.: Rarl Huber in Heidelbers.

Druct/ Verlag u Expedition von Gebr. Yuber
r Heidelberg, Zwingerſtratze 7.



A. Sabrg.







Beſtellungen

auf den Pfälzer Boten werden fortwährend bei
ſämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
Kraße 7, entgegengenommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.°°

* Aul nartewnlmiflbm Yage in Baden.
Noch nie waren die Wahlen zum badiſchen Land-
tage ſoentſcheidend, für die innere badiſche Polirik ſo
bedeutungsvoll, wie es die demnächſtigen Landtags-
wahlen ſind. Seit mehr als 10 Jahren geht das
Streben und die Arbeit des Centrums dahin, die
Uebermacht des Nationalliberalismus im Lande Baden
zu zertrümmern; eine wahrhafte Rieſenarbeit! Denn
der Nationalliberalismus hat es ſehr wohl verſtanden,
während mehr als 30 Jahren die günſtige Situation
für ſich auszunutzen, und er hat das gethan mit
jener brutalen Rückſichtsloſigkeit, die zu dem Weſen
des Nationalliberalizmus gehört und ihm eigen iſt
und bleibt. Der Nationalliberalismus iſt im Beſitz,
im aͤnbeſchränkten Beſitz aller ſtaatlichen Machtmittel,
und dieſe Machtmittel weiß er in einer über alle
Skrupel erhabenen Weiſe überall da anzuwenden, wo
es ſich um ſeine Machtſtellung handelt Aber trotz
alledem iſt es mehr als einmal gelungen, die natio-
nalliberale Machtſtellung in Frage z ſtellen, einmal
ſogar ſchon wurde die natioualliberale Partei im
Landtage in die Minderheit gedrängt. Das war im
Jahre 1881. Nur durch die Läſſigkeit, Unthätigkeit
und Vertrauensduſelei katholiſcherſeits mar e& mög-
fich, daß die Aktien des Nationalliberalismus wieder
ſtiegen — zum letzten Mal. Vom Jahr 1888 datirt
die Reorganiſation der Centrumspartei unter der
Führung Wacker's; ſeit daher datiren die ununter-
brochenen Wahlſieg? des Centrums in den Jahren
1889, 1990 und 1891 Auch die letzten Reichstags-
wahlen ſind für das Centrum glückverheißend; trotz
der ungeheuer ſchwierigen Lage, in der ſich das
Centrum befand, hat e& ſich glänzend behauptet
und, man darf es wohl ſagen, die Feuerprobe be-
ſtanden.

Aber wir glauben, alle dieſe Wahlkämpfe waren









nur das Vorſpiel zum Kriegstanz im kommenden
Herbſt. Jetzt handelt es ſich um die Frage, ob wir
im Stande ſind, den Nationalliberalismus für immer
aus dem Sattel zu heben. „Keßt iſt der Augenblick


aushoͤlen, von Ddem ſich die . nationaliberale
Pariei nie mehr erholen wird. Jetzt oder nie! . ..
Alles, was mühevolle, ſchwierige Arbeit ſeit Jahren
errungen, ſteht auf dem Spiele; Schritt für Schritt
haben mir den Nationalliberalismus zurückgedrängt;
jetzt gilt es ihn qus den letzten Poſitionen ſeiner
Macht hinauszuwerfen. Dazu wird es einer
Rieſenanſtrengung bedürfen. Immer iſt der faſt un-
bezwingbar, der mit dem Muthe der Verzweiflung
kämpft.

Noch ein anderes Bild wird uns der Wahlkampf
zeigen: Miniſter Eiſenlohr als Wahlfeldmarſchall der
Eiſenlohr hat der Cen-
trumspartei in ſchroffſter Weiſe den Fehdehandſchuh
hingeworfen mit den Worten: „Ich werde Ihre
Beſtrebungen bekämpfen, wo und wie ich kann.“
Ueber die Bedeutung dieſer Fehdeanſage wird wohl
im Centrumslager keine Unflarheit herrſchen. Da
nun die kommenden Wahlen von ſolcher Tragweite


nüchtern zu erwägen und jetzt ſchon das Terrain zu
ſondiren.
Wie liegen die Dinge für uns?
Es war von jeher ein Gluͤck, doß das badiſche


wahrhaft freiſinnigen Forderungen auf ſein Panier
geſchrieben. Das Programm der badiſchen Centrums-
partei iſt in allen Stücken ein wahrhaft liberales.



Rechte,
direkten Wahlrechtes fuͤr Landtag und für die Ge-
meinde, das iſt eine der hauptſächlichſten Forderungen
des Centrums. Und ſo lange es ein Centrum gab
in Baden, iſt e& immer energiſch für die politiſche


liberale Partei neueſtens zum Zugeſtändniß der di-
rekten Wahlen „durchgemauſert“ hat, ſo iſt das ge-
ſchehen, „der Noth gehorchend, nicht dem eigenen
Trieb“, um mit Fieſer zu reden, oder wie die
„Nationallib. Korreſp.“ noch ſchöner
aus Popularitätshaſchereit, weil man
wiſſe, „Daß die Forderunz doch nicht durchdringe!.






Ex ore tuo te judico!.. Das Volk kennt ſeine
Pappenheimer! — Weil im Centrum doch etwas mehr
Liberalismus ſteckt, als die Erbpächter des Libera-
lismus zugeben wollen, erfreut es ſich nicht nur der
Sympathien im Volke, ſondern auch bei den Frei-
ſinnigen und Demokraten, die ja ſonſt nicht in aͤllen
Punkten auf dem Boden unſerer Anſchauungen ſtehen
Die Linksliberalen werden ſich nie dazu verſtehen,
die Krücken des abſterbenden Nationalliberalismus
zu ſein, da gerade der Nationalliberalismus, wo er
die Macht hat, dem direkten Wahlrecht in Staat und
Gemeinde ans Leben geht Man beachte uur die
Haltung der Nationalliberalen im badiſchen und
preußiſchen Landtag, man denke an das famoſe bad
Gemeindegeſetz! Hat doch die „Köln, Zeitung läugſt
ausgeplaudert, daß das direkte Wahlrecht je eher deſto
beſſer weggeräumt werden müſſe. Dieſes „Pöbel-
wahlrecht“! Weiterhin iſt es eın Glück für das Een-
trum, daß es ſich mit ſeinen kirchenpolitiſchen For-
derungen auf einen unanfechtbaren Boden, auf den
Boden der Verfaſſung ſtellte. Was das Centrum in
dieſer Hinſicht verlangt, iſt ſehr einfach; e& verlangt
Gewiſſensfreiheit, e& verlangt Gerechtigkeit und Recht
für die Katholiken; es verlangt gleiches Recht
für Alle Es verlangt, daß den Katholiken
Badens nicht etwas vorenthalten werde, was die
Katholiken der ganzen civiliſirten Welt hHaben. €
verlangt, daß die Katholiken Badens im Vergleich
zumübrigen Deutſchland nicht/Katholiken zweiter Klaſſe?
find. Wenn die Proteſtanten nach ihrer Eigenart
exiſtiren dürfen, ſo wollen die Katholiken nach ihrer
Facon ſelig werden; wenn der Gottesleugner Dr.
Küdt frei und ungeſcheut den Unglauben predigen darf,
ſo ſollen auch die Prediger des Glaubens freien Paß
haben! Auf dem Schulgebiet verlangen wir nichts
was mit der Verfaſſung im Widerſpruch ſteht. Doch

und ſelbſt wenn das Centrum einmal die Mehrheit
hätte, ſo würde es in der Schulfrage die Fnititive
der Kircheubehörde überlaſſen, und erft müßten Ver-
handlungen zwiſchen der Kurie und der Regierung
den Weg ebnen zur politiſchen Aktion. Im Nebrigen
erinnern wir an das, was der Reichskauzler v. Ca-
privi im preußiſchen Abgeordnetenhaus ausgeführt
hat über die Schulfrage! Er ſprach damals :

„Daß zu den weſentlichſten Mitteln dieſer (näm»
lich: ſozialen) Bewegung gegenüber die Schule ge-
hört, iſt keine Frage. Daß aber die Schule von
dieſem Geſichtspunkte aus der Religion nicht entbehren
kann, wenn ſie ihre Aufgabe erfüllen ſoll, iſt ebenſo

















89

Treuer Siebe Sohn.
Roman von Roſen.
(Nachdruck verb.)
Nach beendigter Tafel begann der Tanz. Weder Bea-
trice noch Ormond betheiligte ſich daran.

ur Beatrice ſchlichen die Stunden träge dahin.

Nach zwei Uhr begannen die erſten Wagen vorzu-
Jahren. Beatrice mwurde Üüberall gefehen und Hatte für
SZeden ein freundliches Abichiedamort. Endlich gelang e
ihr, den wachſamen Bliden Lord Ormonds zu ent{chlüp-
fen. /Sie ſtahl ſich durch den Wintergarten nach der Te-
raſſe und von dort in ihre Gemächer.

Magda war allein, ihre Schweſtex war ſchon ſeit einer
Stunde fjort, Beatriee vertauſchte haſtig ihr berniteinfar-
biges Atlaskleid gegen ein perlaraues Moreekleid, wie
Magda ihr empfohlen hatte, um Srmonds und des Grafen
Verdacht nicht zu erweden.

„ „Die beiden Herren haben ein ſcharfes Auge für Ihre
Toilette“, bemerkte Magda. Maxie hat einen Mantel und
eine Kapatte für Sie nach dem Bahnhofe genommen. O,
gnädige Frau, ich hHoffe, daß Sie weder vom Detektive,
noch von irgend einem Andern bei Ihrem heimlichen Aus-
lug erfannt werden und daß Sie hald gute Naͤchrichten
von unjerer armen Giralda erhalten.“

Beatriee hüllte ſich in einen langen weißen Opern
Mantel, verbarg Kopf und Geſicht in ein weißes ſpaniſches
Spigentuch und trat, von ihrer weinenden Dienerin bis
an die Thür begleitet, in die Vorhalle, die glücklicherweiſe
leer war. Von Angſt beflügelt, eilte fie Ddie Treppe hin-
unter. Kaum war ſie am Bortal angelangt, al3 der Diener
den Wagen für „zady Pier“ meldete. Ünerkannt beſtieg
Beatrice das unſcheinbare Gefährt, das ohne Aufenthalt
mit ihr weiterrollte.



Der ZJremde, den Beatrice für einen Detektive hielt
lebnte am einem Vfoften der Gartenthür und plauderte mit
einem Diener in der gräflichen Livree. Die von ihrem :
Gweren Schickfal auf beftändige Vorſicht Hingemiefene '
@ömfigntocbter ließ ſich durch die unfcheinbare Harmloſigkeit
des Spaͤhers nicht irre führen. Sie wußte, daß ſeine fort= ı

währende Anweſenheit in der Nähe ihres väterlichen Hauſes
nichts Hutes für fie zu bedeuten habe

Wieder Überlijtet, Herr Detektive“, murmelte ſie
„Sagen Sie Ihrem Auftraggeber, Lord Ormond, noch
ſei er meinem Geheimniß nicht auf der Spur.”

Sie lehnte ſich in ihren Sitz zurück und der Wagen
bog in eine ruhigere Straße auf dem Wege nach der WBik-
tortaſtation ein.

15. Rapitel.
Giralda hältihr Verſprechen.

Nachdem Lord Ormond ſich entfernt hHatte, lehnte der
Marquis von Trewor ſich behaglich in ſeinen Seſſel zurück
während Giralda ſeiner Aufforderung gehorchend, ihm die
Heitung vorlas. Er heobachtete ſie verſtoh-
len unler ſeinen grauen buſchigen Brauen hervor und
zuckte wie erſchrocken zuſammen wenn ſie ihre ſtrahlenden
blauen Augen zu ihm erhob. Dieje Augen beſchäftigten
ihn ſeltſam und er zürnte fich, wegen der Erinnerungen,
die fie in ihm wachriefen Als die Borlefung beendiat
war, Diktirte er dem Mädhchen einige Gejhäftsbriefe unDd
drückte dann ſeine Befriedigung über Giraldas deutliche



„Ich bin im Begriff einen Spaziergang durch den Part
zu unternehmen,“ jagte Siralda. Wöchten Sie nicht mit-
fommen, Frau Bump? Ich bedarf einer ortskundigen
Sührung.” * 2

Fran BPump willigte freudis ein Ihre lugen richteten
an das junge Mädchen die Frage, die ſie nicht in Worte
zu kleiden waate.

Ich habe noch keine Gelegenheit gefunden, 4 dem

cant-



ſagte er. „Sie ſehen blaß und müde aus. Dieſer
Tag hHätte Ihnen ganz gehören ſollen aber Sie bemerkten
wohl jchon, wie ſelbſtſuͤchtis ich bin. Jetzt ſetzen Sie
Ihren Hut auf und machen einen tüchtigen Spaziergang
den Park. Die friſche Luft wird Ihnen aüch gut

un!
Sein Blick war ſo gütig, daß er Giralda wie warmer
Sonnenſchein berührte. {
alten Herrn zu befolgen und begab ſich in ihr Zimmer,
um Hut und Mantel zu hHolen. Die Haushälterin war in-


hatie einige Bücher auf dem zierlihen Schreibtijh aufge-
ijtellt und Iniete eben vor dem Kamin, den ſie mit neuem
Brennmaterial verjorgte,



noch zu früh für mich, eine vohkomwene Jremde, mit dem
alten Herrn über einen Gegenitand zu reren, übex den er
mich in Unkenntniß wähnt. In Ddem geeigneten Moment
werde ich nicht ermangeln, Berzeihung für Ihren jungen
Herrn zu erbitten. Aber iſt eS wahr]Heinlich, daß der
Hexr Marquis ſeiner Vorleferin eine ſolche Freiheit ge-
ſtatten Daß er ſie nur zu Worte fommen lafſen wird?!

O gewiß”, verficherte die Haushälterin ernit. „Der
gnädige Herr bat einen eigenthümlidhen Charakter, Iroß
ſeines unhändigen Stolzes ſpricht er zu mir und zu jemment
Hammerdiener über den armen Herxn Gottfried in einer
Weije, Ddie mir das Herz zum Sieden bringt. Er wird
auch mit Ihnen über ſeinen beflagenswerthen Neffen ſyre
chen. Vor morgen Abend wird er Ihnen die ganze Un-
glücksgeſchichte erzählt haben.” 4

„So werde ich nicht verfehlen mich des Unfchuldigen
anzunehmen!, entgegnete Giralda das Bild Gottfried Tre-
wors betrachtend, deſſen Augen denen Ihres Waters 10
ſehr glichen, und das Verſprechen das ſie der Haushäl-
terin gegeben, wurde ihr zum heiligen Gelübde.

— Siralda und Frau Bump ſtreiften unter den im
Winde ächzenden Bäumen des Parkes umher Der Marquis
hetrachtete ſie von ſeinem Zeniter aus. Nicht eine einzige
Bewegung der anmuthigen Geſtalt Giraldas, die mit ſchwe-
bendem Schritt an der Seite ihrer Führerin über die vers
nachläjfigten Pfade Iuitmwandelte, entaing jeinem ſcharfen
Auge, das der jungen Fremden traurig naͤchſchaute

Fortſetzung folgt.)













































 
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