Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0767

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
88


2 —
2
aus.

ermäßign!®
barkeit-



2
hoctane
i im’s nar






Srfgeint tägligG nelt Kusnahme. ber Gonn« unb Feiertage
"Samfag® mit Unterbaltungsbeilage, Breis viertehaͤhrlich
3, 1.20 odne Trägerlohn u. Boflaufidlag. Beßelungen
dei den Voftanflalten ı, bei der Grpebition Zwingerüraße 7.

für. Sfadt



YnzeigerBlatt für die Amisbhezirle Heidelberg,
Kabendurg, Weinheim, Shwesingen, Philippaburg,
Vietloch Brutchfal, Bretten, NeIargemünd, MoSbadh
Lberbach Buchen Wallbürn T.-Bi ; 85H., Wertheimae,











Verantwoyrtlicher Redaktenr :
$ B.: Karl Huber in Heidelberg.

8 16






Druek, Verlag u Erpedition von Gebr Huber
in Heidelberg, Ziuingerürake 7.







26. Sabrg,







Beſtellungen
auf den. „Pfälzer Boten werden fortwährend bei
ſämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traße 7, entgegengenommen.
Verlag des „Ffälzer Bote.°°



Des Feſtes Maria Hımmelfahrt wegen erſcheint
morgen kein Pfälzer Bote, Die nächſte Nummer

* Aur haͤrteiyolitiſchen Lage in Baden-

(Fortſetzung)
Die Fühlung mit dem Volte hat der National-
ſiberalismus längſt verloren; von einem Verſtaͤndniß





vorhanden.. Wieſo auch? Nie hat der National-
liberalismus eine volksthümliche Pötitik verfolgt, nie
war er für das Bolk, und ſo iſt es erklärlich, daß
die nationalliberalen Führer nie das waren, was man
„POpulär“ nennt. Sie haben das nie verſucht und
nie verſtanden. Der Nationalliberalismus hat immer
etwas Reſervelieutenantsmaͤßiges an ſich. Das Volk
iſt gut genug zu Wahlen für natioualliberale Zwecke;
zu anderer Zeit ſind es ja „mur Bauern und „ge-
voͤhnliche Leute“ uſw., wie es in naͤtionalliberaten
Blaͤttern heißt, wenn das Volk ſich gegen den Naͤtio-
nalliberalismus ausſpricht. Das haͤt ſich das Volk
gemerft, es hat für alles das einen wunderbar feinen
Iyſtinkt. Aber vernichtender iſt der Nationallibera-
lismus noch von keinem Gegner kritiſiert u ſchonungs-
loſer blosgeſtellt worden, noch nie iſt demſelben ein
wahreres Spiegelbild vorgehalten worden, als in der
eigenen Preſſe, durch eigene Genoſſen nach den Wahlen


Sene Wahlen hatten die ſeuherige ſtolze national-
lberale Majörität auf eine klägliche und hoͤchſt un-
ſchere Zwei Augen Majorität zurückgeworfen. Den
Barteiführern wurden in nationalliberalen Blättern
bittere Wahrheiten geſagt, ihrer maßloſen Herrſchſucht



und greuzenloſen Unduldſamkeit, ihrem Unbekanntſein


den Strömungen wurde die klägliche Niederlage der
nationalliberelen Partei zugeſchrieben. Damals
ſchrieb ein angeſehenes nationalliberales Blatt, die
„Straßb. Boft“: „Der mafionalliberale) Vereinsver-
band ſei nur mehr eine Herrſchaftsdomäne von Fa-
milien und Berfonen . ..
dirigiere durch die Brille des Parteivorftandes.. ...“ ;
die Partei ſei „erme Anſammlung von Honoratioren-
brüderſchaften, ein „mißliebig gewordenes Herrſchafts-





* Dieſelbe „Straßb. Poſt? ſprach vom „ge-
radezu unglaublichen politiſchen und konfeſſionellen
Fanatismus der „Bad. Landesztos.-Politik, dem


von der politiſchen Unbegreiflichkeit des neuen Ge-
meindegeſetzes? vom Beamtengeſetz als dem
„Produkt einiger IJuriften“ . ..
aber nicht die Wurzeln.“
ſeien ſeitens der Partei und beſonders ſeitens der
nationalliberalen Preſſe mit einer wirklich ſtrafbaren
Schärfe behandelt worden.“ Die „Straßb. Poſt“
ſprach von „maßloſem Uebermuth, grenzenloſer Ueber-
hebung gegenüber Andersdenkenden . .. man ſolle
den Andersdenkenden auch als Menſch behandeln.“
So die „St. P.“!
Ein anderes liberales Blatt, die „Bad. Preſſe“
ſchrieb: „Wir ſteuern einem Polizeiſtaate zu mit


ung? auch der Beamtendünkel, das Streben ſich


genügend gekennzeichnet. Der nationalliberaleOrte-






über „die ſchneidigen Reſerveoffiziere in den Krieger
vereinen! und die liberalen Baͤsler Nachrichten“
hatten zu tadeln, daß „einige hochgebildete Männer
ſeit Jahren die Klinke der Geſetzgebung vollſtändig.
in Händen haben und ſich der übrigen nur zum Ja-
ſagen bedienen“ . .


Nationalliberalismus ausgezeichnet verſtanden, ſich
alles zum Feinde zu machen. Das Verhalten der
Partei und ihrer Preſſe gegen die Katholiken; die
Ausfälle gegen Kirche und Geiſtlichkeit, die ungerechte
Behandlung durch Geſetze haden das katholiſche Volk
erbittert; durch Verleugnung aller liberalen Grund-
ſätze, durch ſeine Unwahrheit im politiſchen Auf-
treten, durch Unduldſamkeit gegen politiſche Anders-
denkende bis in die kleinſten Beziehungen des bürger-
lichen und politiſchen Lebens hinein hat ſich der
Nationalliberalismus in den Linksliberalen gefährliche
politiſche Gegner geſchaffen. Was iſt der demokratiſch-
freiſinnige Aufſchwung anders, als die bitterſte
Kritik des Nationalliberalismus? Ja, ja, das einſt
ſo verſpottete freiſinnig- demokratiſche „Häuflein“
wird den Nationalliberälen noch viel zu ſchaffen
machen . ...

Dank der löblichen Eigenſchaften und Eigenheiten
hat es der Nationalliberalismus auch mit den Kon-
ſervativen verſchüttet; nicht zum wenigſten trägt die
Schuld ſeine ausgeſprochene Feindſchaft oder Gleich-
giltigkeit gegen alles poſitive Chriſtenthum Schon
dem Volke verhaßt durch die Ausbildung des Bureau-
kratieſtaates, hat der Nationalliberalismus ſich in den
Augen aller recht denkenden Mänuer um alles An-
ſehen gebracht durch die Rolle, die er geſpielt hat
ſeit Entlaſſung Bismarcks und bei Berathung des
preußiſchen Schulgeſetzentwurfs. Der Nationallibera-
lismus hat abgewirthſchaftet — auch in Baden.
Die Todten mögen die Todten begraben . .. Die
lachenden Erben warten ſchon darauf, ſich in die
Hinterlaſſenſchaft theilen zu können.

Unter den liberalen Geſetzen hat das religiöſe,
ſittliche, wirthſchaftliche und ſoziale Volksleben ſchwer
gelitten. € ınuß eine Reform eintreten aus der
Kraft und Tiefe der religiös ſiltlichen Weltanſchauung
auf dem Boden wahren, lebendigen Chriſtenthums
Und daß es geſchehe, dafür hal das Centrum zu
ſorgen.

I.
Im Lager der Centrumspartei herrſcht wohl all-


gemeinen Manne“. Wir erinnern noch ‚an die Ver-
urtheilung des Nationalliberalismus durch Anwalt
Binz: Die nationalliberale Partei habe durch das
neue Gemeindegeſetz „ihre beſte Vergangenheit
verleugnet!, das Geſetz ſei „fozialwidrig“, ſei
das Gegentheil von liberal.
wiſſen! —

In ſeiner 33jährigen Herrſchaft hat es der badiſche


/
|

nicht annehmen, daß in irgend einem Theile des
badiſchen Landes unter kath Männern Meinungsver-
ſchiedenheiten darüber herrſchen, was zu thun ift.
Wenn dem nun ſo iſt, ſo dürfen keine Fehler gemacht
werden auf Seiten der CentrumsSpartei. Der größte
Fehler wäre der, daß es auch nur ein Katholſt an
der nöthigen Arbeit fehlen ließe. Ueberall muß mit
der erforderlichen Energie vorgegangen, zielbewußt u.










Roman von U. Roſen.
(NachHdruck verb.)

Trühe Gedanken ſchwixrten durch ſeine Seele und
ſchwer Seufzer entrangen ſich jeiner Bruft.

Am ſelbigen Abend bereitete Giralda dem Marquis
ätäen_ Thee und nahın die Mahlzeit gemeinſchaftlich mit
ein.

Er entließ ſie zu früher Stunde und empfahl ihr, bald

zu Bette zu gehen.
. Sn der Einſamkeit ihres Zimmers ſant ſie weinend
und ſchluchzend in einen Seſſel Das Gefühl eine Fremde
an einem fremden Ort, in fremden Hauſe zu ſein über-
wältigte fie, und bange Zweifel ſtiegen in ihr auf, ob fie
wirklich recht gethan, fich Heimlidh von ihren Angehürigen
3U entfernen }

„ Mama, o Papa“, jeufzte ſie, „ich ging ja nur, um
Cuch hilireich zu jein. Wären wir bemittelt genug gewe-
jen, Mama zu Haufe behakten zu dürfen, ſo würde ich Euch
ner verlaſſen haben. Wie ich ietzt muß die Mana
dn Lange leiden,“ Ddachte ſie, als fte ruhiger geworden
War. ı „Wenn ich eine kieine Summe Heldes gewonnen,
meın erftes Jahresgehalt haben werde, kehre ich auch wie-
DEr nach Hauſe zurüc. Wie ſtolz werden die geliebten
4 auf mich jein, wenn ich jo viel Geld in ihre Hände

e. ®

Dieje Hoffnung hegann wieder ihre Thräne zu trock-
uen, aber der erſte Kummer war in ihr junges Herz
“Mgesogen. }

. Um nächlten Morgen erwachte ſie mit einem jehr ern-
Geſicht und troß des Lächelnz, mit dem fie daun den
Marquis begrüßte, {prach ein {o-tiefer Aummer aus ihren

ügen, daß der alte Mann inniges Mitleid mit ihr

* Der Frühſtuckstiſch war eben abgeräumt worden, als
Xig mit dem Boftbeutel erſchien aus Ddem der Marauis
verſchedenẽ ‚Zeitungen entnahm.

} „Sind gar feine Briefe angefommen ?“ ſragte er, den
Deutel zurücgebend.



„Hein, gnädiger Herr.”
„Sie fönnen gehen, Wig.“ !
Der Diener vernetate ſich
„Soll ich Ihnen vorlejen, gnädiger Herr Marquis?“
* * ®ivalda, ihre Hand nach den Zeitungen aus-
reckend.

Noch nicht meine Zochter“, erwiderte Marauis ernit.
„Ich möchte erſt ein wenig mit Ihnen plaudexn. Wie
fommt es! daß Ihre Eltern ein Kind wie jie in die Welt
hinausziehen ließen, ſein Brod zu verdienen? Es kijt ge-
radezıt ungeheuerlich. E3 giebt Leute, Ddie gar kein Ge-
fühl für Recht oder Unrecht, kein bischen gefunden Men-
ſchenverſtand haben. Als Sie ſich in eigener Berjon um
eine Stelle zu bewerben eutſchloſſen, wußten Sie wohl
kaum in welchen Gefahren Sie ſich ausjebten. Sie hätten
ebenſo gut in die Hände eines Schurken fallen können,
als Sie zu einen ehrenwerthen Manne kamen, der alt ge-
nug ilt, Ihr Großvaͤter zu jein.

O nein“, unterbracdh ihn Giralda, das Inſerat ſprach
von einem alten Herr.“

„Graue Haare bedecken nicht immer tuͤgendhafte
öpfe. IOh jhaudere, wenn idh) Dbedenfe, welches Ihr
Schiefjal yHätte jein Knnen. Sie find in meinen Augen
geheiligt aber nicht allen Leuten würde Ihre kindliche Un-
ſchuld Ehrfurcht einflößen. Ihre Eltern müſſen entweder
Grade herzlos oder unvorlichtig und leicht-
ertig jein.“

O nein!, rief Giralde gefränkt. Sie wollten nicht
Ddulden, daß ich fortgehe, ſie würden mir niemals exlaubt
haben ſie zu verlaffen. Ich entfernte mich ohne ihr Wiſſen
vom Haufe.”, .

„Ohne ihr Wiſſen?“
wundert.

„Sa, Mylord“, antwortete : Giralda mit zitternder
Stimme, aber mit einem Blick voll Wahrheit und Redlich-
feit. „Miein Bater iſt Schriftiteller, meine Mutter iſt eine
Schauſpielerin in London. Ich habe eine ſehr forgfaltige



verſität zu beziehen. Weshalb ſollte ich ihm nicht dazu

vexhelfen? Aus Pflichtgefühl kam ich hierher. Wenn e8
ſich, für meine ama ſchickt, zu arbeiten, ſo ſchickt e3 ſich
auch für mich, Geld zu verdienen.“

Der Marquis betrachtete das glühende liebliche Geſicht
in bemunderndem Schweigen-

„Sie ſind eine kleine Heldin“, fagte er endlich, „eine
tapfere Seele. Ich wußte nicht, daß e3 in der Welt noch
Weſen giebt, die im Stande ]ind, ſich für andere aufzu-
Sie lieben alſo Ihre Eltern und Ihr Baterhaus
ehr?“

„Sie liebex! Das Feuer, das aus Giraldas ſtray
lenden Augen flammte, verkündiate beredt, wie heiß und
innig ſie die Ihrigen liebte Wenn ich ſie nicht {o fehr
48* hätte ich ſie niemals verlaffen fönnen“, {jagte {fie
einfach.

Shr Vater iſt ein Spanier von Geburt? Wo wohnter ?
die Heimath, die Sie verlaſſen Haben, liebes

ind?

Giralda zögerte Herrn Marquis auf dieſe Fragen zu
antworten.

Wenn Sie mir nicht gern Auskunft darüber geben
mögen, will ich Ihren Wunſch/ Ihr Geheimniß zu be-
wahren, . ehren. Ich begreife, daß Ihr gegenwärtiger
Aufenthalt den Ihrigen noch unbekannt iſt, aber Sie foll-
ten ſie nicht länger im Zweifel laſſen und ihnen unnd-
thige Sorge und Unruhe erfparen.“ O

„ &H möchte Ihnen nicht eher ſchreiben, als bis icdh
Bapa und Mama beweijen fann, daß ich für mich ſelbſt
zu arbeiten im Stande bin. Ihnen jetzt ſchon Nachricht
von mir zu geben, würde Alles verderben. Sie würden
mich unbebingt. wieder nach Hauſe berufen.“

Gut, thun Sie, was Ihr eigenes kluges Köpfchen
Ihnen empfiehlt. Die Umftände, welche ihre Trennuna
veranlaßten und nothwendig machten, ſind ſo eigenartig,
ich mich nicht befugt glaube, Ihnen einen Rath zu
geben.”

Fortſetzung folgt)


 
Annotationen