Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0289

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext










ng eines
langung
rtes.
itirt
ingen unc
narke. ..
‚ 2,
in SW.
rie Fbrk

5—



Erfheint täglim ut Ansnahme der Gonns und Keiertage
Samfitgs mit UnterHoltungsbeilage, Brei® vierteljährlich
ME 1.20 ohune Trägerfohn u. Bofanfidlag. Beftellungen
bei den Boftanfiakten ı. bei der @xpebition Zwingerüraße 7



* 2
für . 1

Huzeige-Blatt für die Amtevezirte Heidelberg,
Yabenburg, Weinheim, Schhwebingen, Philippsburg,
Mis3loch, Bruchfal, Bretten Nefargemänd, Moabach
Werbacg, Buchen Walldurn T-Bi °8h., Wertheimoe

















— Serantwortlicher Medaktenr
Zulius Yader in Heidelberg


vrnc, Berlag u Expedition von Geur. Huber
in Heideiberg, Zwingerſtrabe 7.





. mt_g.





Beſtellungen
auf den „Pfälzer Boten“ werden fortwährend bei

ſämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-


Verlag des „Pfälzer Bote.°°





olitijche Wochenüberficht.
® Heidelberg, 27. März.

Der Rektor „aller Deutſchen“ — Abg. Ahl-
wardt — machte in der verfloſſenen Woche wieder
mal viel von ſich reden. Die ganze Geſchichte kam
daher, weil Hert Ahlwart das Lachen nicht ver-
tragen kann. Und ausgelacht wurde er, was ihn zu
Ausdrücken hinriß — wir geben ſie aus Anſtands-
rückſichten niſcht wieder — die er ſpäter ſelbſt als
unpariamentariſch anerkannte. Volksreden halten und
Broſchüren ſchreiben, iſt eben etwas anderes, als im
Parlament reden, wo man für jede-Behauptung auch
kurz und bündige Beweiſe verlangt. Mit der Zeit
wird der Herr Rektor ſich ſchon an den parlamenta-
riſchen Ton gewöhnen — müfſen und auch an das
Laͤchen Er ſollte froh ſein, daß gelacht wird. Wie
mancher Komiker wäre glücklich, wenn er mit ſo
wenigen Mitteln eine Lachſalve erzielen könnte, und
Herr Ahlwardt geht hin, wird böſe und unparlamen.
rariſch. — Behauptungen wollen wie geſagt bewieſen
werden, und das verlangte man auch für die Ahl-
wardtſche Behauptung: die Regierung und der
Reichstag häiten ſich von den Börfenjuden
überreden taſſen, den Invalidenfonds ſo
einzurichten, daß ſpäter nichts davon übrig bliebe.
Dieſe „ftarfe“ Behauptung wollte Herr Ahlwardt
durch Attenſtücke beweiſen und zwar nach den
Oſterferien. Nun machte aber der Herr Rickert den
Vorſchlag, dem Herrn Ahlwardt durch Vertagung des
Hauſes Gelegenheit zu geben, mit ſeinen Akten Heran-
zukommen. Der Reichstag beſchloß demgemäß, und
am Tage darauf brachte Herr Ahlwardt zwar Atten-
ſtücke, in welchen aber nichts vom Invalidenfond
ſtand Diejenigen, welche Ueberraſchungen erwartet
hatten, waren enttäuſcht.

allerdings bedauern. — Es iſt übrigens ſo manches


überraſchende in unſerer inneren Politik, daß man ſich
naͤch und nach daran gewöhnt. „Ueberraſchend! iſt
z. B. die ungeheure Mehrheit mit der Fußangel im
Wahltreiſe Olpe Meſchede Arusberg in den Reichstag
gewaͤhlt worden iſt. — Ueberraſchend iſt tres allem
Vorhergegangenen, daß man die Auflöſung des
Keichstages auf Ende April als beſtimmt anzu-
nehmen Grund hat. Wenn die Mılitär-Vorlage nur
nicht trotz der Auflöſung wieder zurück in den April
geſchickt wird. — „Ueberraſchend“ iſt ferner ein
fanfter Artikel der „Nationalliberalan Korreſpon-
Ddenz“: wir vermögen nicht zu erkennen“, ſo


des Centrums und der Fieiſinnigen dabei gewinnen
könnten, wenn jetzt eine zerrüttende Kriſis mit
einer tiefen Aufwühlung der Leiden-
ſchaften der Mafſen und andern gefährlichen
Foͤlgen hereinbräche. Da ſiehe nun ener dieſe ſanfte
Wölflein ım Schafspelzchen. Im Kulturkampfe und
noch jüngſt beim Volksſchulgeſetz, jetzt bei der Wahl-
reform, beim Jeſuitenantrag des Centrums uſw. uſw.
da haben ſich die braven Nationalliberalen niemals
gefürchtet vor einer „tiefen Aufwüh ung der Leiden-
ſchaften der Waſſen und aͤnderen gefährlichen Folgen.“
Aber — das Wolflein holt ſich fein Fleiſch wo und
wie es kann und zwar mit „goldener“ Rückſichts
und Rückgradloſigkeit. Das iſt der „Humor“ von
der Sache.

Jetzt zum Ausland.

In Ungarn ſpitzt ſich der kirchenpolitiſche Streit
immer mehr zu. Dabei haben die Gegner der kath.
Kirche, die Kulturkämpfer ganz ungeheueres Pech.
Hatte der Kuttusminiſter Eſaky Vertrauensbruch und
dergleichen „Kleinigfeiten“ angewandt, ſo iſt dem ehe-
maligen Meinifterpräfidenten und Katholikenfreſſer
Tis za durch den Abg. Asboth im ungariſchen
Reichetage ein klarer Spiegel ſeiner Vergangenheit
vorgehallen worden. Das „Bildchen“ von ehemals
und jetzt war ſehr intereſſant. — Nach Oſtern wer-
den die kirchenpolitiſchen Vorlagen an die Oeffent-
lichteit kommen, und wird dann noch manches ernſte
Wörtchen geredet werden.

SIn Fraͤnkreichs Panama Prozeß haben die Ge-
ſchworenen gegen Blondin, Leſſeps und Baihaut ihr
Veto auf ſchuldig abgegeben.
hält Schlag auf Schlag.
ſind die alleinigen Banamamänner. Die eifrigſten
Verſuche, auch in der Partei der Konſervatipen
Panama? Schmutz aufzuſtöbern, ſind ſchmählich fehl
geqangen. Neuerdings ſpukt eine „X“ zum Schrecken


aller Radikalen durch die Luft. 500,000 Fres. hat
dieſe „X“ aus der Panamakaſſe erhalten. Die arme
„& wird wohl bald ihr heimliches Mäntelchen ab-
werfen müſſen, und man darf geſpannt ſein, wer
herausſchlüpft. Am Ende ein naher Verwandter des
Präſidenten.

In England heißt es von früh bis ſpät nur
Homerule. Die Geduld der Iren und ihrer
Gegner wird bis nach Oſtern auf eine ſehr harte
Proͤbe geſtellt. Dem am Schnupfen leidenden Glad-
ſtone ertheilt man die recht „tröſtliche: Warnung,
doch ja nicht überrafht zu ſein, wenn er und die
Homerule⸗Vorlage Bekanntſchaft mit dem — Dyna-
mit machen würden. — In Afghaniſtan will die
engliſche Politik keine Fortſchritte niachen. Der Emir
hat den Briten rund heraus erklärt, ſie möchten ſich
gefl. etwas weviger um ſeine Angelegenheiten füm-
mern, ſie hätten mit ihrem Homerule und mit
Egypten ohnehin genug zu thun. — So unrecht iſt
das nicht.

Das ſchweizer Kanton Teſſin ſcheint zu einer
traurigen Berühmtheit zu gelangen. Die Radikalen
feierten ihren Sieg, und bei dem „Freudenſchießen“
gab es Todte und Verwundete. „Edle“ Menſchen
müſſen die Radikalen ſein, und radikal gehen ſie vor.
Es iſt noch erinnerlich, wie bei dem letzten Putſch
der Staatsrath Roſſi durch eine Kugel getödtet
worden iſt. Um nun bei der unglücklichen Mutter
des Verſtorbenen nur ja nicht das Andenken an den
todten Sohn in Vergeſſenheit gerathen zu laſſen,
pflanzte man voc ihrem Haufe einen Moͤrſer auf, um
die radikale Siegesfeier würdig zu begehen. Selbft
der unvernünftige Mörſer ſträubte ſein metallenes
Herz gegen eine ſolche „taktvolle“ Handlung. Das
iodie Roͤhr entrüſtete ſich dermaßen, daß e& beim
erſten Schuß zerſprang und leider einen von ſeiner
Bedienung tödtete und andere ſchwer verletzte. — Es
geht nichts über Radikalismus.

Belgien revidiert noch immer ſeine Verfaſſung.
Neuerdiigs hat der Generalrath der Arbeiterpartei
wieder einmal den General Ausſtand proklamiert für
den Fall, daß das allgemeine Stimmrecht nicht an-
genommen oder beſchränkt werde. Es wird noch ein
Weilchen dauern.

* „das Volk braucht Hdeale““

Ein Wort der Großherzogin iſt durch verſchiedene
Blätter hindarch gegangen. (Auch der Pfälzer Bote
theilte e& |. Z. mit) Die hohe Frau ſoll dem nun-
mehrigen Herrn Pfarrverweſer von Säckingen bei













— —





Die feinökichen Brüoͤer.
70) Roman von H. v.Nemagen.
Gachdruck verb.)

Ihr Schmerz, gnädige Baroneß, kann nicht größer
Ein al3 der meinıge! Aber ſie ruht im Herxn, und nicht
der Tod iſt es, woͤvon ich zu Ihnen ſprechen will — es
iſt das Leben.“ ; ;

‚ „Der Todten kann ich es nicht geben, Herr Graf, und
die Lebenden haben es ohne mich.“

— n 30 lebe — aber wahres, wirkliches Leben habe ich
nicht! Sie ſollen e& mir geben, Baroneß! Wahres Leben
iſt Liebe — um Liebe flehe ich zu Fhnen.“ .. ,

_ „ habe keine Liebe für Sie übrig, Herr Graf von
Hohenau.”

„Baroneß !”

Herr Graf?“

Zas iſt mein Todesurtheil !” |

Was hat ſie hergetxieben, es zu hören? Sie hatten
eine Schwägerin, Herr Gxaf —“

„Sie i{t todi, Baroneß, und Ihr Tod hat den Makel
Tortgewijcht —“

„ „Dalten Sie ein Verblendeter! rief das Mädchen
Mit flammenden Augen — „nicht Herzenzreinheit und

eelenadel — nur das Schlechte, das Bdje, nur Sünde
und Verbrechen können befleden und befudeln! Ihr Tod
hat den Mackel fortgewiſcht? Sehen Sie zu, daß dieſer
Tod rem Wappenſchilde nicht einen Makel angeheftet
hat! Sie hHatten eine Schhwägerin, Hexr Gcaf, und dieſe
Schwägerin war meine Freundin! und wenn ich mich ir
gend ettwas auf der Welt beftimmt haben könnte, Ihre,

erbung anzunehmen, dann wäre ſie es geweſen! ©ie hat


geahnt Haben.“ —

Die Gräfin? Zür mich gefprochen ?“

Für Sie geſprochen! zür Sie, der in ſeinem Herzen
nur Haß für ſie hatte, der Nicht3 ſehnlicher wünſchte, als
durch ihren Tod den Makel wegagewijcht zu jehen, der mir
gegenüber darauf zu pochen die Stirn hat.“

Ein dumpfes Stöhnen entrang ſich der Bruſt Mi-
chaelS; er mar niedergeſchmettert, vernichtet.

Ich bitte auch um die Erlauoniß, Baͤroneß Braun-
Bleiben Sie, Graf, ich bin noch nicht zu Ende —
Sie müſſen auch horen was ich der Gräfin Hildegard ge-
antwortet! Sie ſcheinen in einem vexhäugnißvolen
Wahne befangen geweſen 7 ſein — ich will Ihnen den
Wahn benehmen, Sie ſollen far, ganz Har ſehen — So
viel Xiebe ich zu Dir hHabe, lautete meine Antwort und ſo
viel Vertrauen zu dem Grafen Waldemar, 10 viel Furcht
und Grauen empfinde ich vor Wenzel und Michael, vor
Deinen beiden Schwägern! Das empfand ich, Herr Graf,
al3 Hildegard noch lebte — verlangen Sie nicht zu winſen,
was ich jeßt empfinde, da ſie toDt Yt !“

„Baroneß ziſchte Michacl

Haben Sie mich nicht verſtanden, Herr Graf? Oder
— haben Sie mich verſtanden? Ich bin zu Ende!

_ Da3 Geſicht Michaels ward erdfahl geworden, aus

ſeinen Augen ſbrühte ein unheimlihes Jeuer, feine Hände

ballten fich — er zog den Leib zujammen, als wollte er in

wildem Sprunge auf das Mähchen {türzen, das glühend

4 — Borne, wie ein Engel des Gerichts vor ihm
and.

„Ich bin zu Ende Herr Graf.“

_ Gie that einen Schritt vormwärts und ſtreckte ihre
Hand nach dex ſilbernen Glocke aus, die auf dem Tiſche
itand. Dieſe Bewegung fchien Michael die Beſinnung
wiederzugeben ; ev warf gewaltſam den Oberkorper zuruͤck
— ein legter Blick jäh und arell wie der toͤdtende Blitz
— und er ſtürzte davon. In demſelben Moment wurde
die Vortiere zur Seite der Baroneßz zurückgeſchlagen und
Baron Braunfels erſchien in dem Gemach.

_ „Um Goͤtteswillen Hedmig, was haſt Du gethan !
Kein Mann hätte gewagt, ihm das zu ſagen.“


was ich von ihin denfe, und ich, v Gott, ich weiß auch,
daß dieſer fürchterliche Werdbacht — Vahrheit Ht! Und
ich weiß noch mehr Bater! Ich weiß auch, daß mein

wurde

Wie ein Raſender war Michgel daven geſprengt Mit
fliegenden Nüſtern und ſchäumendem Gebiß die Weichen
blutend, von den Sporen z vitoßen, jagte ſein Roß in den
Schloßhof von Kohenau. Noch ehe Ddie beftürzten Reit-
Inechte herzuſpringen fonnten, hatte ſich der Reiter aus
dem Sattel geſchwungen und war die Freitreppe hinauf-
geſtürmt. Wenzel hatte den Raſenden 444 ſehen und
zog ihn raſch in den Empfangsſalon.

Du aibſt den Leuten ein ſeltſames Schauſpiel!, ſagte
er, den Bruder mit finſteren Bliden meſſend.
„Satan!” ziſchte ihm Micdhael entgegen.
„Die Kommödie ſoll alſo meiterge{piclt werden.“
ei Sie iſt zu Ende — der Narr will nicht mehr Narr
eIN..

„Ich merke noch wenig von Vernünftigkeit.“

Reiche mir einen Becher Wein!

Er wartet auf Dich.
Michael ergriff den Pockel und trank ihn in haſtigen
Zügen aus.

das der

War denn
Michael?“

„Sr wars! Und nun zum Bweiten — gehab’ Dich
wohl Wenzel, ich muß Wweiter reiten.“

Haſt Du e8 ſo eilig? Wohin ſoll es gehen?“

Ihm nach! Sr ſoll zurück !”

„Wer, Bruder 2“

„Waldemar! Ich wih ihm zu Füßen ſtürzen, will be-
fennen, wie ſchwer ich mich an ihm und Gott verfündigt
habe Ich wil ihn um Barmherzigfeit und VBerzeihung
anflehen und wenn ich ſie erhalten, an ſeiner Ztelle hin-
ausziehen, um den Frieden und die Ruhe zu ſuchen
welche ich verloren hHabe, und wäre es auch die Ruhe des
Todes, der Friede des Grabes.“

Fortſetzung folat)

Anfang zur Vernünftigkeit,


 
Annotationen