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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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ihrung
über


allen


wird








Eſcheint tägliq mit Angnahme ber Gonns und Feiertage
Samftags mit. Urterhaltungsbeilage, Breis vierteljährlich
%. 1.20 ohne Trägerlohir u. Boflasıffhlag. Beßelungen






für Sfadt



KAnzeige-Blatt für vie Amtsbezirie Heidelberg,
Labendurg, Weinheim:, Shwegbingen, Philippaburg,
Biesloch, Yruchfal, Breiten, Nedargemünd, Mosbad
Eberbach/ Buchen Waldürn,Z.-Bı 8H., Werkbeinuse,







Verantwortlicher KRedakteur :
Julius Fecker in Heidelberg.


Druc/ Beorlag ı, Expedition von Gebr. Huber
n —— — — * A. Jahtt.











Ar 200.

L
Beſtellungen

auf den „Pfälzer Boten werden fortwährend bei
lämmtlichen Poͤftanftalten, bei unſeren Trägerinnen
Towie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traße 7, entgegengenommen.

Verlag des „FPfälzer Bote.°

— ——

* Der Kaiſet und die Militärvorlage.

Wie bereits mitgetheilt, hat der Kaiſer beim Prunk-
ejien in Karlarıhe, die Anjprache des Großherzugs
Awidernd, einen Trinkſpruch ausgebracht, woͤrin er
nach Worten innigen Gedenkens an ſeinen Großvater
und Vater ſagte, der Großherzog ſei nicht nur Landes-
dater, ſondern auch General. Als er im Frühjahr
lach den herrlichen Tagen im ſchönen, ſüdlichen Lande
In Karlsruhe einige Stunden der Ruͤhe gepflogen,
habe ſich ihnen Beiden und mandhem guten deutſchen

Canne der Gedanke aufgedrängt: wird unſer Volk
leiner Aufhabe noch gemwachfen bleiben, wil e& wirk-
lich ablenten von den Wegen, die Kaiſer Wilhelm ihm
VDrgezeichnet? Will es ſich unwürdig erweiſen der
goßen Thaten Kaiſer Friedrichs? Und als die Ent-
ſcheidungsſiunde nahte, als unſer Volk von neuem
auf den richtigen Weg gewieſen werden mußte, waren
©3 Fönigliche Hoheit zuerſt, die mit inhaltreichen gol-
deuen Worten die Saite anſchlugen, die bei unſerem
Volle immer durchfchlagt
Wurde geweckt, und von Gau zu Gau lebte der neue
Sedanke auf, und unfer Voͤlt fand ſich wieder. Ich
danke Euret Nönigl. Hoheit, Ich danke Meinen
%Etteyn im deutſchen Reiche. Jeder Fürſt hat das
Seinige gethan, uns feinen Mann heranzuführen, fich
Nen zu ſchaaren um das Reichspanier. Dank ihuen
Wen ſteht neugerüſtet als ſchirmende Wehr das deutche
Jolt, wie einft der Götterheld Heimdal machend über
den Frieden der Erdẽ Möge e& dem deutſchen Volk
dergoͤnnt ſein, daß es dieſer Kulturmiſſion nie untreu
Werde, mögen ihm ſtets Fürſten beſchieden ſein, wie
Cuere Königl. Hoheit und meine Bettern. Ich trinke
Quf das Wohl Euerer Koͤnigl. Hoheit, das Haus
vaden und die ſchwertbewährten Söhne, Alt u. Jung!

ie leben hoch!
Vorſtehender Trinkſpruch iſt die weitere Ausführ-






ung und Verſchärfung der Anſpielung auf die Mili- ı
tärvorlage, mit welcher der Kaiſer am Sonntag die
Anſprache des Oberbürgermeiſters von Karlsruhe be-
autwortete: in dem Kampfe um die „Sicherung des
Vaterlaudes“ habe das deutſche Volt ſich gefunden
u. „feſt zuſammengeſtanden“. — Letzteres iſt, ſo ſchreibt
zutreffend eine Centrumscorreſpondeuz, bekanntlich nicht
den Thatſachen entſprechend. Wenn auch die amt.
liche Wahlſtatiſtik noch nicht vorliegt, ſo unterliegt es
doch keinem Zweifel, daß die Zahl der Stimmen für
die Militärvorlage im günſtigſten Falle etwa die
Hälfte der ſämmllichen abgegebenen Stimmen betrug,
und einem ſehr großen Theil der anderen Hälfte wird
die Deutung, welche hier indirekt ihrem ablehnenden
Urtheil widerfährt, ſehr befremdlich erſcheinen, um ſo
befremdlicher, als der kaiſerliche Redner auf die „in-
haltreichen goldenen Worte? des Großherzogs von
Baden Bezug nimmt. Was hat denn der Großher-
zog Mitte Mai beim Stiftungsfeſte des Heidelberger
Militärvereins geſagt? Ganz im Stil der Spoͤttelei
des Grafen Caprivi über die „Zahlenwuth“ äußerte
er: „Nicht viele, aber gute. Mit der Güte erreicht
man weit mehr, als mit der Zahl.“ Mittelparteiliche
Blätter haben damals dieſen Satz unterſchlagen, das
üblich gewundene Dementi iſt nicht ausgeblieben, und
ſpäter hat der Großherzog ſich anders ausgeſprochen;
aber der allgemeine Glaube, daß er ſich khatſächlich


während der Wahlperiode auf jenen Satz berufen.
Die Militärvorlage iſt angenommen worden, die
Oppoſition unterlegen. Man kann es nur bedauern,


zurückkommt, welche hart an die Bezweiflung der Loha-
lität der Oppoſition ſtreifen.

* |leber den Volksherein für das kltholiſche
Nulſchlam

jprach auf dem praktiſch-ſozialen Curſus zu Neiſſe,
ſtürmiſch begrüßt, Herr Prof Dr. Schädler aus
Landau.)

*) (Die ebenfalls ſehr bemerkenswerthe Rede des Herrn
Dr. Bieper (Generaljekretär des kathol. Volksvereins)
werden wir in einer dex nächſten Nummern Ddes Pfälzer
Boten veröffentlichten. In verſchiedenen Zuſchriften aus
unjerem Leſerkreiſe, wird dankhar anerkannt, daß wir die
Reden, die in Würzburg und Bamberg gehalten worden
ſind einem weiteren Publikum zugängig gemaͤcht haben Wir
werden daher auch in Zukunft ſyſtematiſch in dieſer Rich-





Redner ſprach die Hoffnung aus, daß auch in
Schleſien, der alten Culturſtätie, wo die Einwohner
durchaus nicht um 1000 Jahre in der Cultur zurück
ſeien, der Volksverein immer mehr erſtarken
werde wie anderwärts; „denn der Boden, auf dem
wir ſtehen, iſt der gemeinſame ketholifche,
es iſt die katholiſche Solidarität durch
ganz Deutſchtand, in Weſtfalen und
Schleſien wie in Königsbergund Vürt-
temberg, in Bayernund am Rhein. So
wie wir ohne Unterſchied der Stämme in gleicher
Treue zu Koͤnig und Vaterland zuſammengeſtanden
ſind, al der Kriegsruf erſcholl und als e& hieß?
„zum Rhein, wer will des Stromes Hüter fein“, in
der nämlichen Treue ſtehen wir zuſammen auf
dieſem Boden zur Vertheidigung der Hrifis
lichen Orduungin der Géſellſchaft. Der
Volksverein iſt ein Kampfesverein, aber kein confeſſio-
neller Kampfesverein. Man hat geglaubt, er ſollte
etwa eine Gegenorganiſation ſein zeßen einen Bund,
der vom Evangelium den Namen, ſonſt aber gar
nichts hat. Nein! Einem ſolchen Bunde eine gleich-
artige Kampfesorganiſation gegenüber zu ftellen,
dafür halten wir üns viel zu gut (Bravo! weil nicht
durch Haß und Feindſchaft das erreicht werden
kann, was in erſter Linie unſer Zweck iſt, näme
lich Abwehr gegen die Fluth, die unfer
Vaterland zuüberſchwemmen droht. In
dieſem Kampfe iſt uns Seder willkommen, der

Hand zum Kampfe gegen den gemein-
lamen Feind für Gott u. ſeine h Kirche,
für König und Vaterland,fürdiechriſte
liche Familie und den eigenen häus-
Üichen Herd. Die Katholiken verlaͤngen dieſelbe
Freiheit, wie jeder Andere, die ganze und
volle Freiheit Die Rede von rother und
ſchwarzer Internationale it ſchon verſtummt, wahr-
ſcheinlich weil denjenigen, deuen dieſelbe am geläufig-
ſten war, zurückgepfiffen worden iſt. Vielleicht ift
man auch manchmal rathlos geworden, wie man ſich
der rothen Internationale erwehren könne, und hat
ſich vom bureaukratiſch⸗polizeilichen Standpunkt bereits
ſo weit durchgemauſert, daß man die „ſchwarze Inter-

tung weiter vorgehen, ſo daß die fruchtbare Thätigkeit unſerer
Führer heſonders auf ſozialpolitiſchem Gebiete möglichft
weiten Kreiſen bekannt wird. Hoffentlich werden Ddie Be-
mühwngen dieſer Herren und auch diejenigen der XKathol.
Preſſe auf [ruchtbaren Boden fallen und gute Früchte zei-
tigen. %. Dd. Pf. Boten.)





— 2











65 5
Treuer Liebe Sohn.

Roman von U. Roſen.
8 aͤchdruc verb.)
2 Ach ſieb da, die Schreibmappe des gnädigen Fxauleins.
55 Engel hat ficher an die Frau Mana. geſchrieben
Eberzeugen wir uns nun, ob der Brief ſchon abgegangen
Er ſtahl ſich an den Tiſch in der Fenſtervextiefung u.
1lg die Mappe auf. Ihr unvollendeter Brief Lachte thm
Migegen. Die Ankunit der Koffer, Ddie Nachrichten ; von
?fllfie‚ und alle die jüngften Eindrüce hatten das Mädchen
— daß diẽ Arme das Blatt einzufjdließen ver-

atte.

ter ‚Ormonds Geficht verfinfterte i immer mehr, je wei-
CT er den Bericht Giraldas über die däterliche Zuneigung
Y arquis Ias, Der Brief enthielt au manderlei
des Bedauerns, daß es ihr noch nicht gelungen
4* etwas zur Durchfühurng der ſchwierigen Aufgabe zu

Ihre. ſchwiexige Aufgabe,“ wiedexholte Ormond ſin-
(end. „Eine Mufgabe, um Derentwillen ſie nach dieſen
fam. Worin kann ihre geheimnißvolle Sendung
eitehen ?“ ;

i Cr hob ſeinen Blick gedankenvoll zum Bilde des nun
pra nfchuldig bverfolgten Betters empor. ‘ Sein Kopf
Yannte. Wie ein elektrijher Schlag durchzucte ihn_ die
— Bleich und zitternd jank er in Giraldas Seffel

„Das aljo“, rief er mit dumpfer, flüſternder Stimme,


$ Lerhaufe! Und Ddie. große Wufgabe Diejes Kindes ijt,
e Hamen Gottfried ZTrewors in fledenlojem Glanze
bniebér&ergufteflen. Endlich jehe ich das liſtige Gemwebe
iich vor mir. Ia OGottiried Lebt. Hier {hricht fie es
b% „„de3 armen Bapa Namen von jenem häßlichen Ver-
gfi.chf 3u reinigen.““ Hahaha! IO haͤtte, den Saß über-
4 Goͤttfried mein alter, todilich gehaßter Nebenbuhler
t, [ebt in England, ijt der ®Gatte Beatricens, der Vater
VEr Kinder Cr der von uns Todtigeglaubte waͤr alle

dieſe Jahre in England, verbarg ſich unter falſchem Namen
an ſicherem Ort, war glüdlich in der Liebe des {Mönften
Weibes und wartete behaglich auf ſeines Onkels Tod. D,
tauſendfältigen Fluch dem Elenden. Wie ſie ſich bei mei-
nem Heirathsantrag ins Fäuſtchen gelacht hahen, wie ſie
mich über meine Schwäce und Blindheit verſpottet haben
muß! Ich Thor Ich einfältiger Thor !” knirſchte er.
Kein Zweifel, daß ſie Gottfried von meinem Liebeswerben
erzählte. Mein Herz ſagte mir von Unfang an, daß dieſes
junge Mädchen ein Kecht auf Gottfriedz Augen beſitzt, iſt
e5 doch ſeine Tochter. Die Szene im Theater Hätte mir
alles offenbaren follen, was ich nun erſt jeßt aus dieſem
Briefe hier erfahre. D, wo hatte ich denn da weinen
Verſtand? Goͤttfried ſtahl mir die Frau, die . ich iebte,
wie ſonſt nichts auf der Erde. Er wendete dez Onkels
Herz von mir ab und er wird es ſein, der zwiſchen mich
4 Reichthümer tritt, für die ich meine Seele ge-
ährdete..

Große Schweißtropfen ſtanden auf ſeiner Stirn und
auz ſeinen Augen, die einer Schlange alichen, ſchoſſen
wilde Vlicke Als hätte Wahnſinn ihn ergriffen, ſchleuderte
er den Brief, den er verrätheriſcher Weiſe geleſen, von
* und rannte aus dem Zimmer, um das ſeinige aufzu-
uchen.

24. Kapitel.
Eine verhängnißvolle Begegnung-

‚ Ohne Ahnung, welcher unheimlicher Gaſt inzwiſchen
im Schloß angefommen war und welche Studien Ormond
in ihrem Zimmer gemacht, galoppirte Gicalda in glück-
licher Sorglofigfeit die bergige Straße entlang. Die Sonne
hatte die Wolfen zertheilt und beleuchtete die wilde Felſen
andſchaft mit rothaoldenem Schimmer. „Wie oft mag
Papa hier vorübergeritten ſein! dachte Giralda. „In
jeinemt Herzen bewahrt er lein Andenken an jeden Hügel
und jedes Thal, an jedes Feljenrijff und jeden Yuell, dem
mein Auge heut begégnet“

Die zerklüftete Berglandſchaft hatte einen ſeltſamen











Reiz für Gixalda. Alles, was ſie in endlos weiten
Strecken überjehen lonnte, war Treworſcher Grund und
Boden Plößlich überkam fie ein Gefühl unendlicher Ver-
laſſenkeit Die ungeheuexe Oede und Einfamtkeit bedrücte
jie. Den Zügel anziehend, ſah ſie ſich nach ihrem Diener
um, Dder ihr in einiger Entfernung folgte und auf ihren
wint jofort näher {prengie. Er war ein alter Mann mit
feierlichem Wejen, deſſen Gedanken beftändig in‘ der Ver-
gangenheit zu weilen jheinen.“ ‘

Ich erinnere mich nicht, Sie vor dem hentigen
Tage bemerkt zu Haben, mein Lieber,“ redete Giralda
iym freundlich an. „Sind Sie einer von Dden neuen
Dienexn?“

Ja gnädiges Fraulein und doch auch einer der äl-
teiten. Mein Name iſt Thomas. Ich diente ſchon als
Knabe im Schloſſe und blieb bis Herr Gottfried Trewor
der Neffe des Herrn Marquis verſchwand Die leßten 5
‚Sahre lebte ich bei meiner verheiratheten Tochter, aber
als Mylord neulich nach mir ſchickte, zögerle ich nicht,
zurüdzufehren.“

„So fannten.Sie den verſchollenen Neffen des Herrn
Marauis?” fragte Giralda. ;

„Ob ich ihn kannte, gnädiges Fraulein? Er war mein
Augapfel Ich lehrte ihn reiten, und manch liebes Mal
ritten wir zuſammen hinunter nach der See, manch liebes
Mal jagten wir zuſammen in dieſen Wäldern Er war
der befte NReiter, wie er der beſte Schütze war Ihre Au-
gen, gnädiges Fräulein, gleichen den ſeinigen auf ein
Haar. Ach, er war ein ſo guter, fröhlicher Menſch. Der
Arme {tarh in der Fremde, aber ich werde ihm {tet3 ein
gutes Andenken bewahren.“

Wie ſehr Sedermann ihm zugethan i{ft“, ſeufzte G
ralda. „Keiner der Diener glaubt ihn des Verbrechens
ſchuldig, deffen man ihn angeklagt, der Marquis aber iſt
von dem Mordverſuch überzeugt.!

Fortſetzung folat.)


 
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