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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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Samüags mit Unterhaltungskeifage, Breig vierteljährlich
B, 1.20 oone Krägerlohn m, Boßaufidlag. Beßelungen
A ben Voßanſtalter 1 bei der Expebiiten Swingerüraße 4,

AnzeigeGiatt Mr bie Amtsbezirie Heibelheig,
Kabenburg, Meinbhelnm, ESchwegingen, Dhiliupsblira,
wettoch/ Sruchlel/ Breiten, NeXargemünb, MosSbac
Körrbad Suchen Wallbkärn,&.=Dı : ‘8h,, Werfehtuak,

















Beranimorilidher Mehaliater :
Yulinz Lecer in Heibdelberg.

%. 170





Seidelberg, Freitag, den 28 Zuli 1893.

Dınd, Berlag u CErypebikion von Gebr. guber
in Seibelberg, Alwingerüraße 7,



2









Beſtellungen
u} den „Pfälzer Boten werden fortwährend bei
ämmtlichen Poſtauſtalten, bei uuſeren Trägerinnen
Bwie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
Lraße 7, entgegengenommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.°°





* Voll Ducl.

Das Verhalten des Centrumsmannes Grafen
Schulenburg, welcher unter Berufung auf die
Lehre der kath Kirche und die beſtehende Landesge-
Ebzebung, die ein Duy ell verbieten, dem Redacteur
de8 „Bergmannsfreund“, Aſſeffor Hilgers, eine ge-
hxinde Abfertigung zu Theil werden ließ, hat den
Beifall weitefter Kreije gefunden. Selbſt Blätter


ſchieden für die Grundfäge des Graͤfen Schulenburg
Un weil ſie ebenſo dem Rechtals der VB er
uunft Rechnung tragen. Das Blatt ſchreibt:
Wir haben ſtets auerkannt, daß die ſtrengen Ka-
holiken von den Geſinnungen des Grafen Schulen-
durg dem blöd finnigen Duel Iunfug gegen-
Über eine würdigere, und vor allem ehHrlichHere
Haltung einnehmen, als die „Stützen der Ge-
ſeliſchaftaus dem Lager des proteſtautiſchen
»chriſtlichen Staates? Was ſeitens dieſer Geſell-
ſchaft in der Duellfrage an Heuchelei ge-
leiftet wird, ſpottet jeder Kritik Diejelben Perſoren
in den Parlameten 2c, und dieſelben Blätter, welche
nicht müde werden, über das Schwin den der
Achtung vor den Gefetzen und über die Ver-
minderunge‚chriſtlicher Zucht u. Sitte“
84 Jammern, haben für das unentwegte Fortwuchern
des aller Sitte und Cultur hohnſprechenden Duell-
MufugS nicht ein Wort des Tadels übrig. Sie
chweigen ehrfurchtsvoll und feige, wenn wit es im-
Mer wieder erleben, daß „Chrengerichte“. den Todt-
ſchlag in den Formen des Duͤells für „unvermeidlich“
erklären; daß Beamte, die zur bejonderen Wahr-
Ing des Rechts und des Geſetzes extra berufen ſind,
ſich wiſſentlich gegen die Duellpara-
graphen des Strafgeſetzbuches verge-
Yen, in dem beruhigenden Bewußtſein, daß ihuen in
krer Beamtenlaufbahn dadurch kein




Hindern iß erwächſt. Und merkwürdig! Wäh-
rend ſouſt unſere reactionären Parteien ſofort bei der
Hand ſind, aus Anlaß beſtimmter Faͤlle das Strafe
geſetzbuch zu „vervollſtändigen“, die Strafbedingungen
zu verſchaͤrfen“, iſt es noch Niemanden unter den
Frommen im Lande eingefallen, zur endlichen
Abſtellung des erbärmlichen Duelltlimbis eine Ver-
ſchärfung der Strafen auf dieſen Unfug zu verlangen.
Und doch bieten die SS 201 bis 210 des Strafge-
Es brau-
chen nur, was durchaus logiſch wäre die Strafbe-
{timmungen des Todtſchlages bezw. des Mordes auch
für Duellanten und deren Helfershelfer in Geltung
geſetzt zu werden, und die ganze aldberne „ Ritter-
lichkeit', die beim Zweikampf ihre lächerlichen Or-
gien feiert, wäre ein Unſinn von vorgeſtern. Selbſt-
verſtäudlich müßte die militäriſche Geſetzgebung nach
denſelben Grundſätzen reformirt werden. Für Offi-


ſchied des Falles auf den dauernden Verluſt
der Chargen und Aemter erkannt werden.
Erſt wenn unjere unadläffig über den
Verfall der Öffentlidhen Sitten jam-
mernden Confervativen ſich zu Dderar:


Koͤrpernaufſchwingen, werden wir anneh-
men, daß es ihnen mit ihHrer „Wiederherftel-
lung des chriſtlichen Staate 8“ Ernſt iſt.
Bis dahiu werden wir die ſich „chriſtlich“ nennenden
Parteien und Blätter, die über alles Mögliche frömm-
leriſch ſalbadern, nur nicht über den Blödſinn des
Zweikampfs, nach wie vor als Heuchler der
ſch limmſten Sorte brandmarken.



Deutſches Reich.
* Berlin, 26. Juli. Die „Voff. Ztg.“ Hält die


des deutſchen Kaiſers zur Weltausſtellung in Chicago
für unbegründet, weil der Kaiſer bereits über die Zeit
bis zum Monat Oktober verfügt habe. Die Abſicht
einer Reiſe nach Chicago ſei ſeit vieien Monaten
völlig aufgegeben. ;

‚ * Berlin, 26. Juli. In der geſtrigen Anti-
ſemiten-Verſammlung griff Werner auf das hef-
tigſte Stoͤcker an, welchen er der Unwahrhaftigkeit
gegen den ehrlichen und ritterlichen Ahl-
wmardt zieh! Die Verſammlung war mit dem Re-







wollen.
Berliu, 26 Juli. Der Kaiſer verlieh dem
Frhr. v. Schorlemer Alſt in Anerkennung ſeiner

waterländiſchen Hingebung“ ſein Bildniß.

* Straßburg, 26. Juli. Als Herr Feichter,
der raſch zu einer eigenthümlichen Berühmheit ge-
langte Polizeipräſident, noch Kreisdirektor in Kolmar
war, war er gar nicht ſo böſe auf den elſäſſiſchen
Klerus zu ſprechen, wie er letzhin gethan haben ſoll.
Die „Weſtf. Volksztg.“ erfährt nämlich aus dem
Kreiſe Kolmar, daß er gerne in den kaͤthoͤliſchen
Pfarrhäuſern der Umgegend verkehrte, bei Patronats-
feſten oder aus Anlaß von anderen Feſtlichkeiten in
der Geſellſchaft der Geiſtlichen erſchien 2c. Oder hätte
er dieſes nur gethan, um den Klerus näher beobach-
ten zu können? Uebrigens war er leutſelig, ein hei-
terer Gaſt, der auch ſonſt gefällig war. Wir können
nicht umhin — ſo ſchreibt man dem geuannten Blatte
weiter — auch hier eines Prozeſſes zu gedenken, der
irren wir nicht, im Jahre 1889 ſtaltfand, und in
welchem der Name des Herrn Feichter verwickelt
wurde Mehrere Herren aus Türkheim waren ange-
klagt worden, bei fröhlichen Gelagen die Marſeillaiſe
geſungen zu haben. Bei ſolchen Gelagen ſoll auch
Herr Feichter ab und zu erſchienen ſein Hr. Gillet,
damals Bürgermeiſter zu Türkheim Kolmar) als
Zeuge verhört, erklaͤtte uun u. A. vor Gericht, daß
Herr Feichter auch manchmal bei dieſen Ver-
ſammlungen frohe Lieder, ja ſogar die Marfeil-
Laife, nicht wegen des Inhalts, aber wegen der
herrlichen Weiſe dieſes Liedes mit klangvoller Stimme
geſungen habe Es wird übrigens ein Leichtes ſein,
die Ausfagen des Herrn Gillet heute noch in den
Aktenſtücken dieſes Prozeſſes, der damals in Kolmar
viel von ſich reden machte, zu finden.



Ausland.
Aus der Schweiz, 26. Juli. Am 19. d. M.
ſtarb in Baar (Canton Zug), wohin er ſich 1877

zurückgezogen Hatte, der altkatholiſche Geiſtliche C.
Boſſard in ſeinem 86. Lebensjahre, leider unausge-
ſoͤhnt mit der hl. Kirche. — Der altkatholiſche
Caplan in Teufenburg, welcher zum zweiten Mal ver-
heirathet iſt, läßt ſeine Kinder proteſtantiſcheer-
ziehen,

Paris, 25. Juli. In Honfleur im Departe-
ment Calvados fanden in einer Dynamitfabrik vier
Exploſionen ſtatt Neun Perſonen ſind getödtet,









2 ® o
. Treuer Liebe Lohn.
Roman von U Rofjen.

f Gachdruck verb.)

„Sahre fort, mir Deine Geheimniſſe und Dein räthſel-
Haftes Thumn zu verbergen, ich werde meine Augen Deinem
1‘“9€Qrgtihc£)ep'£retben gegenüber geſchloſſen halten Du
Yajt eine eilige Schrante zwiſchen Dir und Deinem
greijenalten Bater errichtet, wennfie jemalS wieder nieder-
%é)relgfen werden foll, dann muß es durch Deine Hand ge-

en

Sch bedauere, Papa, daß Du noch immer Befürcht-
Ungen Hegit, die mich kränken müfjen,“ erklärte Beatrice
Mit erniter Feierlichteit. „Du wirſt ficher niemals Urfache
E}‚GÜEH‚ für mıich zu erröthen und ich werde Dir immer
Eine treue und ergebene Tochter jein. Ich werde Dich
ltet8 Lieben und verehren, wie e& mir zufommt, aber ge-
\atte, daß das Geheimniß meines Lebeis fir Dich ver-
f‘\e‚ßelt bleibe. Vergiß, daß es vorhanden iſt, und halte
SIr nur gegenwärtig. daß ich tugendhafte
Frauvin

Beatricens Weſen und ihr Ton wirkten noch eindrucks-
vollex als ihre Worte.
„„Der Graf ſah hierauf ein, daß die Unterhaltung, die
———— zu Ende war und wagte nicht, ſie wieder zuer-

i

Mit einem ſeltſam belaſteten Herzen ſaß er ſchweigend
Dr dem Kamin, bis der Wagen vorfuhr, der ihn und
ſeine Tochter zu gadh Derwent trug.

10. Rapitel.
Draußen in der Welt.

: Während die Tochter des Grafen Berril, von Be-
Wunderung umrinat, f{ich in Dder vornehmen Gejellihaft
be.megf% und von Feſt zu Feſt eilte, geſtalteten ſich die
Dinge in Birkenhain in einer Weije, die nur gecignet
War, ihr Herz mit banger Sorge und tiefent Leid zu er-

n

füßle

eine brave,

Der Abend, der ihrer Abreiſe aus dem im Waldes-
dunkel verborgenen Landhanſe folgte, fand ihre Familie
im Wohnzimmer verfammelt, aber eine trübe Wolke ſchien
ſich auf das Gemüth der ſonſt ſo heiteren Kinder geſenkt


nur zu kurzem Beſuch erſcheinen zu jehen, waren ſie doch
viel zu zärllich und Liebevoll, ſich mit dieſex Thatſache aus-
ſöhnen zu können Der Graf fühlte ſich im Banne einer
Schhwermuth, die er nicht abzujchüttetn vermochte und die
er der Kunde von Ormonds Rücklehr zuſchrieb. Um die
Heiterfeit der Seinigen nicht zu ſtören, zog er ſich ſehr
bald in ſein Studizimmer zurück.

Die drei Kinder ſaßen vor dem Kaminfeuer. Giral-
das lieblicher Ernit hatte ſich noch vertieft. Ihre Gedanken
ſchtenen in die Ferne zu ſchweifen, und ein ſeltſam ent-
ſchloſſener Ausdruck flammte .ans ibren ſinnenden Augen.
Caon ſtützte ſich auf ihr Knie, Kupert lehnte ſich traum-
verloren an ihre Schulter Eine Weile ſprachen die Ge-
ſchwiſter kein Wort, bis Egon Ddurch ſein Schluchzen ihr
Schweigen unterbrach

—44 iſt Dir, mein lieber Kleiner? fragte dann Gi-
ralda.
„ D, O ſehne mich ſo ſehr nach Mama, wenn ſie fort
iit“, rief das Rind, ſeine thränenfeuchten Augen zu der
Schweſter erhebend

„Aber Mama würde ſehr betrübt Jein,“ beruhiate
ihn ®iralda, „wenn ſie wüßte, wie Du Dich abhärmit,
mein grmex Egon.“

„®ixalda“, ıief Kupert, „ih habe das Verſprechen er-
Halten, eine Univer]ität befuchen zu dürfen Du weißt nicht,
wie glüclih mich dieje Ausſicht macht. Um Mamnas Willen
hoffe ich, dereinſt ein aroßer, ein berühmter Mann zu
werden.“

Giralda {ympathılirte mit dem Ehrgeiz Ruperts, wie
jie Cgons*AummerS uach empfunden Hatte, aber jedes
Wort das die Anaben |prachen, Dbeftärkte ſie in ihrem
Heimlichen Entichluß, die Laͤſt dex Mutter zu erleichtern,
änb?em ſie die Sorge für ihr eigenes Fortkommen über-
nahm.

Als die Geſchwiſter ſich trennten, um ſich zur Nacht-
ruhe zu begeben, raffte Giralda einen Stoß von Zeitungen
zujammen, die ſie mit ſich auf ihr Zimmer nahm Sich in
einen Seſfel werfend, rollte ſie denſelben an das Kamin-
fener und begann Ddas erſte der mitgebrachten Blätter zu
überfliegen, Ihr Blick wurde von einem Namen ange-
zogen der ibr der theuerſte war. Sie las den Artikel, der
ign erwähnte, mit lebhaftem Intereſſe.

_ „D, i bildete mir ein, etwas über die Grafin Bea-
trice Arevalo zu erfahren“, murmelte ſie „und e8 Handelt
ſich nur um eine mir ganz gleichgiltige vornehme Dame.
Ich vergaß, daß Manıa unter einem fremden Namen . auf
der Bühn: bekannt iſt Ach wasiſt mir dieſe Lady Berril,
deren Familiendiamanten als die ſchönſten im Koͤnigreich
gepriejen werden. Seltjam, wie ungleich die Güter diefer
Erde vertheilt ſind! Die Gräfin Berril beneidet, bewun-
dert und verhätjchelt, die Gräfin Arevalo eine Sängerin,
die ängſtlich die Gunſt des Vublikums zu gewinnen und
* — trachten muß, um ihren Kindern Brod zu ver-

affen.

Sie ſchoh den Hofberidht zur Seite und nahm die
Inſeratenſpalte der „Limes“ zur Hand. Eine kurze An-
zeige ließ ihre Wangen erglühen:

Eine Dame heiteren Gemüthes und ſanften Charakters
wird als Vorleſerin und SGefellichafterin für einen Iränk-
lichen alten Herrn geſucht Gehalt unbedentend aber rück-
ſichtsvolle Behandlung zugeſichert. Adreſſe: Qord Trewor,
Treworpark in Wales.“ Giraͤlda las dieſe Notis wieder
und wieder Sie-bot ihr nicht gerade die Stelle, die fie
wünſchte, aber ſie ſchien ihr dennoch der Erwägung werth.

„Armer, alfer Herr! dachte Ne, , „Arank und alt!
Er muß ſich ſehr einſam in der Welt fühlen und braucht
gewiß Zemand ihm ſeine Zeitungen vorzuleſen und feine
Arzueien zu reichen Das würde ich ſö gut fünnen, wie
jede, Andere Das Blatt {{t von Heute, Wenn ich mein
BewerbungsSgefuch ſofort abſchicke, dann iſt e3 möglich, Daß
ich Die Stelle erhalte.“ _

Wieder las ſie die Anzeige durch.

(Hortiegung folgt)


 
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