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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0731

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Srlheint tägliq mit Ausnahmeder Somne und Keiertage

Samfiags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlid

B, 1,20 ohne Trägerlohn n. Voftanifhlag. Beftellungen
__ Sei den Boftanflalten 1, bei der Expedition Zwingerfiraße 7



für Stadt



AnzeigerBlatt für vie Amtebezirte Heidelberg,
Kabenburg, Weinheim, ShHwebingen, Philippsburg,
Miesloch, Bruchfal, Bretten, NeXargemänd, Morbach
Eberbach/ Buchen Walbürn,&.-Bı eh., Wertheimoe











Verautwortlicher Nedalteur:
Juliuz Yeder in Heidelberg.

Seidelbern, Freitag, den 4: Auguit 1893.

Druck, Verlag u Expedition von Gebr. Yuber
in veidelberg/ Zwiugerſtraße 7,





M

A Sabrg,





Beſtelluugen

auf den „Pfälzer Boten werden furtwaͤhrend bei
iammtIirf)en Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
{otwie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traße 7, entgegengenommen.

Verlag des „FPfälzer Bote.“



* Die Entwidelung des Katholizismus- in
Solland. _

Freudig wurde in der ganzen katholiſchen Preſſe
im Aufang letzter Woche die Nachricht aus Amſterdam
begrüßt, daß die Antiliberalen bei den Gemeindewahlen
In Holland einen großen Sieg davongetragen haben.
Die Katholiten und gläubigen Protejtanten gewonnen
ſehr viele Mandate in wichtigen Städten u. behaup-
leten gegen den heftigſten Anſturm der Liberalen
Anſterdan und Haag. Die antiliberale Bewegnng,
almmt zu und daͤmit ſelbſtverſtändlich die Zahl der
Proteftanten, die auf dem Boden des pofitiven
Chrifieuthuuis fiehen und was vor Allem hochbedeut-
Jam und erfreulich iſt, katholiſches Leben und kathol.
Selbſtbewußtſein. Wie fehr dies Aufblühen u dieſer


ſehr die Freude der katholiſchen Preſſe begründet
iſt fönnen mir am beſten einſehen, wenn wir uns
an der Hand die Geſchichte die Lage und Ent-
wickelung
machen.
Als am 8 Juni 1806 die bata viſche Republit
nach 11;ährigem Beſtehen durch einen Machtſpruch des
fozfijchen Welleroberers in das Königreich der Nieder-


boleons, Ludwig Bonaparte, übertragen worden war,
da hatie auch für die katholiſche Kirche in Holland
die Stunde der Befreiung geſchlagen. Denn während
bis dahin der Calvinismus ſtarrt unNd un-
duldſam die Herrſchaft behauptet hatte, ſorgte Lud-
Wig, ein weißer Rabe in jener freigeiſtigen Pexiode,
dafür, daß in ſeinem Lande die kaͤtholiſche Kirche,
welche damals unter 1'/2 Millionen Einwohnern rund
350,000 Anhänger zähite, freie Thätigkeit ent-
_fa_lten fonnte. Ünter jeiner Herrſchaft wurde das erſte




apoſtoliſche Vikariat von Herzogenbuſch gegründet.
Leider fand die Politik Ludwigs, welcher es ehrlich
mit der Wohlfahrt ſeines Reiches meinte und dasſelbe
dem Eigennuße Nappleon’3 n preisgeben wollte,
nicht den Veifall ſeines kaiſerlichen Bruders, und am
10. Suli 1810 wuͤrde Holland, nachdem Ludwig
zwangsweiſe abgedankt hatte, mit Frankreich wieder
vereinigt.

Damit waren für die Katholiken die guten Tage
vorüber, denn Napoleon ſtand gerade damals mit der
Curie auf geſpannteſtem Fuße. Auch als nach Ver-
treibung der Franzoſen Holland und Belgien als ver-
einigtes Königreich unter die Herrſchaft Wilhelms von
Oranien kamen, wurde die Sache für die Katholiken
nicht beſſer.
nannte, erwies ſich vielmehr damals kannte man
das Wort allerdings in dieſer Bedeutung noch nicht
— als ein verbiſſener Culturfämpfer: Bedrückung
der Seelſorger und Schließung der Seminarien
fehlten in jener Zeit ebenjomenig, als Verbannung
urd Einkerkerunz der Bijhöfe. Es iſt aus der
Geſchichte bekannt, wie gerabe die Unzufriedenheit
über die Knechtung der Religion die katholiſchen
Belgier zur Oppofition gegen die Regierung trieh,
welche ſchließlich zur Selbſtſtändigkeit Belgien's
führte

König Wilhelm hat es nicht unterlaſſen, aus
dieſem Abfall der Belgier ſeine Lehre zu ziehen; er
ließ ſich nunmehr auch die religiöſe Freiheit
ſeiner katholiſchen Unterthanen ange-
ſegen ſein; der Anerkennung dreier apoſtoliſcher
Vikariate fölgte bald die Wiederherſtellung der katho-
liſchen Hiearchie in in Holland, welche am 14. März
1854 die Bulle Pius IX. „ex quo die” unter Grün-


Bisthümern Breda, Harlem, Herzogenbuſch und
Roermond vollzogen wurde.
hat ſich ſeidem der Katholizismus ehtwickelt, trotz des
phlegmatiſchen Naturells der Nation und tratz der
Machenſchaften der zahlreichen Sekten und Geheim-
gefellſchaͤften, welche wie nirgendwo anders in dieſem
Laͤnde üppig wuchern. Man greift nicht zu hoch,
wenn man die kaͤtholiſchen Einwohner jetzt auf
ein Drittel der ganzen Bevölkerung
ſchätzt 4 *

Wir dürfen dieſen Arlikel nicht ſchließen, ohne
des holländiſchen Volksſchulweſens Erwaͤhnung zu
thun. Während es den Angehörigen jeglicher Reli-
gion ſtets unbenommen war, neben den religions-
loſen Staatsſchulen eigene Privatſchulen einzu-





— —

richten, erhalten letztere ſeit 1889 jogar, wenn ſieeine
gewiſſe Schülerzahl aufweiſen und den Anforderungen
des Unterrichtsgeſetzes genügen, Unterftüßung vom
Staate. Sehr viele von den katholiſchen Privat-
ſchulen werden von Ordensmännern und Frauen
geleitet. Der holländiſche Staat hat bisher keinen
Schaden davon gehabt, und ſogar die Jeſuiten leben
und wirken dort ganz frei, ohne daß der Protes
ſtantismus ſich (wie in Deutſchland) vor ihnen
fürchtet.



*det Zollkrieg mit Kußland.

Der Zollkrieg mit Rußland entwickelt ſich in ſehr
raſchem Tempo. Kaum hat Deutſchland die Anwen-
dung des rujſiſchen Maximaltarifs auf deutſche Waaren
mit einem Zollzuſchlag von 50 pCt. auf ruſſiſche Waaren
beantwortet, ſo iſt auch ſchon ein Ukas des Zaren
da, der den ruſſiſchen Finanzminiſter ermächtigt, den
Tarif noch ein bischen in die Höhe zu ſchrauben. Da
der ruſſiſche Maximaltarif, heißt es in der offiziöſen
Begründung, einen Zollzuſchlag von höchſtens S0 pCt.
feſtfetze, dagegen der faft zwei Jahre in Wirkſamkeit
befindliche deutſche Getreidedifferententarif das ruſſiſche
Getreide ungefähr 42 pCt. höher als das Getreide
anderer Staaten beſteuere, ſo würde der ruſſiſche
Maximaltarif, falls Deutſchland den Zoll um 50
pCt erhöhte/ eine gleiche Erhöhung erfahren. Ob die
„gleiche Erhöhung! eine weitere Erhöhung um oder
bis auf 50 pECt. bedeuten ſoll, iſt nicht recht klar. Es
kommt indeß wenig darauf an. Denn da ſchon der
Maximaltarif einem Einfuhrberbot ziemlich gleichkommt
kann e& für uns wenig bedeuten, ob die Ruſſen noch
50 oder 100 pCt. daraͤufſchlagen. Da der Ukas dem
Finanzminiſter ganz anheimgiebt, ob und wann er
die Zuͤſchlaͤge einführen oder wieder beſeitigen will,
ſo ſcheint man in Rußland ſelbſt einige Zweifel an
der Wirkung weiterer Zollerhöhungen zu hegen Dann
ſollte man aͤber nicht glauben, mit Drohungen etwas
ausrichten zu können ; - }

Durch das neueſte Vorgehen wird die Phraſe,
daß die Einführung des Marimaltarifs nur „aus
zolltechniſchen Gründen“ erfolge, recht hübſch beleuch-
iet. Nachdem Deutſchland die gebührende Antwort
gegeben hat, geſteht man gemeinderſtaͤndlich zu, daß
man eine Ermaͤßigung der deutſchen Getreidezölle hat
erzwingen wollen Auf deutſcher Seite wird man der
neueſten Drohung gegenüber wohl ruhiges Blut be-
wahren, weil ſelbſt die Ausführung ein Schlag ins
Waſſer waͤre. Wir haben keinen Anlaß, mit aber-

















Roman von U Roſen
Nachdruck verb.)

Seinen Onfel pflegte er während einer anſteckenden
Xranfheit, mo alle Nebrigen den Leidenden im Stiche ge-
aſſen Hatten, mit aufopfernder Liebe und meinen Sohn er-
Vettete er mit eigener Gefahr das Leben Das, liebes

Täulein, war der Mann, den ſie des verſuchten Raub-
mordes beſchuldigen!

„War irgend ein Zweifel vorhanden an ſeiner Schuld?“
Tragte ®iralda bewegt.

Niemand als ich zweifelte daran. Ich war einſt ſeine
mme und jpäter feine Kinderfran: und kanute ihn auch
beffer, al8 alle Welt; ih wußte, Ddaßı er zu einem Ver-
Lechen unfähig war. Feßt zweifeln auch Ddie anderen


gut, Ddaß man ihn todt glaubt, denn Herr Marquis
4 ihn mit eigenen Händen tödien, wenn er ihm be-
*
Fran Pump hatte mittlerweile ein Iujtig proſſelndes
Heuer angezündet, das dem Zimmer eine behaglihe Tem-
peratux verlieh.
Sie ſprechen, als ob der Tod des Unglücklichen nicht
erwiejen wäre.“ bemerkte Giralda.
Die Haushälterin warf einen forſchenden Blick auf


Ihreehrliches Geſicht war voll Aufregung, ihr Weſen
voll Geheimnitk.

Nachdem ſie Giraldas reine edle Seele in
gen erfannt Hatte, flüſterte ſie leije:

„Seit dem Tage, an Ddem der junge Herr entiloh,
795{9% ſich der Herr Maraquis gegen jeden fremden Beſuch
und empfing Niemand, als jeinen Nejfen, Lord Ormond.
‚Ölweilen geht er auf wenige Zage nach London. Verbit-
tert, wie er ijt, will er mir nicht geſtatten, günſtig über
Teinen ehemaligen Liebling zu fprechen, und außer mir
Jiegt Reinem etmwas daran, Ddes Verftoßenen Unihuld an

en Zag zu bringen.. Ihre AUufnahme in die Zamilie 1ft
ein höchit bemerfenswerthes Sreigniß. Vielleicht wird ihr

ihren Zü-



Herzgewinnendes Weſen des gnädigen verrn — —
der ftimmen, ſeine verhärlete GSeele erweichen! Ich


chen aber ich bitte Sie, Ihren Cinfiuß fr meinen jungen
Hertn zu verwenden Der Herr Marquis hat bereits, wie


Um des Rechtes und der Gerechtiakeit willen beſchwöre ich


MNuf Sie wird er eher hHören, wie auf mich, denn Sie
{ind eine Dame und ich bin nur eine Dienerin,- Überdies
haben Sie Gottfried Trewors Augen und der anädige
auch dieſe ſtrahlenden unſchuldigen Augen ſo
ehr !”
„<ch fürchte, daßz ich Ihnen gar wenig werde helfen
fönnen, Fran Pıump“, feufzte Giralda. „Iit e& denn aber
auch rathjam, die alten Geſchichten wieder aufzurühren ?
Ich nehme den lebhafteſten Antheil an dem Berichollenen
und glaube troß aller wider ihn zeugenden Beweije, ſehr
gern an ſeine Unſchuld/ doch er i{t t0Dt, ſchon Längit todt,
jeine traurige Geſchichte nicht aͤleichfalls ſterben
ajten ?“

Die Haushälterin blickte hierauf ängſtlich nach der

ür.

Wohl ſagen ſie/ datz Gottfried Trewor geſtorhen jet,
wohl hHaben fie Beweife jeines Todes nach Haufe ceſchict
flüfterie ſie „und ich glaubte ihnen auch, und weinte man-
chẽ Nacht Hindurch in dem Gedanken an ein einſames Grab
im fernen. Südamerika.

Mein Sohn ijt Matroje und am im vergangenen
Jahre naͤch Riv in Brafilien. Ih , beauftragte ihız, das
Sraͤb meines jungen Herrn aufzuſuchen und ihn einen
Leichenſtein von Marmor ſetzen zu laſſen. Das Geld da-
zu hatte ich ihm mitgegeben. Das Grab war nicht auf-
zufinden. Er wendete ſich an den Spanier, in deſſen Hau-
je ®ottiried Trewor geftorben jein ſoͤllte und erfor|chte,
nachdent er dem Manne gelobt hatte, ihm feine Unange-
fegenheiten zu bereiten, daß die Geſchichte von ©ottjrieds
Tode nicht wahr, und daß er nicht in Brafilien geſtorben
ſei.“

Ah!“



Mein Sohn entdeckte ferner”, fuhr die Haushälterin
in. ſteigender Erregung fort, „daß Dder junge Herr ſich von
Kio nach den weſtindiſchen Injeln gewendet hatte er kann
aljo noch recht gut am Leben jein. Möchten Sie mir im
Hinblick auf die Möglichkeit nicht hHeljen, den Herrn Mar-
4 u milderer Gefinnung gegen ſeinen Neffen überzu-
eiten ?“
Ich werde mir die aroͤßte Mühe geben, Ihren
rührt. „Wenn ich mur auch gewiß wäre, daß der junge
Mann an dem Berbrechen, deſſen man ihn anklagt, un-
ichuldig Hb *—
Die HaushHälterin. wendete hHaftig ein mit der Innen-
ſeite an Die Wand gelehntes Bild um. ;
‚ „Oier Hf des jungen Herın Bortrait”, rief je. „SS
ſt kürze Zeit vor jener erſchreckensvollen Nacht gemalt.
Betrachten Sie das Bild meın gnaͤdiges Zräulein unD
%agfin %‘5"16 mir, ob Sie ihn des verfuchten Mordes fähig
alten?
' ®iralda näherte ſich dem Bilde und vertiefte ſich in
ſeinen Anblick. *4
Es war ein Jüngling von 21 Jahren mit einem
frijchen, rofigen Geficht, goldblonden Haaren, einem ſchönen
Maunde, jonnigen, blauen Augen voll ſtrahlender Heiterfei:
8 dem ‘ Ausdruck einer offenherzigen und redlichen
eele.
Siralda |Ohmieg. } !
; ; iSiDteie Augen übten einen eigenthümlichen Zauber
auf ſie
Sie wußte nicht, wie ſehr ſie den ihrigen glicdhen, aber es
wax ihr, als ob ihr Vater durch eine blönde Maske auf ſie
niederſchaute,
„Sie. olauben nun noch, daß Goͤttfried Trewor einen
4 begangen oder beabſicht habe?“ ſagte die HAUS-
jälterin.

Fortſehung folgt.)


 
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