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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0715

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Elcheini tagtich mit Musnahme.ber Eouu⸗ urd Feiertage
amftag® mit Unterhaltungsbeilage. Wreisz vierteljahrlich
B, 1.20 obne Krägeriohn ı. Boflanffhlag. Beßelungen

für Stadt




‚ KuzeigerVlatt für die Amtebezirle Heidelberg,
Sabenburg, Weinheim, Schwebingen, Rhilippabura,
Wiehloh, Bruchſal/ Bretten, Ne Largemund, Mosbadı































— den Poſtanftalten . Hei der Expehition wingerfiraße 7, ; Werbach· Suchen Woaldärn,£.-B1 8h., Werkheimoe,

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e | Seidelberg, Sonntag, den 30. Zuli 1003. — — . ] 20. JTg
— —— — * 1






Zwinger-
entgegengenommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.°







Viitiſche Wodenüberficht.
® Heidelberg, 29. Iuli.
Es ift ein denkwürdiges Jahr, das wir zur Hälfte
ſchon hirter uns haben. Schon jetzt könnte es mit
ſeinen Ereigniſſen abſchließen, und es bliebe immer
40 ein „Fritijhes“ Jahr 1893. Die weitere Hälfte
311)ltb uns indefjen auch manchen Kampf und manche
Veberraſchung bringen. Steuerreform und Wahlr echts-
„HReform“, daß fich Gott erbarm’, in Preußen, dann
Sine Keichstagzanflöjung und eine „Ihöne“ Militär-
Dörlage, daß allen jungiten Leutenants das Herz im
Leibe lacht; im Gerbjite Landtagswahlen — mehr
fann doch ein vernünftiger Staatsbürger von einem
itiſchen Sahı nicht verlangen. Doch wir leben in
& Gegenwart und müſſen un8 mit der Gegenwart
gut halten, wenn wir von der Zukunft etwas haben
Wollen. Nun haben wir aber in dieſer Woche ſo
viele Keinigkeiten, daß wir die Wege unmöglich alle
und darum nehmen wir wieder mal
Unjere Zuflucht zum Telephon. Das iſt bequem, ge-
müthlich und praͤktiſch einfach.
Ir. LSier v. Caprivi!“ „Ah, hoch ange-
nehm, err Reichskanzler, gratuliere beſtens zur
Densaugzeichnung; Herr Graf hHaben einen ſolchen
Dank in der That ſehr verdient Gratuliere auch zur
enZauszeichnung Ihrer beſſeren Hälfte wirklich
Aber erlauben Sie, ich habé keine beſſere
Dälfte !“ . „Geftatten der Herr Graf, wir haben uns
üllerdings etwas landläufig ausgedrückt. Ob es die
Defjere Hälfte war, die der Herr Graf nach Fall des
Schulgefehes zwegen Mangel an VBerftändigung“, an
n Örafen € ulenburg abtraten, das wagen wir
icht gu entfcheiden ; die Hälfte war e& aber doch,
die Miniſterpräſidentſchaft von Preußen. Graf Eulen-
Urg embfing den Schwarzen Adler⸗Orden. Wir
Latulieren! Wir habens auch immer geſagt, aus
Jem Minifterpräfidenten Eulenburg kaun noch eiumal









twaz werden. Und dann hHat er die große Tugend
der höchſten Beſcheidenheit.
immer im Verborgenen. Mar wird wenig oder gat
nichts davon gewaͤhr. Daß wir z. B. wiſſen, daß er
die Wahlrechtoͤreform mit „reformieren“ haͤlf, ift der
reine Zufall. — Bitte Schluß !“

„Hier Reichsſchatzamt!“ Ah, Herr v. Maltzahn,
doch noch auf dem Poſten? Haben doͤch gleich ge-
ſagt, die Gerüchte waren fehr verfrüht, welche Sie
mit dem Kriegeniniſter Arm in Arm Ihr Jahrhun-
dert, pardon, Ihre Entlaſſung fordern ließen. Am
6. ijt ja große Reichsfteuerreformplan-Konferenz aller
Geldminiſter des deuſchen Reichs. Herr Miquel will
wieder „ganze Arbeit“ machen; und was Herr Miquel
„will“ das will er auch ſehr ſtark, und will einer
jein „Will“ nicht, dann wird er wild. Des Mens
idhen Wille iſt ſein Himmelteich Und dem Herrn
Miquel ſein Himmelreich ſind die Finanzen. Daß an
Miquels Himmelreich oder Reichshimmel viel „gol-
dene Sternlein? hangen, die noch ım großen Reichs-
geldſchrauk umgemünzt werden koͤnnen, davon ift keiner
feſter überzeugt, als Herr Mriquel. Herr Reichskanz-
ler Graf Miquel oh entſchuldigen wie, da haben
wir uns geirrt — Hert Reichs- Finanzminifter ſollte
e& heißen; nun, was nicht iſt, kann noch werden. —


ahn? — — kLeine Antwort! — Sft auch eine
Antwort — Dann müſfen wir uns eider
ſelbſt etwas mit dem Schatzamt umnterhalten. Die

große Finanz⸗-Reform im Reiche ſoll beabſichtigen,
die Geldperhältniſſe der Bundesſtaaten zum Reiche
und umgekehrt zu regeln. Das „wie“ keuͤnt nur erſt
der Finauzminiſter Miquel; den „Nugeffekt“, den
keuntlauch der gewöhnliche, geineine Staatsburger. Das
Portemonnaie der deutſchen Steuerzahler iſt nämlich
ein guter „Wetterprophet“: es zeigi an, daß Ddie
„Reichsſteuerreform“ wieder ein überauͤs reiches
„Quellchen“ für den immer ſteigenden Mehr-
bedarf eröffnen ſoll. Das fertig zu bringen, dazu
ijt Herr Neichsfinanzminiſter in spe Miquel ganz der
Maun, Der Reichstag hat aber auch eine Fraktion
von 100 Mann, welche Centrum heißt. Daͤs Cen-
trum wird ſich zunächſt in Rückſicht auf die ganze
wirthſchaftliche Lage des Volkes und dann auch aus
„Srfenntlichteit“ für die Liebe der Regierung die
Reichsſteuer⸗Reform ſehr „liebevoll“ anſehen.
ſind nämlich dabei das Zünglein an der Waage und
ein ſehr ſtattliches Zünglein, das nicht lange ſchwan-
ken wird.

Da wir gerade mit dem Schatzamt verbunden ſind,







koͤnnen wir etwas auf die Nehengeräuſche lauſchen
Es ſind einige intereſſante Zahlen, die beweiſen, wie
vortrefflich die Reichsfinanzen „wachlen“ und ſich ver-
mehren. 1872 hatten wir 169 Millionen M. Reichs-
ſteuern. 1891/92 finden wir dieſe Reichsſteuern auf
das ſchöne Sümmchen von 665 Milionen Mark ge-
ſtiegen. Jetzt fommen noch die Koſten der neuen
Heeresvorlage hinzu, Die Reichsſchuld betrug 1872
feinen Reichzpfenni g; wir lebten, wie man
19 jagt, in geregelten Berhältniffen ; heute haben wir
2000 Millionen Schulden und zahlen jährlich an
Zinſen 65,675,000 Mart. — Bitte machen Sie
Schluß!“ ;

„Dier Herr v Koseielsfi (Bole.) Hm! Hm!
gratuliexen Herr Koscielstt: Neuer Kurs gefällt Ih-
nen wohl? Orden erhalten. Liebenswürdige Be-
Handlung ſeitens der Regierung. Himmel voll großer
Baßgeigen, im Kopfe große Kofinen uſw., wie ſieht
es aus, ſind noch keine Anzeichen da, um Miniſter
zu werden? Ihre „Fraktion“, — pardon, wenn ſie
noch keinen Namen haben, ſchlage ich vor, „Schöne
Ausfichtsfraftion“, oder „SGute Hoffnungspartei“.
Sie haben ja die Gunſt der Regierung durch die
Bewilligung der Militärborlage errungen wie wäre
e8 mit der Nachfolge des Schatzuiniflers? Brilanter
Poſten! Aber Herr von Koscielsti, die Zeiten äu⸗—
dern ſich und ſehr oft bald, und die freundliche Ab-
ſicht, dem Zeutrum in Oberjchlefien die Laſt der
Voltsvertretung abzunehmen und polniſche
Schultexn mit der Bürde der Abgeordneten-Mandat2
zu belaſten, dieſe edle Abſicht laſſen ſie frdl. fahren.
Wenn auch das Polenblut heiß geworden ijt. So
heiß iſt es nicht, daß es dem Centrum ein Loͤch in
den Stiefel brennen Könnte. . Dankharkeit iſt ja aller-
dingS eine ſehr unpolitiſche Tugend! Adien Herr
Koscielski! Schluß!

„Hiex Neichsamt!“ Was wünſchen Sie? „Ach,
befter Herr, einige kleine Neuigkeiten für Dden
Pfälzer Boten!“ Sollen Sie haben! Vorſichts-
maßregeln für einen eventuellen Sinbruch der
Cholera ſind brillant ausgeführt. Baͤs Reichs-
Menichen z Seuchen - Geſetz foͤll! „wie Derlautet“ ,
vollſtändig umgearbeitet werden. — Die Er
mäßigung der Tarife zum Trausport von Futtermittel
und Stteu ſind faſt vollſtändig im Raͤche durch-
geführt „Spät kommt ihr, Graͤf Ilolan, aber ihr
kommt! — und weiter?“ „Nun, die ruſſiſche Re-
gierung wird uns am 1. Auguſt den Maximal⸗goll-
Tarif beſcheeren, d. h. deutſche Waaren werden in
Rußland nur mehr gegen die höchften Zölle einge-























unter dem ſchützenden Dache hre Valerhaufes Hätte fein
ihrer Willenskraft ihre hHervor-
quellenden Thränen zurüczudrängen uund ihren Muth auf-

Es wäre andı meine Pflicht, ſelbſt für mich zu

27 s 7
Treuer iebe Cohn. können Es bedurfte all
Roman von U Rojfen.
. ; (Nacdruk verb.) recht zu erhalten.
Ein Wagen gefällig, Fräulein?“ fragte die willlom-
Mene Stimme eines Kutihers. „Soll ich Sie in das forgen“, murmelte

Drfwvirthshaus bringen?“

„ „®iralda bejahte, ließ ſich in das altmodiſche Gefährt
helfen und fuhr gerade in die hoͤiprige Bergitraße ein,
‚O1g Dampfend und Hultend Wweiterbraufte. Die
Sefpen{tijdh mallenden Nebel jhwebten aus dem Hügelum-
Slrteten Ihal empor, daz der Wind Kalt und ſchneidend
Urchteulte
Breistut wenige kleine Hauſex waren ſichtbar, das Dorf
Des Hügel8 aus und zeigte {ich ihrem
Slid er £, alsf{ie auf der Höhe angelangt war. Die freund-
iden Üeinernen Wohngebäude Iugten aus arünen Gärten
£m°r‚ die röthlich {himmernde Kirche mit ihrem Ichlanfen
hurm, Dder mit Baäumen bepilanzte Marktplas machten
%‘grä‘é@ junge Mädchen den Eindruͤck eines verzauberten

.. Der Wagen raffelte geräuſchvoll durch die engen,
iteilen und langen Gaſſey Koch ruhte hier das Schwei-
SEn der Nacht auf dem itilen Dörfhen, Ddie Läden waren
— und die meiften ſeiner Bewohner in tiefem

f Der Wirkh des goldenen Hirſches kam vor die Thür,
Anen Galt zu begrüßen und geleitete ®iralda in ein
Schlafzimmer, in dem jie {röftelnd auf dem Sofa
gfflß nahm, bis eine ſchlaftrunkene Magd erfchien, im

fen Heuer anzündete und den Befehl empfing, ein Srüh-
ü zu bringen.

Vde und mit verſtörtem Blick durchmaß Giralda das
kleinẽ Himmer.

wi Ihr Hinaustreten in die Welt war nicht ſo angenehm
* He e8 fih ausgemalt hatte Sorgenvoll wanderten
* Hedanken zurücß zu der kionnigen Heimath, die fie
erlaffen hatte, zu den Theuren, die in dieler Stunde noch

S von„ihrer Slucht anten, und würde Welten darum
Stgeben Haben, wenn fie jeßt wieder in ihrem Zimmer,

ſie immer mwieder.
nicht die ganze Laſt und Sorge für
überlaſſen!

Nit der zunehmenden Wärme des Zimmers und dem
aufiteigenden Tage erftarfte ihre Zuverficht wieder Nachdem
Tie iOr einfaches Frühitüc verzehrt und ihre Toilette auf-
%;ärigg[ä Hatte, ließ fie hierauf den Wirtkh des Hauſes zu
ich bitten.

„ZBie weit iſt e8 ungefähr von hier nach Trewor-
4 fragte fie, als er in ehrerbietiger Entfernung ſtehen

ie

Ich durfte Manta
die Ihrigen allein

Eine halbe Stunde etwa, gnädiges Fräulein“, ent-
gegnete der Virth mit einem verwunderten Blick auf die
junge Fremde. *

Giralda öffnete ihre zierliche kleine Boͤrfe und 30g das
Inſerat Lord Trewors hHervor, DaS fie aus der „Times“
ausgeſchnitten hatte

„Ich bin bier, um mich auf dieſe Antkundigung zu
melden“, fagte fie dem AWirth, deffen rechtchaffenes Geficht
ihr Vertrauen einflößte den Papierftreijen hinreichend.
SO noͤchte mir gern meinen Lebenzunterhalt verdienen
und glaube, für die hier angebotene Stelle die genügende
Hefähigung zu befigen. Wiirden Sie vielleicht {o gütig
ſein und mir einige Auskunit über Lord Trewor zu geben
Herr Wirth?“

Der alte Mann las
durch und ſtarrte dann
junge Weſen

„D, c8 wird Ihnen auf Schloß Trewor durchaus nicht
gefallen“, ıief er fopffchüttelnd. „Sie ſehen aus wie eine
vornehMe Dame und der Herr Marquis it wunderlich >
ichredlih munderlich. Er Hält nur drei Dienitboten, die
alte Airthichafterin, den Kutfdher und Wig, jeinen Kant-
merbiener und Kranfenwärter. Was den anädigen Hern
auf den Einfall brachte, eine Gejellichafterin und Vorleſe-

die gedruckten Zeilen ſorgfältig
in offenbarem Staunen auf das

rin zu ſuchen begreife ich nicht. Wig war geſtern Abend
drüben auf der Boft und jagte mir, er Höätte mehr al8
fünfhuudert Briefe auf dieſe Ankündigung vorgefunden.
Sie find aber die Erite, Ddie fich perfönlich meldet. Wig
meint, der Herr Marquis möchte eine Dame. um. fich haben
die ihm vorlefjen, vorfingen und mit ihm plaudern Könnte.
* * alles, was er von feiner Gejellichafterin bean-
prucht.“

®iraldas Geſicht erhellte ſich.

„O dieſe Dinge perſlehe ich recht gut,“ verſicherte ſie
„wenn er noch feine Andere angenommen hat, wird erni
5 * vielleicht geben Sit der Herr Marquis ſchon
ehr Al -

! „%ünfunbfieb&ig‚_qnäbigeé'%}täufein. Er iſt reich wie
ein Kroſus, aber e5 ilt ſchrecklich einfam im Schloß und er
hai außer Wig Niemand, mit dem er ein Wort {prechen
fönnte. Er iſt ein haͤrter ſtrenger und ein geiziger
Mann, Gott, er war ja immer {o farg, aber feit
ſein Lieblingsneffe. Gottfried Trewor ein foͤlch trauriges
Ende nahın, iſt der gnädige Herr zehnmal ſchlimmer ge-
worden?

Kottfried Trewor?“ erwiederte hierauf Giralda
fragend. *

„Ja gnädiges Fräulein Seines Bruders Sohn,
weldher der Erbe des Herın Mlarquis geworden wäre, Der
Junge Herr joll, wie fie erzählen, einen Verfuch gemacht
haben, jeinen Onfel zu berauben und zu ermorden undihn
wirklich an der Schulter verwundet haben, aber nicht
ieder hier zu Laude glaubt Ddie ‘Gefchichte, venn einen
edleren, großmüthigeren jungen Mann wie Gottfried Tre-
wor trug dıe Erde niemals, Er {tarb in Brafilien, der
Mrme, Loro Frewor {pricht, wie Wig fagt, beitändig. von
ſeinen beiden Neffen und iſt nochH immer erbittert. auf
Hottfried, obwohl der nun ſchon viele Jahre ıin feinem
©rabe vubte . .

Armex Greis,“ ſeufzte Gixalda. „Er ſcheint ſich ſehr
einjam in der Welt zı fühlen.“

(Zortfebung folgt.)


 
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