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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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%@ 265 | %erantfnnxfiichex; Redaltenr:
88 ZJulius Jecker in Heidelberg.



Seidelberg, Eonntag, den I






— (Erpebitlan ban Behr. Muber

‚ Hwisgerüraße $,





















Kalitiige Wodenüberliht.

® Heidelberg, 18. November

keit. Die Thronrede wurde vom Kaiſer ſelbſt ver-
lejen.. Sie gibt zu beſonderen Betrachtungen keinen
Anlaß, denn alles was darinuen zu leſen iſt, haben
wir ja in den letzten Wochen beſprochen, vielleicht
mehr als genug: Steuern und
für das liebe Militär. Eine Stelle in der Throurede
fordert indeſſen dennoch zum Widerſpruch heraus. Es
iſt die Stelle, an welcher der Kaiſer für die Annahme
der Militärvorkage nochmals ſeinen Dank aus-
ſpricht; dieſe Stelle ſteht im Gegenſatz zu den That-
ſachen, denn die Mehrheit des deutſchen Volles hat
ſich gegen die Heeresvermehrung ausgeſprochen. Daß
trotzzem die Bevölkerung den Kaiſer dei ſeinen Reiſen


u. politiſche Oppofition ſich recht gut vereinbaren
aſſen.
Der preußiſche Landtag hat uun trotz dem Ge-
jammer der Moralsgläubigen ſeine alte konſervativ-
klerikale Mehrheit wieder Erfreulich iſt der Zu-
waͤchs der Konſervativen aus dem Grunde, weil alle
Kandidaten vor ihrer Wahl ſich als Freunde eines
Schulgeſetzes ini Sinne des Grafen Zedlitz erklärt
haben. Mit dem Entrüſtungsrummel der Liberalen
und Freiſinnigen war es eben Schwindel, denn die
*4 — der Konſervativen geſchahen auf deren
oſten.

Die Adreſſe der Kammer der Reichsräthe in
Bayern enthält ſehr geſunde Grundſatze, die ſich auch
auf das Reich beziehen; ſie ſagt: Bei Deckung des
Reichs Aufwandes muß eine Schonung der Leiſtungs-
faͤhigkeit der Bevölkerung unter Wahrung der Rechte
der Einzelſtaaten beobachtet werden! Das iſt rich-
tig, ſehr richtig, weil es erſtens ſelbſtverſtäadlich ſe in
joWte u. 2. weil der Reichrath es trotzdem betont, oder



deswegen, weil man dieſen Grundſatz in finanzmint-
ſterlichen Kreiſen nicht fo ganz als felbſtverſtädlich be-


Schuͤlgeſetzt geſagt: Eine Geſetzes Vorlage müßte ſo
beſchaffen ſein, daß auch der unterliegende Theil noch
leben fönne. Da nun „Jintemal und alldieweil“ die


bedenken, daß man vor allen Dingen leben muß, um
— Steuer zahlen zu können

Obgleich das verdammende Urtheil über Ahl
wardi in dem „FJudenflinten Prozeß vor einiger
Zeit bereits rechtoͤträftig geworden iſt die Akten auch


antwortet ſind, will das Zutrauen zu den Löwe-
Wie

tet, ſind den dort garniſonirenden Mannſchaften vor
kurzem die bis dahin benußten Gewehre (Modell 1888)
abgenommen worden. Die ihnen neu übergebenen


Mutter uſw Abänderungen auf. Es wird jedenfalls

bei den Gewehren beſondere Mängel ſich nicht nach-
weiſen ließen.

Füeſi Bismarck läßl nichts mehr von ſich hö-
ren. Ihn wird Heri Schwennmger, der fürſtliche
Leibarzt/ beherrſchen
regierung nicht fertig Sringen konnte, nämlich Herrn
Oito das Reden abzugewöhnen, ein Machtwort


Vielleicht hat der Ex Kaͤnzler ſich auch nach u. nach
an die „Ruhe“ gewöhnt. Es hat ſchwer gehalten,
ſchwerer/ als bei dem ehemaligen Miniſterpräſidenten
von

Oeſterreich Ungarn. — Graf Taaffe hat ſich
mit gulem Humor in ſein Schickſal! gefügt. Er hat


übertroffen.
einem Berwandten ſchenkte, las man einen gar amüſanten
Vers, der beweiſt, daß Graf Eduard Taaffe in ge-
wiſſen Sachen nicht ſo empfindlich iſt wie — kleinere
Geiſter. Na, vorläufig iſt das neue Kabinet wieder
glücklich in Dienſt getreten.
leiftet, und nun kann der neue Miniſterpräſident
Fürſt Windiſchgrätz ſeine Geſchäfte beginnen.



In Ungarn erwartet man den Kampf um das
Civil Ehe⸗Geſetz des Herrn Welerle Der gute Mann
ſollte ein ſolches Geſetz doch nur für ſich und ſeine
engeren Freunde beantragen; man wird ihm keine
Schwierigkeiten machen, denn gegebenen Falles würde
„ihm und ihnen? das Fehlen eines Zivil Ehe Geſetzes
auch keine Schwierigkeiten machen.

Italien iſt mit ſeinem Baͤnkenſkandälchen noch
immer nicht zu Ende: es iſt ein Sumpf, der immer
wieder neue Blaſen treibt Jetzt iſt der Direktor des


Beamten verhaftet worden. Betrug, Beamten-
Beſtechung und verbotene Geldannahme im Amte, das
ſind die Auklagen. Wenn aber jemand allen Ernſtes
von der guien, alten Zeit der Ehrlichkeit, von Trew’
und Glauben redet wenige haben den Muth -—
dann wird er — ausgelacht.

Fraukreich hat die Ruſſenfeſte nur als Friedens-
kundgebungen aufgefaßt. Wie aber der „Frieden“
gedacht wird, das hört man ab und zu recht deut-
lich. Der Bund der elſaß lothringiſchen Vereine (in
Frankreich) hielt ſein übliches Jahreseſſen, ſo wie man


dent Sansbbeuf trank „auf das wiederhergeſtellte
Fraukreich von den Pyrenäen bis zum Khein, vom
Kanal zum Mittelmeer“, für welches ſie alle denletz-
ten Athemzug opfern würden. Das iſt ſo die allge-


noch etwas warten müſſen, die langathmigen Reden
ſehen nicht mach einem letzten Athemzuge aus.
Spanien iſt noch immer in aller Munde. Die
furchtbaren Kataſtrophen in Satander u. in Bareelona
haben weit über die Grenzen Spaniens die Gemüther
erregt. Die 23 Opfer der Anarchiſtenbomben ſind
unter großer Theilnahme beerdigt worden. Von den
100 Verwundeten ſind weitere 5 geſtorben. Ueber


den HZahlreihe Verhaftungen, darunter auch franzh-
ſiſcher Auarchiſten, ſind vorgenommen worden. — In


pen zuſammengez ogen. Der Krieg iſt mehr eine Be-
lagerung Melillas durch die Kabylen, welche Lag
und Nacht ihr Gewehrfeuer gegen die Stadt und die
Dort könnte nur ein fröhlicher An-
griffskrieg wirklichen Erfolg ſchaffen.

Das Ausland hat uns in den letzten Tagen
überhaupt viel b utig e Neuigkeiten gebracht. Eine
aber iſt doppelt ſchwer durch die Heiligkeit des Ortes,








* Treuer Ciebe Lohun.
Roman von RKoſen.
(Naͤchdruck verb.)

„Sebt darf ich ans Werk, Alles ſchläft, murmelte
Srosvenor, fich vom Boden erhebend und leiſe und vor-
fichtig die Treppe hinaͤufſteigend. „Das Schwerſte iſt. den
Schlüfiel des Kerkers auS der Taſche jenes Weibes zu
erlangen.“ Lauſchend blieb er vor der Thür der Hanna
Bitts ſtehen. Sie ſchläft, wiederholte er ſich. Vorwärts

denn

Schweigend, athemlos ſtahl, er ſich in das Schlaf-
zimmer, Er fonnte in dem Silberjhimmer der Mond-
Theinftrahlen, die durch das unverhüllte Fenſter Ddrangen,
jeden Winkel des Zimmers üherſehen

Frau Bitt Iag mit dem Geſicht nach der Wand gekehrt,
auf dem Stuhl vor dem Bett hingen die Kleidungsitücke
der Schlafenden.

. ®xrosvenor ergriff ihren Rock, der halb zu Boden ges
ülitten war, ſuchte nadh der Taſche und 30g darauz einen
Schlüffel hervor. Wicder nach der Thür zurücjchlei-
Oend, blieb er auf der Schwelle ftehen. Seine laut-
4 44 haͤtten die Frau nicht in ihrem Schlafe

eſtört
_ &H will mich dennoch vergewiſſern, daß ſie mich nicht
überfällt und i keine Gefahren zu bekämpfen habe,“
Ddachte er, die Thür ins Schloß drückend und mit ſchneller
Bewvegung verſchließend ;

Wieder blieb er ſtehen, um zu lauſchen.

Alles war ſtill wie zubor.
Sin Dankgebet murmelnd, ſchlich er auf den Zehen


Henjter er unten bemerft haͤtte Ein zitterndes Pochen
Mmeldete ihn an. Ein Hin- und Hergehen im Zimmer
verrieth ihm, daß man daͤrin noch wache .

Er ſchob den Schlüffel vorſichtig in das Schloß, öffnete
und wiederholte ſein Pochen.

„®iralda,” flüſterte er. } .

.. Ein hald unterdriückter Schrei antwortete ihm und

Siraldas Gejicht neigte ſich arüßend zu ihm. Sinen Augen-

blick ſtrahlte ſie verwirrt und ſchreckensgelähmt, auf die
wuͤnderlich gekfleidete Geftalt, die ihr entgegentrat, bis
Grosvenor die Mütze vom Kopfe riß und den Shawl,
der fein Geſicht halb verhüllte, vom Halſe nahm und ihr
4 ſtrahlendem Blick und lächelndem Munde in die Augen
ah.
„Giralda“, wiederholte er, die Arme nach ihr aus-
breitend

O Baul”, rief ſie, ſich an ihn ſchmiegend, eich wußte
daß Du kommen, daß Du nicht nachlaſſen würdelt, mich
zu juchen, bis Du mich gefunden Haft,“ jubelte fie, Freuden-
£Hränen vergießenDdD. 7 }

„Du bijt ietzt ganz ſicher, meine Seliebte“, beruhigte
Lord OGrosvenor das zitternde Maädchen. „Du ahnteft
nicht, ©®iralda, wie _ viel ich gelitten Habe, jeil ich Dem,
%eric@pgpinben aus Schloß Trewor erfuhr. Aber wo iſt

Giralda führte ihn an das Bett des ſchlafenden
Brüderchens. . .

Wecke ihn, Giralda', bat ®iralda,

Giralda flüſterte Ddem angekleidet daliegenden Kinde
etwas ins Ohr.

Sich erſt die Augen reibend, erhyob ſich dann der
4* Sgon, ohne ein einziges Wort der Verwunderung zu
äußern
Ich werde ihn hinuntertragen,” erklärte Grosvenor.
„Biſt Du fertis, Giralda?

„a lieber Pauk,“ entgegnete, das Mädchen, Hut
%uib nehmend und dem doranſchreitenden Geliebten
olgend.

Geräuſchlos glitten ſie alle die Treppe hinab, durch
44 Vorhalle zur Thür hinaus und den Gaͤrten
entlang.

Erit als fie die Landſtraͤße erreicht hatten, wagten ſie
freier zu athmen. *

Biralda blickte zum Himmel auf und zu dem düſtexen
Backfteingebäude zurück, in dem ſie eine ſo ſchmerzliche
Gefangenſchaft erduldete.

„O Baul,“ jauchzte fe, den Aım Gelie
Haltend, „jeßt fühle 1 in der That! daß ich wieder frei


bin Wo nahmit Du nur diefe ſeltfane Verkleidung her,

_ „ 89 entlieh ſie von Herrn Bitt ſelbſt, der im Schmuße
jener Hecke dort friedlich ſeinen Rauſch ausfchläft. Wartet
* einen Augenblick, bis ich aufs Neue mit ihm getaufcht
abe.
Und Egon aus ſeinem Arm entlaſſend, eilte derſelbe
* Trunkenbold um dieſem zurüdzugeben, waslihm ge-
brte.
7 gehen wir denn jetzt, Giralda? fragte Egon

Wohin Paul uns führen wird, Egon,“ erwiderte
Giralda.
Nur guten Muth, mein Kleiner“, rief Paul, ſich der
Gruÿpe wieder anſchließend „IH habe Deiner Nama
Dich morgen früh um zehn Uhr zu ihr zu
ringen.
— „Da3 haſt Du Mama veriprochen, Paul?! erkun-
* ich Giralda. „Wann haſt Du Mama zuleßt ge-
ehen?
Heute Diefen Nachmittag.“
Gixalda zitterte vor freudiger Erregung, ob dieſer
Nachricht.
Wo iſt denn Mama, lieber Paul?“ fragte Giralda


In Berrilhot, wenige Stunden von hier Graf
—2* und der Marquis von Trewor ſind auch dort an-
weſend

Ich darf Onkel Trewor nicht begegnen Was ſoll
das Alles bedeuten?

Giralda und Egon ſchauten Grosvenor verwundert
in das Geſicht

— „Dap Deine Mana Euch in ihrem Gartenhauſe
heimlich beſuchen will. Da ſie einen Beſuch hat kann
ſie ſich leider nicht entfernen um zu Euch zu kommen,
* ſo erhielt ich den Auftrag, Euch Beide zu ihr zu be-
aleiten.”

Gortſetzung folgt.)


 
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