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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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. Srfgeint täglie mit Aısnahme ver Gonne vnd Feiertage :
” Samfiags mit Unterhaltungsbeilage, Brei® vierteljährlih
; ME 1.20 ohre Trägerkohw n. Bofanffolag. Befekungen
_ 56 ben Poftanfalien ı, beider Grbebition Zwingerütaße 7.



für Stadt



AnzeigerBlatt für bie Kmisbezirle Heideſbers.
Kabenburg, Weinheim, SqHwebingen, Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Breiten, NeTargemünd, DMvsbad
Sherbach Buchen, Wakdlärn,L.-Bı °&h., Wertheinse,













| — —— Nedatteur:
Zulius Yeder in Heibelbera.





fieiilelfiéru‚

Dꝛua 8 u Expedition von Gebr guber
2—— —— — 8. Jihtt.









A, 17





; {
Beſtellungen
auf den,Pfälzer Boten“ werden fortwährend bei
ſammtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen
ſowie in unferer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traßtze 7, entgegengenommen.
Verlag des „FPfälzer Bote.°



— — — — —
der heutigen Nummer liegt ur. 32 der Wodjenget-

lage bet.

— — s— — —

*Iht kolnllt ſyit aber ht Commi!

Ueber die Verrohung der Jugend wie auch
über andere Auswüchſe unſerer modernen Zeit jam-
mern nachgerade jetzt ſelbſt ſolche Blaͤtter, welche, wie
3 B. unſerer famoſer Amtsverkündiger in
Heidelberg, fonjt der Bewunderung für die„Er-
rungenſchaften“ unſerer Zeit voll ſind und ſich nicht
genug thun können im Lobe derſelben. Dieſe auf-
geflärten“ Phariſäer deklamiren ja unter allerlei
Schimpfereien auf „da3Z duukle Mittelalter bei jeder
paſſenden und unpaͤſſenden Gelegenheit darüber: „Wie
herrlich weit wir es ſchon gehracht Haben.“ Aber
die Kehrfeite der Medaille drängt ſich zuweilen
ihnen unwiNlfürlich auf, und ſo leſen wir deun in
der Heidelberger Zeitung folgende der Koͤln. Ztg. ent-
nommene Correſpondeuz aus Siuttgart :

„Die Klagen über die Zuchtloͤſigkeit der heran-
wachfenden Fugend nehmen auch bei NS dermaßen
zu, daß das Miniſtertum ſich veranlaßt ge-
ſehen hat, eine a mtliche Uaterfuchung über
deren Umfang und Gründe anzuordnen. Es iſt
kein Zufall, daß die ſchlimmſten Berichte aus {fol-
chen Gemeinden kommen, welche durch demokratiſche
oder ſozialdemokratiſche Wühlereien ſeit Langem
verſeucht ſind. In einzelnen (evangeliſchen) Ge-
meinden iſt es ſo weit gekommen, daß grüne Bur-
ſchen dem Pfarrer und ſeiner Jrau in










von Eigarren ins Geſicht blaſen; daß ein Kauf-
mann erflärte, ſeine Familie könne Abends ohne





Gefahr das Haus nicht mehr verlaſſen; daß na-

— —


mehr über die Straße wagen koͤnnen. Die Schult-
heißen gettauen ſich vielfaͤch nicht mehr zu ſtrafen;
die Bolizerdiener ſind oft ſelbſt ſchon wegen Ruhe-
ſtörung beftraft worden M oder ſo alt und ſchwach
daß fie nicht gebührend auftreten koͤnnen. Die
Polizeiſtunde, vermöge deren die Wirtſchaften Nachts
11 Uhr zu ſchließen wären, wird an vielen Orten
nicht mehr gehandhabt, und namentlich in der Nach
von Sonntag auf Montag geht das Zechen und
Johlen bis in den frühen Morgen hinein fort.
NichtS anders als aus vielen Landorten lauten die
Berichte aus den Fabrikorten, 3. B. aus
Stuttgart, wo ſchon Verſammlungen von Familien-
vaͤteru zum Zweck der Anbahnung einer Abhülfe
ſtaitgefuͤnden haben. Zweifellos wird die Regier-
ung ſcharfe und durchgreifende Mittel in Anwen-
dung bringen müſſen, wenn der freche Geiſt,
derjeder Autorität Hohn ſpricht, gebän-
digt werden ſoll, und Nichts erſchiene uns thörichter
al8 in dieſe Alle gleichmäßig betreffende Frage
yolitifhe Geſichtspunkte hineinzutragen, uyd
die Zuchiloſigkeit der Jugend wo möglich zur Sache
des Liberalismus“ zu machen.“

„Zur Sache des Liberalismus“ — bemerkt zu
diejem Weherufe der Köln. Tante das Echo der
Gegenwart — gehHörtfie all erdings inſofern, als
diefer freche Geiſt, als dieſe Verwilderung des heran-
wachſeuden Geſchlechts aus dem „L iberali3:
mus“ hervorgegangen iſt. Er hat _ die
„Emanzipation des Gedankens! von allem Meta-
phyſiſchen, von allem Uebernatürlichen proklamirt; er



und nun da ſich allerorts die Folgen der Ver-
neinung des Glaubenslebens und der Verwer f⸗
un g der Sittenpflichten zeigen, jammern die Propheten
und Jünger des „Liheralismus“ und wollen von dems
jelben die Schuldankiagt ferngehakten , mijffen! ©8
wird ihnen daͤs freilich Nichts nutzen, da dieSehren
wie die Folgen, die urfachen und die Wir-
fungen zu Har zu Tage liegen. Auch ſorgen die
liberalen“ und die radikalen Blütter ſelbſt in allen
noͤhlichen Artikeln und Auslaſſungen, in fortgeſetzten
Augriffen auf Glaube und Sitte dafuͤr, daß man uͤber
die mahre Naͤtur des „Siberalismus“ die wünſchens-
werthe Aufklärung erhält.

In Württemberz ſcheint man — wie in andern
Staaten auch — der Anficht zu ſein, daß man mit





NAuzmwüchjen des „Siberalsmus“ auf dem Gebiete des

— —

und ſchlimmen Entwickelung der heraupachſenden
Generalion, begegnen köunte. Du lieber Gott, wenn
das helfen köuͤnte, ſo wäre der „Bolizeiftaat”,
deſſen wir uns ſchön jo lange erfreuen, und der früh-
er noch mit mehr Freiheil und Abſolutismus ausge-
ſtattet war, als heule, längſt mit jenen Erſcheinungen
fertig geworden! Aber wenn e& heißt: „est spiritus
qui . vivicat,“ (der Geift iſt es, der lebendig
macht), ſo muß es auderſeits auch heißen: der Geiſt
iſt e8, welcher verdirbt, welcher korrumpirt, welcher
tödtet, — die Seele tödtet. Es iſt alſo der Geiſt,
das Grund weſen des „Liberalismus? zu be-
kaͤmpfen und nach Kräften lahmzulegen, ſoll eS mit
der Jugend, mit dem Volke und ſeiner ganzen Rich-
tung b?ffer werden. Davon aber wollen die Ver-
treler und Verkünder des „Liberalismus?, welche in
Deutſchland den St aat und „die öffentliche
Meinung“ beherrſchen, ſicherlich Ni cht s wiſſen;
denn damit würden e ſich ſelbſt das Todesurtheil
ſprechen. Und ſo wird denn das Berderben
jeinen Lauf we iter nehmen, bis die Kataſtrophe
da ſein wird.

Gerade Württemberg u. Baden liefern einen flagranten
Bewei3 für die Stockberblendung der Propheten des
„Liberalismu3“. Die katholiſche Bevölker-
uug jener Laͤnder ruft ſchon längſt mit aller Stärke
und aller Einigkeit danach, daß endlich das ſchimpf-
liche Berbhot aufgehoben werde, welches gegen die
Zulaſſung und gegen die Wirlſamkeit von M änner-
Ir den vordem dort aufgeſtellt wurde Die Männer-
oͤrden würden Unſchätzbaͤkes für Staat und Gefell-
ſchaft leiſten, ſie würoen ſich als das xeſte In-
rrument, als de vorzüglichſte Waffe zur
Händi jung des Geiſtes der Zuchtloſigkeit und der
falaniſchen Empörung gegen Gott und den Glauben
erweijen, — aber ſie dürfen nicht ins Sand Hin-
ein, weil der unduldſame und fo Iurzfichtige „Lideral“»
proteſtantiche Geiſt es nicht will! . .. Stiegt in
diefer Thaͤtfache allein nicht ſchon eine zum Himmel
ſchreiende Anklage gegen dieſen Geiſt, gegen den
Liberalismus?“

Deutſches Reich.

Berlin, 3. Aug. Der Berliner Ztg. wird aus
Poſen heſchrieben, die Stimmung gegen die polniſche
Reichstagsfraktion werde immer erbitterter, in einer
Waͤhlerverſammlung behufs Conſtituirung eines neuen
Waͤhlcomitee/s ſei der Ruf laut geworden: An den
Galgen mit dem Wahlcomitee und der polniſchen





mentlich Mädchen zur Dämmerungszeit ſich nicht









32
Treuer Liebe Lohn.
Roman von Roſen.
Gaͤchdruck verb.)

„ „Nein, nein“, rief Giralda faſt unwillfürlidh.. Ich
fönnte ebenjogut meinen eigenen Vatex eines Mordes Yer-
Dächtigen. Meein Bapa haͤt faſt dieſelben Augen, nur ſind
Yie erniter und jorgenvoller. Bapas Gefichtsfarbe ijt Ddun-
kel wie jein Haar, er iſt Spanien, doch erinnert mich Bie-
1e8 in diefem Bilde an ihn. Was in meiner Macht ſteht,
Lord Trewor zu Gunſten ſeines Neffen zu beeinfluſſen/
werde ich thun “

n Haushälterin dankte dann in überſtrömendem

ühl

Es mag Ihnen eigenthümlich erſcheinen, ZFräulein”,
Jagte jie, „Daß ich von Shuen, einer ganz Fremden, ver
lange, fich für unſere Zamilienangelegenheiten zu intereſ-
Yiren, ober ich hahe NMiemanden, der für meinen jungen
Herrn ſprechen möchte. IH lebe in beitändiger Zurcht, er
Tönnte fich heimlich in England aufhalten und entdedt
verden Erwähnen Sie nur noch nichts gegen den Marquis
daß Sie an Möglichtkeit glauben, ſein Nejfe ſei nicht ge-
ütorben. Warten Sie damit bis er milder über ihn zu
denken gelernt hat.“ ;

Das treue Herz, mit neuen Hoffnungen erfüßlt, ent-
* ſich Frau Bump, um für Giraldas Mittagstiſch zu

i

®iralda hatte Hunger.

Sie mar noch immer in das Anſchauen des Hildes
verjunken, das mit ſo zärtlichen Augen vertraut auf ſie,
niederblickte

Ich will für Sie wirken“, murmelte ſie.
ſein als ob icdh für Papa arbeitete.“

Sich mit Widerjtreben von dem Vortrait losreißend,
begann Giralda ihren Anzug zu ordnen.

Sie büritete ihr weiches dunkles Haar, das fih in
?terhcben Loden um ihren kleinen Kopf xvingelte. IOr
chwarzes Seidenfleid, dasZ ein weißer leinener Kragen 1.
Wweiße Manichetten jhmücten, ſchien ihr für die Heſell

Mir wird


von ihHrem Spiegel zurüctrat, wünichte lie beinahe, ihr
findliches Gejicht hätte den Stempel gereifteren Alters ge-
tragen und ihre glatte Stirn Furchen gezeigt, denn ſie fam
fich für ihre neue Stellung im Leben gar zu jugendlich
ausjehend vor.

— Nacdem ſie ihr Mahl, das ein Heines Möädchen ıhr
auftrug, beendet hHatte, wurde ihr mitgetheilt, daß Lord
Trewor ſie erwarte.

Neberzeugt, das Rechte gewählt zu haben, unter-
drücte fie mit hHeldenmüthigem Ent{chiluß ihr Heimweh,
4 unbeirrt die übernommenen Pflichten erfüllen zu
önnen

Trotz ſeiner dehler intereſſirte ſie ſich bereits für den
Marguis

Sie ſchritt langſam die Treppen zu den Gemächern des
Marguis hinah.

Der. zuverfichtliche Glaube der Haushälterin an die
Unſchuld SGottfried Zrewors war allmählig auf e Über-
gegangen, und ſie nahm ſich vor. jede Gelegenheit zu be-
nußen, den rachfüchligen alten Hern mildere Gefühle ür
den bitter Verkannten einzuflößen und dieſes Ziel verlieh
ihrem Amt einen eigenthümlichen Reiz.

Auf dem Wege zu den Gemächern des Herrn Mar-
jie Negun, den Kammerdiener Lord Or-
mondz. '

Bu ihrer Neberrajchung blieb er itehen und {tarrte ihr
mit einer Verwunderung ins Geſicht, die ſie in Verlegen-
heit ſetzte

Der Anblick dieſes ſo ungewohnlich lieblichen Autlises
und der anınuthigenm biegſamen Geſtalt in Schloß Trewor
erwecte das Staunen und die Neugier des hHeimgefehrten
Auſtraliers.

Giralda, die nicht ahnte, daß auch er Ddie feltfame
MehHnlichkeit zwiſchen den ihrigen und Gottfrieds Augen be-
merkt Hatte, ging ruhig weiter

Vord Trewor war nun ganz allein in ſeinem
HZimmer.

Sein Seſſel war dicht an den Kamin gerollt worden |
und er unterhielt ſich damit, den Stoß von Briefe, die er



als Antwort auf ſeine Zeitungsanzeige Thaͤlten hatte, zu
verbrennen. O .
Bei Giraldas Eintritt hielt er in der Beſchäftigung

e.
Sein Geſicht drücte uun eine lebhafte Beiriedig-
ung über die jonnige Erſcheinung des jungen Mädchens

aus.

Sie ſind ſehr pünktlich Fräulein“, rief er. „Rücen
Sie Ihren Seſſel zu dem meinigen heran Auf das Ver-
ggüget_tfiäif)tr'elé Gefaͤnges mnß ich verzichten, bis mein Neffe
abgereift üt.“ ; **

Sie fetzte ſich neben den Marquis, der ſie mit ſcharfem
Auge beobachtete.

„Mein Neffe Lord Ormond“, fuhr er fort, „Wweiß
auch jhon, daß Sie hiex find. IH lelber erzählte iHm von
Zhter AUnkunft. Er behauptet, Sie feien eine Aben-
teuerin, liebes Fraͤulein, weil Sie ſich in Perſon _ auf
mein Ausſchreiben vorſtellten, aber ich bin ein befſexer
Menſchenkenner, als mein gielgereiſter Herr Neffe. Sie
jind ein unerfahrenes, unſchuldiges, aralofes Geſchöpf, ein
bloßes Kind, und ich werde dafür Sorge tragen, daß man
Shnen mit der Ehrerbietung begegnet, die meiner Enkelin
gezoflt worden wäre, wenn ich eine beſäßze. Niemand kann
etwas über Ihren Aufenthalt unter meinem Dache jagen .
da Frau Pump Sie unter Ihren mütterlihen Shuß
nehmen wird. Die Anweſenhelt dieſer rechtſchaffenen Per-
Jom genügt, allen Anfordexungen der Schicklickeit zu ent-
jprechen, obwohl ein kranker ©reis, wie ich dem albernen
Serede müßiger Zuͤngen nicht mehr auzgeſetzt ſein ſollte
Sie werden von nun an meine Borlejerin ſein/ _ mein
gnädiges Fräulein Arevalo, denn dieſer Titel jagt Ihnen
und mir beffer zu als Geſellſchaſterin, und {o lange Sie
unter meinem Bache leben, werde ich über Ihren Kuf
und Ihr Wohlergehen mit der eiferſüchtigen Sorge eines
Vaters wachen.“ :

— 30 Danfe Ihnen, HerrMarquis“, erwiderte Giralda
aber mit einem Blick, der beredter war, alg viele
orte.

inn

EFortſetzung folgt.)


 
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