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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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Der Grund dieſer nach jeder Richtung zu Tag


aber, wie geſaͤgt, nicht in den Steuergeſetzen, ſandern
in dem innern Weſen des Steuerſyſtems ſelbſt, da
dieſes den Ertrag der Güterquellen an ihrem Ur-
ſprung, ohne Rückſicht auf die Perſon, der dieſer
zufließt, erfaßt, ſomit nur die Ertragsfähiakeit
des Objekts im Auge hat. Die betreffenden Geſetze
ſind deshalb auch nicht verbeſſerungsfähig. Denn
wollte man auch z. B. den Umweg der Bildung von
ſog Steuerkapitalien aufgeben und ſich einfach au
den Ertrag halten, bei der Grund und Häuſerſteuer
müßte immerhin eine Einſchätzung ſtattfinden, die von
Zeit zu Zeit zu erneuern wäre und ſtets ihre
Schwierigkeiten hätte, z. B. im Verhältniß zwiſchen
Woͤhn⸗ und gewerblichen Gebäuden, bei ländlichen
Gebäuden, da wo ein üblicher Miethspreis überhaupt
nicht beſteht ı. a. m.; eine öftere Wiederholung der
Einſchaͤtzung ſcheiterte aber ſchon am Koſtenpunkt.
(Die Einſchätzung zur Grundſteuer in Baden koſtete
über ein⸗ Million, jene in Preußen über 60 Millio-
nen). Ueberdies ſind Einſchätzungergebniß, ſelbſt-
erklaͤrtes Betriebskaͤpital und jährliche Renten keine
kommenſurabeln d. h. keine gegen einander abmeßbare
Größen für einheitliche Steuern. Die Zulaſſung
eines Schuldenabzuges bei Ertragſteuern iſt und bleibt
ein Unding; Finanzminiſter Miquel nennt den bei
der badiſchen Kapitalrentenſteuer zugelaſſenen Abzug
von Schuldenzinſen in ſeiner Denkſchrift über die
Steuerreform in Preußen, einen „charakteriſtiſchen
Verſuch ſich der Einkommenſteuer zu nähern.“

Stellten ſich die Ertragsſteuern hiernach ſchon an
ſich als einſeitige, höchſt unvollkommene, aus Zeiten
primitiver Staatseinrichtungen herrührende, mehr
auf Gewohnheit als auf innerer Berechtigung beruhende
Steuerarten dar, ſo müßten ſie in Anbetracht ihrer
dargelegten Eigenſchaften faſt noch als unhaltbarer er-
ſcheinen gewiſſermaßen ein Zwiegeſpann mit der all-
meinen Einkommenſteuer wie wir ſie in Baden
haben. Es ſei kaum denkbar, daß Brutto und Netto-
beſteuerung auf die Dauer neben einander beſtehen
können, da ſie einander geradezu entgegenwirken, in-
dem die eine die andere theilweiſe vereitelt; dieſer
Zuſtand führe zu allzu großer Ungleichheit zwiſchen
dem, der mit eigenem und dem, der mit fremdem
Gelde arbeitet und er verleite geradezu zu falſcher
Steuererklärung. Kommt hierzu noch, daß verſchul-
detes oder gar überſchuldetes Vermögen, gar nicht
geeignet iſt, den Zweck, welchen bei uns die Ertrags-
ſteuern haben, zu erfüllen, nemlich die allgemeine
Einkommenſteuer dadurch erſt zu einer ganz gerechten
zu machen, daß derjenige mehr bezahlt, welcher ſein
Einkommen aus Vermögen bezieht, als der, welcher
es aus geiſtiger oder körpexlicher Arbeit bezieht, die
mit der Geſundheit oder dem Leben des Menſchen
aufhört, ſo könne kaum noch ein Zweifel darüber be-
ſtehen, daß die Ertragsſteuern als Staatsſteuern, ſei
es als einzige, ſei e& als Ergänzungsſteuern, un-
haltbar ſeien.

In der Gemeinde trete die Ungleichheit der
Veraͤnlagung bei weitem nicht in gleichem Maaße
hervor; dieſe könne hier auch den Werths⸗ und
Ertragsverhältniſſen viel eher folgen; abgeſehen davon,
daß den Gemeinden auch das Recht verliehen werden
könne, andere Formen bei der Beſteuerung dieſer
Güterarten einzuführen.

In der Gemeindebeſteuerung ſolle auch nicht aus-
ſchließlich der Grundſatz der Leiſtungsfähigkeit maß-
gebend ſein, ſondern hauptſächlich der der Leiſtung
und Gegenleiſtung, weil innerhalb der Gemeinde die
Intereſſen von Grund⸗ und Gewerbebeſitz vielfach
beſondere Koſten verurſachen, an welchen dieſe Güter-
quellen billiger Weiſe in entſprechendem Maaße theil zu
nehmen haben; auch erſcheine in der Gemeinde, wo
eine Kriſis auch nur in e inem Erwerbszweige, ja
ſchon der Wegzug eines Einwohners Störungen des
Gleichgewichts im Haus halte zur Folge haben kön-
nen, eine nicht ſchwankende Steuerbaͤſis von beſonderer
Bedeutung. — Die Gemeindeſteuern gelten zudem
allgemein als die drückendſten; hier müßte alſo ge-
hoifen werden und wer da helfe, der haudle auch im
Intereſſe des Staates.

Dieſe Erkenntniß ſei in der modernen Staaten-
welt nicht neu; ſie ſcheine vielmehr nachgerade überall
Platz zu greifen. — Wo immer wir hinblickten, habe die
allgemeine Einkommenſteuer mit ergaͤnzender Ver-
mögenSftener oder letztere als Perſonalſteuer für ſich
allein, an Stelle einer allgemeinen Einkommenſteuer,
die Ertragsſteuern aus dem Staate verdrängt odec
wenigſtens zu Gunſten von Körperſchaften im Staate
zurückgedrängt.


ſteuern. Die Grundſteuer wurde dort bereits im
vorigen Jahrhundert ablösbar gemacht. Die Ein-
kommenſteuer iſt dort die Trägerin der ſtaatlichen

Steuerlaſt.
Communalverbände.

mögensſteuer, die meiſten auch Einkommenſteuer;
außer in Freiburg und Wallis, wo noch eine Ge-




werbeſteuer erhoben wird, ſind Realſteuern in der
Schweiz unbekannt.

Nordamerika und Belgien haben nur
Vermögensſteuer.

Oeſterreich reformirt ſeit 1892 mit dem Ziele:
allgemeine Einkommenſteuer behufs Ermäßigung der
Eriragſteuern und Zuweiſung von Quoten derſelben
an die einzelnen Kronländer.

Nur Italien hat noch das gemiſchte Syſtem —
ſpezielle Einkommenſteuern neben Ertragsſteuern und
Frankreich hat noch gar keine Einkommenſteuer,
ſondern eine ganze Reihe von Perſonal⸗ und Real-
ſteuern, darunter die Grundſteuer, welche den Gegen-
ſtand ſteter Kämpfe bildet.

Ganz Norddeutſchland hat die allgemeine
Einkommenſteuer mit Zurückdrängung der Realſteuern
oder gänzlicher Ausſcheidung einzelner Arten derſelben
mit Ausnahme Reuß ältere Linie, welches
neben Grundſteuer eine ſpezielle Einkommenſteuer
hat, die den Boden nicht berührt und von Meklen-
g, das noch ganz auf dem Ertragsſteuerſyſtem
teht.

Preußen hat bekanntlich in dieſem Jahre als
Ergänzung ſeiner allgemeinen Einkommenſte ner eine
Vermögensſteuer eingeführt, dagegen ſeine ſämmtlichen
Ertragsſteuern aufgehoben und dieſelben — (nicHt
blos die Erträgniffe, ſondern die Güterquellen ſelbſt)
den Gemeinden oder Communalverbänden zur ſelbſt-
ſtändigen Beſteuerung überwieſen.

Sachſen hat daͤs Ertragsſteuerſyſtem ſeit 1878
verlaſſen; eine Grundſteuer beſteht dort zwar auch,
ſie iſt aber ermäßigt und überdies zum Theil den
Schulgemein den überwieſen.

Gleich Baden hat Heſſen neben allgemeinen
Einkommenſteuern noch Ertragsſteuern als Ergänzungs-
ſteuern.

Als Hauptſteuern beſtehen die Ertragsſteuern
in Deutſchland nur noch in Baiern, Württem-

berg und Elſaß-Lothringen indem
in dieſen Ländern nur das nicht fundirte
Einkommen von der Einkommenſteuer ergrif-

fen wird. Dabei kennt Bayern bei Ertragsſteuern
iheilweiſen Schuldenabzug, Württemberg und die
Reichslaͤnde nicht.

Ehe auf die Bedenken allgemeiner Natur noch
etwas eingegangen werde, die ſolchem Reformplan
entgegenſtehen, müſſe zunächſt die Vermögens-
ſteuer noch des Näheren charakteriſirt werden, welche
beſtimmt ſein ſoll, den Ausfall, den der Staat durch
den demſelben angeſonnenen Verzicht erleiden würde,
zu decken, ſoweit nicht dieetwas progreſ-
fiver angelegte Einkommenſteuer dieſe
Aufgabe ſelbſt übernehmen würde. Dieſe Vermögens.
ſteuer müßte nicht auf Einſchätzung, ſondern auf
Vermögensanzeige beruhend, mit einem mäßigen aber
durchweg gleichen Steuerfuß (etwa */z pro Mille)
alles Vermoͤgen, das nach ſeiner Natur zur Produktion
beſtimmt iſt, alſo Grundbeſitz, gewerbliche Anlagen
und Betriebskapital ſowie Geldkapital,
Verkaufswerth etwa 6000 M. überſteigt, mit
Ausſchluß des beweglichen Gebrauchsvermögens und
nach Abzug aller Schulden erfaſſen und damit die
allgemeine Einkommenſteuer ergänzen. Denn dieſe
entſprechen nur
fähigkeit vollkommen, wenn ſie unterſcheide zwiſchen
Einkommen aus Vermögen und Einkommen aus
Arbeit. Wer kein Vermögen hat, müſſe für die Zeit
ſeiner Erwerbsunfaͤhigkeit und für die Zeit nach
ſeinem Tode zurücklegen, was der Beſitzer von Ver-
mögen nicht nothwendig habe, da dieſes ihn über-
dauere. Deshalb ſei der Erſtere in der Zeit während
der er ſein Einkommen bezieht, weniger leiſtungsfähig,
als der Letztere. Dieſe Vermögensſteuer würde auch
thatſächlich die Lücken der Einkommenſteuer ausfüllen,
indem ſie ſog unbewegliches Gebrauchsvermögen mit
erfaſſen würde, das kein Einkommen abwirft, aber














































































gegenüber den andern Formen des Kapitals und der
Broduktion nicht wehr die Bedeutung wie früher FÜr
die Sicherheit der Siaatsfinanzen; im Gegentheil, in
Zeiten politiſcher oder wirthſchaͤftlicher Verwickelungen/
in Krieg und auderen Zeiten der Noth leiden Land-
wirthſchaft und Gewerbe am ſchnellſten und ſind die
Ettraͤgoͤſteuern gerade weil ungleichmäßig und ohn?
Rückſicht auf Verſchuldung veranlagt, weniger geeigne!
erhöhten Anforderungen zu genügen, ais das bei
gegenwärtig ſteigender Macht von Handel und IM
duſtrie mächtig anwachſende und deoͤhalb auch für
den Staat an Sicherheit gewinnende Einkommen der


deter erſcheine das Bedenken, ob nicht die Ueber?
weiſung des Steuererträgniſſes an die
SGemeinden genüge, ohne daß der Stact
auf dieſe Steuerquellen als ſolche U
verzichten brauchte, denn abgeſeheu davon, daß


bleiben, liege der Beſitz
deren Benutzung nach eigenem Bedarf und deren
Bewirthſchaftung nach eigener Berantwortung


Selbſtverwaltung der Gemeinden, während das 199
Dotationsſyſtem mit ſeinen in Deutſchland
durch die Erfahrung conſtatirten Schattenſeiten eine
dauernde Geſundung des Steuerweſens weder in
Staat noch in der Gemeinde gewährleiſten könne.


hobene Einwand, daß in dem Verzicht des Staats


Beſitzer liege. Abgeſehen davon, daß dieſer Emwand,
wenn berechtigt, auch bei den andern Ertragsſteuern
zuträfe, bleibe der Boden der Beſteuerung voll unter-
worfen und je nach dem Gebrauch, den die Gemeinden
von dem neuen Rechte machen würden, würde erſt
die Zukunft zeigen, ob der einzelne Grundbeſitzer einen
guten oder einen jchlechten Tauſch gemacht hat. Jeden-
falls wolle die Reform nicht die Grundbeſitzer, ſon-


Als Geſammtergebniß einer ſolchen
Reform würde ohne Zweifel dexen beabſichtigter
Zweck ſich darſtellen, nämlich ohne Mehrbelaſtung für
die Geſammtheit der Steuerpflichtigen, die Jutereſſen-
gegenſätze auszugleichen und die beſtehende Steuerlaſt
gerechter zu vertheilen. Das Mehr an Einkommen-
ſteuer mit der Vermögensſteuer würde durch den Ver-

zicht auf Ertragſteuern im Staate aufgewogen.


voraͤusſichtlich mehr belaftet,
eines Ausgleichs“

wie es in der Natur
liege, denn ohne ſolche Mehr-


bürdeten nicht der Ausgleich, ſondern ein Defizit die
natürliche Folge.

*


ergeben, daß die bisherige Verkettung der Staats- u.
Gemeinde⸗ (bez. Kreis) Finanzen aͤufhören würde,
ferner daß Gruͤndbeſitz und Gewerbe in der Gemeinde
mehr belaſtet, im Staate dagegen entlaſtet, das
bewegliche Capital dort entlaſtet, hier ſtärker heran-
gezogen würde, endlich daß den Gemeinden das Recht
eingeräumt werden müßte, die jetzigen Ertragsſteuern
in beſondere Gemeinderealſieuern umzumwandein, wodurch
denſelben in Bewirthſchaftung ergiebiger Steuerquellen
nach ihren beſondern Verhältniffen ein fruchtbares
Feld für Bethätigung der Selbſtverwaltung eröffnet.
würde. Ganz unbeſtreitbar würde den Gemeinden
auf dieſem Wege eine ſehr wirkſame Hilfe zur Er-
leichterung ihrer Laſten gewährt, die fie ganz in der
der Reform zu Grunde lliegenden Tendenz zur Er-





und leiſtungsfähiger macht z. B. durch Anrechnung
des Miethwerthes der Wohnnng im eigenen Hauſe
und dergleichen. Ferner würde ſie alle ſpekulativen
Vermögensanlagen erfaſſen, die erſt mit der Zeit
Einkommen abwerfen, vielleicht in einer
der Inhaber ſich durch Wechſel des Aufenthalts der
Steuerpflicht entzogen haben würde. Sie würde
endlich alle Kapitalien in Landwirthſchaft und Ge-
werbe erfaſſen, die zeitweiſe durchſchnittlich keinen
Gewinn abwerfen, die aber ganz frei zu laſſen,
unrecht wäre.

Bei ſo geſtaltetem Staatsſteuerſyſtem
würde ſicher das nächſtliegende und anſcheinend be-
gründetſte Bedenken gegen den ganzen
Reformplan ſchwinden, oder doch weſentlich
gemindert werden, das Bedenken nämlich, ob die
Zinanziutereſſen des Staates nicht ege-
fährdet wür den wenn dieſer auf Steuern
verzichtete, die keine Ausfälle kennen.
wegfallenden
Steuern geſchaffen würde, ſo dürften die Staats-
finanzen eher geſtärkt als geſchwächt werden. Die
Steuer auf Grund und Boden hat heut zu Tage


Unabhängigkeit und Selbſtverantwortlichkeit der letz-
teren, die fie zugleich vorſichtiger und ſtärker machen
würden, wäre die weitere naturgemäße Folge.

Hier verließ der Redner ſein Thema, ging über
auf die gegenwärtige Lage im Reiche und im Lande
Baden und erörterie insbeſondere die Stellung des
Centrums zum Ant i ſemiti smus und Sozial-
demofratie. Bezüglich des erſteren habe das
Centrum auch heute noch ſeinen alten Staͤndpunkt:
gleiches Recht für Alle! Was wir für uns
wünſchen und fordern dieſe gleichen Rechte und Frei-
heiten wollen wir auch ſür alle übrigen Staatsbürger
Andererſeits aber werde das Centrum weiter arbeiten
an der durch die Auflöſung des Reichstags unter-
brochenen Geſetzgebung zum Schutze des wirthſchaftlich
Schwachen: Geſetze gegen den Wucher, die Abzahlungsge-
ſchaͤfte Hauſirhandel, unreeller Wettbewerb uſw. Bezüg-
lich der Sozialdemokratie betonte der Redner, daͤß
durch den Verlauf der Wahlen es ſich erwieſen habe,
daß da wo das Ceutrum feſten Fuß gefaßt habe,
und in den Induſtriegegenden, in welchen der Volksverein
ſeine Wirkſamkeit entfalte, nicht ſozialdemokratiſch ge-
wählt worden ſei, und die ſozialdemokratiſchen Stimmen
abgenommen habeu, anders aber diejenigen Gegenden,


dort mache die Umſturzpartei reißende Fortſchritte.



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