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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 1 – Nr. 27 (1. Januar – 31. Januar)
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Nr. 15
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0065

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Erscheint, Montags ausgenom- Anzeigen werden im „Mannhci-
I k; men, täglich Morgens und kostet 1? ^ÜNUak mer Anzeiger" und dem täglichen 1LZL
Vtk. IS mit dem Unterhaltungs-Blatte „^traßenplakat" die Zeile berech-
vierteljährlich L-R kr. net mit 'Z kr.

Badischer Landtag.
L8. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.
Freitag, 15. Januar 1858.
Nachdem zwei Mittheilungen der ersten Kammer über die
Annahme der vorgelegten Gesetzentwürfe: . die Verhältnisse der
Gewerbehanptschullehrer und wie frühere Einberufung der Rekruten
der Kammer eröffnet waren, wird zur Diskussion des Berichts
des Abg. Knittel über die Rechnungsnachweisnngen des Großh.
Kriegsministeriums geschritten. Es wurden verwendet: im or-
dentlichen Etat 4,935,721 fl., im außerordentlichen Etat 1,098,810 fl.,
zusammen 6,034,531 fl. und der Voranschlag sonach um 1,157,751 fl.
überschritten. Von Vieser Überschreitung kommen 706,463 fl. auf
den ordentlichen Etat, größtentheils herrühreud aus den erhöhten
Preisen für Brod und Fourage und der erhöhten Menagezulage,
— und 451,288 fl. aus den außerordentlichen Etat, hervorgegan-
gen aus der angeordneten Kriegsbereitschaft. Unter Titel 10.
Armeekorps fand eine nicht bedeutende Ueberschrcitung wegen eines
höheren Dienststandes statt, wozu die Kammer die Mittel ver-
weigert hatte. Da jedoch die Gr. Kriegsverwaltung diese Mehr-
ausgabe durch anderweitige Ersparnisse auszugleichen bemüht war,-
so will die Commission diese Ausgabe zwar nicht beanstanden,
dieselbe vielmehr unter ausdrücklicher Wahrung der Rechte der
Kammer genehmigen. Nach einer kurzen Diskussion werden die
Ausgaben, wie sie oben bezeichnet sind, für gerechtfertigt erklärt.
Hierauf erstatten noch Huber und Bissing Pelitiousberichte, die
gleichfalls eine kurze Diskussion zur Folge hatten, sodann Schluß
der Sitzung. Die nächste Sitzung ist Donnerstag den 21. d.,
Vormittags 10 Uhr. Diskussion über die Berichte der Abgg.
Muth und Steiner, die Catastrirung alles landwirthschaftlichen
Geländes betreffend.

* Mannheim, 16. Jan. Das schändliche Verbrechendes
Zopfabschneidens wurde heute Abend etwa um 7 Uhr auch in
unserm benachbarten Ludwigshafen an einem ungefähr zwölf-
jährigen Mädchen, der Tochter des dortigen Briefträgers, aus-
geübt- Das Mädchen soll wirklich wunderschönes Haar besessen
haben. Näheres über die empörende That, die in München,
Augsburg, Nürnberg, Würzburg, Bamberg so viele freche Bei-
spiele hat, wird wohl die Untersuchung ergeben. Das unglückliche
Mädchen war während der Verübung derselben, gleich den übri-
gen Opfern, durch Schrecken betäubt. Der Thäter floh nach der
Rheinbrücke. Ein Fremder kann derselbe wohl nicht gewesen sein,
sonst würde er nicht gerade dieses Mädchen mit den schönsten
Haaren und wohl auch nicht gerade dessen Heimgang aus einer
Etrickschule in dem Hausgange des Morgenthau'scheu Hauses
abgepaßt haben.
* Mannheim, 17. Jan. Heute Nacht gegen 1 Uhr
brach in der obersten der drei Werkstätten des Herrn Schreiner-
meisters Dünkel, Litr. 6 4 Nr. 12, Feuer aus, welches
bei der großen Menge von Brennmaterial und der dort eng
aneinander hängenden Häuser leicht hätte durch Ausdehnung ge-
fährlich werden können; allein trotz einer Zeit, in der Jedermann
im ersten besten Schlafe ist, war die Hülse rasch zur Stelle.
Die aktive und reserve Feuerwehr griff rasch das Feuer von allen
Seiten an, und so gelang es in Unterstützung übriger hilfbereiter
Bürger, dasselbe in kurzer Zeit auf den Platz seines Ausbruches
zu beschränken und in etwas mehr als zwei Stunden fast voll-
kommen zu tilgen. Glücklicherweise war ein Wassermangel nicht
vorhanden.
-i- Mannheim, 16. Januar. Einer der allgemeinsten
Wünsche aller Sterblichen ist: im Gedächtniß der Mit- und
Nachwelt fortzuleben. Die massenhafte Entstehung der Grabmäler
rührt von dem Wunsche der Hinscheidenden oder der Liebe der Zu-
rückbleibendcn her- Auf den meisten christlichen Friedhöfen größerer

Städte ist eine große Mannigfaltigkeit unter den aufgestellten
Denkmälern anzutreffen, man findet dort oft großartige Schöpfun-
gen der Seulptur aller Zeiten. Mit besonderer Aufmerksamkeit
betrachten wir die auf dem hiesigen Friedhöfe entstehenden neuen
Werke und müssen bei den daselbst so oft vorkommenden Wieder-
holungen heute eines Grabmales gedenken, das sich ebenso durch
Einfachheit als zweckmäßige, wohlverstandene Anordnung und
würdigen Geschmack auszeichnet. Es ist dies ein von Bildhauer
Carls entworfenes und mit redlichem Fleiß ausgeführtes Monu-
ment. welches die Gruft einer durch stille Wohlthätigkeit bekann-
ten Familie decken soll. Das Ganze ist in Heilbronner Sand-
stein im byzantinischen Style ausgeführt und bildet eine Ruhebank,
an deren Rückwand in der Mitte der 7^ hohe Gedenkstein ange-
bracht ist, auf welchem sich das Familienwappen parallel', sowie
die Inschrift: „stille Zu^tniaats e!er Vlücl6iMnll8cll6 Familie van
Van ller Illouveich befindet. Am Fuße desselben ist das Nieder-
ländische Wappen, ebenfalls in erhabener Arbeit, sichtbar, und die
angebrachten Ornamente stehen in richtigem Verhältnisse mit den
übrigen schönen Formen. Das Streben nach wahrhaft künstle-
rischen Leistungen, bescheidene Ansprüche, — verbunden mit aner-
kennenöwerthem Eifer und Liebe für sein Geschäft werden dem
jungen Meister die Gunst des Publikums sichern.
p Mannheim, 16. Jan. Stand der Fremden hiesiger Stadt
vom 15.—16. Jan.: 244 Personen.
* Aus Baden. Am Nachmittag des 15. mit dem Schnell-
zuge haben II. GG. HH. die Herzogin von Sachsen-Koburg-
Gotha und der Prinz Wilhelm die Reise nach London zu den
Vermählungsfeierlichkeiten über Paris angetreten. S. G. H.
der Prinz Karl wird nicht dahin abgehen. Die Abreise II. KK.
HH. des Großherzogs und der Großherzogin, welche aus den
20. d. bestimmt war, dürfte, da das heute veröffentlichte 8. Bul-
letin über das Befinden S. K. H. des Großherzogs Ludwig einen
günstigeren Stand der Krankheit des hohen Patienten hoffen
läßt, und demzufolge keine täglichen Bulletins mehr ausgegeben
werden, auf die festgesetzte Zeit stattfinden. — Nach einer kürzlich
erfolgten höchstlandcsherrlichen Entschließung wurden die seither
dem großh. Amtsgerichte Neckargemünd zugetheilt gewesenen Orte
Haag, Michelbach, Moosbrunn, Neunkirchen, Ober- und Unter-
schwarzach und Schwanheim von Anfang dieses Jahres an dem
großh. Amtsgerichte Eberbach zugetheilt.
München, 12. Jan. Die Pensionsanstalt der bayerischen
Anwälte, welche nunmehr 25 Jahre besteht, hat nach der letzen
Jahresabrechnung über einen Capitalstock von nahezu 800,000fl.
zu verfügen. (A. Z.)
München, 15. Jan. Im Auftrag des Königs geht
Prinz Adalbert nach Athen, um dem König Otto die Glückwünsche
unseres Monarchen zum 25 jährigen Jubiliäum der Landung in
Nauplia zn überbringen, (A. Z.)
Ludwigshafen, 14. Jan. Heute Nachmittag kamen
einige Wagen des prachtvollen Zuges, welchen die französische
Ostbahngesellschaft für den Kaiser Napoleon bauen ließ, hier an.
Es war eine Versuchsfahrt, um zu erproben, ob die Wagen bei
ihren größeren Dimensionen in den Tunneln auf der bayerischen
Linie kein Hinderniß finden. Dieser Versuch ist vollkommen be-
friedigend ausgefallen. Man knüpft hieran die Vermuthung, der
Kaiser werde in diesem Frühjahre eine zweite Reise nach Deutsch-
land unternehmen, um in München den Besuch unseres Königs
zu erwiedern und bei dieser Gelegenheit daselbst mit dem Kaiser
von Oesterreich zusammenzutrcffen. (Pf. Z.)
Ludwigshafen, 14. Jan. Die gegenwärtig hier ver-
sammelte Handels- und Gewerbckammer, welche bis auf 6 Mit-
glieder vollständig ist, hat Hrn. Jordan auö Deidesheim zum
Vorsitzenden und Hrn. Dacgue aus Neustadt zum Sekretär ge-
wählt. (Pf. Z-)
* Landshut, 12. Jan. Die Zopfabschneidungs-Manie
(Hiezu eine Ertra-Beilage.)
 
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