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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 207 – Nr. 232 (1. September – 30. September)
DOI Kapitel:
Nr. 215
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0933

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Rr. LIS

Erscheint, MoutagS ausgenom-
men, täglich Morgens in 1800
Exempl. und kostet mit dem Unter-
haltungsblatte Vierteljahr!. LL kr.

Freitag, 10. September

Anzeigen werden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem tägli-
chen „Straßenplakat" zusammen
die gewöhnl.Zeile berechn, mit T kr.

1858

Ueber die Zollkonferenzen in Hannover
wird der „Karlsruher Zeitung" unterm 7. Sept, von hier ge-
schrieben: „Unsere öffentlichen Blätter beschäftigen sich jetzt viel
mit den Berathungen der Zollkonferenz in Hannover und mit
den Ergebnissen dieser Berathungen. Ein Punkt namentlich ist
es, den man dabei angelegentlich ins Auge faßt, nämlich die
Frage der Ermäßigung oder Aufhebung der Durchgangszölle im
Zollverein. So erzählt uns z. B. ein Artikel aus Hannover in
der ersten Beilage zur „Frankfurter Postzeitung" vom 3. d., daß
es Hannover sei, welches die Durchgangsabgaben allgemein be-
seitigt haben wolle, während von gewisser (Leite die Aufhebung
oder Ermäßigung der Durchgangszölle von einer gleichzeitigen
Aufhebung, resp. entsprechenden Ermäßigung der Rheinzölle ab-
hängig gemacht werde. Weiter berichtet in der zweiten Beilage
der genannten Zeitung vom nämlichen Tage ein Artikel aus
Hamburg, daß es Hannover sei, welches der Ermäßigung der
Elbzölle widerstrebe, sind daß, wenn dieser Widerstand fortdaure,
Hamburg die gedachte Ermäßigung oder Aufhebung am Bunde
beantragen werde- Sind diese Nachrichten, woran wir noch
zweifeln wollen, richtig, so theilen sich die Stimmen im Schooße
der.Zolllonferenz in solche, welche die Durchgangszölle wegräu-
men, aber die Wasserzölle deibel-alten wollen, und in solche, welche
die Aufhebung oder Minderung der Durchgangszölle von der
Aufhebung oder Minderung der Wasserzöllc abhängig machen.
Wir lesen aber freilich im Hauptblatt der „Frankfurter Postzci-
tung" vom 3. d., daß es die verkehrteste Schlußfolgerung sch
von den Wasstrzöllen aus die Beibehaltung der Transitzölle zu
schließen; aber so bestimmt auch diese Behauptung ist, so können
wir uns doch nicht zu ihr bekennen. Hier am Rheine weiß
Jedermann, daß dieser Strom nicht blos Ein- und Ausgangs-,
sondern auch Durchfuhrstraße ist. Hier am Rhein weiß Jeder-
mann, daß dieser Strom uns die Hauptmasse des Transitgutes
zusührt und die Hauptmasse dieses Gutes entgegennimmt. Hier
am Rhein Hegreift Jedermann, daß, wenn man die Rheinstraße
mit erorbitanten Zöllen belasten läßt, wie seither, dabei aber die
aui der Durchfuhr zu Land haftenden Abgaben mindert oder
aufgiebt, man eben nur einige Ltraßen zum Nachtheil einer an-
dern, einige VereinStheile zum Nachtheil von andern begünstige.
Und da ein solches Verführen doch offenbar höchst unbillig wäre,
so findet man es nicht nur nicht verkehrt, sondern vielmehr voll-
kommen angemessen und gerecht, die Wasserzölle mit den Land-
Transitzöllen in untrennbare Verbindung zu bringen, und na-
mentlich, was die Rheinzölle betrifft, von deren Ermäßigung
auch die der Land-Durchfuhrabgaben abhängig zu machen. Daß,
wenn eine solche untrennbare Verbindung nicht festgehalten würde,
gleichwohl der Wegräumung der Land-Dnrchsnhrabgaben sofort
auch jene der Wasserzölle folgen werde, werden wohl nur Wenige
nn Ernste hoffen. Und bleibt auch der von Hamburg beabsich-
rigte Weg an den Bund offen, so dürfte, wenn auch eine er-
wünschte Entscheidung mit Zuversicht erwartet werden mag, diese
denn doch nur in fernerer Zukunft zu erlangen sein."

D Morgens oder Abends?
Als die Legung des Telegraph en-Taues durch den
atlantischen Ocean gelungen war, fand sich fast in allen Zei-
tungen die Notiz, daß eme Nachricht, die Mittags 12 Uhr von
Irland abgegangen, Abends zwischen 8 und 0 Uhr in Neufund-
land angckommen sei- Jeder, der die Sachverhältnissc kennt,
konnte leicht einsehen, daß hier ein Jrrthum obwalten müsse nnd
bald brachten auch mehrere Zeitungen die Berichtigung, es müsse
nicht Abends, sondern Morgens heißen. Es ist für viele Ihrer

Leser sicher nicht ohne Interesse, der Sache auf den Grund zu
kommen.
Bekanntlich haben wegen der Kugelgestalt der Erde nicht
alle Punkte der Erde zu derselben beit dieselben Tageszeiten,
gegen Osten treten dieselben früher em als gegen Westen, es
kann auch wohl als bekannt vorausgesetzt werden, daß dieser
Unterschied auf !5 Längengrade 1 Zeitstunde beträgt, so daß der,
welcher 15 o (eircs 225 deutsche Meilen) östlich von uns wohnt,
1 Uhr hat, während es bei uns 12 Uhr ist; wer dagegen eben
soweit westlich von uns wohnt, dessen Uhr zeigt um dieselbe Zeit,
wenn sie richng geht, 11 Uhr. Wenden wir nun dies auf die
Entfernung von Irland und Neufundland an, welche Punkte
das Telegraphen-Tau bekanntlich verbindet. Irland hat «nwa
10 0 östlicher Länge, Neufundland 40 o westlicher Länge, dies
macht einen Unterschied von 50 Graden, dem ein Zeitunterschied
von etwas über 3 Stunden entspricht- Ist es deßhalb in Irland
früh 6 Uhr, so ist in Neufundland zu derselben Zeit erst Nachts
3 Uhr, 9 Uhr in Irland entspricht 6 Uhr in Neufundland w.
Wenn also ein telegraphisches Signal Mittags 12 Uhr von
Irland abgeht, so wird, da wir annehmen können, daß der gal-
vanische Strom fast in demselben Augenblicke das Ende des
Taueö erreicht, in welchem er in den Anfang eintritt, (denn der
galvanische Strom durchläuft in 1 Seeunde ungefähr 60,000
Meilen) das Signal in Neufundland ankommen, wenn die
Uhren 9 Uhr Vormittags zeigen. Man lasse sich nicht dadurch
tauschen, daß in Amerika die Nachrichten früher sein sollen, als
bei uns, von wo sie auSgehen, sie sind in Wirklichkeit nicht
früher da, sondern nur ein Unbedeutendes spater, da aber die
amerikanische Zeit hinter unserer zurück ist, jo entsteht diese auf-
fallende Erscheinung. Was will man dazu sagen? Wenn die
Telegraphendräthe erst bis Californien reichen, so wird man das,
was'z B. 1. Sept, gegen Abends bei uns sich ereignet, den 1.
Sept Morgens beim Kafsttische schon in St. Franzisko wissen
können. Der Telegraph überfliegt die Sonne bei ihrem Ritt um
die Welt.
/X Mannheim, 9. Sept. In den Tagen der auseinander-
gehenden Interessen ist ein familiäres Zusammenwirken zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer an und für sich schon eine be-
achtenswerthe Erscheinung. Der vermittelnde Werth zwischen
Kapital und Arbeit wird je nachdem noch erhöht durch seine po-
litische Ausdrucksweise. Der besorgte Fabrikherr bildet und bessert
seine Arbeiter zu ihrem eigenen Besten dadurch, daß er ihnen in
der Besserung selbst zugleich den Lohn versinnbildlichen läßt.
Einem solchen Feste wohnten wir heute in der Fabrik der Herren
Gebrüder Morgentbau dahier bei- Um mit dem lobenswerthen
Bestreben, die zahlreichen Arbeiter ihrer Fabriken zur möglichsten
Stufe der Menschenwürde zu führen, auch zugleich deren politische
Stellung im Staatsleben zu befestigen, werden dieselben von jetzt
an jeweils an den Gcburtsfesten II. KK. HH. des Großher-
zogs und der Großherzogin anregende Fabrikfeste mit PreiSver-
theilungen an die Besten ihrer Arbeiter und Arbeiterinnen ver-
' ansialten. Am heutigen Allerhöchsten Geburtsfeste unseres Lan-
desherrn begann der Anfang dieser ehrenwerthen Stiftung.
Unter den 70 Arbeitern der hiesigen Fabrik wurden die 27 preis-
würdigsten herausgewählt. Sittliches Betragen, Fleiß und Ar-
beitstreue sind die Grundbedingungen, um zur Zahl dieser Preis-
würdigen zu gelangen. Diese 27 besten Arbeiter loosten um die
j Preise, welche je in 10 neuen badischen Guldenstücken bestanden.
Da immer der Dritte einen Preis gewann, so wurden heute
also im Ganzen 70 fl. ausgetheilt. Für die übrigen Arbeiter
und Arbeiterinnen reiht sich an diese Preisaustheilung ein fest-
licher Tag. Am Geburtsfelle I. K- H. der Großherzogin <3.
Dezember) erhalten dann die besten der Arbeiterinnen gleiche
 
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