Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI chapter:
Nr. 1 – Nr. 27 (1. Januar – 31. Januar)
DOI chapter:
Nr. 19
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0083

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
i^A»/ SSSZSSIH» LZSII 8 ^/D «8 LI 8 SI s 8
MM»UA«W«MWMM Z 8 K M A W W U W M M U U R U A
M MM Rv MM D/ M G G-MM d" D-'M" G G i HM G H»M W»
L s.^?

Nr. IS.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterhaltungs-Blatte
vierteljährlich s^t kr.

Freitag, 22. Januar.

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" nnd dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit 'S kr.

1858.

* Mannheim, 21. Ian. Heute Nachmittag kam der Dritte
und jedenfalls frechste Fall des Zopfabschneidens in hiesiger Stadt
vor. Am Hellen lichten Tage, um 2 Uhr, unter dem Kaufhause,
und fast vor der Thüre des Amthauscs, wurde einem etwa 17-
jährigen Mädchen der Zopf abgeschnitten. Das arme Opfer
dieses boshaften Bubenstückes war weder betäubt, noch wußte sie
selbst, daß ihr der Zopf abgeschnitten; erst hinter ihr Gehende
mußten sie darauf aufmerksam macken. Möchte es endlich ein-
mal gelingen, dieser infamen Störung der öffentlichen Sicherheit
zu steuern.
* Mannheim, 21. Jan. Der in seiner Gründung be-
griffene „Rekrutenverein" erregt hier und auswärts eilte gebüh-
rende Aufmerksamkeit. Diese wohlthuende Theilnahme ist ein
sprechender Beweis für die Wichtigkeit der Sache. Es liegt in
der Natur des in seiner Gründung begriffenen Vereins, daß die
Satzungen desselben nach allen Seiten reiflich durchsprochen wer-
den. Drei Versammlungen sind lebendige Beweise dafür. Daß
aber in Folge der vielfachen Besprechungen außerhalb der Ver-
sammlungen Wahres sich mit Unwahrem paart, ist leicht erklär-
lich. So ist es z. B. nicht wahr, daß in der berathenden Ver-
sammlung vom 19. Januar ein Antrag eingebracht und an-
genommen wurde, „welcher der Sache eine andere Wendung und
Lage gibt." Es wurde vielmehr nur eine Frage eingebracht und
angenommen, ob es nicht besser sei, den Verein in streng geschie-
denen Jahresvereinen mit eigener unentgeldlicher Verwaltung zu
gründen. Mit der Annahme dieser Frage ist weiter nichts ange-
nommen, als die Zweckmäßigkeit derselben zu untersuchen. Da
aber die' strenge Verwirklichung dieser Frage nicht zu erwarten
steht, so ist die gegründetste Hoffnung gegeben, daß die Vorlage
des einleitenden Comite's mit zweckentsprechenden Veränderungen
zum Heil aller Betheiligten in Fleisch und Blut übergehen werde.
* Aus Baden. Das 11. Bulletin vom 20. Januar über
das Befinden Seiner Königl. Hoheit des Großherzogs Ludwig
lautet: Der gestern Nachmittag gemeldete Zustand war im We-
sentlichen sich gleich geblieben, bis diesen Morgen nach abermals
schlafloser Nacht ein nicht unbedeutender Schwächeanfall eintrat,
der jetzt nur theilweise gehoben ist. — Der „badische Alterthums-
verein" wird im kommenden Frühjahre zu Karlsruhe eine
Generalversammlung halten.
München, 19. Jan. Unsere Künstler werden auch diesen
Karneval wieder ein großes Maskenfest veranstalten, und wird
dasselbe am 13. Febr. im k. Odeon stattfinden; man will uns
diesmal ein italienisches Fest vorsühren. Der Carneval ist über-
haupt ziemlich lebhaft, wenigstens ist die Zahl der Bälle, die fast
täglich jetzt stattfinden, eine sehr große. Morgen wird in der k.
Residenz ein Kammerball stattfinden, dem dann noch zwei weitere
Bälle folgen werden. (A. Z.)
Murrhardt, 14. Jan. Gestern wurde die älteste Frau
unserer Gemeinde, eine Bäuerin vou Schloßhof, in einem Alter
von 90 Jahren, begraben. Sie war die Stammmutter von 170
Nachkommen, nämlich 9 Kindern, 60 Enkeln, gegen 100 Urenkeln
und 2 Urureukeln, welche zum größten Thcil noch am Leben sind.
Dieselbe lebte 42 Jahre in der Ehe, war 30 Jahre Wittwe, er-
freute sich stets einer guten Gesundheit, mußte aber seit 24 Jahren
im Zustande der Blindheit zubringcn. (Schw. Merk.)
* Ravensburg, 18. Jan. Gestern Abend in der Däm-
merung wurde einem.Mädchen von 13 Jahren, als es von der
Industrieschule um 6 Uhr heimging, der Zopf abgeschnitten. Weib-
liche Dienstboten wollen nun Abends nicht mehr ohne männliche
Begleitung aus dem Hause.
* Worms, 19. Jan. Die hiesige Zeitung enthält einen Er-
laß des gr. Kreisamtes an die Bürgermeistereien des Kreises,
wornach einzelne vormalige Soldaten die von dem Kaiser der
Franzosen gestiftete „Helena-Medaille" tragen. Da kein Ange-
höriger des Großherzogthums berechtigt ist, ohne vorher erlangte

Genehmigung ausländische Orden und Ehrenzeichen anzunehmen
und zu tragen, so fordern wir Sie in Gemäßheit einer vorliegen-
den Verfügung gr. Ministeriums deS Innern zum baldigen Be-
richt darüber auf, ob und welche vormalige Soldaten in ihren
Gemeinden jene Medaille unbefugt tragen.
* Coburg. Hier hat einTheil der weiblichen Bevölkerung
kurze Zeit in großer Angst gelebt. Plakate an den Häusern von
unbekannter Hand machten auf die bevorstehende Ankunft des
„Zopfabschneiders" aus Nürnberg und die neu erfundenen Draht-
häubchen als Zopfbewahrungsmittel aufmerksam. Doch war's nur
ein schlechter Spaß.
* Görz, im Jan. Den dasigen Protestanten ist die freie
Ausübung ihres Cultus gestattet worden; der Bau eines Bet-
hauses oder einer Kirche bedarf einer weitern speziellen Genehmi-
gung. Im ganzen Görzer Kreise leben 113 Protestanten; einen
Thei! dieser kleinen Anzahl bilden die Glieder der Familie Ritter,
den Rest Arbeiter in den Fabriken derselben.
* Hamburg, 15. Jan. Wie bedeutend hier die Aufspei-
cherung der Produkte gewesen zum Zweck der Aufschraubung der
Preise, geht u. A. daraus hervor, daß gegenwärtig gegen 34
Millionen Pfund Kaffee hier lagern; das ist mehr als das Dop-
pelte der gewöhnlichen Vorräthe.
Wien, 17. Jan. Der Leichnam des Feldmarschalls Ra-
detzky ist heute Nachmittag um 4^ Uhr im Südbahnhof angelangt,
und, geführt vom Kaiser selbst, sofort auf einem Leichenwagen
in das Arsenal gebracht worden.
* Am 12. d. M. verspürte man in der Umgebung von
Klagenfurt zwei kleine Erderschütterungen. Die erste wurde
Nachmittags um 4 Uhr bemerkbar, die zweite Abends halb zehn
Uhr. Beide waren viel schwächer, als das Erdbeben in der
Christnacht, hatten jedoch die gleiche Richtung, d. h. von Südwest
nach Nordost.
Die Turiner „Opinione" spricht nun ebenfalls von Ge-
rüchten über eine „aufrührerische Bewegung", die in Ancona
ausgcbrochen sei und mit dem Attentate vom 14. Jan. in Ver-
bindung stehen soll. (F. I.)
Bern, 20. Jan. Der Bundesrath verlangt von der Gen-
fer Regierung strenge Untersuchung über die Aufführung und
H.rltung der in Genf lebenden italienischen Flüchtlinge während
der letzten Zeit. ' (A. Z.)
Aus Paris schreibt man der „Neuen Preußischen Zeitung"
über den verhafteten Meuchelmörder Pierri: „Er war bis zum
Jahr 1848 Mützenfabrikaut in Rom. Beim Ausbruche der Re-
volution warf er sich in die Bewegung, kam dann nach Paris,
von wo er bald darauf in die Legion eintrat, welche hier formirt
wurde und unter der Anführung des „Generals" Antonini nach
der Lombardei zog. In Mailand trennte sich der „Major"
Pierri von dem „General" Antonini und schloß sich der revolu-
tionären Bande des „General" d'Apiel in Toskana an. Nach-
dem die Revolution niedergeschlagen war, kehrte Picrri nach Pa-
ris zurück, wo er im Jahre 1852 ausgewiesen wurde."
Paris, 18. Jan. Die Untersuchung der Verschwörung
wird am 1. Febr. beginnen. Ebene d'Est-Ange wird dieselbe lei-
ten. — Nach der „Jndependance" wurden die Verschwornen seit
lange überwacht, sogar von der neuen Art Handgranaten soll
ein Eremplar lange vorher dem Kaiser vorgelegt und von ihm
untersucht worden sein. Die Verschwornen selbst sollen die Ver-
suche mit ihnen in einem Wald unweit London (?) anqestcllt
Haden- — Die Regierung wird bestimmt die Ausweisung Mazzi-
ni's nach Amerika fordern. — Nach dem „Nord" sollen Vie
. Bomben, welche gelegentlich der Reise L- Napoleons nach Belgien
bei dem damals beabsichtigten Attentat gefunden wurden, den jetzt
angewendeten Handgranaten gleichen. — Paris ist wie durch
einen Donnerschiag aufgeweckt worden durch die Nachricht eines
Attentats auf den Kaiser und die Kaiserin, welcher wie die Er-
 
Annotationen