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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 285 – Nr. 310 (1. Dezember – 31. Dezember)
DOI Kapitel:
Nr. 295
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er. LS3

Erscheint, Momaqs ausqeuorn-
merr, täqUck Morgens in 1800
Exenipl. uad koket mit dem Unter-
halürngSblarte otertetjährl. L 6.

S nntag,

1838

Auzetgc« werden iu dem
Helmer Anzeiger" und dem tägli-
„Dtraßenplakat" zusammen
die gewöhul.Zeitr berechn, mit 'Z kr.

Der Einklnß -es Theaters aus die Jugend.
(Schluß.)
Der geringste Theil fraglichen Instituts umfew. die erste
Epoche des Lebens; die Stücke bewegen sich in den drei folgen-
den. Das beste elastische Produkt stellt die Erfahrungen der
Erscheinungswelt mit Licht und Schatten, gestützt auf eine der
herrschenden philosophischen Richtungen als Resultat von vielem,
angestrengtem Denken hin, so daß man oft älteren Leuten, welche
einem solchen Stück anwohnen auf der Stirne lesen kann:
„Mir wirk von alle dem so dumm.
Als ging' mir ein Mühlrad im Kopf herum. '
Das Kind kommt zu keinem Zusammenhang, das Ganze
liegt außerhalb seinem Lebensalter. Einzelnes faßt es hastig auf,
was Bewegungen, Mienen u. s. w. sind, welche anfangs die
Augen Niederschlagen und Schamröthe Hervorrufen, später aber
den frechen Blick erzeugen: Vom Drama sieht es den Mord,
die Vergiftung, das Duell, kurz alle Greuelthaten- Vom Lust-
spiel erhascht es das Küssen u. s w. , und davon träumt es so
lebhaft, daß oft das Mitschlafende noch ein Nachspiel ergötzt
Unsere Polizei wird in der Ausübung ihres Dienstes als
weislich gepriesen, wenn sie die Kinder vom Schlachthaus, w o
nur Thiere getödtet werden, entfernt. Die schöne Moral,
eine praktische Lebensauffassung aus einem Stücke mitzunehmen,
ist dem Kinde unmöglich, es begafft das Ganze und behält das
Schlechteste. Das Herz desselben wird unnatürlich, sein Geist
überspannt, das Glück stiebt.
„Die Kinder bilden ihr Gehör musikalisch, sie sehen, wie
man sich zu benehmen hat, sie sehen, wie es den Spitzbuben
geht."
Das ist wahr, aber, daß sie schon im Lenze des Lebens die
Schamröthe verlieren, wiegt dies Alles nicht auf, weil ein gro-
ßer Theil ihrer Poesie eines künftigen Lebensalters zu Grabe
geht. Und warum soll das schuldlose Herz schon die Spitzbuben-
kniffe kennen lernen, die Schelmen enthaupten und die Leidenschaft
toben sehen? Lasset ihm seine harmlose Freude und sein kindlich
Leid, das es tragen muß, wenn es in seinem Kreise Unrecht Lhut.
Wird dem Kind, was für sein Alter paße, gegeben, so behält eS
seine ungetrübte Natürlichkeit — gleichgültig, ob sein Kuir etwas
gelenkiger oder steifer — es werden keine Gefühle wach, die nach
physischen Gesetzen erst später sieh zeigen dürfen, und seilt An-
schauungskreis bekommt eine solide Grundlage.
ES ist eine unglückselige Idee, welche glaubt, was für die
Men gut ist, müsse auch den Zungen dienlich sein: die Alten er-
hält das Fleisch gesund — den Säugling aber nur die Milch,
so auch auf geistigem Gebiet.
Das Theater kann keine gediegenen Charaktere machen, aber
solche stärken und ermuntern, Altsichten reinigen und Irrthümer
beleuchten; aber um dazu fähig zu jein, muß, nebst Schule, we-
nigstens ein Theil der zweiten Lebensperiode der Vergangenheit
angehören. " ' '
Zur wahren Bildung gibt es keinen andern Weg, als den
der genauen Auffassung der einzelnen Gegenstände und ihrer
Verhältnisse, Classifieiruug dieser, was am Ende dem Menschen
- vom Ganzen eine Vogelansicht gewahrt, und ihn über den
Schein erhebt. Gutes Benelumu läßt sich nicht ablernen. es
kommt von Junen: „Anmuth ist die Blüthe edler Seelen."
T Lum deutschen Münzwesen.
Mannheim, 10 Dez Die in der Nummer 282 in An-
regung gebrachten Bedenken, insbesondere die Klage über schon
jetzt bemerkbaren Mangel an kleinen Münzsorten, sind allerdings

gegründet: aber der zugleich ausgesprochene Wunsch, es sollten
neben Einziehung der alten Scheidemünzen noch immer Sechs-
und Dreikreuzerstücke geprägt werden, entbehrte trotzdem jeden
Halts. Die Scheidemünze paßt ein für alle Male nicht in das
System der Thaler und der damit in Einklang stehenden Fran-
kenrechnung
Waö aber die neue, an Stelle der bisherigen Scheide-
münze zu schaffende Münze betrifft, so erregt immerhin ei',le Aus-
stückelung des Thalers in nur 100 Tbeile das Bedenken, daß
die dabei resultirende kleinste Münze gegenüber den Forderungen
des Kteinverkehrs noch immer zu groß, nämlich größer als unser
jetziger Kreuzer wäre. Ist nun auf der anderen Seite der fran-
zösische Centime ebenso, wie der preußische Pfennig als niederste
Münzeinheit zu klein, so scheint die neue österreichische Währung
einen richtigeren Maaßstaab zu bieten. Der neue österreichische
Gulden von ! st. 10 kr- rheinisch — preußische Thaler — 2^
Franken bietet nämlich bei der Theilung in 100 Neukreuzer
eine Scheidemünze, die etwa süddeutsche Kreuzer an Werth hat
also zwischen Centimes und Kreuzern eine vermittlende Stelle
cinnimmt, und den großen Vorzug hat, daß die Berechnung der
Neukreuzer mit den Centimes in Rapport steht, indem 100
Neukrcuzer 250 Centünes sind. Mit dieser Einheit für die
Scheidemünze wäre denn auch die richtige Einheit für die grobe
Münze auf Grundlage des Dezimalsystems gefunden, wenn der
neue österreichi che Gulden als Münzeinheit behandelt wird und
kl Guldenstücke (der jetzige Thaler) und 3 Guldenstücke (der
jetzige Doppelthaler) mit !50 resp. 300 Neurreuzern die näch-
sten Münzstufen bildeten. Jedenfalls aber sollten di- dabei in-
teressirten Negierungen recht bald die definitive Entscheidung die-
ser Fragen herbeiführen.
Dritte Hnuptucrsammluug -es Gewerd-Vereins.
Mannheim, 11. Dez. Unter zahlreicher Betheiligung
fand dieselbe gestern Abend statt Der Herr Vorsihende er-
öffnete die Versammlung mit der schönen erfreuenden Mittheilung,
daß der Vorstand den Herrn Professor C. Rapp einstimmig
zum Ehrenmitgliede des Vereins ernannt habe. Die nächste
Mittheilung betraf die Angelegenheit der Gewerbschule, resp. die
Beschwerde mehrerer Meister über Rückhaltung oder erschwertes
Erkangen von Schulentlassungszeugnissen der Lehrlinge. Ueber
dieses Verhältniß wurden auch einige Artikel in dielen Blättern
niedergelegt und der Vorstand des Gewerbevereins, von einer
frühern Hauptversammlung beauftragt, wendete sich an die In-
spektion der Großh. Gewerbschule. Der Herr Vorsitzende theilte
nun in gestriger Versammlung das eingelaufene Schreiben von
Großh. Inspektion der Gewerbschule an den Gewerbeverein mit.
Dieselbe dankt für das Vertrauen des Vereiusvorstandes, daß
derselbe erwarte, die Schulinspektion werde die Anliegen der
Meister mit den Anforderungen der Schule möglichst zu versöhnen
bemüht sein und spricht sich' dahin aus, daß das einzige Be-
dingniß zur Erreichung eines schönen Verhältnisses darin bestehe,
daß die Lehrmeister das Beispiel des Gewerbvereins-Vorstandes
nachahmten — und sich vertrauensvoll an die Inspektion wen-
den, wenn sie einen Wunsch oder ein Verlangen haben. Daß
sich dieselben selbst iuformirten, aus welchen Gründen ihren Lehr-
lingen daS Eutlassungszeugniß verweigert werden müsse, und
aus welchen, Wege dieselben am besten und schnellsten das Ver-
säumte nachholen könnten. Nach einer Hinweisung auf einzelne
Fälle und das Verhältniß, daß es einem Lehrlinge möglich ge-
macht werde, mit einen, Minimum gmen Willens und guten
Eifers die unangenehmen Folgen mehrjährigen schlechten Willens
aufzuheben und abzuwenden; geht das Schreiben zur Besprechung
 
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