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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 285 – Nr. 310 (1. Dezember – 31. Dezember)
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Nr. 299
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1838

Erscheint, Montag« anSg-uom- Anzeigen werden in dem „Mann-
Ml* SYtt men. täglich Morgen« tu 18W 17 Dttembev Heimer Anzeiger" und dem täglt-
LNN. Gxempl. und kostet mit dem Unter- O cheu „Straßenplakat" zusammen
haltuvgsblatte vierteljährl. 1 st. die gewöhul.Zetlr berechn, mitSkr.

Neber die Heizung -er Kirchen.
Es ist ein Uebelstand, welcher in religiöser und sittlicher
Hinsicht höchst nachtheilig wirkt, daß im Winter in unzählichen
Kirchen in den Dörfern und in den kleineren Städten während
des Gottesdienstes nicht eingeheizt wird. Es ist natürlich, bei
einer Kälte, welche unter dem Gefrierpunkte steht und bei welcher
der Körper fast ununterbrochen zittert, ist selten eine wahre Er-
hebung zu dem Göttlichen und Himmlischen möglich, und die Er-
bauung und Andacht wird in einem hohen Grade gehindert. Es
bemächtigt sich unwillkürlich der Kirchenbesucher der Wunsch, daß
der Gottesdienst bald ein Ende nehmen möge und sie sind froh,
wenn derselbe wirklich ein Ende erreicht hat. Diesem Uebelstande
könnte leicht abgeholfen werden. Es ist die Heizung der Kirchen
im Verhältniß zu den Kirchenbefuchern mit unbedeutenden Kosten ver-
bunden, und kommt an einem Sonntage für die einzelne Person
höchst wahrscheinlich nur auf Lin Paar Pfennige zu stehen- Wer
möchte aber, namentlich in Städten nicht gern einige Pfennige
ausgeben, um der Nothwendigkeit, ein bis zwei Stunden lang
in der größten Unbehaglichkeit zu frieren, überhoben zu sein? Wie
Viele werden durch die Kälte von dem Besuche des Gottesdienstes
abgehalten und nicht wenige ziehen sich durch den Besuch dessel-
ben bei unfreundlicher Witterung Krankheiten zu. Daher ist im
Interesse der Religion und Sittlichkeit dringend zu wünschen, daß
in den Kirchen du Heizung eingesührt werde- Die Kosten der
ersten Einrichtung können durch freiwillige Beiträge beschafft wer-
den, und wenn dieses nicht thunlich sein sollte, so müßte die Kir-
chenkasse eintreten. In Nordamerika ist die Kirchenheizung selbst
bei den ercentrischen, fanatischen Sekten der Methodisten, Bapti-
sten u. s. w. eingeführt, obwohl Anfangs von einzelnen Gliedern
derselben entgegnet wurde, daß man zur Ehre des Herrn auch
frieren und zittern müsse und jetzt hat diese Sitte allgemeinen
Beifall und Eingang gefunden.

Das germanische Museum
erhielt bekanntlich die Karthause in Nürnberg durch Kaufvertrag
unentgeldlich in Eigenthum. Um die Räume derselben zu ihren Zwecken
herzurichten, erläßt der Vorstand folgende BitteZan das deutsche Pub-
likum: „Die nunmehr dem germanischen Museum als Eigen-
thum übergebene Kirche der Karthause soll im Innern zur Auf-
nahme größerer Kunst- und Alterthumsgegenstände hergestellt wer-
den, wozu nach genauer Berechnung die Summe von 3000 fl.
rhein. oder 1714 Thalern erforderlich ist- Wenn auch im Ver-
hältniß zur Sache ein solcher Betrag nicht sehr hoch erscheint, so
würde doch diese besondere Ausgabe vom jährlichen Etat des Mu-
seums nicht ohne wesentliche Störung der Fortentwickelung der
ganzen Anstalt bestritten werden können. Andererseits aber
würde ein längerer Aufschub der Herstellung eines eben so schönen
als dringend nöthigen Lokals sür das Museum von unberechen-
barem Nachtheil sein und von jedem wahren Freunde unseres
vaterländischen Unternehmens gewiß beklagt werden müssen. Kühn
gemacht durch die stets wachsende Theilnahme an demselben, durch
welche allein die bisherigen schönen Erfolge nurznöglich waren,
hat es der Vorstand übernommen, sogleich nach Ueber-
nahme der Kirche Hand an deren Restauration legen zu lassen,
die im geschlossenen Raume auch während des Winters fortgesetzt
werden kann, um bis zum nächsten Sommer vollendet zu sein.
Er wendet sich nun vertraunngsvoll an das deutsche Volk milder
Bitte, ihm Heizustehen mit größeren oder kleineren Gaben, für
deren Einsammlung sich gewiß auch außer den ordentlichen bevoll-
mächtigten Agenten des germanischen Museums noch Männer fin-
den werden, die ein Herz für unsere gute Sache haben, damit

alsbald ein sichtbarer Tempel deutscher Ehre und geistiger Einheit,
der ein wahres Gesammteigenthum der ganzen Nation ist, dersel-
ben würdig dastehe; ja, er verspricht auch, jeden allenfallsigen
Ueberschuß der Gaben nur zu dessen Verherrlichung zu verwen-
den und — wie sich versteht — öffentliche Rechenschaft abzule-
gen. Die Namen der Wohlthäter selbst sollen in der Kirche
durch eine Gedenktafel der Nachwelt aufbehalten bleiben. Möch-
ten deren recht Viele sein, die erkennen, daß es sich hier um et-
was Höheres handle, als um ein bloßes Gebäude aus Stein
und Holz!"

* Wie bereits mitgetheilt, feiert Hr- Hoftheaterdirektor Devrient
in Karlsruhe sein 40jähriges Jubiläum seiner theatralischen
Laufbahn. Das gesammte Personal des Hoftheaterö bereitet so
eben das Fest und die Festgabe vor. Hr. Devrient ist am 11.
August 1801 in Berlin geboren, und betrat schon im 18. Le-
bensjahre die Bühne, zuerst als Opernsänger, dann als Schau-
spieler. Seit 1832 wirkt er auch als dramatischer Schriftsteller.
Bereits ist ein Festkomite vom gejammten Theaterpersonale ge-
wählt worden, bestehend aus den Herren Hofschauspieler Fischer,
Rudolph, Hrfkapellmeister Strauß, Hofsänger Schnorr und
Brulliot, Musikdirektor Kalliwoda und Mauch, als Vertreter des
Chors.
* Nach dem „Karlsruher Anzeiger" sind Hdie Medaillen,
welche die badischen Bürgermeister künftighin als Zeichen ihrer
Würde an einer silbernen Kette tragen sollen, vollendet, und
ausgezeichnet schön ausgefallen, insbesondere ist das Bildniß Sr.
K- Hoh. des Großherzogs' sehr wohlgetroffen.
* Die Gr. badischen Hofmaler Theodor Dietz, und A. v.
Bayer, erhielten in Folge der letzten Münchener Kunstausstellung
von Sr. Majestät dem Könige Mar das Ritter-Kreuz vom hl.
Michael.
Pforzheim, 12. Dez. Die Aufregung die hier wegen
des neuen Kirchenbuches herrscht, dürfte kaum geringer als in der
Pfalz sein. In der neuesten Nummer des hiesigen Lokalblattes
widerlegt die städtische Behörde das durch einige Blätter gegan-
gene Gerücht, daß sie sür die neue Agende in die Schranke ge-
treten. sei, ganz entschieden, und spricht die Ueberzeugung dahin
aus, daß ein Versuch, eine Adresse im angedeuteten Sinn zu
Stande zu bringen, nur Zwiespalt und Unfrieden unter der hie-
sigen Einwohnerschaft zu Folge haben werde. Doch soll, wie
verlautet, eine solche Adresse, wirklich im Umlauf sein. Bei der
hier herrschenden Stimmung dürfte dieselbe aber nur geringen
Anklang finden. Allgemein hört man es bedauern, daß unsere
badischen Blätter zur Aufklärung der Sachlage, die doch Vielen so
erwünscht und nothwendig wäre, nicht beitragen, sondern über
die Agendenfrage Stillschweigen beobachten. (Sch. M.)
Dr. Schewe, der Hauptträger der Phrenologie in Deutsch-
land, hat durch Wort und That in Freiburg einen außeror-
dentlichen Anhang für seine Lehre gefunden.
Nürnberg, 13. Dez. Nun hat auch, gleich wie in
Württemberg und Bayern, auf Antrag der Stände die badische
Staatskasse dem Germanischen Museum einen jährlichen Zuschuß
von 250 fl. gewährt, laut allerhöchster Genehmigung des Groß-
herzogs vom 2. d- M- Ferner hat Fürst Canull von Rohan,
Herzog von Montbazon und Bouillon, zu Prag, dem Germani-
schen Museum einen Beitrag von tOO fl. C -M. gegeben (N-C-)
* Am 12. Dezember verstarb in München der bekannte
Hvfklavierfabrikant Aloys Biber, einer der. ersten Industriel-
len des Landes und eben so geschätzt und geliebt als Bürger.
Nach seiner eigenen Bestimmung soll bei seinem Traueramte
Mozart's herrliches Requiem aufgeführt werden. — Die groß-
artigen Geschäftsanlagen erleiden keine Unterbrechung. Die Lei-
 
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