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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 78 – Nr. 102 (1. April – 30. April)
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Erscheint, Montags ausgenom- . Anzeigen werden im „Mannhei-
Nr. 83. Dienstag, Ltt April 1858.
vierteljährlich ST kr.^ net mit S kr.

* Mannheim, 19. April. Die schönen Tage des April
leiten den kommenden Wonnemonat vielversprechend ein. Ueberall
werden die letzten Spuren des Winters wcggescheuert, um die
erwarteten freundlichen Tage selbst nicht durch die Erinnerung
an vergangene unfreundliche zu verdüstern. Während das heitere
Grün bereits Feld und Garten schmückt und ins Freie lockt, sind
die Besitzer unserer großen Bierkeller eifrig bemüht, auch ihre Lo-
kalitäten durch Verschönerung und Vergrößerung einladend her-
zurichten. Wahrend der Bockkeller durch Ueberbrückuug der
Einfahrt vergrößert und mit dem daranstoßenden Langhause zur
Aufnahme von Gästen eingerichtet wurde, erhält der Löwen-
keller eine weitere großartige Trinkhalle, reichlich 100 Fuß
lang und 56 Fuß tief. Unter dieser Halle befindet sich im ersten
Raume ein Faßlager und unter diesem ein entsprechender geräu-
miger Malzkcller.
* Mannheim, 19. April. Die Tragweite der jetzigen
Feuerwaffen machen auf allen militärischen Schießplätzen vorsorg-
liche Veränderungen nothwendig. Auch der hiesige Militärschieß-
Platz am sogenannten weißen Sande wird zur Sicherung der
Arbeiter auf den anstoßenden Feldern, besonders aber wegen des
weiten Reichens der Gewehre unserer Infanterie, mit einem 900
Fuß langen Watte versehen, welcher 20 Fuß Höhe hat. Mit
Einrechnung des Taluts wird der Wall eine Höhe von 37 Fuß
erhalten- Die Erdarbeiten sollen sofort durch eine stacke Abthei-
lung dazu kommandirter Pionniere in Angriff genommen werden.
* Mannheim, 19. April. Während dieser Tage an der
Neckarspitze einer der vier ertrunkenen Matrosen gesunden wurde,
forderte der Rhein am letzten Freitag ein neues Opfer. Das
Gangbord, welches die im Kanal vor dem Hafeneingang liegen-
den, der Mannheimer Dampffchleppschifffahrtsgesellschaft gehören-
den Schlepper Nr- 3 und 4 verband, fiel gerade in dem Augen-
blicke in den Rhein, als der Schiffszimmermann mit einem Korbe
Kohlen auf dem Rücken sich darüber begeben wollte. Der Un-
glückliche fand leider, trotz aller Rettungsversuche, seinen Tod in
den Wellen.
* Mannheim, 19. April. Herr Rath Wiedtemann ist
nun definitiv als Mitglied aus dem Comite des Gr. Hosthea-
ters ausgetreten. An seiner Stelle trat Herr Kaufmann Rum-
pel in das Comite ein. — Die Funktionen des seitherigen Ober-
regisseurs Herrn Barthels gehen an Herrn Wolff aus Prag
über. Herr Barthels geht wieder nach Wien zurück. — Fräu-
lein Albert ist durch das Gr. Hoftheater-Comite auf's neue
engagirt worden. — Nächsten Sonntag soll Meyerbeer's „Nord-
stern" zur Aufführung kommen.
X M.annheim, 19. April. Der neue Theil des christlichen
Friedhofes wird bereits geebnet und soll mit der zweckdienlichen
Anlage desselben unverzüglich begonnen werden, da derselbe schon
bis Neujahr seiner Bestimmung übergeben werden dürfte. Was
den ältern Theil des Friedhofes betrifft, so sind auf solchem eine
Menge schöner Grabmonumente. Allein die Zierde anderer Fried-
höfe, nämlich historische Monumente, sind sehr spärlich. Das
einzige Grabdenkmal Mannheims von mehr als lokalem Interesse
ist dem Publikum nicht immer zugänglich. Wir meinen das auf
dem ehemals lutherischen Kirchhose errichtete Grabdenkmal A. v.
Kotzebue's. Wir können hier den Wunsch nicht unterdrücken, es
möge sich auf dem neuen Friedhöfe ein Plätzchen zur Aufnahme
desselben finden. Mögen auch hierüber verschiedene Ansichten
herrschen, ein bedeutungsvolles Erinnerungszeichen bleibt es immer
und schon aus diesem Grunde ist es wünschenswerth, dasselbe der
Nachwelt zu erhalten, zumal sich jetzt bei der Vergrößerung des
Friedhofes leicht ein passendes Plätzchen finden ließe und anderer-
seits in nicht mehr gar langer Zeit die alten Kirchhöfe in der
Stadt eine andere Bestimmung erhalten werden.
* Mannheim, 19. April. Wenn wir einen am Sonntag
frühe hier stattgehabten Selbstmordversuch aus Rücksicht für eine

tiefbetrübte Familie ohne weitere Mittheilung übergehen, dürfen
wir die Männer nicht unerwähnt lassen, welche hier ihr eigenes
Leben an die Rettung eines sonst verlorenen wagten. Es sind
dies die Herren Philipp Bomätsch, Steuermann, und Joseph
Bender, Kanonier bei der 5. Batterie. Möge diesen Muthigen
der Lohn werden, der ihnen für diese und andere ähnliche Ret-
tungen gebührt.
* Mannheim, 20. April. Wenn wir nochmals auf das
heute Abend stattfinvende Abschieds-Concert des Oberregisseurs
Herrn Barthels zurückkommen, so geschieht dies, weil der Schei-
dende in seiner Stellung eigentlich weniger mit dem Publikum
verkehrte, und in Folge dessen auch demselben weniger bekannt ist.
Die Bedeutung der Stellung eines Regisseurs ist jedoch bei den
Theaterbesuchern zu bekannt, als daß'es nach dieser Seite hin
noch einer Erwähnung bedürfte. Um so mehr verdient das stille
Wirken des Herrn Barthels alle Anerkennung, als er seine Auf-
gabe treulich zu löjen suchte- Das Mannheimer Publikum ist
dankbar; durch zahlreichen Besuch seines Abschieds-Concertes
wird es seine Anerkennung für das Wirken des Herrn Barthels
bezeugen.
ff Mannheim, 19. April. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 17. — 19. April: 577 Personen.
* Aus Baden. Der von Brüssel unter Bedeckung von
badischen Gensdarmen „in erster Wagenclasse" nachKarl sruh e
Transportirte ist der Handlungscommiö Hölzlin, der Neffe des
flüchtig gewesenen Stiftungs-Verwalters Mietinger, dessen Ge-
hütfe beim Verbrechen deö Cassenraubs er. gewesen sein soll. —
Mit der Fallilmaffe des Banguierö Fries in Heidelberg steht
es nach dem „Schw. M." sehr schlecht; hiervon konnten sich die
Gläubiger am 15. April überzeugen, da eine Versammlung der-
selben ungeordnet war- Die Passiva betragen über eine Mil-
lion Gulden, die Aktiva sind verhältnißmäßig höchst unbedeutend.
Wenn einmal die Streitsache zu Ende gegangen sein wird, dann
wird nahezu Alles an Kosten aufgegangen sein und die Gläu-
biger ziehen leer ab- — Am 15. April wurde die regelmäßige
Sommerfahrt der Neckardampsschiffe zwischen Heilbronn und
Heidelberg eröffnet. — Am Brückenbau zu Waldshut wird
Tag und Nacht eifrig gearbeitet; zu sden Pfeilern sind schon
viele Piloten geschlagen, was bekanntlich eine der schwierigsten
Arbeiten ist. Auch "der Tunnel durch den Hügel nächst Cob-
lenz auf dem Schweizerboden ist schon gegen 130 Fuß durch-
gebrochen; mit dem aus dem Tunnel herausgeschafften Erdreich
wird der dahin führende Damm gebildet; der Tunnel wird 600
Fuß lang und führt nach Klingnau. Nach Anzeige der Baucom-
mission ist die Regierung von Aargau mit der Direktion der
Schweizerbahnen über die Anstände zwischen Waldshut und Brugg
im Reinen und es kann und wird nun der Bau der Bahn un-
gestört und eifrig fortgesetzt. Der Damm zwischen dem Tunnel
bis an die Rheinbrücke erhält 6 Bögen, um denselben gegen Be-
schädigung zu schützen, wenn der Rhein sehr groß wird. Da
Coblenz erst 1852 unter Wasser gesetzt wurde, ist dieses noth-
wendig.
* Am 16. April brach am Frankenthaler Krahnen ein
zum Versenden bestimmtes Stückfaß mit Haardtwein gefüllt in
der Mitte entzwei, wodurch der kostbare Inhalt bis auf etwa
2 Ohm verloren ging.
* Die Stenographie sott künftighin in Bayern einen obli-
gaten Lehrgegenstand bilden und demzufolge in allen Studien-
anstalten des Landes als solcher eingeführt werden.
* München hat nach der neuesten Zählung 132,112 Ein-
wohner, wovon 109,911 dem Civilstand und 22,201 dem Mi-
litärstande angehören.
* Bisher war es den Gewerbsleuten der drei vor einigen
Jahren mit München zu einer politischen Gemeinde vereinigten
Vorstädte Au, Haidhausen und Giesing nicht gestattet in der
 
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