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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 181 – Nr. 206 (1. August – 31. August)
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Nr. 199
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0855

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Alizcigcr.

Rr. ISS

Erscheint, MoutagS ausgenom-
men, täglich Morgens in 180«
Exempl. und kostet mit dem Unter-
haltungsblatte Vierteljahr!. L S kr.

Sonntag, 22 August

Anzeigen werden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem tägli-
chen „Straßenvlakat" zusammen
die gewöhnl.Zeile berechn, mit T kr.

1838.

/X Mannheim, 20. Aug. Ein Droschkenkutscher verliert I
seinen Passagier! Komisch aber wahr! Heute Morgen kam an
dem hiesigen badischen Eisenbahnhofe, dem Anschein nach von
Ludwigshafen, eine alte Chaise mit einem dicken Herrn besetzt,
angefahren. Als dieselbe schon ziemlich ihrem Bestimmungsorte
nahe, stand der korpulente Passagier vom Sitze auf, brach aber
mit dem Boden dieses alten Fuhrwerkes noch während des Fah-
rens durch, wahrend dem dasselbe glücklich über ihn hinweg ging.
Der Kutscher merkte nichts davon, hielt am Eingangsthore an,
sprang eifrig von seinem Bocke herab und öffnete in seiner ge-
schäftigen Dienstfertigkeit, den Hut ehrerbietig in der Hand hal-
tend, den Chaisenschlag. Verblüfft stand er beim Ausschauen, als
Niemand herausstieg und schlug verwundert die Hände über dem
Kopfe zusammen, als er jetzt seinen Passagier keuchend heran-
wanken sah, der ihn mit tausend Flüchen auf den verwünschten
durchbrochenen Boden aufmerksam machte.
* Mannheim, 22. August. Das von der Cavalleric-
Musik gestern Abend auf dem Löwenkeller gegebene Concert zum
Besten der Hinterlassenen des auf dem hiesigen Bahnhöfe verun-
glückten Sieber ertrug 65 fl. 39 kr. Im Namen dieser unglück-
lichen Familie danken wir dem Publikum, das sich trotz des un-
freundlichen Wetters einfand, um seine Liebesgabe darzubringen;
noch mehr danken wir der braven Cavalleriemusik und ihrem ge-
schätzten Kapellmeister Herrn Kimmicher für die Veranstaltung
und Ausführung dieses Concertes. Im Namen des Publikums
aber danken wir der wohlgeschulten Kapelle für ihre wirklich
vorzüglichen Leistungen, denen stets ein warmer Beifall aller
Kenner folgte.
* Aus Baden. Die „Karlsruher Zeitung" theilt mit,
daß II. KK. HH. der Großherzog und die Großherzogin am
20. August nach Frankfurt abreisten und daselbst übernachten
werden, um am 21. August, Abends, auf Schloß Babelsberg
einzutreffen. — Gleichzeitig bringt die „K Z " die offizielle Mit-
thellung von der Verlobung I. G- H. der Prinzessin Sophie,
ältesten Tochter S. G. H. des Herrn Markgrafen Wilhelm, mit
dem Prinzen Woldemar zur Lippe, ältestem Bruder des regieren-
den Fürsten zur Lippe, nebst der Einwilligung zu dieser Verbin-
dung von Seiten Sr. K. H. des Großherzogs, als dem Ober-
haupte des Großh. Hauses. — In den nächsten Tagen wird
der neue Gr. Galleriedirektor Lessing aus Düsseldorf in Karls-
ruhe eintreffen, um in seinen neuen Wirkungskreis zu treten.—
Am verflossenen Montage wurde in Wertheim durch das un-
geahnte Einstürzen einer Lehmgrube die mit Lehmtragen beschäf-
tigte einzige und brave Tochter armer hochbetagter und dazu noch
körperlich geschwächter Eltern verschüttet, so daß ein wahrschein-
liches Ersticken ihrem Leben augenblicklich ein Ende gemacht. Ein
Arbeiter daselbst erlitt einen Beinbruch, der jedoch wieder geheilt
werden dürfte unv andere noch mit Tragen beschäftigte Personen
wurden zum Glück von der stürzenden Lehmmasse nicht mehr er-
reicht. — Ein Concert des Männer-Gesangvereins von Kehl
zu Gunsten der Walldorfer ertrug 84 fl. 4 kr. — Die Frage
über den Verkauf der Liegenschaften des Klosters Rheinau ist
von der Regierung des Kantons Zürich nunmehr an den Bun-
desrath gebracht und dessen Einschreiten bei der großh. Regierung
nachgesucht worden. — Auf der Insel Mainau wird gegen-
wärtig im Schlosse für den jungen Erbgroßherzog ein Zimmer
gerade so her- und eingerichtet, wie das Zimmer im Schlosse zu
Karlsruhe ist, in welchem der junge Prinz gewöhnlich sich auf-
hält. Die Tapeten und Möbel sind ganz die gleichen.
* In Nürnberg sind bei dem Briefschalter der Postaustalt
von Sonntag Mittag bis Montag Mittag über 3700 fl. für
Briefmarken eingegangen und wurden diese mit 24ern be-
zahlt. Ein Fürther Geschäftsmann hat durch zwei Lehrjunqen
zwei Parthien mit 300 fl. und 200 fl. kaufen lassen.

Mainz, 20. August. Bei dem Concerte, welches der
Mainzer Männergesangverein am letzten Sonntag imSchneider-
schen Garten zu Zahlbach zum Besten der durch Überschwem-
mung Verunglückten in Glauchau veranstaltet hatte, betrug die
Einnahme 124 fl. 39 kr-, und wurde nach Abzug der ansehnli-
chen Kosten die runde Summe von 70 fl. an das UnterstützungS-
comite in Leipzig gestern abgesendet. (M- A)
* Aus Würtemberg. Die Finanz-Commission trägt dar-
auf an, die Ministergehalte definitiv zu regeln, und zwar so, daß
der Minister der auswärtigen Angelegenheiten jährlich 10,000 fl.
die übrigen Minister aber je 9000 fl. erhalten. Dagegen sollen
die 4 Pferdsrationen und die 56 Klafter Buchenholz wegfallen,
welche bisher ein Minister bezog. — Nach einem Kammer-Be-
schluß sind nun der Kriegsverwaltung die Mittel verwilligt wor-
den, um das schwarze Lederwerk bei der ganzen Infanterie durch-
zusühren.
* In Ludwigsburg hat sich ein Actienverein gebildet, der
die Stadt mit gutem Trinkwasser versehen will. Bereits sind
200 Actien, je zu 10 fl. das Stück, gezeichnet und die Bohrver-
suche werden sofort beginnen. Merkwürdig ist, daß Ludwigsburg
den ganzen Sommer über fast keinen Tropfen Regen sah, in
Folge dessen alle Brunnen ausgetrocknet sind.
* Aus Sachsen. In Folge neuer Gewitterregen ist die
Mulde an mehreren Stellen wieder ausgetreten.
* Berlin, 18. August. In Herrn Borsig's Maschinen-
fabrik wird dieser Tage die 1000. Locomotive vollendet, bei wel-
cher Gelegenheit den Arbeitern ein großes Fest gegeben wird.
Die Köln-Mmdeuer Eisenbahn ist im Besitze der Borsig'schen
Lokomotive Nr. 1, 50, 100 und 500 und hat auch die 1000.
acquirirt.
Berlin, 18. Aug. Alle Hauptzüge, welche das Thun und
Lassen der Königin von England bei ihrem hiesigen Aufenthalte
kundgeben, lassen sich in den Eindruck zusammenfassen. daß sie
sich hier immer mehr heimisch fühlt. Darin liegt, besonders bei
einer Engländerin, mehr, als alle Raisonnements ausdrücken
können. (Schw. M.)
Berlin Das Befinden Ludwig Rellstabs hat sich entschie-
den gebessert, so daß seine Genesung in Aussicht steht-«— Die
Diebstähle haben in der neuesten Zeit hier dergestalt überhand
genommen, daß im Laufe weniger Tage beim hiesigen Polizei-
präsidium einige 80 angemeldet worden sind- (Bert. Bl.)
* Köln, 17. August. Die Rheinische Eisenbahn ist nun-
mehr durch alle Instanzen verurtheilt worden, der Wittwe eines
Heizers, der im Jahr 1853 durch Zerspringen eines Dampfkessels
im Augenblick der Abfahrt sein Leben verlor, eine lebenslängliche
Pension von 12 Thalern monatlich auszuzahlen.
Wien, 17. Aug. Man spricht in unterrichteten Kreisen
davon, daß Frhr. v. Prokesch nicht mehr nach Konstantinopel zu-
rückkehren, sondern durch Frhrn. v. Koller dort ersetzt werden
dürfte. (A. Z.)
* Der Prinz v. Joinville, der vor einigen Tagen mit seinem
Schwager, dem Herzog vonKoburg, eine Rundreise in Ungarn
antrat, um die größeren Landwirthschaften in Augenschein zu
nehmen, war, wie das „B. P. H." berichtet, von der großar-
tigen Viehzucht auf den größeren Oekonomien Ungarns nicht
wenig überrascht.
Bern, 16. Aug. Zwischen Bern und Frankreich walten
einige Grenzanstände. Die beiderseitigen Commissarien konnten
sich nicht einigen. Auf Begehren der Regierung von Bern wird
daher Frankreich vom Bundesrath der Vorschlag zu Ernennung
eines Oberkommiffärs gemacht. (N. Z. Z.)
Bern, 17. August- Zu den vielen Vereinen der Schweiz
hat sich vorgestern noch der in Olten, dem großen Knotenpunkt
der Eisenbahnen in der Schweiz, neu gebildete Buchdruckerverein
 
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