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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 28 – Nr. 51 (1. Februar – 28. Februar)
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Nr. 51
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Nr. 81.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterbaltungs - Blatte
vierteljährlich LL kr.

Sonntag, 28. Februar

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit T kr.

1888.

" Der Mannheimer Rekruten-Verein.
i.
DaS Vereins- und Versicherungswesen schreitet naturgemäß
mit der Zeit. Tie Wohllhaten der Vereinigung krönen die
Wünsche deS Einzelnen mit Erfolg. Das Versicherungswesen
ist von seinem kaufmännischen Eitze unter die Masse herabgestie-
gen. Zm Leben des Volkes ist das Wesen der Versicherung in
Fleisch und Blut übergegangen.
Eine der wohlthätigsten Erscheinungen auf dem Felde der
Vereinigung Einzelner zu gemeinsamen Zwecken dürste in unserer
Stadt der sogenannte Rekrutenverein sein.
Unsere staatlichen Einrichtungen legen jedem Staatsangehö-
rigen nach zurückgelegtem 20. Lebensjahre die Pflicht aus, nach
gesetzlich geregelten Bestimmungen dem Staate zu dienen. Der
Militärstand ist ein ehrenwerther Stand, der in Kriegs-
zeiten die Ehre und Unabhängigkeit des Vaterlandes zu verthei- l
digen hat.
Im bürgerlichen Leben der Gesellschaft jedoch gibt es viel-
fache Beispiele, daß die angebahnte Eristenz eines zwanzigjährigen
Staatsbürgers durch Erfüllung der Militärpflicht oft aus'S stö-
rendste unterbrochen wird. Daher hat der Staat die weise Ver-
ordnung der Stellvertretung geschaffen. Nicht jedem Pflichtigen
aber ist in seinen bürgerlichen Verhältnissen die Möglichkeit ge-
geben, sich diese Stellvertretung in erwünschter Weise zu ver-
schaffen.
Der Mannheimer Nekrutenverein ist das Mittel, daß Jeder,
auch der Aermste, sich nöthigensalls diese Vorsicht sichern, oder
für den Fall der Selbsterfüllung der Militärpflicht, sich eine Er-
sparnis für den bürgerlichen Beruf schaffen kann.
Die Statuten, welche im Verlage dieses Blattes unentgelt-
lich zu haben sind, stellen das Nähere fest, unter welchen Bedin-
gungen diese Rechte erworben werden können.
In einigen weiteren Artikeln werden wir suchen, die Statuten
näher zu erläutern. Für heute erinnern wir aber alle Diejenigen,
welche sich der Wohlthaten dieses Vereins versichern wollen, ernst-
lich daran, daß die Zeit, innerhalb welcher mit dem Beitritte be-
deutende Vorlheile verbunden sind, schon mit dem 20. März ihr
Ende erreicht, und ersuchen sie in ihrem wohlverstandenen eigenen
Interesse, mit ihren Anmeldungen zu eilen.

* Mannheim, 27. Jan. Heute früh verunglückte ein
Pferd beim Ausführen aus dem Uebersahrtsnachen am hiesigen
Rheinufer.
7 Mannheim, 27. Febr. Stand der Fremden hiesiger Stadt
vom 26. — 27. Febr.: 228 Personen.
Aus Landau kam uns gestern die Nachricht zu, daß der
Jngeuicur-Oberlieutenant Raü m Folge der im Duell erhaltenen
Verwundung gestorben sei. (Sp. Anz.)
* Würzburg, 24. Febr. In verschiedenen, höher gelegenen
Ortschaften unserer Umgegend wird seit längerer Zeit das Wasser
täglich zu bestimmter Stunde unter Aussicht der Ortspolizei an
die Einwohner verthellt, und dann die Brunnen wieder ver-
schlossen. Andere Orte müssen das Wasser sogar von auswärts
beziehen.
* Der Abgeordnete Wernher von Nierstein (bekannt durch
seine diplomatischen Sendungen unter dem Reichsministerium
Gagern) macht sich's zur Aufgabe, die Finanzpläne der hessen-
darmstädtischen Regierung in das richtige Licht zu setzen-
Da durch die in Berlin beschlossene Erhöhung der Runkelrüben-
steuer dem Staate mindestens 40,000 fl. eingehen, so beantragt
er, die Maifchsteuer um diese Summe zu erniedrigen, welcher
Antrag alt die Finanzkommisfion verwiesen wird. Ein weiterer
Antrag desselben Abgeordneten bezweckt die „Ordnung" der „Ver-.
wirrung der Darmstädter Banken." Zu diesem Zwecke beantragt
er, die Regierung zu ersuchen, die Wiederauögabe der von der

„Bank für Süddeutschland" schon einmal ausgegebenen, und an
die „Bank für Süddeutschland" zurückgelieferteisi sowie die Emis-
sion neuer Vankzettel so lange zu verbieten, bis die Zollvereius-
staaten über die Papiergeldsrage endgültig beschlossen; überhaupt
weder selbst noch durch Privaten Papiergeld ohne Genehmigung
der Kammer nicht mehr fertigen zu lassen, worauf jedoch die
Regierung bestehender Gesetze, Verordnungen und Concessionen
wegen nicht eingehen zu können erklärte.
* Frankfurt, 27. Febr. Die Bundesversammlung hat
den Antrag Hannovers (die dänische Negierung aufzufordern,
bis zur ausgemachten Sache in Holstein und Lauenburg keine
neuen Gesetze zu erlassen u. s. w.) zum Beschluß erhoben.
* In der Schweiz wächst der Haß gegen Frankreich, her-
vorgerufen durch die chinesischen Paßvorschriften. Alle Kantone
haben dem Bundcsrathe die strengste Jnternirung der Flüchtlinge
zugesagt; dagegen aber erwarten sie auch, daß der Bundesrath
von Frankreich die Zurücknahme seiner veratorischen Paßzwangs-
Regeln aufs äußerste verlangt. Mit der Vermehrung der fran-
zösischen Consulate in der Schweiz zur Erleichterung der Paß-
schwierigkeiten ist man um so w. Niger einverstanden, als man in
den zu erwartenden Consuln nur französische Spione zu sehen
glaubt. Der freie Schweizer will keine kaiserlich französische Po-
lizei auf seinem Grund und Boden.
* Der 24. Februar — als Erinnerungötag der Revolution
von 1848 — hatte in Frankreich manche Erinnerungen
geweckt, die in ihren Aeußerungen, namentlich unter den Arbei-
tern in Paris, zahlreiche Verhaftungen zur Folge hatten.
* Paris, 22. Febr. Es heißt, die belgische und die sar-
dinische Kammer seien in Folge der englischen Vorgänge weni-
ger disponirt, als vorher, die betreffenden Maßregeln gegen
Flüchtlinge re. in ihrem ursprünglichen Entwürfe anznnehmen.
Nach Berichten des Herrn de la Tour d'Auvergne, Gesandten
in Turin, wäre aus allen Anzeichen und Symptomen der öffent-
lichen Meinung zu entnehmen, daß daS Flüchtlingsgesetz in der
Deputirtenkammer nicht durchgehen werde. (Köln. Ztg.)
Paris, 27. Febr. Das Urtheil im Attentatsprozeß ist er-
folgt. Den Geschworenen wurden 173 Fragen gestellt. Orsini,
Rudio und Pierri sind zur Strafe der Vatermörder (verschärfte
Todesstrafe) verurtheilt. Bei Gomez wurden mildernde Umstände
angenommen und derselbe wurde daher zu lebenslänglichen Zwangs-
arbeiten verurtheilt. (Pf. Z.)
* Alerander Herzen, der bekannte in London lebende rus-
sische Schriftsteller, fordert daS königlich sächsische Ministerium
auf, in seinen Schriften: „Glocke", „Polarstern" oder den „Stim-
men Rußlands" eine einzige Verläumdung, wegen denen sie in
Sachsen verboten sind, nachzuweisen. Der Sozialist lobt in die-
sem Schreiben den Kaiser Alerander von Rußland sehr vor allen
Herrschern. „Die Reinheit meiner Absichten", sagt Herzen, „ist
in Rußland wohl bekannt; und gerade das gibt mir meine Stärke,
die dort fehlende Oeffentlichkeit im Auslände zu schaffen."
* Die dänische Presse sucht der dänischen Regierung und
dem dänischen Volke zu gefallen. Je fanatischer das Volk gegen
Deutschland wüthet, je drückender die Regierung in Schleswig-
Holstein und Lauenburg wirthschaftet, desto frecher wird die dä-
nische Presse. Sie cisert Regierung und Volk an, einig zu sein,
und Deutschland kein Jota seiner Forderungen zu gewähren.
Dürfte doch die deutsche Presse in Beziehung der unglücklichen
Herzogthümer sich auch deS Gebrauches ihrer natürlichen Macht
erfreuen; nicht Schimpf um Schimpf zu rächen, sondern nur wie
ein wohlthätiger Sturmwind durch die gar zu gemächlichen Haine
deutscher Eichenwälder zu rauschen, um Fürst rind Volk zum
heiligen Werke der Befreiung dänisirter deutscher Brüder aufzurufen..
Kanton, 14. Jan. Die Einwohner von Kanton haben
bereits angefangen, in die Stadt zurückzukehren. Die Blokade
besteht noch in Kraft. (F- I.)
 
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