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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 207 – Nr. 232 (1. September – 30. September)
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Nr. 225
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0993

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I8Z8.

Erscheint, Montags auSgenom- Anzeigen werden in dem„Mann-
228 men, täglich Morgens in 1800 AA hetmer Anzeiger" und dem tägli-
Exempl. und kostet ch^ ^Straßenp^^
Haltungsblatte vierteljährl. L t kr. die gewöhnl.Zeileberechn.mitT kr.

< Die SchwarMi-er Industrie-Ausstellung zu Villingen
(Fortsetzung.)
Wir fanden in 26 Sälen des zur Ausstellung verwendeten
und wie dazu geschaffenen Gebäudes an 2400 Gegenstände
ausgestellt, welche uns, nach einer vorerst mehr flüchtig vorge-
nommenen Betrachtung, schon das lebhafteste Interesse für die
Arbeiten des gewerblichen Fleißes erweckten und uns nach nähe-
rer Besichtigung und Prüfung erkennen ließen, daß die industrielle
Thätigkeit des Schwarzwaldes, obgleich schon weit und rühmlich
bekannt und genannt, einer Zukunft fähig sei und entgegen gehe,
an deren Stufen sie wohl angelangt ist, die aber in ihren En-
den nicht abzusehen sein dürfte; umsomehr durch die dauernden
Unterstützungen von Seiten der Großh. Staats-Regierung, be-
sonders in Errichtung der Uhrmacherschule zu Furtwangen und
deren Thätigkeit, als durch die in baldiger Ausführung, zu er-
wartenden leichtern Verkehrswege, mittelst Eisenbahnverbindun-
gen, eine Quelle nachhaltiger Kräfte in das Getriebe der Ent-
wicklung gebracht wurde und noch gebracht werden wird.
Die Erzeugnisse des Hauptzweiges der Schwarzwälder In-
dustrie, der Nhrmacherer, sind in vier Sälen Nr. 18, 19, 20 und
22 ausgestellt und vereinigen sich in bunter, abwechselnder Reich-
haltigkeit, in Güte und Kunstfertigkeit der Ausführung und Schön-
heit der Formen zu dem fesselndsten Bilde. Es sind hier Er-
zeugnisse von der einfachsten bis zur künstlerischsten Vollendung
und gewähren dieselben sowohl Blicke in den Entwicklungsgang
des Geschäftzweiges selbst, als in die Bestrebungen und Auffas-
sungen der einzelnen Fertiger. In Wanduhren ist besonders
Ausgezeichnetes geleistet, da sich Solidität der Werke nut gefäl-
liger Form der Gehäuse verbindet Hierbei muß bemerkt werden,
daß sich, besonders nach dem Vorgänge der Uhrmacher-Schule zu
Furtwangen, ein schönes Streben nach heimischer und gediegener
Arbeit, in Uhrengehausen und Schildern, als Malereien, entwi-
kelte, welches bereits sehr schöne Resultate erreicht hat. In Pen-
dul-, Regulateur-, Gewicht- und mechanischen Uhren ist eben-
falls Anerkennungswerthes geleistet;' ebenso in Taschenuhren,
welche aber immer in dem Preise noch zu hoch stehen, um die Con-
currenz mit den Schweizerfabrikaten aufnehmen zu können und
deßhalb ihre Fabrikation noch nicht recht Eingang gefunden hat.
Vertreten sind hauptsächlich: die Aktiengesellschaft zu Lenzkirch,
das größte Geschäft des Schwarzwaldes, in Federkraft- und Pen-
duluhren, in Regulateur- und Uhrenbeftandtheilen. Ihre Fabri-
kate sind solid und gefäll'g gearbeitet und suchen dieselben sich
die Concurrenz mit den Pariser Pendul'ö dadurch zu ermögli-
chen, daß sie die Gehäusgüsse rod beziehen und selbst vergolden.
Die Großh. Uhrmacherschule zu Furtwangen hat neben einer
charakteristischen Sammlung von 12 alten, bis zur ersten Stufe
der Uhrmacherei zurückführenden Uhren, ein Sortiment neuer, be-
sonders Wand-Uhren, Eschappen-Maffe, Negulateure re. wie eine
Sammlung Uhrengehäuse und Zeichnungen von Gehäusen und
Schubern (Lithographieen v. Heinemann und Frank) aufgestellt.
Die Schule ist vorzüglich bestrebt, deutsche Bilder zu finden und
denselben Eingang zu verschaffen und hat recht Gutes geliefert.
R. v- H er z er und Stocker, in Villingen haben ein Sorti-
ment Federkraftuhren und Regulateure ausgestellt. Dieselben
achten aus reme Schwarzwälder Arbeiten unv bezeichnen stets den
Fertiger des Kastens. Beha in Eisenbach fertigt die anerkannt
besten Kukuksuhren; wie Jakob Bommerl in Furtwangen die
besten Trompeteruhren liefert.
Ein Sortiment Schneckenuhren, englischer Art, von S.
Kammerer in Furtwangen; eine Sammlung Kunstuhren von
Boob und Glatz in Furtwangen; eine Thurmuhr und soge-
nannte Augendreher Uhren von E. Duffner in Vöhrenbach;
eme astronomische Uhr von Versender Siedle und Comp. in !

^Gütebach; eine weitere Thurmuhr, mck Viertelschlag von A.
Häkler in Vöhrenbach, welche besonders gut gearbeitet ist; das
Sortiment Nachtuhren in gefälliger Art von M- Boob in
Triberg; die selbst den Pendel bildende Uhr und reiche Samm-
lung der Gebrüder Furtwängler in Triberg, bilden mit dem Re-
gulateur von K. Bossard in Königsfeld, den Induktionsap-
paraten von I. Kaisser in Villingen und dessen Sammlung
gut gearbeiteter Federkraftuhren: Gegenstände des besondern Be-
achtens in den reichen Sammlungen, welche noch weiter von
Fertigern und blos Versendern ausgestellt sind. In Fertigung
von Uhrengehäuse«, sowohl schöner Arbeit als gefälliger Form
machen sich besonders bemerkbar: Wehrle in-Dittesheim; Win-
termantel in Hüfingen; Umenhofer in Villingen. (Barok-
rahmen und Bahnhäuschen, auch fertigt derselbe sehr schöne Thon-
figuren zum Ersatz deren aus Bronce,) dann A. Kü h n e r in Vöhren-
bach; Gebrüder Heer in Vöhrenbach; Brügger in Neustadt
und besonders M. Schuhmacher in Furtwangen, welcher in ei-
nem altdeutschen Style arbeitet.
(Fortsetzung folgt.)

chs Mannheim, 21. Sept. Aus Freiburg im Breisgau
schreibt man, daß unlängst der Missionspriester und apostolische
Provikar Paul Perny aus China daselbst war. Derselbe kehrt
nach China zurück in Begleitung von 20 Missionären, die in
Paris sich ihm anschließen werden. Aus seiner chinesischen Diözese
erhielt er haarsträubende Nachrichten über die ausgebrochene
Christenverfolgung. Man erfuhr von ihm zugleich, daß in der
Provinz Nanking 369 katholische Pfarreien und 1450 eingebo-
rene Ordensfräulein sind, die an der Glaubensverbreitung eifrig
mitwirken. Eine dieser Jungfrauen wurde in den letzten Mo-
naten zu Tode gemartert. Es sind auch ausführliche Berichte
über den Märtyrertod des französischen Missionärs Chapdelaine
eingegangen. An diesem Sohne Frankreichs hat sich die raffinirte
Bosheit des Barbarismus in der ganzen Scheußlichkeit ausge-
lassen. Der greise Glaubensbote erhielt zunächst die Bastonade,
d. h. 150 Bambusrohrhiebe auf die Fußsohlen. Dann steckte
man ihn auf öffentlichem Platze in eine Art Hühnerstall, so ein-
gezwängt, daß der bloße Kopf oben heraussah und von der fa-
natischen Volksmenge mißhandelt wurde. Hierauf abermalige
Bastonade mit 150 Hieben und sodann Hiuausschleppen auf den
Nichtplatz, wo mehrere Henkersknechte dem armen Opfer das
Fleisch in kleinen Stücken vom Leibe schnitten. Nach Beendigung
dieser schrecklichen Schinderei schlitzten die Ungeheuer dem Gegen-
stände ihrer Wuth den Leib auf, rissen die Eingeweide heraus,
die ein nahe bei der Stelle eingesperrter Wolf auffraß, und erst
zum Schluffe aller dieser gräßlichen Martern schlug einer der
Unholde dem Röchelnden das Haupt ab. Kein Schmerzenslaut
kam während dieser entsetzlichen Qualen über die Lippen des
glaubensbegeisterten Mannes. Sein Tod hat aber der christlichen
Civilisation die Thore jenes erstarrten Reiches weit aufgethan,
und bewunderungswürdig ist die Ritterlichkeit der französischen
Nation, welche wegen der Hinschlachtung eines armen Missionärs
seine Seekolosse an das andere Weltende sandte, um die Frevel-
that mit Feuerschlünden blutig zu rächen.
Die von der „Freiburger und Badischen Landeszeitung"
gebrachte Nachricht von einer allerhöchsten Medaillenverleihung
an verschiedene Aussteller der Schwarzwälder Industrie ist reine
Erfindung irgend eines müßigen Kopfes!
* Am 20. Sept, wurde in KasilsruheZdas Zahresfest der
allerhöchsten Vermählung gefeiert.
* Ueber die Versammlung der Naturforscher und Aerzte in
Karlsruhe haben wir noch" nachzutragen, daß dieselben am
Sonntage einen sehr vergnügten Ausflug nach Baden-Baden
! machten,' am Montag Vormittag sich in den Sektionssitzungen
 
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