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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 78 – Nr. 102 (1. April – 30. April)
DOI Kapitel:
Nr. 82
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0345

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Nr. 82.

Erscheint. Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterboltungs - Blatte
vierteljährlich 5-L kr.

Mittwoch, 7. April

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit T kr.

1838.

-... Bestellungen auf den „Mannheimer
n Anzeiger" und das „Unterhaltungs-
blatt" für die Monate April, Mai und
Juni können für 3äl kr. täglich gemacht werden bei den Gr.
Postanstalten, den Boten der Umgegend, den Tragern in der
Stadt und der Expedition, Lit. N 2 Nr. 9.

* Mannheim, 6. April. Der letzte Schwurgerichtsfall,
über den wir in No. 78 vom 1. April Bericht erstatteten, hat
eine neue Wendung angenommen. Der zu 20jähriger Zuchthaus-
strafe verurtheilte Friedrich Laun hat ein Geständniß abgelegt,
nach welchem der Thatbeftand, wie er in der äußerst verwickelten
Untersuchung und im Wahrspruch der Geschworenen sich heraus-
gestellt hatte, sofern seine Bestätigung gesunden hat, daß der Ge-
ständige die tödtlichen Wunden dem Schlachtopfer versetzt hat.
Ob auch die übrigen Einzelheiten, welche von dem bisherigen
Bilde der Thal abweichen, in dec Wahrheit begründet sind, oder
erst im Laufe der Verhandlungen aus der Berechnung des Ver-
urtheilten sich entwickelten, darüber wird der Schleier wohl nie
gelüstet werden können.
* Mannheim, 6. Apru. Heute Nachmittag, gegen 3 Uhr,
fiel ein Tünchergeselle durch Rutschen einer Leiter in dem Hofe
des Hauses IV 5 No. 6 von dem Gerüste und brach ein Bein.
* Mannheim, 6. April. Hauptmann Hoffmann vom 2.
Infanterieregiment, hier in Garnison, erhielt die Dienstauözeich-
nung für Offiziere und Kriegsbeamte.
Mannheim, 6. April. Dieser Tage ereignete sich ein
Trauersall, welchen wir aus leicht begreiflicher Rücksicht für die
Angehörigen nicht näher besprechen wollten, ehe wir genaue Er-
kundigungen eingezogen hatten. Den folgenden Sachverhalt kön-
nen wir verbürgen. Das Geschäft des Lythographen W. pro-
sperirte — er hatte weder Nahrungö- noch solche Sorgen, die
ihm das Leben unerträglich machen konnten. Der Verstorbene
hatte früher einen Miether, der auszichen sollte, jedoch einige
Zeit länger als das Ziel wohnen bleiben mußte, weil die für ihn
bestimmte neue Wohnung nicht frei wurde. Das Logis des Lytho-
graphen W. war aber schon weiter vermiethet und für die über-
schrittene Zeit ließ er sich den Zinsunterschied, welchen er vom
neuen Miether bekommen sollte, mit 20 fl. per Zabr vergüten,
wofür er dem ausziehenden Miether Quittung ertheilte. Dieser
Letztere wurde nun in einen Wohnuugsprozeß verwickelt, wobei
W. insofern betheiligt war, als er die Richtigkeit seiner Quittung
eidlich erhärten sollte, was er auch ohne Bedenken that. Zu
Hause fand er dann einen Unterschied in Datum und Ausrech-
nung; es stimmte diese um eine Kleinigkeit und jener um 3 oder
4 Tage mit semem Hausbuche nicht überein, und nun hielt sich
der unglückliche Mann für — meineidig und straffällig, während
es gewiß keine schwere Aufgabe gewesen wäre, die Richter von
seiner völligen Unschuld zu überzeugen! Diese unselige Ansicht
beherrschte den armen W. so sehr, daß sie ihn zu der Katastrophe
führte, welche seine bereits mutterlosen und unerzogenen Kinder
(ihrer sieben) auch vaterlos machen sollte. — Menschenfreunde
haben sich bereits zur Ausnahme eines oder mehrerer dieser Kin-
der gemeldet. Andere haben die gleiche Absicht, scheuen sich aber
bis jetzt noch, dieselbe auszusprechen, aus Furcht, den Angehörigen :
unberufen vorzugreisen. Solche Menschenfreunde ermuntern wir,
mit ihrem edlen Vorhaben ohne Scheu an den Tag zu treten; !
sie werden den herzlichsten Dank erndten, in sich selbst aber !
diejenige Belohnung- finden, welche eine gute That immer ge- l
währt. Von Seiten der Angehörigen der 7 Waisen geschieht, !
Wie wir zuverlässig wissen, Alles, was Liebe, Pflicht und Theil- i
nähme gebieten.
* Mannheim, 6. April. Stand der Fremden hiesiger i
Stadt vom 3. — 6. April: 806 Personen. -

* Das Eisenbahnwesen in Bayern wird bis zum Herbst
d. I. eine bedeutende Erweiterung erfahren, Venn cs werden bis
dahin die Eifenbahnstrecken von Rosenheim bis Kufstein, von
Lichtenfels bis Koburg, von Ansbach bis Gunzenhausen, dann
von den Ostbahnen die Linien von München bis Landshut und
von Nürnberg bis Hersbruck dem Verkehr übergeben werden
können. — Die zweite Wanderversammlung bayerischer Landwirthe
wird in der Stadt Schweinfurt, und zwar am 31. Mai und
1. Juni d. I. stattfinden.
P-Aus der Pfalz, 4. April. Am Haardtgebirge herrscht
seit zwei Monaten eine außerordentlich große Lebhaftigkeit im
Weinhandel, indem eineskheils die von den Weinhändlern und
Weinspekulanten in den renommirten Weinorten zu großen Quan-
titäten aufgekauften 57er Weine abgefüllt und anderntheils die
noch vorräthig gewesenen kleinen Partieen Wein, welche bereits
von der Hefe genommen waren, meist von den Abfüllenden selbst
rasch zufammengekauft wurden. Daß der Preisaufschlag des neuen
Weines gegen November und December jüngsthin ein bedeutender
geworden, das ist die natürliche Folge der seit längerer Zeit an-
haltenden starken Nachfrage. Nichtsdestoweniger die Eigner mit
jeder Woche höhere Forderungen machten, ist es dahin gekommen,
daß der Wein, der als ausgezeichneter Lagerwein sich sehr em-
pfiehlt, so zu sagen bereits in festen Händen sich befindet. Mit
Ausnahme einiger wenigen Gutsbesitzer haben fast alle Produ-
zenten, kleine wie große, ihr Produkt verwerlhet und dies zu sehr
schönen, höchst annehmbaren Preisen. Dadurch ist denn auch in
die ganze Rheiupfalz die alte Zufriedenheit und der alte gute
Humor wieder zurückgekehrt. Da nun die neuen Weine nach
dem ersten Abstiche sich über alle Erwartung schön geartet haben
und überdies die Erscheinung, daß die Schenkel vieler Weinftöcke
in Folge der überaus trockenen Kälte aufgesprungen und dadurch
abgestanden sind, wodurch die Quantität des diesjährigen Ge-
wächses um ein bedeutendes sich vermindern muß, in den meisten
Weinbergen keine seltene ist, so haben diejenigen, welche mit dem
Verkaufe ihres Produkts zurückgehalten haben, die erfreuliche Aus-
sicht, dasselbe zu noch ansehnlich höheren Preisen abzusetzen.
Erwähnung verdienen noch zwei im Laufe dieses Monats am
Gebirg stattfindende Weinversteigerungen, von denen die eine,
in Deidesheim, die Aufmerksamkeit der Weinhändler aus dem
Grunde auf sich zu lenken verdiene, weil bei ihr die besten 56er,
welche die Pfalz produeirt hat, zum Verkauf ausgeboten werden,
während die andere in Dürkheim schöne und mit großer Sorg-
falt ausgelesenen und mit großer Vorsicht geherbsteten, von dem Ver-
steigerer selbst gezogenen 57er, ganz vorzüglich der vielen herr-
lichen Traminer-Weine halber bei allen Weinkennern von Nahe
und Fern großes Interesse erregen wird.
* Die Jungfrauen Frankenthals überreichten am Char-
freitag dem Presbyterium Abendmahlsgefäße im Werthe von
500 fl.
In Würzburg wurden am 26. März von dem Kunst-
gärtner Hornung die ersten Gurken zu Markte gebracht.
Stuttgart, 3. April. Auf kommende Woche werdm der
Großherzog und die Großherzogin von Baden zum Besuch der
königlichen Familie hier erwartet. (S- M )
* Die Stände in Darmstadt haben ihre Genehmigung
zu einem Anlehen von 1,200,000 fl. ertheilt, womit eine stehende
Brücke bei Mainz über den Rhein gebaut werden soll.
Am 9. Juni d. I. wird die Eisenbahustrecke von Mainz
bis Darmstadt eröffnet und die ganze festgesetzte Linie bis
Aschaffenburg schon im nächsten Herbst in Betrieb gesetzt sein.
* Übereinstimmend mit der preußischen haben auch die Re-
gierungen von Sachsen und Baden sich dahin ausgesprochen,
daß die Veröffentlichung der BundeSverhandlungen in der seit-
herigen Weise ungenügend sei und daß dieselbe in ausgedehnterem
Maße stattfinden'müsse.
 
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