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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 52 – Nr. 77 (1. März – 31. März)
DOI Kapitel:
Nr. 61
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0255

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Freitag, 12. März

Erscheint, Montags ausgenom-
61 '"en, täglich Morgens und kostet
VF.» mit tlnterholtungs - Blatte
vierteljährlich HL kr.

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
ne: mit "Z kr.

1858.

--- Kölner Brückenbau-Angelegenheit.
(Schluß.)
Wenden wir uns zur Rechts begrün düng der Be-
schwerde: Die bei der Rheinschifffahrt Belheiligten stützen ihre
Beschwerde auf positives, unzweifelhaftes, internationales Recht.
Ueber den Sinn der Bestimmungen, welche völkerrechtlich die Be-
nützung der größeren deutschen Ströme, namentlich aber des
Rheines, regeln, herrscht keinerlei Meinungsverschiedenheit. Der
Art. 5 des ersten Pariser Friedens vom 14. Mai 1814, die Art.
109, 113, 114, 116 der Wiener Congreßakte, der Art. 19 der
deutschen Bundeöakte und der Bundesbeschluß vom 3. August 1820,
sowie die Uebereinkunst über die Rheinschifffahrt vom 31. Marz
1831 sprechen mit den deutlichsten Worten aus, daß an der Schiff-
fahrt auf dem Rheine Niemand gehindert werden dürfe
und daß niemals eine Hemmung der Schifffahrt durch
Kunstanlagen irgend einer Art eintreten könne- Ganz
klar ist festgestellt, daß alle in Beziehung auf den Gebrauch
der Ströme zu treffenden Maßregeln die höchstmögliche
Förderung des Verkehrs zum Gegenstände haben sollen. Es
steht fest, daß die Rheinschifffahrt in allen ihren Zweigen durch
die Bauart der Kölner Brücke auf das Empfindlichste bedroht ist,
und zwar in Beziehung auf die Zeit, auf die Sicherheit, auf die
Kosten des Baues und des Betriebes, auf den Ertrag der Fracht
und auf die Freiheit in Ausdehnung der Reisen, endlich auf die
Möglichkeit der Benützung künftiger Erfindungen und Verbesse-
rungen; und eben so fest steht damit auch, daß die für die Brücke
gewählte Bauart allgemeinen und besonderen internationalen Be-
stimmungen zuwider ist; daß die Schiffer nicht blos in Interessen,
sondern auch im formellen Rechte verletzt werden und daß also
die Krone Preußen rechtlich verpflichtet ist, Einrichtungen bei
ihrer Brücke zu treffen, welche die freie Schifffahrt nicht beschrän-
ken. Mit dem Beweise der thatsächlichen Beeinträchtigung ist
unmittelbar auch die rechtliche Verurtheilung geliefert.
Die Einwendung, daß bei dem Abschluß der Verträge
die seitdem entstandenen Verkehrswege noch unbekannt waren,
deren Bedürsniß jetzt Rechnung getragen werden müsse und dem-
gemäß eine Modifikation des bestehenden positiven Rechts einzu-
treten habe, wird damit beseitigt, daß die Beschwerdeführer weit
entfernt sind, starr auf dem Rechtspunkte stehen zu bleiben, son-
dern bei einer Verminderung ihrer verbrieften Rechte nur ver-
langen, daß wesentliche Punkte der durch europäische Verträge
festgestellten Bestimmungen über konventionelle Ströme durch Ver-
abredung nur einer Anzahl von Staaten rechtlich gar nicht
beseitigt werden können; daß die einer vertragsmäßigen Ordnung
der Uferstaaten überlassenen Beziehungen von keinem Staate
einseitig verändert werden dürften; daß nicht das Leben und
Wesen der einen Verkehrsart der größeren Bequemlichkeit der
andern zum Opfer gebracht werden darf und endlich, daß nicht
den möglichen technischen Fortschritten der einen Verkehrsrichtung
alle Freiheit gestattet, die andere dagegen für alle künftige Zeiten
auf dem jetzigen zufälligen Standpunkt mit Gewalt zurückgehal-
ten werden soll. Die jetzt im Bau begriffenen Brückenpfeiler
sind nun zwar zur Anbringung des geforderten Durchlasses nicht
eingerichtet, und durch die Veränderung deS Bauplanes mag
wohl die Einsetzung eines weiteren, oder die Verrückung eines
der begonnenen Pfeiler erforderlich sein. Die königl. preußische
Negierung hat trotz vielfachen Einspruchs gegen bestehendes Recht
bauen lassen; es ist deßhalb lediglich ihre Sache, einen untadel-
hasten Stand der Dinge zu liefern, und auch diese Einwendung
damit zerfallen.
Die gesetzliche Befugniß deS deutschen Bundes, bei dem jetzi-
gen Stand der Sache zu Helsen, ist damit begründet, daß die
Vorschriften der Wiener Congreßakte über Flußschifffahrt aus-
drücklich als ein Theil des Bundesrechts anerkannt, ihre unver-
brüchliche Befolgung sonnt allen betreffenden Bundesstaaten auf-

erlegt ist; — daß die Rheinschiffer nichts verlangen, als eine
ungestörte Fortdauer ihrer schon seit einem Menschenalter in voller
Ausübung begriffenen Gerechtsame und endlich daß die vergeb-
liche Anrufung des die Beschwerde veranlassenden Staates no-
torisch ist und von sämmtlichen bei der königl. preuß. Staats-
regierung zu verschiedenen Zeiten aufgetretenen Bittstellern eben-
mäßig erduldet wurde.
Auf Alles dieses stützt sich die Schlußbitte:
„Die hohe deutsche Bundesversammlung wolle erklären:
daß der Bau einer Brücke auf dem Rheine nur entweder
unter der Bedingung der Anbringung eines die Schifffahrt
gestattenden hinreichend breiten Durchlasses im richtigen
Fahrwasser oder einer das freie Durchsegeln mit ungelegten
Masten erlaubenden lichten Höhe der Brückensohle gestattet
sei; daß die gegenwärtig zwischen Köln und Deutz im Bau
begriffene Brücke diesen Bedingungen notorisch nicht entspreche;
und daß daher die königlich preußische Regierung eingeladen
werde, entsprechende Aenderungen in dem Bauplane vorzu-
nehmen, von der Art derselben vor ihrer Ausführung Anzeige
HU machen, und die von der Bundesversammlung alsdann
zu treffenden Bestimmungen auözuführen."

* Mannheim, 11. März. Aus der 38. öffentlichen
Sitzung der zweiten Kammer der Landstände führen wir noch die
spezielle Verachung des Tit. Xk an: Wissenschaften und Künste.
Voranschlag: 23,835 fl.; darunter für die Sternwarte in Mann-
heim statt der 450 fl. 1650 fl. Diese Anforderung hängt mit
der, im außerordentlichen Budget gemachten (in der 37. Sitzung
genehmigten) von 6000 fl. für Anschaffung von Instrumenten
zusammen. Die großh. Regierung beabsichtigt, die Sternwarte
mit einigen neueren Instrumenten auszurüsten und mit einem
jungen, tüchtigen Astronomen zu besetzen. Die Kommission bean-
tragt Genehmigung. Ueber letztere Position erhob sich eine län-
gere Debatte, indem der Abg. Klauprecht gegen deren Bewilligung
sich aussprach und, auf den Ausspruch mehrerer Sachverständigen
sich berufend, ausführte, daß die Sternwarte in Mannheim für
die Wissenschaft Nichts leisten kenne, der Abg. Schaafs sich ihm
anschloß, und bemerkte, man genehmige hier eine unberechenbare
Größe, wogegen die Abgg. Artaria, Achenbach und Bär v. K-
sich für die Bewilligung aussprachen. Hr. Geh. Rath Frhr.
v. Stengel führte hierbei aus, es hätten sich ausgezeichnete Sach-
verständige mit aller Bestimmtheit dahin ausgesprochen, daß durch
die vorhandene Sternwarte in Mannheim, wenn sie mit einigen
neueren Instrumenten ausgerüstet und von einem tüchtigen, jun-
gen Astronomen benützt werde, in Verbindung mit den größeren
Instituten für Astronomie der Wissenschaft nützliche Dienste ge-
leistet werden können. Ein allen Anforderungen entsprechendes
Observatorium dort herzustellen, sei unmöglich, und schon dadurch
die Befürchtung des Abg. Schaafs wegen Nachforderungen ge-
nügend widerlegt. Das vorhandene, altelmvürdige Institut aber
durch den geforderten jährlichen Aufwand für die Wissenschaft
nützlich zu erhalten, dazu werde das Land nicht zu arm sein.
Es wird hierauf, unter Verwerfung eines Eintrags des Abg.
Blankenhorn auf Zurückweisung dieser und der bereits genehmig-
ten Position von 6000 fl. an die Budgetkommisfion, die Forde-
rung der Regierung bewilligt.
* Aus Baden. Herr Eduard Devrient, Direktor des
Karlsruher Hoftheaters, ist zu einer Konferenz deutscher Büh-
nenvorstände nach Dresden abgereist. — Das Schneewetter der
letzten Tage hätte beinahe zwei Krautheimer Angestellten Un-
glück gebracht. Amtsarzt Seeber, welcher in der Nähe von
Adelsheim zu Patienten gerufen wurde, blieb zwischen Osterbur-
ken unv Merchingen Abends 8 Uhr im Schnee stecken, und mußte
dessen Wagen von Osterburken aus ausgeschaufelt werden. Ober-
einnehmer Seifert, von der Abrechnung von Borberg nach Hause
 
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