Erscheint, -Montags auSamom-
Neu, täglich Mogens in 1800
, » Exempl. und kostet mit dem Unter-
haltungsblatte AettestLhrl. L fl.
Freitag, 18 Dezember
Anzeige» werden in dem „Mann-
heimer -Anzeiger" nnd dem tägli-
chen „Straßenplakat" zusammen
die gewohni.Zeile berechn, mit T kr.
1858.
Der Einünjz des Theaters auk die Jugend.
lD Mannheim, 9. Dez. Die Ansichten hierüber sind
sehr verschieden, weßhalb man aus allen Standen Kinder im
Theater wahrnimmt.
Das alltägliche Leben beantwortet derartige — obschon sehr-
wichtigen — Fragen nur oberflächlich. Nicht so ist eS im Ge-
schästslebe, wo Nichts unternommen wird, ohne vorher den
Ausgang hin und her berechnet zu haben, und für alle Fälle
wird noch eine besondere Summe in Anschlag gebracht. Bei
Erziehung der Zugeud rechnen die meisten Eltern nicht lau die
unausbleiblich besonderen Falle wird nur ausnahmsweise gedacht)
am wenigsten die Großeltern — oas Gespenst: Affenliebe gibt
ihnen den Leitfaden, und statt Liebe drückt ihnen Reue aus Dank-
barkeit die Augen zu. Es kann -daher wenigstens mancher Mut-
ter, manchem Vater nicht unlieb sein, einige Ideen über obigen
Titel zu vernehmen.
Ich will bei Lösung dieser Aufgabe ganz kaufmännisch zu
Werke gehen, und mache daher, wie der gute Spekulant meinen
Plan in Beantwortung folgender Fragen:
1) Was ist der Zweck der Erziehung meines Kindes?
2) Wie muß ich erziehen, um mein Kind, somit auch mich,
glücklich zu machen?
Diese zwei Fragen lassen sich kurz in eine fassen: Was ist
der Zweck des Lebens?
„Glück" will jeder Sterbliche sür sich, und der gute Mensch
auch für Andere; der Erzieher muß dies planmäßig zu erreichen
wissen, wie der Kunstgärtner eine Blumengattuug zur Blüthe
zieht was aber nur möglich, wenn die Begriffe klar sind und
der Horizont genau bekannt ist.
Wir verstehen unter „Glück" die Haruwuie des Körper-
und Seelenlebens mit der Außenwelt, welches daS normale Kind
im höchsten Grade besitzt Dieses Glück ist endlich und erscheint
unter diesem Begriff in vier Epochen, allemal in anderer Form
in Bezug aus die Materie und die Lebensauschauung. Würde
der Mensch auch ein ausnahmsweise hohes Alter erreichen, die
folgenden Zeitabschnitte bleiben fest:
1) Die Kinderjahre,
2) das Jünglingsalter (Juugfrauenalter),
3) das Mannesalter (Frauenalter),
4) daö Greisenalter.
Die erste Epoche ist die Zeit deS arglosen, frohen Spiels,
der Angewöhnung durch Beispiel. Die zweite, der Termin der
zügellofen Leidenschaft, des unüberlegten Handelns. Das dritte
die Epoche der ruhigen, kalten Ueberlegung- Der vierte Raum,
den die Mehrzahl der Menschen nicht erlanget, der Zustand der
kmdgchen Träumerei.
DsHgiücklichste dieser Abschnitte ist jedenfalls der erste, da
.aö Gluck auf dieser Stufe nicht von dem objektiven Werth ab-,
hangt: das Kind des Bettlers ißt sein Schwarzbrot) so vergnügt,
als das des Reichsten Biöquit. Wie freut sich das Kind mit
semem farbigem Steinchen, wie nicht sein Vater mit einem Gcld-
l'P'- .Bitt welchem Vergnügen schleudert der Knabe den Ball
ins Welte — glücklicher und wohlfeiler, als seilt Vater die
Kugel an die Wand des Billards in dem Rauchzimmer. Wir
sahen zwölfjährige Mädchen mit Puppen spielen, so selig, wie
nur nie Kinder im Theater erblickter!.
So hat jedes Lebensalter sein Glück — und wenn der
Weste daS höchste Glück besitzt und sich sehr freut, so benimmt
ck' sich, wie ein Kind. Nimmt mau aber den Menschen aus
cZwr Epoche heraus und sucht ihn in eine künftige zu erheben,
so ist es, als ob der Blumist eine Pflanze aus lOGrad Wärme
in ein Treibhaus von 18 Grad versetzt: Die Blätter „verbrü-
hen", die Knospen verkümmern, die Blüthen werden Mißgebur-
ten und die Pflanze stirbt frühe ab. Nach Vorausgeschicktem,
welches wohl auch allgemeine Erziehungssätze sind, gehe ich auf
die Anwendung des Theaters über. (Schluß f.)
Manul) eim, 9. Dez. Die „Karlsruher Ztg." enthält
iu ihrer Nr. 289 vom heutigen Tage folgenden, von hier datirten
Artikel: „Eine Einrichtung, deren größere und kleinere Städte
innerhalb und außerhalb des Landes sich erfreuen, will hier nicht
so recht Boden fassen, die Veröffentlichung der täglichen Frem-
d'en liste. Zwar hat der Verleger des hiesigen „Anzeiger" dazu
einen tüchtigen Anlauf genommen und sich selbst nicht unerheb-
liche Opfer kosten lassens um auS den offiziellen Listen eine solche
herzustellen, wozu die großh. Polizeibehörde bereitwillig ihr Ma-
le, ia! zur Benützung bot. Sollte jedoch diese Liste jederzeit mit
dem Blatte des anderen TageS erscheinen, so waren immerhin
die Kosten sür den Verleger bedeutender, als für ihn der Werth
dieser Aufnahmen war Er lud deßhalb die Wirthe selbst ein,
ihre Listen ihm zur Einrückung zuzusenden. Leider aber ist bis
jetzt nur ein Gasthaus dieser Einladung entgegen gekommen.
Wir verkennen zwar nicht, daß eine solche Bekanntmachung man-
che!. Uebelstand haben ?der Hervorrufen mag, sind aber doch
überzeugt, daß das Angenehme und Zweckdienliche der Einrich-
tung weit überwiegender sei und müßten daher nur bedauern,
wenn dieselbe sich hier nicht durchführen ließe." — Mit dem
Schluffe dieser Korrespondenz vollkommen einverstanden, bedarf
der Eingang einer Erläuteruna. Indem wir dieselbe nachstehend
in Kürze geben, ist es uns lieb, Gelegenheit zu haben, uns in dieser
vielfach iuteressirenden Sache aussprechcn zu können. Seit dem
Bestehen unseres Blattes wurden wir von den verschiedenst-, n
Seiten ersucht, nach der Hebung so vieler Städte eine tägliche
Fremdenliste zu bringen. Stets und gernö bereit, den Wünschen
des Publikums zu dienen, zählte die Aufführung einer täglichen
Fremdenliste zu den obersten Sorgen bei der ersten lebensfähigen
Ausdehnung unseres Blattes. Die (Mosch. Polizeibehörde kam
uns hierin aus das anerkennenswerlhcste entgegen. Allein der
Vorstand deS hiesigen WirthschaftsvereinS glaubte gegen die Ver-
öffentlichung der Fremdenliste klagend auftreten zu " müssen. Diese
Klage wurde von Großh. Stadtamte ablehnend beschieden. Der
Vorstand deS Wietbschaftsvereins ließ hierauf bei seinen sänunt-
lichen Mitgliedern eine Liste zirkuliren, auf welcher sich die be-
treffenden Gasthofbesitzer erklären sollten, ob sie für oder gegen
die Veröffentlichung der Fremden seien. Mit einigen Ausnahmen
stimmten sämmtliche Gasthausbesitzer gegen die Veröffentlichung.
Obwohl unS trotzdem daS Recht zustand, täglich eine Abschrift
der bei Gr. Stadtamte eüuaillendm Nachtzettel zum Zwecke der
Veröffentlichung zu nehmen, so unterließen wir es dennoch, well
wir nicht gesonnen sind, tägliche Geldausgaben zu machen, um
gegen den "Willen einer ehrenwerthen Korporation eine Fragu)en-
gste zu geben. Wir hofften vielmehr, daß das Bedürfniß einer
täglichen Fremdenllste nachgerade so fühlbar werden würde, um
der besseren Einsicht einer fleiwilligen Veröffentlichung Platz zu
machen. In diesem Sinne haben wir uns au die betreffenden
Gasthausbesitzer gewandt, um na.P ihren! freien Ermessen täglicy
ein Verzeichnis! derjenigen Fremden zu erhalten, denen eine Ver-
öffentlichung nicht unlieb sein kann. Bis heute hat leider nur
ein GasthauZbesitzer unserer Bitte entsprochen. Indem wir dem-
selben bei dieser Gelegenheit öffentlich für seine Freundlichkeit
danken, fahren wir fort, die Fremdenliste dieses Gasthamcs täg-
lich zu veröffentlichen, so lange nus dieselbe zugestellt wird. In
der Hoffnung, daß andere Gasthäuser diesem, vom Gesammtpub-
likum gewiß dankbar aufgeuommenen Beispiele mit der Zeit
»folgen werden, bitten nur zugleich, diese, durch oben angeführte