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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 52 – Nr. 77 (1. März – 31. März)
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Nr. 66
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0277

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Rr. 66

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterholtungs - Blatte
vierteljährlich kr.

Donnerstag, 18. März

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit kr.

1858.

* Badischer Landtag.
41«. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.
Dienstag, 16. Marz 1858.
In dieser Sitzung wurde das Budget des Gr. Kriegs-Mini-
steriums zur Berathung ausgesetzt. Die Discussion wurde von
dem Herrn Kriegspräsidenten eröffnet, und von ihm unter aus-
führlicher Darlegung der dringenden Gründe, die Bewilligung
der für die Majore und Oberstlieutenants vorgeschlagene Gagen-
Erhöhung von 200 fl. — und nicht nur 100 fl. wie die Bud-
getcommission beantragt bevorwortet, wahrend er die für die
Obersten eingebrachte weitere Erhöhung im gleichen Betrage für
jetzt fallen läßt- Nach einer längeren Discussion, in welcher §
Bär v. K., Spohn, Schaafs, Klauprecht, Huber und Knittel für,
Kirsner, Nottra und Vissing gegen den Regierungsvorschlag spre-
chen, wird von einer Mehrheit der Kammer die angeforderte Er-
höhung bewilligt. Ein von Kirsner eingebrachter Wunsch auf
mögliche Beschränkung der Ausgaben und Herabsetzen des der-
maligen Proccntensatzes des Bundescontingents, wird von der
Kammer als der ihrige angenommen, und zu Protokoll niederge-
legt. Ferner wurden von der Kammer noch bewilligt die ange-
forderten 234 fl. für die Kasernendiener und 23 fl. für einen
Portier. Die öffentliche Sitzung wurde hierauf geschloffen und
in eine geheime umgewandelt.

-i- Mannheim, 17. Marz. Das am vergangenen Frei-
tag mit 600 Ctr. Güter hier abgefahrene Dampfboot „die Pfalz"
ist eingetroffenen Nachrichten zufolge Sonntags Nachmittag in
Cöln angekommen und hat bereits seine Rückreise hierher ange-
treten.
7 Mannheim, 17. März. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 16.-17. März: 221 Personen.
* Aus Baden. Am Montag, den 15. März, war eine
Deputation evangelischer Kirchengemeindeglieder, mit dem Stadt-
pfarrer Holtzmann an der Spitze, aus Heidelberg in Karlsruhe,
um sich dafür zu verwenden, daß Herr Stadtpfarrer Zittel, der
als Gencralsuperindentent und Oberhofprediger nach Koburg be-
rufen ist, seinem jetzigen Wirkungskreise erhalten bleibe. — Am
15. März, Morgens halb 8 Uhr, sind in Marimiliansau,
oberhalb der Nheinbrücke, bei einem Faschinenbau, vier Arbeiter
in den Rhein gestürzt, indem die auf dem Schiffe befindliche
Senkwerkbank brach. Nur zwei derselben, die schon dem Tode
nahe waren, konnten gerettet werden, während ihre Unglücksge-
fährten, zwei junge Leute aus Darlanden, der Rhein als Opfer
behielt. — Das Wintersemester der Universität Heidelberg
nähert sich seinem Ende- Die meisten Vorlesungen sind bereits
geschloffen. Die Corps haben einen glänzenden Abschiedscommerce
gehalten und dem an Ostern in Funktion tretenden neuen Pro-
rektor einen solennen Fackelzug gebracht. Die Allemania feierte
in festlicher Weise durch ein Bankett ihren Stiftungstag in Wein-
heim, wohin sie in einem langen Zug von Chaisen fuhr. —
Eine große Wohlthat für die Heidelberger Armen gewährt
die unter der Direktion des Hrn. Pros. Dr. v. Dusch stehende
Poliklinik. Die Armen erhalten nicht nur im Erkrankungssalle
unentgeltich die Arzneien, sondern erfreuen sich auch einer sehr
sorgfältigen und gewissenhaften ärztlichen Behandlung. — Die
nöthigen Einleitungen wegen des in Baden-Baden abzuhalten-
den Gesangfestes sind bereits getroffen und die Anmeldung der
sich betheiligenden Sänger übersteigt schon jetzt die Zahl 1000
und dürfte sich wohl auf 12- bis 1500 steigern.
- In Bad Kirchberg bei Reichen hall werden künstliche
Wellenbäder eingerichtet, wie in Kisstngen, was den Besuch nur
vermehren wird.
* Mainz, 15. März. Ein Theil des Maineises ist gestern
vor unserer Stadt vorübergekommen und heute wiederholte sich

dieses Schauspiel, wobei auf den vorausgeeilten telegraphischen
Bericht die Rheinbrücke auf kurze Zeit abgefahren wurde.
Frankfurt, 16. März. Durch ein an alle Bundesstaaten
gerichtetes Circular verlangt Preußen die Ausführung des Bun-
desbcschlusses von 1851 bezüglich der detaillirten Veröffentlichung
der Protokolle der Bundestagssitzungen. (F. J-)
Serlin, 14. März. Die Vermählung der Prinzessin Ste-
phanie von Hohenzollern wird am 29. April mit allen den glän-
zenden Förmlichkeiten begangen werden, die bei der Vermählung
preußischer Prinzessinnen Styl sind. — Man erwartet für die
nächste Zeit wichtige Veränderungen in der Besetzung der diplo-
matischen Posten. — Die Lorge, mit der man hier und aller-
wärts in die Zukunst blickt, lastet schwer auf der Börse und der
Spekulation überhaupt. Die Nachwirkungen der Geldkrise sind
zwar für den flüchtigen Beobachter kaum wahrzunehmen, aber sie
sind vorhanden und leicht nachzuweisen. Auf den Eisenbahnen
haben die Transporte von Personen und noch mehr die von
Waaren sehr erheblich nachgelassen, der Verbrauch von Lurusar-
tikeln ist stark vermindert, die Einnahmen der Theater sind ge-
ringer als im Vorjahre, selbst der unvermeidliche Gerson, der für
Berlin und Umgegend ein natürliches Monopol besitzt, ist auf die
gegenwärtige Saison nicht gut zu sprechen. Noch vergeht kein
Tag, an welchem die Zeitungen nicht Concurse anmelden und
die Notare nicht nnt Wechselprotesten beschäftigt sind. (A. Z.)
* Wien, 11. März. An den Wiener Magistrat ist ein
Statthalterei Erlaß ergangen, welcher dringend die Ueberwachung
dec Handelsreisenden und unnachsichtiges Einschreiten gegen diese
anempfiehit, wenn sie sich einen Geschäftsbetrieb mit Privatperso-
nen erlauben. Hervorgerufen ist dieser, auf die Vorschrift über
wandernde Handelsagenten gestützte Erlaß durch die Wahrneh-
mung, daß in neuerer Zeit viele dieser „Geschäftsreisenden" gegen
die Bestimmungen des Staatsmonopols und der Zoll-Ordnung
Bestellungen auf ausländische Cigarren und Tabak übernehmen.
Wien, 12. März. Die "europäische Commission für die
Donausürstenthümcr hat ihren Bericht beendet. — Die gegen
Montenegro bestimmten Erpeditionstruppen der Türkei haben
Konstantinopel verlassen. (Jndep. belge.)
* Frankreich. Die diesjährige legislative Session wird
am 17. nächsten Monats zu Ende gehen. — Der Staatsrath
hat das Gesetz über die Warrants angenommen. Dasselbe ge-
langt nächste Woche vor den gesetzgebenden Körper. Die Regie-
rung entspricht durch Einführung dieser scheine einem lange und
allgemein gefühlten Bedürfnisse. — Orsini hat begehrt, daß man
seinen Leichnam nach England schicke und dort an der Seite
mehrerer im Eril gestorbener Landsleute beerdige. — Gomez und
Rudis werden nächste Woche nach Cayenne geschafft; die Frau
und die Kinder des Letzteren wollen diesen begleiten. — Die
Menge, die sich bei der Hinrichtung Orsini'ö und Pierri's in der
Nähe des Gefängnisses von 12 Uhr Nachts an Ungesunden hatte,
war ungeheuer, wohl über 200,000 Personen. — Man erinnert
sich, baß der Redacteur deS „Univers", Herr Veuillot, vor weni-
gen Tagen eine Audienz beim Kaiser Napoleon hatte. Als Re-
sultat dieser Konferenz erscheint eben im „Univers" ein Artikel,
der geradezu den Krieg gegen England predigt. Es heißt darin:
Man erinnert sich des Briefes, den Kaiser Napoleon vor Eröff-
nung des Krieges an Kaiser Nikolaus schrieb. Gerade so wie
damals Napoleon UI. an die Gerechtigkeit und Menschlichkeit des
Herrschers appellirte, dessen Willen noch den Krieg verhindern
konnte, so appellirt derselbe heute an die Vernunft der englischen
Nation, welche leider durch das Bewußtsein ihrer Macht entwe-
der blind geworden oder durch Interessen verführt ist, die ein
christlicher Staat nicht bekennen darf. Die Nation, welche die
Bedingungen der Allianz und des Friedens zu verkennen scheint,
ist vor den Richterstuhl der öffentlichen Meinung geladen; unter-
wirft sie sich nicht, so bleibt nichts übrig, als dem Herrn der
 
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