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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 233 – Nr. 259 (1. Oktober – 31. Oktober)
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Nr. 235
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#1065

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1838

Erscheint, Montags auSgenom- __, Anzeigen werden in dem „Manv-
men, täglich Morgens in 1800 Sonntsa 3 Oktober Heimer Avze^
Exempl. und kostet mit dem Unter- cheu „Straßenplakat" zusammen
Haltungsblatte Vierteljahr!. L fl. die gewöhul.Zeile berechn, mit Akr.

Eins!
Das ganze Deutschland soll es sein!
* So lautet die Überschrift eines Sendschreibens der Ver-
waltung des Gewerbvereins der Frankfurter Gesellschaft zur Be-
förderung nützlicher Künste und deren Hülsswissenschaften, an
die deutschen Kunst-, Handels- und Gewerbe-, sowie andere ähn-
liche Vereine. Eins soll es sein: Eins in Kunst und Wissen-
schaft — Eins in Handel und Gewerbe—das ganze große Deutschland.
Die Erreichung dieses Zweckes ist die Aufgabe des auf den
25. Oktob. in ein nochnäher zu bestimmendes Lokal nach Frankfurt
zusammengerufenen Congresses. Der Geist des Fortschritts, wel-
cher Gedanken zu Thatsachen werden läßt, die noch vor Kurzem
belächelt wurden, ist die nächste Ursache, die Wohlthaten derCon-
eentration der geistigen und materiellen Kräfte und desjnationalen
Bewußtfein's auch dem deutschen Volke zuzuführen.
„Darum wollen wir die Befriedigung langgefühlter Wünsche
des ganzen deutschen Volkes anstreben und verwirklichen und
es auf dem Wege der zeitgemäßen Reformen zu einem materiell
glücklichen gemacht sehen; wir wollen die Wünsche, die in allen
deutschen Ständekammern, in allen Handels- und Gewerbekam-
mern , in allen Kunst- und landwirthschaftlichen, sowie wissen-
schaftlichen Vereinen, die in der gesummten deutschen Presse sich
seit Jahren Geltung zu verschaffen suchen, aber stets an dem
Partikularismus unseres Vaterlandes gescheitert sind, wir wollen
diesem allgemein gefühlten Bedürfniß nach Einheit in Kunst,
Wissenschaft, Industrie und Handel, Ausdruck und Leben geben.
Wir wollen, daß in dem allgemeinen Kampfe auf dem geistigen
und industriellen Gebiete dem deutschen Volke, das stets die
Fahne des Fortschrittes hoch gehalten, endlich der Platz, die
Stellung angewiesen werde, die es, seiner geistigen Befähigung
und Intelligenz nach, längst verdient hat."
Die Verwirklichung dieses großen Gedankens sott durch den
deutschen Bund selbst geschehen. Die Bundesbehörde in
Frankfurt soll der Repräsentant aller deutschen Interessen wer-
den, der politischen wie der materiellen.
Nach einem Rückblick auf die 40 Jahre des deutschen
Bundes, auf das, was geschehen sollte, geschehen konnte
und nicht geschah, kommt das Sendschreeben zurück zur Bespre-
chung seines Hauptzweckes.
„Dieses hohe Ziel zu erreichen, bedürfen wir Ein Handels-
Reich mit Einer Zollgrenze, Ein deutsches Münz-, Maas-, Ge-
wicht- , Handels-, Wechsel- und Patent-Gesetz , Eine Gewerbe-
Verfassung, Ein Gesetz über literarisches und künstlerisches Eigen-
thum und Ein Eisenbahn-, Verkehrs-, Post-, Telegraphen- und
Versicherungs-Reglement. Die Bundes-Versammlung muß wirk-
lich eine nationale Mitte sein, für deutsches Wirken und Schaf-
fen, die kräftige Vertreterin unserer Interessen nach Außen und
Innen, Wächter und Hort deutschen Handels, deutscher Kunst,
deutscher Industrie und deutschen Gewerbfleißes."
Bei der Erreichung dieses großen Zieles wird auf die Bun-
desversammlung in Frankfurt, auf die deutschen Regierungen,
auf die Vereine des Vaterlandes, auf das ganze Volk gezählt.
Das Sendschreiben schließt:
„Wir wollen einen Verein gründen für deutsche Kunst, für
Handels- und Gewerbe-'Einheit unter der Leitung des Bundes,
einen Verein, der keine andere Partei und keine andere Farbe
kennt als die deutsche, wir wollen demnächst hier am Sitze un-
serer deutschen Bundes-Versammlung eine Zusammenkunft abhal-
ten, um Männer von erprobter deutscher Gesinnung zu erwäh-
len, denen wir die Führung unserer Angelegenheiten anvertrauen,
die unsere Vorschläge und Wünsche prüfen und das Ergebniß
ihrer Berathungen als Nationalbedürfniß der einzigen für uns
möglichen Centralbehörde, der hohen deutschen Bundesversamm-
lung, vorlegen sollen."

iUZDi Mannheim, 3. Okt. Heute Nachmittag halb 4
Uhr findet bekanntlich die Eröffnung und Einweihung des Neu-
baues im hiesigen allgemeinen Armen- und Krankenhause statt.
Durch die Herstellung dieses Neubaues und die damit verbunden
gewesenen Bauveränderungen, ist einem schon längst gefühlten
Bedürfnisse Rechnung getragen und das früher so unansehnliche
Krankenhaus in ein, unserer Stadt würdiges, schönes Gebäude
umgewandelt worden. Der Akt der Einweihung soll ein sehr
feierlicher werden. Die Kinder der Armenschule und Marienan-
stalt werden die Feierlichkeit durch Absingen eines Chorals er-
öffnen, wornach sodann in gemessenen Zwischenräumen einige
Kirchenlieder von der Liedertafel vorgetragen werden. Nachdem
ver Herr Präsident der großh. Armen-Polizei-Commission eine
der Feier entsprechende Ansprache gehalten haben wird, wird die
kirchliche Einweihung durch einen katholischen und evangelischen
Geistlichen vorgenommen werden.
* Mannheim, 3. Okt. Eine Gesellschaft junger Kaufleute
gab gestern Abend im „Badener Hofe" unter der Leitung des
Herrn Langer ein Concen, das zahlreich besucht war und bei-
fällig ausgenommen wurde. Fleiß und Eifer dieser jungen Di-
lettanten sind eben so zu loben, wie ihr rübmliches Streben, ihre
Musestunden dem Edlen und Schönen zu widmen. Gerade in
dem Alter dieser jungen Leute liebt die Jugend oft mehr alles
Andere, als sich neben nützlichen, auch so schöne Kenntnisse zu
erwerben. Daß diese jungen Leute ihre sich freiwillig gestellte Auf-
gabe, der Musik zu pflegen, nicht etwa einer verfkegenden Mode
huldigen, sondern sittlich-ernst von ihrem rühmlichen Wollen über-
zeugt sind, bewies das gestrige Conrert, das sowohl in dem
Ensemble wie in den Soli's sicher und schulgerecht, ja mitunter
sogar mit einer gewissen künstlerischen Begeisterung vorgetragen
wurde. Wir wollen keine einzelnen Namen hervorheben, um keinen
zurücksetzen zu müssen; indem Alle kameradschaftlich gleichen Eifer
in ihrem Streben an den Tag legen. Obgleich, je nach Fähig-
keiten, der eine früher, der andere später ein gewisses Ziel errei-
chen wird, so wünschen wir doch zur Erhaltung des gestern
Abend gegebenen, wirklich schönen Bildes, ein recht langes, ein-
müthigeS Streben in der Ausbildung und Vervollkommnung der
edlen Musik. Ein solches Streben, Vie Museftnnden der Jugend
dem Nützlichen und Schönen zu widmen, ist von wesentlichem
Einflüsse auf das ganze Leben. Mögen deßhalb diese braven
jungen Leute noch recht viele Nachahmer erhalten. Eltern und
Förderer solcher Bestrebungen verdienen neben den gewonnenen
Freuden, noch den öffentliche« Dank für solche empfehlenswerthe
Jugendbildung.
ch Mannheim, 2. Oktober. Stand der Fremden hiesiger
Stadt am k. Oktober: 494 Personen.
Bruchsal, 1. Okt. Seit heute Vormittag 8 Uhr ist die
Anklagebank durch den gr. StislungSverwalter Mietinger von
Karlsruhe besetzt, welchem O.G.A. Trefurt als Vertheidiger zur
Seite steht. Die auf das Verbrechen der Rechnersuntreue ge-
richtete Anklage wird von dem gr. Staatsanwalt Hofgerichtsrath
Haaß geführt. Als Bevollmächtigter des gr. kath. Oberkirchen-
raths, Namens der durch Mietinger's Verbrechen beschädigten
Zentralstiftungen-Verwaltung Karlsruhe, ist der gr. Oberkirchen-
rath Forch von da anwesend. Der Gerichtshof erklärte ihn des
Verbrechens der Rechnersuntreue für schuldig und verurtheilte
ihn, außer der Strafe der Dienstentsetzung, zu einer Zuchthaus-
strafe von 41/2 Jahren (3 Jahren Einzelhaft), sowie zum Ersätze
des dem kath. Kirchenfiskus zugegangenen Schadens, der sich ein-
schließlich des Zinsenanspruchs im Ganzen auf 63,066 fl. berechnet.
An letzterer Summe ist bis jetzt im Ganzen der Betrag von bei-
läufig 27,000 fl. zurückerstattet, alles Fehlende will Mietinger
im Laufe seiner letzten Dienstjahre für seine Privatbcdürfnisse
! verbraucht haben. (Mietinger's Neffe, Wilhelm Hölzlin, der
 
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