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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 78 – Nr. 102 (1. April – 30. April)
DOI Kapitel:
Nr. 96
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0405

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Rr. 86.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterhaltungs - Blatte
vierteljährlich 54 kr.

Freitag, S3. April

1838

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" »nd dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit S kr.

* Mannheim, 22. April. Der hiesige Kunstverein
hat soeben seinen 16. Jahresbericht ausgegeben. Mit diesem
Berichte erhalten die Mitglieder zugleich die herrliche Vereins-
gabe für 1857: „Heidelberg" von Willmann. Diese Vereins-
gabe ist eine der schönsten seit vielen Jahren. Wie sie den_ Bei-
fall der Vereine zu Darmstadt, Freiburg, Stuttgart und Straß-
burg gefunden, so wird sie sicher auch hier die Bewunderung jedes
Beschauers erregen. Eine ebenso wohlthuende Befriedigung ge-
währt auch der Jahresbericht. „Den Sinn für bildende Kunst
zu fördern und die Künstler in ihren Bestrebungen aufzumuntern"
gelang dem Vorstande während der Verwaltungsperiode von 1855,
1856 und 1857 hinlänglich und somit ist der eigentliche Zweck des
Vereins vollkommen erfüllt worden. Dem Vorstand des Kunstver-
eins gebührt deßwegen ein dankbares Zeichen öffentlicher An-
erkennung. Schon in dem steten Zunehmen der Mitgliederzahl
liegt eine Anerkennung für die Bedeutung des Vereins und für
die wohlverstandene Erfüllung seiner Zwecke. Im Jahre 1855
zählte der Verein 565 Mitglieder, 1856 betrug die Zahl derselben
572 und 1857 trotz Sterbfällen und Austritten wegen Wogzug
u. s. w. 579 Mitglieder. In diesen 3 Jahren hat der Verein
eine Summe von 4745 fl. 23 kr- zur Verloofung von Kunst-
gegenständen aufgewendet und dabei für das laufende Jahr einen
Kassenvorrath von 1392 fl. 10 kr. erübrigt. Bei dem geringen
jährlichen Beitrage von 5 fl. 24 kr. und dem offenbar hohen
Zwecke kann eS unter einer fortgesetzten tüchtigen Leitung nicht
fehlen, daß der Verein von Jahr zu Jahr noch mehr an Mit-
gliedern und somit auch an der Erfüllung feines Zweckes zunimmt.
Der geringe Jahresbeitrag wird durch die herrlichen Vereinsgaben
vielfach ersetzt. Die Vereinsgaben bilden die schönsten Zimmer-
zierden und bezeichnen die Wohnungen, in denen Sinn für
Kunst heimisch ist. Der stete Anblick des Schönen aber veredelt
den Geschmack, befördert die Bildung und lohnt somit die Mit-
gliedschaft reichlich.
* Mannheim, 22. April. Von dem verdienstvollen Lehrer
an der hiesigen höheren Bürgerschule, Hrn. Prof. Dr. Mayer,
ist soeben das erste Heft des zweiten Bandes seines „Handbuch
der deutschen Geschichte" erschienen. Wie über den vollendeten
ersten Band spricht sich die Kritik auch über den Anfang des
zweiten Bandes gleich günstig aus. Man lobt an dem Werke
die Lebendigkeit der Darstellung, die deutsche Treue der Gesinnung
und die künstlerische und pädagogische Anordnung.
* Mannheim, 22. April. Der evangelisch-protestantische
Kirchengemeinderath wählte in seiner gestrigen Sitzung einstimmig
den Hrn. Dietrich Betz zum Verwalter des Hospitals der Ge-
meinde- Eine in jeder Beziehung sehr glückliche Wahl!
* Mannheim, 22. April. Die schon erwähnte Abtheilung
der Pionniere ist bereits seit dem Abend des 19. April hier ein-
getroffen, um den Militärschießplatz jenseits des Neckars mit dem
zur Sicherheit nöthigen Walle zu umgeben.
* Mannheim, 21. April. Am Dienstag Abend machte
ein Dienstmädchen einen Selbstmordversuch, bei dem es ihr jeden-
falls nicht recht ernst zu Muthe war. An einer der belebtesten
Stellen des Freihafens zog sie gemächlich ihre Schuhe aus, legte
ihr Halstuch auf den Boden und obendrauf ein Geldtäschchen nebst
einem Briefe. Während eines langen Augenblicks, in welchem sie
unter bitterlichem Weinen sich die beste Art des in'S Wasserspringens
recht zu überlegen schien, wurde sie von menschenfreundlichen
Armen aufgehalten und in die Stadt zurückgeleitet.
ff Mannheim, 22. April. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 21.—22. April: 310 Personen.
* Aus Baden. Se. K. H. der Großherzog haben geruht
den Kreiskassier Becht zn Freiburg wegen seines sehr vorgerück-
ten Lebensalters in. den Ruhestand zu versetzen; die hierdurch
erledigte Stelle eines Kreiskassiers in Freiburg dem Oberzollin-
spektor Schmidt in Constanz zu übertragen; den Oberzollinspektor

Schilling zu Stühlingen in gleicher Eigenschaft zum Hauptzoll-
amte Konstanz zu berufen; endlich den Gegenprobirer Philipp
Müller bei der großh. Münzstätte in Karlsruhe zum Münzkon-
troleur mit Staatsdienereigenschaft zu ernennen. — Durch Kriegs-
ministerialentschließung vom 20. vor. Mts- wurde der Verwal-
tungsfourier Joh. Peter Scholl vom Jägerbataillon zum Quar-
tiermeister beim (1.) Leib-Grenadierregiment ernannt. — In Hei-
delberg ist die Bildung eines „Rekrutenvereins" im Werke;
ebenso in Karlsruhe. An beiden Orten ist der Mannheimer
Rekrutenverein als Muster angenommen. — In Weinheim
starb nach langjährigem Leiden Hr. Kröber, Lehrer an der Ben-
der'schen Erziehungsanstalt. — Im Jahre 1857 wurden in der
Stadt Pforzheim geboren 167 Knaben und 169 Mädchen, im
Ganzen also 336 Kinder. Darunter waren 10 Todlgeborene.
Gestorben sind 361 Personen, nämlich 197 männliche sind 164
weibliche. Die Zahl der Gestorbenen übersteigt demnach die der
Geborenen um 25. Getraut wurden 78 Paare. — Ein äußerst
regeö Leben herrscht gegenwärtig in Furt wangen, sowohl in
den Uhrenwerkstätten wie auf der Brandstätte, wo man Arbei-
ter aus den meisten Gegenden Deutschlands trifft, Maurer aus
Würtemberg, Hessen, Sachsen, Bayern; Taglöhner aus Tyrol,
die bis zu 1 fl. 48 kr. täglich bezahlt werden. In kurzer Zeit wird
dieses Städtchen neu dastehen. Der Beginn der Ommbusfahr-
ten zwischen Rottweil, Villingen und dem Breisgaue, welche am
15. d. M- ins Leben treten sollten, ist nun auf den 1. Mai
verlegt. — In Waldkirch wurde am 20. April eine Gewerb-
schule in feierlicher Weise eröffnet.
* Als der König Mar von Bayern im vorigen Jahr in
Paris war, ließ sich auch der bekannte Geschichtsschreiber Thiers
bei ihm zu einer Audienz anmeldcn. Der König ließ ihm aber
sagen, daß er einen Mann nicht empfangen könne, der so grobe
Unwahrheiten über das bayerische Heer und den tapfern Wrede
in seinem Buche über das Kaiserreich niedergeschrieben habe.
* In München freut man sich jetzt schon, bis Sommer den
Kaiser Napoleon zu sehen. Er soll den Besuch bestimmtzugesagl haben.
* Hofrnth Perner, der verdienstvolle Präsident des Mün-
chener Thierschutzvereins wendet sich an alle Geistlichen mit der
Bitte, die Thierschutzvereine durch ihre Predigten zu unterstützen.
Nürnberg, 21. April. Gestern wurde auf der alten
Kaiserburg die bayerische Fahne aufgezogen, zum Zeichen daß in
den ehrwürdigen Räumen, welche 29 deutsche Kaiser von 1050
bis 1704 zur Zeit der alten Reichsherrlichkeit bewohnten, der
Herrscher des Landes verweile. (A. Z.)
* Speyer, 22. April. Letzten Montag fiel der 18 Jahre
alte Tagner Jacob Schwab von Heiligenstein bei der Ziegel-
hütte am Rheinhäuser Durchstich in den Rhein und ertrank.
Die Leiche konnte bis jetzt nicht aufgefunden werden.
Darmstadt, 18. April. Nach langer theoretischer und
praktischer Prüfung ist das mehrfach erwähnte, von dem Ober-
lieutenant v. Plönnies erfundene neue Geschoßsystem für tragbare
Feuerwaffen nunmehr durch allerhöchste Entschließung definitiv
angenommen. Dasselbe wird bei der großherzoglich hessischen
Armeedivision eingeführt, und zunächst auf die neuen Gewehre
östereichischen Kalibers angewendet. (A. Z.)
* Mainz, 21. April. Die Rheinschifffahrts-Central-Commis-
sion soll sich auf kurze Zeit vertagt haben.
Hall garten, im Rheingau, 18. April. Vergangenen Sonn-
tag trank der Bergmann Diefenbach von Oestrich, um vor einigen
jüngern Bergarbeitern mit seiner starken Natur zu prahlen, eine
ganze Flasche Branntwein aus einen Zug aus. Kaum wieder
an die Arbeit gegangen, stürzte er zusammen und war aller
Hülfe ungeachtet nach fünf Stunden eine Leiche. Er hinterläßt
eine Wittwe mit fünf Kindern. (Mthlr. Z.)
Worms, 21. April. Heute Vormittag erschoß sich in einem
Gasthofe dahier ein junger Geschäftsreisender aus Edenkoben.
 
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