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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 233 – Nr. 259 (1. Oktober – 31. Oktober)
DOI Kapitel:
Nr. 236
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#1069

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Mamchcimcr Anzcigkr.

Rr. S36

Erscheint, Montag- ausgenom-
men, täglich Morgens in 1800
Exempl. und kostet mit dem Unter--
haltungSblatte vierteljährl. L il.

Dienstag, 3, Oktober

Anzeigen werden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem tägli-
chen „Straßenplakat" zusammen
die gewöhnl.Zeile berechn, mit S kr.

18S8.

Allgemeiner Kranken-Unterstützungs-Verein. *)
Rechnungs-Auszug
pro 1. September bis 1. Oktober 1858.
1. Mitgliederzabl des Vereins.
I. Klasse 770
N. Klasse 306
NI. Klasse 60
zusammen 1136

2. Einnahmen.
fl-
kr.
fl
kr.
1) Auflagen und Anfnahmstaren
1104
15.
2) Kapitalzinsen
53
1157
15
3. Ausgaben-
1) Krankenrente
453
—.
2) Sterbgeld (1 Mann u. 2 Frauen)
3) Verwaltungskosten (darunter ein
100
—.
Quartal der Erheber)
156
4.
4) Beitragsverlust

39.
709
43

Demnach Einnahme-Ueberschuß 447 32
4. Vermögensstand.
1) Angelegte Capitalien 7303 45.
2) Kassenvorrath 543 1. 7846 46
Am l. September betrug das Vermögen 73^9 14
Demnach Vermehrung des Vermögens 447 32
und zwar durch obigen Einnahme-Ueberschuß von gleichem Betrag.
So erfreulich es ist, das gedeihliche Fortschreiten des Allge-
meinen Kranken-Nnterstützungsvereins hieraus ersehen zu können,
so würde dies doch noch in einem erhöhten Maße der Fall sein, wenn
nicht — wie wir dies leider berichten müssen — von Seiten
einzelner Mitglieder ungebührliche Ansprüche an den Verein ge-
macht würden.
Der Vorstand macht es sich zur Aufgabe, solchen ungegrün-
deten Anforderungen mit allen statutenmäßig gegebenen Mitteln
entgegenzutreten, und er war in der jüngsten Zeit sogar in der Lage,
ein Mitglied, das durch Erheuchlung von fortdauernder Krank-
heit und durch Anwendung anderer, unrechtlicher Mittel den un-
gebührlichen Fortbezug der Kranfenrente erschlichen hat, deshalb,
auf Grund des §. 30 der Statuten, vom Vereine auszuschließen.
Die Gerechtigkeit dieser Maßregel wurde durch den Ausspruch
des auf Verlangen des betreffenden Mitgliedes selbst zusammen-
berufenen Schiedsgerichts einstimmig bestätigt.
Abgesehen davon, daß der Allgemeine Kranlen-Unterstü-
tzungs-Verein niemals eine Versorgungsanftalt für alle Fälle
sein kann, und nur den einzigen Zweck hat, seine Mitglieder im
Fall e wirklicher Krankbeit für den dadurch verursachten
Ausfall ihres persönlichen Verdienstes zu entschädigen und zur
Bestreitung der Krankheitskosten zu unterstützen, so wollen aber
die Mitglieder noch ferner berücksichtigen, daß die Kräfte des
Vereins vorerst noch zu sammeln sind, um für die Tage des
unabweisbaren Bedürfnisses gewachsen zu sein.
Deßhalb wollen wir von der Einsicht der Mitglieder des
Vereins erwarten, daß sie fortan durch sparsamen und ge-
rechten Gebrauch der Vereinsmittel dazu beitragen, daß sich
derselbe durch Ansammlung eines ausreichenden Grundstock-
Kapitals für die Dauer bewähren mag.

*) Im l. Artikel (Nr. 216 vom »1. Sept. 1858) Seite 2, Spaltet,
soll es bei den Mitgliedern 3. Klasse statt t6t heißen 171, und
bei dem Kassenvdrrath vom 1. Juli 18S8 soll es heißen 2723 fl.
4 kr. statt 2743 fl. 4 kr.

Das allgemeine Krankenhaus
wurde am letzten Sonntage nach Vollendung aller Bauten feier-
lich eingeweiht. Wehende Fahnen bezeichneten von Außen das
festliche Haus, während in dem großen luftigen Hofe allenthal-
ben lgeschmackvolle Verzierungen angebracht waren. An der
Seite des bisherigen eigentlichen Krankenhauses waren zwei Tri-
bünen errichtet, die eine, sinnig gezierte, diente der eigentlichen
Einweihung; während die andere die Mitglieder der Lieder-
tafel aufnahm, welche durch einige wohlgelungene Vorträge sehr
zur Erhebung der Feier beitrugen. Unter der verbindenden Ko-
lonade befanden sich die Kinder der Armen- und Waisen-
schule. Vor diesen Tribünen waren Sitze für die eingela-
denen Honoratioren. Wir bemerkten darunter den Herrn Re-
gierungspräsidenten, den vormaligen großherzoglichen Stadtdirek-
ter, die hohe Geistlichkeit, die Vorsteher der übrigen Hospitäler,
die Vorsteher der katholischen, evangelischen und israelitischen Ge-
meinde u. s. w. Rechts und links von der Rednerbühne saßen
die Mitglieder der großh. Polizei - Armen - Commission. Der
übrige Hofraum war dem theilnehmenden Publikum freigelassen.
Die Sonne strahlte so freundlich auf die Festversammlung nie-
der, als wollte sie gleichsam diese erhabene Feier vom Himmel
selbst begrüßen.
Ein Lied der Schulkinder leitete den Akt der Einweihung
ein; der darauffolgende Gesang der „Liedertafel": „Mit dem
Herrn fang' Alles an!" erzeugte eine höhere Weihestimmung.
Unser verehrter Herr Stadtdirektor bestieg die Rednerbühne,
um, als Präsident der Anstalt, die Festversammlung zu begrüßen.
Der herzlichen Begrüßung folgte eine interessante, geschichtliche
Mittheilnng über die Entstehung und Ausdehnung des allge-
meinen Krankenhauses.
Wir wollen versuchen, dem Jdeengang des Vortrages fol-
gend, unfern Lesern dessen Hauptinhalt hier mitzutheilen:
Vor etwa 50 Jahren erwarb die gr. Armenpolizeikommission
das damals dem Karl-Borromäus- und barmherzigen Bruder-
schaftsfond gehörige Haus und richtete es einestheils zur Kran-
kenpflege, anderntheils als Asyl für Arme ein. Allein die zur
Aufnahme der Kranken bestimmten Raume zeigten sich bei der zu-
nehmenden Bevölkerung und der Vermehrung der Gewerbsge-
hülfen und Fabrikarbeiter, welche durch den Aufschwung der In-
dustrie veranlaßt wurde, bald als ungenügend. Man suchte die-
sem Uebelstand dadurch abznhelfen, daß man nun das ganze Haus
zur Aufnahme von Kranken bestimmte. Allein auch diese Erwei-
terung war dem vergrößerten Bedürfnisse nicht entsprechend.
Schon im Jahre 1846 erkannte man nur in der baulichen Ver-
größerung der Anstalt selbst ein wirksames Mittel und waren hie-
zu bereits schon vorbereitende Schritte geschehen. Allein da das
Grundstocksvermögen damals eine solche Ausgabe nicht gestattete
und bald darauf politische und sociale, 1849 sogar kriegerische
Stürme ausbrachen, so mußte dieses Werk, das nur im Frieden
und einträchtigem Zusammenwirken zwischen Staat und Gemeinde
gedeihen konnte, vorerst noch als nicht ausführbar unterbleiben-
Der Ausbruch der Cholera-Epidemie im Jahre 1849 stellte aber
eine bedeutende Vergrößung der Anstalt unbedingt heraus. Da
mittlerweile durch mehrere ansehnliche Stiftungen und Vermächt-
nisse der Grundstock der Anstalt angewachsen war, auch ein edler
Menschenfreund, Herr Julius Duchat von Cossonay, der Anstalt
20,000 fl. unter sehr humanen und günstigen Bedingungen zu-
wendete, konnte man im Jahre 1851 Hand ans Werk legen.
Die von da bis heute unternommenen Vergrößerungen,
Verbesserungen rc. suchte der verehrte Redner in 3 Abtheilungen
anschaulich zu machen.
1) Der Neubau des gegen Nordosten gelegenen Theiles
wurde nach einem Plane des Architekten Troß im Jahre 1851
 
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