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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 1 – Nr. 27 (1. Januar – 31. Januar)
DOI Kapitel:
Nr. 17
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0075

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Nr. 17.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterhaltung^ - Blatte
vierteljährlich L kr.

Mittwoch, LO Januar

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem tätlichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit ts kr.

1838.

* Mannheim, 19. Jan. Heute Abend halb 6 Uhr wurde
auch hier einem Mädchen der Zopf abgeschnitten. Nach erledigter
Untersuchung Näheres.
-7- Mannheim, 19. Jan. Gestern Nachmittag zwilchen
3 und 4 Uhr traf im Bahnhofe zu Bruchsal eine telegraphische
Depesche von Karlsruhe ein, welche die Polizeimannschaft anwies,
die Koffer zweier näher beschriebenen Reisenden zu visitiren und
je nach Befund die Verhaftung derselben vorzunehmen. Wahrend
beinahe sämmtliche, auf den Abgang des Stuttgarter Zuges war-
tenden Passagiere sich in den Wartsälen oder in der Restauration
befanden, sah man zwei vornehm gekleidete, in prächtige Pelzman-
tel gehüllte Herren ungeduldig das Trottoir auf- und abgehen,
welche bei Ankunft der Gendarmerie sichtbar erschracken. Auf die
höfliche Einladung der Letztern begaben sich beide Herren nebst
ihrem Gepäck in das Eisenbahn-Bureau, wo die Visitation vor-
genommen und die in der Fahndung bezeichneten Gegenstände,
man sagt 50,000 Francs in Gold und Werthpapieren, gefunden
wurden. Der ältere Herr wurde bei der Verhaftung sogleich
mit Daumenschrauben geschlossen und Beide mit dem Zug 4 Uhr
22M. nach Karlsruhe abgeführt. Es handelt sich hier wahrschein-
lich um Betrüger oder Diebe, denen ihr Todfeind, der Telegraph,
einmal wieder einen Spuck angeihan hat.
p Mannheim, 19. Jan. Stand der Fremden hiesiger Stadt
vom 18.—19. Jan.: 243 Personen.
* Aus Baden. Das 9. Bulletin über das Befinden
Sr. Kgl. Hoheit des Großherzogs Ludwig vom 18. Jan. sagt,
daß dem gebesserten Zustande des Hoheit Kranken wieder stärkeres
Fieber gefolgt sei ; trotz wiederholten Schlafes ist die Schwäche
im Wachsen. — Nach der „Karlsruher Zeitung" werden II.
regierenden KK- HH. der Großherzog und die Großherzogin des
kranken Großherzogs Ludwig wegen nicht nach London zu dell
Trauungsfestlichkeiten abreisen. — Im Oberlande wird über
Wassermangel geklagt. Die Berge zeigten in den letzten Tagen
etwas Schnee und in Freiburg hatten sie einen leichten Re-
gen ; aber es blieb bis jetzt bei der Hoffnung auf Abhülfe des
Wassermangels. — Am Bodensee werden gegenwärtig für den
Morgen Weinberg 2000 fl. bezahlt. — In Walds Hut soll
ein Neüungshaus für sittlich - verwahrloste Kinder gegründet
werden.
Vom Gebirge, 17. Jan. Bei einer durch die Familie
Giessen von Deidesheim kürzlich abgehaltenen Güterversteige-
rung wurden für 20 Morgen Weinberge, Aecker und Wiesen
40,000 fl. erlöst. (Pf. Z.)
Nürnberg, 13. Jan. Wie eine Annonce des „F. K."
kund gibt, hat sich für Herrn Nadlecmeister Ditthorn von hier,
veranlaßt durch du jetzt bestehende abscheuliche Manie deS Zopf-
abschneidens, eilt neuer Industriezweig eröffnet. Derselbe verfer-
tigt nämlich einen sogenannten Haarlchutz aus Draht geflochten,
welcher seinen Zweck ebenso vollkommen erfüllt, wie die bei Fecht-
übungen im Gebrauche stehenden vergitterten Vtsire von Eisen-
draht das Gesicht vor Wunden in Schutz nehmen.
* Regensburg, 15. Jan. Die Zopfabschneiderei hat sich
nun auch hier gezeigt; man erzählt bereits drei Fälle. Daß un-
sere Mädchenwelt in großem Schrecken ist, läßt sich denken.
In Rothenburg wurde ein Zopfabschneider, indem er
Abends sein Kunststück an einem Märchen auf offener Straße
versuchen wollte, »erfolgt und in einem Wirthshause von der
Polizei und Gendarmerie verhaftet- (Ansb. M.)
Worms, 18. Jan- Gestern Abend fiel unvorsichtigerweise
von der hiesigen Schiffmühle der Eig-mthümer derselben, Herr
Friedrich, während er mit einem Lichte in der Hand auf dem
Decke etwas nachsehen wollte, in den Rhein und ertrank. Die
Leiche wurde heute Morgen aufgefunden. (Rh. H.)
X Frank furt, 18. Januar. Gestern fand hier im Gast-
hofe zum Schwanen die zweite Versammlurrg der Industriellen

Deutschlands statt zur Besprechung über den französischen gegen-
seitigen Schutzverlrag des literarischen, artistischen und industriellen
Eigeuthums, wie ihn Baden mit Frankreich abgeschlossen hat.
Man fand, daß dadurch Deutschland beeinträchtigt werde, und
Baden als Mitglied des Zollvereins schwerlich berechtigt sein
dürfte, für sich allein Zoll- und Handelsverträge abzuschließen.
Heute wurde besonders die Ansicht niedergelegt, daß Baden nach
solchem Vertrage, der sein Gebiet einem Theile der Fabrikate des
Zollvereines verschließe, unmöglich in gleicher Weise wie bisher an
den Einkünften des Zollvereins Theil haben könne; ebenso daß
dieser Vertrag für die deutsche Industrie ein Verbot bilde- Von
mehreren Regierungen ist versichert worden, daß sie diesem Ver-
trage jetzt beitreten wollen. Die nächste Versammlung der In-
dustriellen ist auf den 21. Februar festgesetzt.
Berlin, 16. Jan. Gestern Abend, in noch frühster Stunde,
ist ein hiesiger Comptoirdiener überfallen, lebensgefährlich ver-
wundet und eines Beutels mit 500 Thlrn., welchen er trug,
beraubt worden. Das ist geschehen mitten im belebtesten Theile
der Stadt, aus dem Gendarmenmarkte. Man begreift kaum, wie
dies, bei unserer sonst doch so vortresflichen Straßenpolizei, mög-
lich sein konnte. Die Behörde hat auf die Entdeckung des Thä-
ters einen Preis von 100 Thlrn. gesetzt. (F. I.)
Berlin, 17. Jan- Heute Vormittag wurde im hiesigen
Schloß die Feier des Ordensfestes begangen. — Der Prinz tritt
heute Abend mit dem Kölner Courierzuge die Reise zur Vermäh-
lungsfeier nach London an. (F. I.)
"Triest, 15. Jan. Den neuesten Nachrichten aus Monte-
negro zufolge sind die aufständischen Rajahs in der Herzegowina
und die Montenegriner in ihre Wohnsitze zurückgekehrt. Älö, wie
man schon in den letzten Tagen zu erwarten Grund hatte, die
Ruhe bereits angebahnt war, begab sich ein Abgeordneter des
WesirS nach Trebinje, von dort nach der Sutorina und nach
Castel nuovo, um den dorthin geflüchteten türkischen Finauzbe-
amten und sein Detaschement nach der Sutorina zucückzuführen.
Triest, 16. Jan. So eben, Vormittags 10 Uhr, beginnt
bei schönstem Wetter unter dem Donner der Kanonen und dem
Geläute aller Glocken uirter ungeheurem Menschenzudrange der
Leichenzug Radetzky's. (F. 'II
Mailand, 14. Jan. Schon seit dem frühen Morgen
sand ein außerordentlicher Zusammenfluß von Menschen statt,
und eine lebhafte Bewegung war in der Stadt bemerkbar; um
Mittag setzte sich der Leichenzug von der Villa Reale aus in
Bewegung. Bei seinem Herannahen trat auS dem eigenen Im-
puls der Massen ernste Stille ein- Tiefe Bewegung gab sich
bei dem Anblick des Leichenwagens kund, welchem beiläufig 40
Generale und mehr als 1000 Offiziere der verschiedenen Grade
und Waffen folgten. Um Uhr langte der Zug vor dem
Dom an, in welchem die Einsegnung erfolgte, woraus um 1 Uhr
sich der Zug unter Anschluß sämmtlicher Civilbehördeu zur Eisen-
bahnstation nächst der Porta Tosa bewegte. Hierauf erfolgte die
Desilirung der Truppen. Der Andrang der Bevölkerung war
ungeheuer; einstimmig die Trauer und die Theilnahme au diesem
letzten, aber nicht minder glänzenden Triumph des Feldmarschalls
Grafen Radetzky. (W. Bl.)
Turin, 16. Jan. Den Kammern wurde eine Cabinets-
modifikation angekündigt. Ratazzi tritt ab; Cavour übernimmt
provisorisch das Innere, Lanza erhält das Ministerium der Fi-
nanzen definitiv, das des Unterrichts provisorisch. (F. I.)
" Thurgau. Napoleon M. hat neuerdings verschiedenen
Gemeinden des Kantons 1000 Fr. zu Armenzwecken geschenkt.
Aus Paris meldet die „Köln. Ztg.": Es sind mehr als
dreißig Verhaftungen vorgenommen; sämmtlich Italiener. Viele
hatten sich nach Art der Engländer gekleidet und wollten sich als
solche ausgeben. Einer der Italiener, Namens Carisini, wurde
 
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