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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 154 – Nr. 180 (1. Juli – 31. Juli)
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Nr. 174
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Rr. 174.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens in 1800
Exempl. und lostet mit dem Uuter-
haUungsblatte Vierteljahr!. L-L kr.

Samstag, 24. Zull

Anzeigen werden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem tägli-
chen „Straßeuplakat" zusammen
die gcwöhul.Zeile berechn, mit Z kr.

1838..

G Mann Henn,.,24. Zull. (Schluß des gestrigen Artikels,
die 4. Säkularfeier des hl. Bernhard,Markgrafen von Baden, bett.)
Dieses ledere Vorhaben konnte'ser aber nicht aussühren-
Zwei Jahre zuvor, 1453, hatte'-Äultan Mahomev'!!. Konstanti-
nopel eingenommen und das oftrömische Kaiserthum über den
Haufen geworfen, und» immer drohender würde die Gefahr auch
für das Abendland. Um die Fürsten zu einem Kreuzzug gegen
die Türken zu bewegen, glaubte Kaiser Friedrich III. keinen ge-
eigneteren Unterhändler zu finden, als den frommen Markgrafen
von Baden, den Bruder seines Schwagers Karl Markgraf von
Baden, (dieser hatte Katharina von Oesterreich, Friedrich UI.
Schwester zur Ehe.) Der Kaiser ernannte ihn deßhalb zu sei-
nem Gesandten und Statthalter in Italien. Gerne übernahm
Bernhard dieses Amt, reiste zuerst zu Karl dem VII von Frank-
reich, dann Anfangs Juni 1458 zu Herzog Ludwig von Savo-
yen, und gewann beide Fürsten, die ihn auf's Ehrenvollste auf-
nahmen für die Sache des Kreuzzuges. Anfangs Zuli setzte er
seine Reise mit seiner fürstlichen Begleitung und nut seinem Beicht-
vater Johannes Argot, auS dem Franziskaner-Orden, fort nach
Rom zu Papst Colirtus Ul., aber bevor er Rom erreichte, war
er an dem Ziel seiner irdischen Laufbahn angelangl.
Drei italienische Miglien von Turin zu Moncalieri wurde
er von einer tödtlichen Krankheit ergriffen. Er liest sich in das
dortige Franziskanerkloster bringen, um sich zu seinem Hingange
vorzubereiten, empfing die hl. Sakramente und ging ein zum
ewigen Frieden den 15. Juli 1458.
Er war etwa 30 Jahre alt. Er wurde beigesetzt in der
dortigen Muttergotteskirche nahe beim Hochaltar. Sein Beicht-
vater^ und mehrjähriger Begleiter Johannes Argot hielt ihm die
Leichenrede. Während derselben laß ein Aussätziger an der Thüre
der Kirche und da er Vas Lob des Heiligen hörte, rief et den-
selben um seine Fürbitte an und siehe da! er ward geheilt. Die-
ses Wunder und noch andere an seinem Grabe sowie auch an-
derwärts die Tugenden des hiugegangenen Fürsten mit neuem
Glanze beleuchtend, veranlaßten Papst Sirtuö IV. den Selig-
sprechungsprozeß einzuleiten. Die Seligsprechung selbst erfolgte
1481. Papst Clemens XIV. ernannte ihn zum Patrone der
Markgraffchast Baden. So ist er, der im Leben eine Zierde sei-
nes Hauses und ein Vater seines Landes war, noch im Tode
ein Beschützer seines Hauses und Landes geworden, und schön
passen auf ihn Vie Worte der Schrift: „Er war geliebt von Gott
und den Menschen, sein Andenken ist im Segen, Gott hat ihn
gleich gemacht der Glorie seiner Heiligen."
Es erübrigt noch etwas über seine Persönlichkeit zu sagen.
Er war von stattlicher Gestalt und schöner Gesichtöbildung, be-
saß große Fähigkeiten, veredelt durch wissenschaftliche Ausbildung.
Die Tugenden, welche an ihm besonders hervorleuchteten, waren
Mäßigkeit, Selbstbeherrschung, Mildherzigkeit gegen die Armen,
Verachtung der irdischen Güler und Keuschheit und Frömmigkeit.
Mit seinen ritterlichen Uebungen, mit der Pflege der Wissenschaf-
ten, mit der Regentensorge, verband er Fasten und Gebet. Er
kommunizirte monatlich zweimal, hörte täglich die hl. Messe und
beichtete oft.
Die Reliquien seines Leibes sowie ein härenes Bußgewand,
das er auf bloßem Leibe trug, werden zu Monralien aufbewahrr.
Ein Arm deS Heiligen ist un Kloster zu Licchtenthal bei Baden.
Sein Bild (im Schlosse zu Baden) stellt ihn dar mit Helm und
Panzer, um das erhabene Haupt strahlt eine Glorie; in Ver-
einen Hand hält er, die badische Fahne, in der andern den Wap-
penschild seines Hauses mit der Ordenskette deö goldenen Vließes.
Möge er stetö den Schild seiner mächtigen Fürbitte halten
über.seine Großherzoglichen Nachkommen, sowie über das ganze
von ihnen beherrschte Land.
V" Mannheim, 23. Juli. Es ist gewiß nur eine erfreu-
liche Erscheinung zu nennen, daß die Bürgerschaft bei unfern

i diesmaligen Gemeindewahlen, die Wichtigkeit des Wahlrechts und
dessen Ausübung erkannt und wieder ersaßt hat und daß sie da-
! von abgekommen ist, bei solchen Handlungen entweder einem
Wahlvorschlage zu folgen, oder gar nicht zu wählen. Durch
diese An-und Absicht .aber und dann durch die zu wahrenden Jn-
l teressen der verschiedenen Theile unserer Bürgerschaft mußten
i auch verschiedene Meinungen hinsichtlich der in den Gemeinde-
körper zu ernennenden Personen entstehen, und wurde dadurch
- eine seit Jahren unbekannte Lebendigkeit hervorgerufen, die sich in
- verschiedenen Bestrebungen zeigt, und hauptsächlich in der Presse
ein Echo gesunden hat. Sind nun aber diese verschiedenen Be-
! strebungen zur Läuterung und Klärung des Vorhabens sehr heil-
' sam und vermögen sie allein eine richtige Zusammensetzung zu er-
reichen, >o müssen sich dieselben jedoch in einer gewissen Grenze,
in derjenigen des passiven Wiederstandes, bewegen, um nicht in
j das Gegentheil ihrer Wirkungen umzuschlagen und Parteiungen
<- mit Anfeindungen Hervorzurusen, und aus Meinungen Prinzipien
l und aus Alfftrebungen Kämpfe zu machen. Am allerwenigsten
! darf aber das öffentliche Wort, in Rede oder Schrift, den Weg
' dcr läuternden Wahrheit verlassen und sich dienstbar einer MA-
nung machen; es dars am allerwenigsten dahin kommen, daß es
! Ausdrücke gebraucht, die zum Schutze einer Meinung die andere
! verwundet, und dadurch gerade dasjenige erzielt, was vermieden
> werden sollte- Betrachten wir vieierhalb die uns in dem „Mann-
! Heimer Journal" vom Gestrigen abgevruckte Correspondenz der
l „Badischen Landeszeffung," so müssen wir beklagen, daß sich eine
s Ansicht hinreißen lassen konnte, diese Ansicht als die allein richtige
, aufzustelleu und gegen die Gegenansicht zu verfahren wie cs
s ft rrteistellungen zukömmt, die zur Erreichung des Sieges den
l Gebrauch keiner Waffe scheuen. Aber nicht genug, daß diese
! Correspondenz sich gegen die hervorbrechende, aufgetauchte Bestre-
bung bei den Wahlen mit Aufstellungen wehrt, die geeignet wären,
j Schrecken einzuflößen, wenn sie geglaubt werden könnten, — so ist
! diese Correspondenz dadurch so unklug, selbst die Anhänger ihrer
Ansicht in Vie Lage zu bringen, daß man versucht wird anzuneh-
men, diese Aufstellungen seien Vie Finte — um sich selbst zum
Siege zu verhelfen. Näher auf dieselbe Correspondenz einzugehen,
hieße blödsinnig an der Wahrheit gehandelt: denn jeder hiesige
Bürger, ver Vie Männer, welche vie sogenannte „Oppositions-
partei" auf den Wahlvorschlägen verzeichnet hat, kennt, findet ge-
l wiß in denselben nicht so viel ehr- und herrschsüchtige Eitelkeit
— daß er vorziehen würde, vie Bänke der Aula mit lauter Pa-
goden zu besetzen, als denselben den Herrvorgang aus derWahl-
urne wünschen oder gar verhelfen zu wollen. Wir glauben, daß
jeder Bürger das Wort ver Wahrheit und Ver Läuterung erken-
nen und schätzen wird unv glauben ferner, daß solche Worre,
wie die ver Corresponvenz sich in ihrem Schlußsätze den Weg
selbst vorgezebchnet haben; denn 's ist schon Zeit — wer lebt,
kann's sehen — daß man Füße braucht zum Gehen!
— Mannh eim, 23. Juli. Wenn man den Leitartikel im
, gestrigen „Mannheimer Journal" gelesen, so bemächtigt sich dem
! sich bewußten ruhigen Manne unwillkürlich der Gedanke an ein
- Gebühren, wie wir es in der Morgen- unv Abendzeitung vor
Jahren erlebt haben. Angesichts solcher Thatjachen, kann man
nur seine Bevauerniß und Entrüstung aussprechen über diejeni-
! gen, welche solche Zeiten geflissentlich heraufzubeschwören bemüht
sind. Diesen Artikel selbst betreffend, wird man an Vie Ergüsse
eines Zeloten erinnert, der von Halle a .s so häufig seiner Galle
Luft macht, unv in viesem Sinne wollen wir den ganzen Artikel,
weil wir es unter unserer Würde halten, darauf auch nur ein
Wort zu erwidern, betrachten, unv denken: „es ist besser Unrecht
- leiden, als Unrecht thun." — Der Gemeinde Angelegenheiten in
einer loyalen und würdigen Weise zu besprechen, sind wir stelS
bereit, wir verkennen auch nicht die Verdienste der Leiter unseres
! Gemeindehaushaltes, waö mit Beziehung auf die im gestrigen
 
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