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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 285 – Nr. 310 (1. Dezember – 31. Dezember)
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Nr. 291
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Mamlftimcr Anzcigcr.

Auzeigeu werde« tu dem „Mann-
Mittwoch, 8. Dezember
die gewöhnl.Zeile berechn, mit« k.

1858.

Erscheint, Montag» ausgevom-
» Attl men, täglich Morgen» in 1800
. Exempl. und kostet mit dem Unter-
haltungSblatte vierteljährl. L st,

G Znm deutschen Münzwesen. .
Mannheim, 6. Dez. Nachdem zum Vollzug des deut-
schen Münzvertrags vom 24. Januar v. I. am 17. April 1858
unser neues Münzgesetz publizirt worden ist, bringt das jüngste
Regierungsblatt den Wortlaut des zwischen den Staaten des
süddeutschen Münzvereins vereinbarten süddeutschen Münzver-
trags. Wenn schon durch den allgemeinen Münzvertrag eine
Ausgleichung der bestandenen Abweichungen im.Münzwesen und
die Schaffung eines einheitlichen Münzsystems für Deutschland
angebahnt worden ist, so wird in dem neuen süddeutschen Münz-
vertrag ein weiteres Mittel zu jener segensreichen Vereinfachung
geboten. Da die übereinstimmende Annahme eines einheitlichen
Systems mit allen seinen Folgen wegen der dadurch bedingten
momentanen Störung des Geldverkehrs unrathsam schien, so be-
harren zwar die süddeutschen Staaten trotz der Adoptirung des
Thalersystems im 52^/z Guldenfuß zur Zeit noch immer bei der
damit in Korrespondenz gesetzten Guldenrechnung, aber sie haben
sich wenigstens dahin geeinigt, daß für die allmalige Ausschei-
dung der Münzsorten gesorgt werden soll, welche mit dem Tha-
lersystem unvereinbar sind. Nachdem bereits früher die Viertels-
kronenthaler und die kleinen Thaler beseitigt wurden, bestimmen
die W. 9 und 10 des neuen Vertrags, daß zwar die Kronen-
thaler in ihrem bisherigen Werthe von 2 st. 42 kr. aufrecht er-
halten werden sollen, daß aber die vertragenden Staaten gehal-
ten seien, auch diese Münzen allmälig aus dem Verkehr zu ent-
fernen. Es sollen nämlich vorerst in den fünf nächsten Jahren
jährlich für 4 Millionen Gulden von diesen Münzen, und zwar
nach dem Maßstabe der Vertheilung der Zollrevenuen eingezo-
gen, und in grobe Münze, besonders in Vereinsthaler, umge-
prägt werden. Vom 1. Januar 1864 an sollen alsdann, falls
inzwischen nichts Anderes bestimmt wird, jährlich für 2 Millio-
nen Gulden in derselben Weife umgeprägt werden.
Da außerdem auch > unsere süddeutsche Scheidemünze nicht
in das vereinbarte Thalersystem paßt, so sollen vom 1. Januar
1859 bis 1. Januar 1864 nach 16, jährlich für 400,000 st.
Sechs- und Dreikreuzerstücke, und zwar vorzugsweise solche
Stücke, die älter als vom Jahre 1807 oder ohne Jahreszahl
oder abgenützt sind, gleichfalls nach dem Zollmaßstabe eingejogen,
und nach 17 während dieser Zeit keine neuen Sechs- und
Dreikreuzerstücke geprägt werden, Diese Bestimmung findet ihre
Erklärung darin, daß bei den bisherigen Münzkonferenzen noch
keine Einigung über das innerhalb der Thalerrechnung einzuhal-
tende System der Scheidemünze erreicht wurde. Wie sich nun
einerseits die preußische, überhaupt norddeutsche Rechnung nach
Groschen und Pfennigen als so unhaltbar im Verkehr gezeigt
HM daß z. B- im Kölner Großhandel schon längere Zeit der
Thaler in 100 deutsche Centimen getheilt wird, eben sowenig ent-
spricht die Berechnung von 105 Kreuzern dem für den Verkehr
so ersprießlichen Decimalsystem, und deshalb bietet uns diese neue
Anordnung, bezüglich der süddeutschen Münze, die angenehme
Hoffnung, daß nach der Absicht der deutschen Regierungen die
nächsten Jahre auch in der Behandlung der Scheidemünze die
lang ersehnte Uebereinstimmung herbeiführen werden, und damit
ein weiterer bedeutungsvoller Schritt zur Einigung der mate-
riellen Interessen unseres Gesammtvaterlandes geschieht.
Heidelberg, 5. Dez. Gestern brachte eine Deputation
bestehend ans den Herren Geh. Rath Dr. Rau, Dr. Pagen-
stecher «en., Altbürgermeister Anderst und Kaufmann Spitzer,
eine Vorstellung von ungefähr 300 Mitgliedern der hiesigen
evangelischen Gemeinde, worin diese um Aufschub der Einfüh-
rung des neuen Kirchenbuches bis zu einer Revision'desselben,

durch die nächste Generalsynode bitten- Bei der Bedeutung,
welche gegenwärtig diese Angelegenheit in Baden erhalten hat,
wird es den Lesern nicht unangenehm sein, zu erfahren, welchen
Standpunkt der Gemeinderath m Heidelberg zu derselben genom-
men hat. Er geht in seiner Adresse an S. Ktzl. Hoh. den Groß-
herzog von der Thatsache aus, daß die prozektirte Abänderung
der Cultusform einen großen Thcil der Gemeinde sehr beunruhige,
weil derselbe ein Aufgeben der seit der Reformation hier zu Lande
festgehaltenen G mdsätze und Gewohnheiten so wie ein entschie-
denes Abweichen von der Bahn, auf welcher die Union zu
Stande gekommen fei, darin erkenne. Der Kirchengemeinderath
glaubt nun, daß in dieser jetzt erst hervorgetretenen Thatsache
ein sehr wichtiges Moment gegen die Einführung des Kirchen-
buches liege, von dem er voraussetzen müsse, daß es nicht unbe-
rücksichtigt geblieben wäre, wenn es vor der Beschlußnahme da-
rüber den Behörden bekannt gewesen wäre, daß es aber eben
darum jetzt für den Kirchengemeinderath eine Pflicht sei, die
Kenntniß davon noch vor dem Erlasse eines Einführungsediktes
an den entscheidenden Ort zu bringen. Aus diesen Gründen
überreicht derselbe die Vorstellung und Bitte der Gemeinde Sr.
Kgl. Hoh. dem Großherzog zur Erwägung, ob unter diesen Um-
ständen die Einführung des Kirchenbuches bis zur nächsten Sy-
node verschoben werden könne und wolle; eventuell aber, wenn
jene Bitte nicht gewährt werden könne, stelle er das Gesuch,
daß dem Kirchengemeinderathe gestattet werde, bei der Einfüh-
rung des Kirchenbuches diejenigen Modifikationen eintreten zu
lassen, welche er nach bestem Wissen und Gewissen für not-
wendig erachte, um den Frieden in der Gemeinde zu erhalten
und das religiöse Bewußtsein und die altherkömmliche Gewohn-
heit nicht tief zu verletzen. Obwohl Se. Kgl. Hoh. der Groß-
herzog , wie das nicht anders zu erwarten war, eine definitive
Erklärung nicht gegeben hat, so war doch aus Allem, was er
sagte, wie wir hören, Das mit Gewißheit zu entnehmen, daß er
weit davon entfernt sei, den Gewissen einen Zwang auferlegen,
oder einer altgewohnten und liebgewordenen religiösen Gewohn-
heit seiner Unterthanen in einer verletzenden Weise eutgcgentreten
zu wollen. (F. I.)
Aus dem Mittelrheinkreis, 4. Dez. Während in
den größeren Strafanstalten durch Bestellung eigener Hausgeist-
lichen dem religiösen Bedürfniß volle Rechnung getragen war,
erwiesen sich die seither bestehenden Einrichtungen für die Seel-
sorge bei den Gefangenen der Kreis- und Amtsgefängnisse viel-
fach als ungenügend. Da nun auch in diesen Anstalten die
Haft oft lange dauert, und da gerade die Untersuchungshaft
nicht selten eine den tröstenden und bessernden Einflüssen der
'Religion besonders günstige Gemüthsstimmung erzeugt, so ist e-
dankbar anzuerkennen, daß die weltlichen und geistlichen Oberbe-
hörden dieser Tage Anordnungen für die Seelsorge in denKreis-
und Amtsgefängnissen getroffen haben, dnrch welche es den Geist-
lichen beider Konfessionen, in deren Sprengel sich solche Anstal-
ten befinden, ermöglicht und zur Pflicht gemacht wird, auch bei
diesen Gefangenen ihr heilbringendes Amt in vollem Maße aus-
zuüben. So soll denselben unter den sür die Hausordnung und
für den Gang der Untersuchungen erforderlichen Vorsichtsmaß-
regeln die Einsicht der Akten und Bücher, sowie der möglichst
freie Verkehr mit den Gefangenen gestattet sein und sind über-
haupt die Behörden angewiesen, ihnen jeden thunlichen Vor-
schub zu leisten, während es andererseits den Geistlichen zur
Aufgabe gemacht wurde, diesem Thcile ihres Berufes mit allem
Eifer abzuliegen. Wird, wie wir nicht bezweifeln, diesen Vor-
schriften von allen Seiten entsprochen, so werden segensreiche
Erfolge nicht ausbleiben. (K. Z.)
Karlsruhe, 6, Dez. Heute ist eine allerhöchste Ordre
 
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