Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI chapter:
Nr. 285 – Nr. 310 (1. Dezember – 31. Dezember)
DOI chapter:
Nr. 288
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29921#1411

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Samstag 4 Dezember

Erscheint, Montags auö-puom-
988 Meu. rägttch Morgens in 1800
«T" , <^OO Exemp!. nv-t kostet mit Leni Anter-
halturgzSbtatw oieneljährl. L st.

Arteigen werden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem tägli-
chen /.Straßcnplakat" zusammen
hle gewöhnl.Zeile berechn, mit T kr.

1858.

- Auf den „Mannheimer Anzeiger"
und das „Unterhaltungsblatt" kann man
sich noch für den Monat Dezember mit
BO Kreuzern abonnirern bei den Postanstalten, den Boten der
Umgegend, den Tragern in der Stadt und der Expedition, Lit.
IV 2 Nr. 9 in Mannheim.

. Mannheim, 3. Dez. Nach öffentlichen Blättern wird
sich in diesen Tagen von Heidelberg ans eine Deputation von
4 Mitgliedern des evangel.-Protest. Kirchengcmeindcratheö nach
Karlsruhe begeben, nm Sr. Kgl. Hoheit dem Grofiherzoge „die
Bedenken der Gemeinde gegen die Einführung der neuen Kiw
chen-Ageude vorzulegen und zu bitten, dieselbe bei der bishwi
gen Ordnung zu belassen." Die Sr. Kgl Hoheit zu über-
reichende Petition ist von sehr vielen Gemeindemitgliedern unter-
zeichnet-
< Mannheim, 2. Dez. Die Spiegelrahmenfabrik von Rous-
seau u. Co. dahier ist in jüngster Zeit in nie Leitung eines jun-
gen hiesigen Kaufmannes, Herrn Heßlöhl, übergegangen, von
welcher Leitung man einen bedeutenden Aufschwung des Geschäf-
tes erwarten darf.
* Mannheim, 3. Dez. Herr Concertmeister Becker hatte
die Gefälligkeit, dieser Tage in einem Concerte mitzuwirken, wel-
ches Fräulein Narz, die Tochter eines in Frankfurt bekannten
und geschätzten, vor einigen Jahren verstorbenen Musiklehrers,
daselbst veranstaltete- Die „Didaökalia" sagt in ihrer Nummer
32Pvom 3. Dezember darüber: „Herr Becker ist den hiesigen
Musikfreunden aus unser!« Museum bereits rühmlichst bekamu
und zählte zu den bedeutendsten unter den jüngeren Violinspielern.
Obwohl sich Herr Becker in der belgischen Schule unter Kette-
nus und unter dem Einfluß von de Benot, Älard u. A. gebil-
det, ist er dennoch, was man ihm mit Recht nachrühmt, dem
deutschen Sinn und Stil treu geblieben und vereinigt mit den
eleganten Formen seiner Spielweise die Innigkeit und Wärme
eines poetischen und höchst ausdrucksvollen Vortags. Sein wahr-
haft ausgezeichnetes Spiel erfreute sich jener lebhaften und ein-
stimmigen Anerkennung, welche ein kunstsinniges Publikum dem
wahren Talente und den meisterhaften Leistungen zu spenden sich
gedrungen fühlt. Herr Concertmeister Becker wird seine Stellung
in Mannheim demnächst verlassen, um in Paris und London
seine reiche Befähigung in weiteren Kreisen und gewiß mit glän-
zendem Erfolg geltend zu machen. Wie wir vernehmen, wird
Herr Becker vor seiner Abreise nach Paris in Frankfurt noch
ein Concert veranstalten."
* Am 26. Nov. langte der neuernannte Amtsvorstand,
Oberamtmann Schneider in Ladenburg an, in Handschuchs-
heim von einer Deputation begrüßt, Abends durch ein Ständ-
chen, und andern 'Tags durch ein Festessen geehrt.
* Durch Allerhöchste Ordre wird dem pensionirten Oberst-
lleutenant v. Seldeneck die Erlaubniß crtheilr, die Uniform deö
1. Dragonerregiments tragen zu dürfen.
* Die „Karlsr- Ztg." berichtet ausführlich über die Ver-
haftung des vorm. preuß. Geh. Hofr- Wedecke irr Freiburg
welche in schweiz. Blättern vielfach besprochen worden. Hienach
erschien am 28. v. M. bei dem Polizeiamt .in Freiburg der
preuß. Polizeidirektor Stieber ans Berlin, zeigte zu seiner Legi-
timation einen Verhaftsbefehl des preuß. Stadtgerichts Berlin
vom 20. Okt- l. I. gegen den vormaligen preuß. Geh. Hofrath
Wedecke, genannt „Baron von Hermsdorf," wegen Betrugs und
versuchter Erpressung vor, und bat um den schleunigen Vollzug,
da, soviel er wisse, Wedecke mit dem nächsten Bahnzug in Frei-
bürg ankommen werde. Nach der Bestimmung des Bundesbe-
schluffes vom 26. März 1854 durfte sich das großh. Polizeiamt

dem Vollzüge dieses Antrags nicht entziehen. Der mit den^Voll-
zug beauftragte Polizeikommissär begab sich mit Hrn. Stieber
au. den Bahnhof,, und als ihm dort bei Ankunft des Bahnzugs
Hr. Wedecke bezeichnet worden war, vollzog er die Verhaftung.
* Am 29: Nov. begann die Ko nfta nzer Konradimesse,
von wahrem Frühlingswetter begleitet. — In der darauf fol-
genden Nacht kam das Feuerwehrkorps zum erstenmale in Ue-
bung, indem in Allmanusdorf die Scheuer eines Hosgutes ab-
brannte.
AuS der Pfalz, 29. Novbr. Der Preßpreceß gegen den
alten Dr. Arndt ist in die Sitzung des Schwurgerichts vom 6.
Deeember firirt. Eine Verhandlung vor den Geschwornen findet
aber nur statt, wenn Arndt persönlich erscheint. Im Nichterschei-
nungSfalle tritt das Contumacialverfahren vor dem Assissenge-
richt ein. Diese Sache erregt allenthalben großes Aufsehen, nicht
allein wegen der berühmten Persönlichkeit des Angeschuldigten,
sondern auch wegen des Gegenstandes der Anklage. Dieselbe be-
trifft Thatsachen, die vor mehr als einem halben Jahrhundert
sich ereignet haben sollen, die verlebte Personen, d'en Feldma-
schall Wrede, betreffen, die also der Geschichte auheimgefallen
sind. Kein Mitglied der Familie Wrede bewohnt den Pfalzkreis,
oder hat eine gerichtliche Verfolgung beantragt; ebensowenig das
bayerische Kricgsininisterium. Man beschränkte sich in München
auf eine Berichtigung der von Arndt behaupteten Thatsache, in
der „N- Münch.'Ztg." und der „Allgem. Ztg." (siehe Nr. 224).
Man ist daher sehr gespannt, bei der öffentlichen Verhandlung
die Gründe zu erfahren, weßhalb in Zweibrücken, der entlegen-
sten Gerichtsstadt Bayerns, gegen Arndt gerichtlich eingeschritten
würd'«
Aus Bingen Horen wir von einem betrübenden Unglücks-
fall, dessen Opfer der in Büdesheim wohnende praktische Arzt,
Dr. Canto (von Mainz) geworden ist. Auf der Prgris in eini-
gen jenseitigen nassauischen Orten begriffen, wollte sich derselbe
unterwegs eine Cigarre anzündenz beim Anstreichen des Streich-
hölzchens flog ein" Stückchen der absprühenden Phosphormasse
auf das Mittelglied eines Fingers und brannte ein. Der hier-
durch verur achte Schmer-- nahm rasch in einem solchen Grade
zu, daß der Arzt, welcher wie gewöhnlich die nöthigsten Instru-
mente bei sich führte, sich selbst die betreffende Stelle ausschnitt
und die Auöblutung beförderte. Dieses Mittel half nicht und
Causö sah sich genöthigt, umzukehren und in Rüdesheim den
Finger abnehmen zu lassen. Aber auch diese schmerzliche Opera-
tion" blieb ohne die gehoffte Wirkung, das Gift hatte sich bereits
in das Gefäßsystem gearbeitet und in Bingen in Anspruch ge-
nommener ärztlicher Beistand hielt das Abnehmen deS Armes
für unumgänglich nöthig. Nachdem der Unglückliche sich gefaßt
auch dieser Operation unterworfen hatte, war er dennoch irk we-
nigen Stunden eine Leiche. — Wenn auch die giftige Eigen-
schaft deS Phosphors im Allgemeinen bekannt sein dürfte, so
liegt in diesem traurigen Vorfall doch eine schreckliche Warnung.
Möglicher Weise war der Phosphor der unseligen Zündhölzchen
indessen auch von giftigen thienschcn Abfällen bereitet und unrein,
! der Fall steht wenigstens unter den Phosphorvergiftungsfällen
t vereinzelt da, fordert aber neben den vielen andern Unglücksfäl-
len zur größten Vorsicht in dem Gebrauch des gefährlichen Feuer-
zeugs aus. (M. A.)
Gießen, 30. Nov. Heute starb dahier Dr. Friedrich Osann,
ordentlicher Professor der Eloquenz und klassischen Literatur, nach
kurzer Krankheit (Lungenentzündung), 64 Jahre alt.
* Die preußischen Provinzial-Landtage der Provinzen
i Preußen, Schlesien, Sachsen, Westphalen und der Rhein - Pro-
! vinz sind auf den >2. Dezember zusammenberufen.
l * * Die-freie Religionsgemeinde in Magdeburg hat ein
 
Annotationen