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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 129 – Nr. 153 (1. Juni – 30. Juni)
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Nr. 148
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0639

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Erscheint, Momaqs ausaenom- Anzetc^en werden in dem „Mann-
ILtt men, täglich Morgens in 18»si 24 ^UM Heimer Anzeiger" urck dem
Ftr. r-to. Exempl. und kostet mit dem Unter- Leu ,,Strastenplakat' zusammen Lo«»o
battunqsblatte vierteljährl. L L kr. die gcwohnl.Zeile berechn.mirÄ kr.

Schwurgerichts IZerhandlungen.
Mannheim, 22. Juni. Die heutige Sitzung präsidirte
Gr. Hofgerichtsrath Löwig, Staatsanwalt war Gr- Hofgerichts-
rath v. Freydorf, Vertheidiger: O G A. Dr. Gentil, Rechtsanwalt
Friedmann und Referendar Grinnn. Angeklagt waren: die ledigen
Dienstknechte Michael Bender von Edingen, Peter Ziegler von
Weinheim, Ersterer 27, Letzterer 31 Jahre alt, wegen Diebstahls
uud der 54jährige Bürger und Cigarrenmacher zu Seckenheim
Johann Keck wegen Begünstigung.
Die beiden Hauptangeklagteu hatten unter Mitwirkung des
abwesenden und deßhalb heute nicht abgeurtheilten Michael Bauer
von Oberlaudenbach gegen Ende des vorigen Jahres ihrem Dienst-
herrn Johann Georg Jakob Volz zu Seckenheim dadurch unge-
fähr 25 Büschel Tabak im Wertste von 16—17 Gulden ent-
wendet, daß sie die Höhe eines von allen Seiten gut verschlossenen,
zur Aufbewahrung deS Tabaks benutzten Stalles erstiegen, von
da den Bauer mittelst eines Strickes durch eine lll/2 Fuß breite
Oeffnung der Decke und äußeren Mauer hinabließen, au diesem
Strick die einzelnen Büschel uud dann den Bauer selbst, welcher
diese Büschel von innen angebunden hatte, wieder herauszogen. Von
dem entwendeten Tabak trugen dann beide Angeklagten und Mich.
Bauer zu Johann Keck, dem sie schon früher gestohlenen Tabak
verkauft hatten. Keck lag schon zu Bette und die Angeklagten
legten deßhalb den entwendeten Tabak in dessen Hof. Morgens
eignete Keck sich denselben zu. Am nächsten Tage verlangten
Bender und Ziegler Bezahlung, wobei Letzterer ausdrücklich er-
wähnte, daß der Tabak gestohlen sei. Keck wurde mit ihnen über
den Preis — 24 und 30 kr. pr. Buschel — einig, versprach
Zahlung auf 26. Dezember, verzögerte dieselbe aber unter ver-
schiedenen Vorwänden. Unterdessen wurde die Untersuchung auf
Anzeige des Bestohlenen eingeleitet. Bis dies geschah, hacke Keck
den Tabak theilweise zu Cigarren verarbeitet, nur ein Rest von
2 Buscheln wurde durch die Untersuchungsbehörde noch bei ihm
vorgefunden und abgeholt.
Die Geschworenen bejahten die über die Schuld des Keck
an sie gestellte Frage mit einem Zusatze, welcher dessen Freispre-
chung von der Anklage zur Folge hatte. Die übrigen, die beiden
andern Angeklagten betreffenden Fragen wurden ohne Zusatz be-
jaht und demnach dieselben dem Anträge des Staatsanwalts ge-
mäß des durch Ein steigen gefährlichen Dicbsstahls schuldig er-
klärt und jeder zu 2 Jahren Zuchthaus (1^ Jahren Ein-
zelhaft) geschärft durch 21 Tage Hungerkost verurtbeilt.
V" Mannheim, 23. Juni. Heute saßen der 43jährige
Kräutersammler Wilhelm Heckel von Leutershausen und der 35-
jährige Zieglergeselle Georg Sperling von da, ersterer wegen fal-
schen Zeugnisses, letzterer wegen Anstiftung hiezu auf der Anklage-
bank. Den Vorsitz der Verhandlung führte Gr. Hofgerichtsrath
Ahles, Staatsanwalt war Gr. Hofgerichtsrath v. Freydorf, Ver-
teidiger die O-G.A. Achenbach und Bensinger.
In der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1852 wurde
Hettel zwischen 1 und 2 Uhr auf der Heimkehr vom Kroncn-
wirthshause in Leutershausen von zwei Burschen überfallen und
mit langen Latten derart auf den Kopf geschlagen, daß er einige
Tage im Bette liegen mußte und eine Arbeitsunfähigkeit von 8
Tagen davontrug. In der deßhalb eingeleiteten Untersuchung
versicherte Hettel eidlich, daß er die Urheber seiner Verletzung
nicht kenne und daß er überhaupt, weil er betrunken gewesen, über
den Hergang keine Auskunft zu geben im Stande sei. Er suchte
insbesondere jeden Verdacht von dem als Thäter zugleich mit
einem gewissen Ignaz Braud in Untersuchung gezogenen Georg
Sperling von Leutershausen abzuwenden Die heutigen Verhand-
lungen haben hergestellt, daß Georg Sperling einer der Thäter
war, daß Hettel dies zur Zeit seiner Einvernahme wohl wußte,
daß er zu Gunsten des Sperling wissentlich falsches Zeugniß ab-

legte und daß er hierzu durch das Versprechen eines Lohnes
Seitens des Georg Sperling bestimmt worden war. Auf Grund
des dahin gehenden Ausspruchs der Geschworenen wurde Wilh.
Hettel deS falschen Zeugnisses, Georg Sperling der Anstiftung
zu diesem Verbrechen durch den Schwurgerichtshos schuldig erklärt
uud Ersterer zu 3 Jahren Zuchthaus (2 Jahre in Einzelhaft),
Letzterer zu 2 Jahren Zuchthaus (l^ Jahre in Einzelhaft) beide
s zur Unfähigkeit zum Eide und gerichtlichen Zeugnisse verurtheilt.

/X Mannheim, 23. Juni. Die Gesellschaft „Sänger-
bund" gab gestern ihren passiven Mitgliedern aus der „Mühlaue"
eine gesellige Abendunterhaltung, die eine rühmliche Erwähnung
verdient. Schon lange vor 6 Uhr waren die einladenden Räume
des „Mühlau-Schlößchens" zahlreich besetzt. Die Abendunterhal-
tung begann mit Aufführung von Gesangstücken. In sehr ge-
lungener Weise trugen die Sanger in Solo und Chor die ge-
wählten Nummern eines reichen Programmes vor, stets stürmisch
belohnt durch den ausrichtigsten Beifall des dankbaren Publikums.
Musikstücke füllten die Pausen und luden endlich zu einem Tanze
ein, der die heiteren Gäste bis in Vie späte Nacht auf das an-
genehmste fesselte. Diese Abendunterhaltung verdient eine Stelle
würdiger Erinnerung in den vielen gelelligen Vergnügungen un-
serer Stadt.
ch Mannheim, 23. Juni. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 22.-23. Juni: 341 Personen.
* Aus Baden. Wegen Ablebens Ihrer Durchlaucht der
Prinzessin Franziska Marie von Lichtenstein, Tochter des regie-
renden Fürsten von Lichtenstein, legt der großherzogl. Hof auf
3 Tage Trauer an. — Die Versammlung der Bierbrauer in
Karlsruhe nahm am 22. Juni ihren Anfang. Im Laufe
dieses Tages waren an 230 Bierbraucreibesttzer mitunter aus
den entferntesten Gegenden eingetroffen. Man erwartet am zwei-
ten Tage eine Zahl von 500 Theilnehmern. Die Berathungen
sind geheim. — Der Wasserstand des Neckars ist fast wieder
dem vorjährigen gleich. An vielen Stellen werden die, die Schiff-
fahrt erschwerenden Steine entfernt. — Die diesjährige Wall-
dürner Wallfahrt mag wohl über 40,000 Menschen zusammen
geführt haben.
Hofrath Dr. v. Tertor in Würzburg feierte am 21.
Juni sein 50jährigeö Doktorjubiläum.
* Aus der Pfalz wird ebenfalls über die Dürre geklagt.
Für die Halmfrüchte betrachtet man den Regen schon zu spät
Dagegen würde er allen übrigen Creöcentien noch wesentlich
nützen. Viele Tabaköpflanzer haben auch dieses Jahr wieder mit
-der badischen Gesellschaft für Tabaksbau und Handel Lieferungs-
verträge abgeschlossen, wornach sie für den Zentner grünen, be-
reits eingefaßten Tabak 2 Gulden erhalten, was etwa 12 st. für
den Zentner getrockneten beträgt.
* Am 30. Juni findet in Darmstadt die 15. Jahresver-
sammlung des Gustav-Adolf-Vereins des Großherzogthums Hessen
' statt.
Generallieutenant v. Reitzenstein übernahm am 21. Juni
I das Vice-Gouvernement der Buudesfestung Mainz.
Frankfurt, 20. Juni. Der sechswöchige Termin, welcher
l Dänemark von Seiten des deutschen Bundes bewilligt wurde,
um sich endlich über seine Plane in Betreff der konstitutionellen
. Organisation der Herzogthümer Holstein und Lauenburg bestimmter
i auszusprechen, ist beinahe abgelaufen. Allem Anschein nach wird
das Kopenhagener Kabinet entweder gar keine oder eine aus-
weichende Antwort geben. Die letztere Annahme wird wohl die
richtigere sein, da das höflichere Verfahren am meisten Wahr-
scheinlichkett für sich hat. Die Sachen furd jedoch zu weit ge-
z kommen, als daß man hiebei stehen bleiben könnte. Die Bun-
desversammlung ist moralisch genöthigt, ihrem letzten Beschluß
gemäß zu handeln, und in dieser Beziehung ist selbst eine Zöge-
 
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