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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 78 – Nr. 102 (1. April – 30. April)
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Nr. 89
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0375

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Rr. 89.

Erscheint, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens und kostet
mit dem Unterhaltungs-Blatte
vierteljährlich kr.

Donnerstag, 15 April

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit H kr.

1858.

* Mannheim, 14. April. Mil dem Eintritte der besseren
Witterung beginnen abwechselnd wieder die Uebungen der Feuer-
wehr. Indem dadurch das so nützliche Institut wieder mehr in
die Oeffentlichkeit tritt, dürfte die Mittheilung der seit dem letzten
Jahr durch Erfahrung und Personenwechsel darin vorgenommenen
Veränderungen von Interesse sein. .
Die durch den Uebcrzug des Herrn Georg Wunder nach
Karlsruhe erledigte Kommandantur .nd das Präsidium des
Verwaltungsraths übernimmt Herr Michael Wirsching, wäh-
rend Herr Stadtbaumeister Kieferle die technische Direktion der
Feuerwehr leitet. Herr Wilhelm Heckel, 2. Hauptmann der
1. Compagnie, ist bei einem ansprechenden Brande m Abwesen-
heit des 1. Commandanten dessen Stellvertreter. Vorsorglich
sind für das Theater bei einem allenfalls auöbrechenden Brande
11 Mann der aktiven Feuerwehr bestimmt, die in der Nähe
wohnen, wobei Herr Kiefer!e das Oberkommando und Herr
Adolph Heimann, als zunächst Wohnender, die Ersatzstelle hat.
Einem jeden der 11 Mann werden durch den Herrn Maschinisten
Mühldorfer die verschiedenen Krahnen der Löschanstalten im
Theatergebäude gezeigt werden. Der auswärtige Dienst besteht
aus 15 Mann. Eintretenden Falls werden diese nicht durch
Allarmsignale, sondern durch die Polizeimannschast, welche das
Verzeichniß auf der Wachtstube hat, zusammen gerufen werden.
Der wirkliche Ausmarsch nach Außen findet erst dann statt, wenn ein
Feuerreiker von der betreffenden Brandstelle eintrifft. Der Ver-
sammlungsort ist im Bauhof. Herr Postmeister Schmitt ist
beauftragt, die Pferde zur Spritze abzugcben. Das Commando
über diese 13 Pumper haben die Herren Zustus Kleebach und
Friedr. Hoffmann, beide Schlauchführer. Die Reserve besteht
aus 4 Compagnien, bisher zu 100 Mann, welche aber jetzt auf
130 bis 140 Mann gebracht werden. Eine jede dieser Com-
pagnien wird von 1 Hauptmann angeführt, an dessen Stelle un
Verhinderungsfälle ein Ersatzmann tritt. Bisher war jede Kom-
pagnie in 4 Abtheilungen getrennt, von denen jede einen Obmann
hatte. Nach der neuen Eintheiluug gibt es 6 Abtheilungen mit
einem 1. Obmann und einem Ersatzmann an der Spitze, so daß
12 Obmänner bestehen. Die 1. und 2. Reservekompagnie be-
dienen keine Spritzensondern sind zum Wasserreichen re. und
zum Ablösen der ermüdeten Mannschaft der 1. und 2. aktiven
Compagnieen bestimmt. Die Wassersuhrleute sind vom großh.
Stadtamt aufgefordert, bei jedem Brande mit ihren Fässern zu
erscheinen und ist dazu 1 Obmann, Herr M. Klippel, sowie
zum Rcguiriren der Brunnen 1 Obmann, Hr. Frdch. Wunder,
bestimmt. Die Herren Bierbrauer und Küfer versehen den Dienst
theils mit Butten, besonders aber mit ihren großen,Fässern, die
sich bei dem letzten Brande durch plötzliche Herbeibringung einer
großen Wassermenge auszeichneten. Die aktiven Kompagnien be-
stehen: aus einem 1. u. 2. Hauptmann, 2 Aerzten (Hr. Dettmar
Alt und Herr Adolph Troß), 2 Chirurgen (Hr. I. Rensch
und Hr. B. Brühl), 3 Signaliften (1 Stabs- und 2 Comp.),
4 Tambouren, wovon jeder Kompagnie 2 angehören. Die
Mannschaften jeder einzelnen Kompagnie bestehen äus: 13 Ar-
beitern, 11 Rettern, 13 Steigern, 13 Schlauchführern, 42 Pum-
pern und 11 Duttenträgern. Jede einzelne Abtheilung steht wie-
der unter einem Obmann, Im Ganzen also 225 eingekleidcten
Mann. Die Herren Aerzte sind nicht eingekleidet, sondern mit
rochen Chärpen versehen. Die Bewachungö-, resp. Schutzmann-
schaften, welche theils die zu rettenden Möbel beitragen und zu
bewachen haben, besteht aus 21 Mann, mit einer weißen Chärpe
ausgezeichnet, unter der Obmannschaft des Herrn Frz. Artaria.
— Mannheim, 12. April. Thatsache ist, daß die Mehr-
heit der Commission der badischen Kammer für die Regierungs-
vorlage, die Erhöhung der Rübenzuckerstcucr betreffend, sich erklärt
hat. Wie groß die dafür stimmende Majorität der Commission
gewesen und welcher Gesichtspunkt für dieselbe dabei der ent-

scheidende war, darüber hat man bis jetzt noch Nichts vernom-
men. Sollte man etwa geltend gemacht haben, daß die Ueber-
cinkunst vom 4. April 1^53 nicht zwischen den Zollvereinsregie-
rungen und den Zucker-Fabrikanten abgeschlossen worden sei und
! daß in sofern auch die ersteren nicht formell an diese Ueberein-
j kunft gebunden seien? Dies angenommen, begreifen wir nicht,
l zu welchem Zwecke man das Zuckersteuergesetz von 1853 der Art
i abgcfaßt hat, daß darin die Dauer desselben genau angegeben
und die Bedingungen, unter denen nur allein eine Erhöhung
j während der zwölfjährigen Periode eintreten solle, klar und deut-
i lich festsetzte. Wollte man nicht, gerade durch die Art der Fassung
! die national-ökonomische Wichtigkeit der Rübenzuckerindustrie er-
! kennend, den Fabrikanten eine Garantie für die Beibehaltung deS
l unteren 6. März 1854 gesetzlich bestimmten Steuerbetrugs von
§ 6 Sgr. per Zentner roher Rüben bei sich gleich bleibenden
Steuer- und Zoll-Einnahmen bieten und sie indirekt zur weiteren
Ausdehnung und Vergrößerung ihrer Fabriken auffordern. Die
letztjährigen Beträge der Steuer,Einnahmen, die der vorhergehen-
den Jahre sehr erheblich überschreitend, rechtfertigen nun nach dem
Gesetze vom 6. März 1854 eine weitere Erhöhung der Steuer
nicht. Müßte nun bei jetzt etwa eintretender Erhöhung nicht al-
lein die eben blühende vaterländische Industrie äus die allernach-
theiligste Weise beeinträchtigt und dem einzelnen Fabrikanten ins-
besondere auf eine gar nicht zu rechtfertigende Weise ungewöhnlich
große Verluste brreitet werden? Wenn auch einige Jahre hin-
durch den Fabriken ein sehr schöner Nutzen zu Theil geworden,
so war dies eineslheils die Folge der künstlich in die Höhe ge-
schraubten Spiritus- und Zucker-Preise, anverntheils die Folge
der in Amerika zweimal nnßrathenen Zuckererndten. Der Rausch
i der Jahre 1856 und 1857 ist nun vorüber und ruhige Ueber-
? legung ist an die Stelle der blinden Spekulationswuth getreten.
! Es sind somit nur ganz besonders günstige Conjuncturen Ursache
! des großen Gewinnes der Zuckerfabriken in den Jahren 1856
und 1857 gewesen und wird auch, selbst für den Fall, daß der
Gesetzentwurf von den Kammern der Zollvereinsländer nicht an-
genommen wird, der den betheiligten Gewerbtreibenden für die
nächsten Jahre in Aussicht stehende Nutzen in Folge der seit
Beginn dieses Jahres namhaft zurückgegangenen Zucker- und
Spiritus-Preise um ein bedeutendes sich vermindern, und vielleicht
manche kleine Fabrik ihre Arbeiten einstellen müssen. Formell .zu-
lässig ist die Vorlage nach der Fassung des betreffenden Steuer-
gesetzes nicht und was die materiellen Gründe anbelangt, welche
für einen, dem ausländischen Zucker zu gewährenden, größeren
Schutz sprechen sollen, so halten nur dieselben nach der eben ge-
gebenen Darlegung der früheren und jetzigen aus die Rübenzucker-
Industrie Bezug habenden Verhältnisse, vom national-ökonomischen
Standpunkte aus die Sache prüfend, für nichts weniger als
stichhaltig. Ein treues Bild der über diesen Punkt in den Kam-
mern herrschenden Stimmungen und Ansichten wird uns erst die
Debatte über die Zulässigkeit oder Nicht-Zulässigkeit des Gesetz-
entwurfs selbst zu geben vermögen, und haben wir Ursache zu
glauben, daß die Gesammtheit der badischen Kammer üicht so
günstig wie die Commission derselben für die Vorlage gestimmt
ist. Ein unbestrittenes Recht der Kammern aller deutschen Ein-
zelstaaten des Zollvereins ist, die Taris-Veränderungen zu geneh-
migen oder zu verwerfen und sehen wir gar nicht ein, warum
sie nicht alle ohne Ausnahme von der ihnen zustehenden Aus-
übung dieses ihres Rechts in dieser für die meisten Zollvereins-
> länder so höchst wichtigen Sache vollen Gebrauch zu machen be-
! fugt sein sollten. Kein Ministerium, weder das badische noch
das preußische, wird, so glauben wir, daran gedacht haben, die-
ses bezügliche Recht den Kammern schmälern zu wollen.
ff Mannheim, 14. April. Stand der Fremden hiesiger
Stadl vom 13.— 14. April: 284 Personen.
* Aus Baden. Die Vorbereitungen zur nächsten Natur-
 
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