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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 154 – Nr. 180 (1. Juli – 31. Juli)
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Nr. 167
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Freitag, 16. Juli

Rr. 167

Erscheim, Montags ausgenom-
men, täglich Morgens in 1800
Excmpl. und rostet mir dein Unter-
haltungöblatte vierrctsährl. kr.

Anzeigen Verden in dem „Mann-
heimer Anzeiger" und dem rägli-
chen „Straßenplakat" zusammen
die gewöhnl.Zeile berechn, mit L kc.

einen größern Gebrauch machen wird, als früher angenommen
war. Es werden deßhalb nicht allein die Arbeiten an den beiden
Rheinbrücken bei Waldshut und Kehl (nebst Verlängerung der
dortigen Bahn bis zum Rhein und Erbauung eines neuen Bahn-
hofes daselbst) sehr rasch betrieben, sondern es sollen auch, wie
wir aus guter Quelle vernehmen, die Arbeiten an der Pforzhei-
mer Bahn nicht auf den Tunnel bei Ispringen und einer schwie-
rigen Stelle bei Erstngen beschränkt, sondern auf die ganze Linie
von Durlach bis Wilferdingen ausgedehnt werden, so daß schon
bis Herbst kommenden Jahres diese letzte Strecke befahren wer-
den kann. Ferner wird beabsichtigt, die Rhcinbrücke bei Con-
stanz, welche für die dortige Eisenbahn nöthig ist, schon jetzt her-
zustellen, da ihre Erbauung voraussichtlich einen längeren Zeit-
raum in Anspruch nehmen wird, als die übrigen Eisenbahnar-
beiten. Endlich soll auch mit dem Bau der Heidelberg-Würz-
burger Bahn begonnen werden, sobald die Vorarbeiten es zulassen.
Dies würde etwa in diesem Herbst geschehen können, und zwar
in der Weise, daß die schwierigen Stellen bei Heidelberg und
beim Uebergang über den Neckar in der Gegend von Neckarelz
in Angriff genommen werden. Wir sind überzeugt, daß diese
Folgen unserer jetzigen Geldverlegenheit die freudigste Aufnahme
im ganzen Lande finden werden. " (B. C.-Bl.)
Das bayerische Lotto hat abermals in München zwei
Opfer gefordert. Ein sonst ehrlicher Mann, Kasfendiener M- bei
der Eisenbahn, verspielte 800 st. fremdes Geld im Lotto, ging
dann flüchtig, sein Weib und 6 Kinder hinterlassend. Ein fast
70jahriger Briefträger entwendete den Inhalt aus Geldbriefen,
um Lotto fpielen zu können. Derselbe ist verhaftet. Wann wird
Deutschland endlich einmal von der Landplage des privilegirten
Spieles befreit sein?
* Neber das Schicksal des vor geraumer Zeit von dem
Münchener Bierbrauer Pschorr nach Brasilien geschickten Bieres
erfahrt man, daß dasselbe auf dem Meere zu Grunde gegangen
fein soll, indem es die Faßböden hinausdrückte. (Ob hiezu die
Matrosen nicht ein wenig mitgewirkt haben?) — Ein weiteres
Biermalheur ist dem Bräuer Fest in München widerfahren, daß näm-
lich esserne Reife au Lagerfässern zersprangen, wodurch das Bier
die Böden hinausdrückte und wobei 78 Eimer Bier zu Grunde
gingen. Wer möchte nach solchen Vorkommnissen noch die Macht
des Bieres bezweifeln?
In Bamberg hat man eine Taschendiebin aus Berlin,
Charlotte Babel, auf der That erwischt. Sie zog einer Dame,
die mit dem Eilzug gekommen war, beim Aussteigen aus dem
Wagen ihr Portemonnaie aus der Tasche und im Wartsaal nahm
sie ihr auch noch die Börse mit 10 Thalern weg. Sie wurde
abgeführt und noch am selbigen Abend zu zweimonatlicher Ge-
fängnißstrafe mit Entziehung aller warmen Speisen verurtheilt.
* Nürnberg, 13. Juli. Tie Gattin des ehemaligen Po-
lizei-Offizianten Rang, des berüchtigten Verfassers des „schwarzen
Buches", wurde heute früh erhängt gesunden.
* Würzburg, 13. Juli. Am Samstage wurden in den
k. Weinbergen die ersten weichen Beeren gefunden.
Der bekannte Landwirts) Adam Müller von Gerhardsbrunn
ladet zu einem Besuche bei dem Versuche einer Erndtemaschiuc aus
der Hamm'schen Fabrik in Leipzig auf Samstag den k7. Juli,
Vormittags 10 Uhr, nach Frankenthal ein. Der Ort des
Versuchs ist auf dem Frankenthaler Bahnhofe zu erfahren.
* Am 11. d. Mts. fand man in dem Garten des Herrn
Bürgermeisters Kreiselmeier von Ruchheim in der Pfalz an
einem Frühtraubeustocke die ersten schwarzen Trauben.
* An einem Frühtraubenstock in dem Garten des Bürger-
meisters Webe! zu Großkarlbach fand man an, 13. Juli d>.e
ersten sich färbenden Beeren, was in dem ausgezeichneten Wein-
jahre 1857 erst 10—12 Tage später stattfand.
Bei Hrn. Schelhorn in Forst sind schwarze Trauben, die

- Mannheim, 12^ Juli. Um die seit ungefähr 2 Monaten
erledigte Direktorstelle der Ludwigshafener Schleppschifffahrts-Ge-
sellschaft findet nach dem „Heilbronner Tageblatt" eine ungewöhn-
lich starke Bewerbung statt. Am. 9. d. sollte in einer dazu an-
beraumten Sitzung des Verwaltungsrathes über die eingelaufenen
Gesuche entschieden werden; doch sollen die Vorschläge so sehr
auseinander gegangen sein, daß nach einer sehr lebhaften Debatte
die Entscheidung auf eine zweite, am 23. d. zu gleichem Zwecke
anberaumte Sitzung verschoben wurde.
— Mannheim, 15. Juli. Sicherem Vernehmen nach
wurde kürzlich durch hofgerichtliches Unheil gegen Konrad Sch-
von G. eine 6monatliche Kreisgefängnißstrafe wegen Erccssen auf
dem Lcwenkeller dahier, insbesondere wegen der dabei verübten
thätlichen Widersetzlichkeit gegen das Polizeipcrsonal, erkannt.
Möge dieses Unheil auf andere zu Ercessen geneigte junge Leute
einen wohlthatigen Einfluß ausüden und dieselben von weiteren
Ruhestörungen abbalten.
ff Mannheim, 15. Juli. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 14.—15. Juli: 303 Personen.
* Aus Baden. Das schöne Bild „die Vertheidigung
der Heidelberger Brücke" von Wilhelm Emele, wurde bei der
Ausstellung in Wien von dem Kaiser von Oesterreich angekauft.
— Das Stadtgericht Karlsruhe leitete im Frühjahre 1856
gegen mehrere Personen wegen mehr als 100 Wucherfällen eine
Unters ichung ein, in Folge deren das Hofgericht des Mittelrheinkreises
Urtheile bis zu 25,000 fl. ergehen ließ. Ein Rekurs an das
großh. Obcrhofgericht milderte diese Strecke auf die Summe von
4000 fl. — Die Versilberungsfabrik Christopfle und Comp. hat
für ihre ledigen und verheiracheten Arbeiter Wohnungen erbaut,
welche in diesen Tagen bezogen werden. Die praktische Einthei-
lung dieser Wohnungen wird sehr gelobt und wünscht man, es
möchten die übrigen großen Fabriken Karlsruhes ein Gleiches
thun, um dadurch den übrigen Einwohnern wieder zu billigeren Woh-
nungen zu verhelfen. — Die Universität Freiburg wählte den
Professor Schmitt zu ihrem Vertreter bei der Jubelfeier in Jena-
AuS Baden. Unsere Regierung befindet sich gegenwär-
tig in einiger Geldverlegenheit, von der nur zu wünschen ist, daß
sie öfters wiederkehren möchte. Es ergeht uns nämlich nicht
Wie manchen andern Staaten, welche Ueberfluß an Geldmangel
besitzen, sondern unsere Verlegenheit besteht in dem Ueberfluß an
Geld und in dem Umstand, daß solches nicht zinsbringend ange-
legt werden kann. Schon am Schluffe des Landtages befanden
sich 7 Millionen Gulden vorräthig in der Staatskasse; sie wur-
den mit einem, wenn nöthig, zu machenden Anleihen von weite-
ren 7 Millionen dazu bestimmt, die in die jetzige Budgetperiode
fallenden Eisenbahubauarbeiten zu decken. Nun stellt eS sich aber
heraus, daß die erforderlichen Mittel für neue Eisenbahnen und
Eisenbahnbrücken, soweit sie bis zum Schluffe des nächsten Jahres
gebaut werden können, die Staatskasse nicht in dem unterstellten
Maße in Anspruch nehmen werden; denn es wird die Waldö-
hut-Schaffhaustn-Singener Linie nicht zum Ausbau gelangen, da
die jetzige Höhe der schweizerischen Pralensionen von unserer
Regierung nicht zugegeben werden kann. Hiezu kommt ferner,
daß die bisher üblichen Darleihen der Amonisationskasse an Ban-
kiers oder Private gegen Faustpfand nicht gesucht sind — wahr-
scheinlich weil der Handel und Verkehr sich des früheren Auf-
schwungs noch nicht wieder erfreut. Somit besteht die Frage da-
rin, wie das vorräthige Geld nutzbringend anzulegen ist. Sollen
etwa frühere Anleihen gekündigt, soll etwa der Zinsfuß von einem
Anleihen herabgesetzt werden? Tieft Ansicht dürfte weniger Aus-
sicht haben, denn die beschlossenen Eisenbahnbauten machen die Aus-
gabe des jetzigen Geldvorraths und die Aufnahme eimS neuen An-
lehens später doch noch nothwcndig. Unter diesen Umständen ge-
winnt die Aussicht am meisten Wahrscheinlichkeit, daß die großh.
Regierung von ihrer Befugniß, neue Eisenbahnen auözubauen,
 
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