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Mannheimer Anzeiger — 1858

DOI Kapitel:
Nr. 28 – Nr. 51 (1. Februar – 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0211

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Nr. 5V.

Erscheint, Montags ausgenom-
Samstag, 27. Februar

vierteijährlich kr.

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" nnd dem täglichen
„Straßenplakat" die Zeile berech-
net mit T kr.

1888.

Bestellungen auf den „Mannheimer
Anzeiger" und das „Unterhaltungs-
blatt" für den Monat März können für
18 kr. gemacht werden bei allen Postanstalten, den Boten der
Umgegend, den Tragern in der Stadt und bei
der Expedition.

ff Mannheim, 27. Febr. Freunde der französischen Li-
teratur machen wir auf die heute Abend 7 Uhr im kleinen Aula-
Saale stattfindende Vorlesung des Herrn M. Salvador auf-
merksam. Da der Ertrag des Abends zum Besten der Armen
bestimmt ist, so läßt sich leicht das Angenehme mit dem Nütz-
lichen verbinden.
7 Mannheim, 26. Febr. Stand der Fremden hiesiger Stadt
vom 25. — 26. Febr.: 215 Personen.
* Im Unterrheinkreise fanden im Fahr 1857 den Tod
durch Ertrinken 18, Sturz 19, Ersticken im Kohlendampf 2,
Chloroform 1, Erschlagen bei einem Bau und in einem Stein-
bruch 2, Verschütten in Brunnen und Gruben 6, Ueberschütten
mit kochenden! Kaffee 1, Herabstürzen von einem Eisenbahnwagen
während der Fahrt 1 , Erschießen beim Verarbeiten eines alten,
geladenen Gewehrs 1, Erdrücken durch ein Kammrad I, Zertre-
ten durch einen Stier 1, Stoß einer Wagendeichsel 1, Uebergenuß
geistiger Getränke 2, Verbrennen 2, Ueberfahren 8, Fallen von
einem Baum 1, zusammen 67 Personen. — Auf dem Schwarz-
walde herrscht seit einiger Zeit in einzelnen Gemeinden die so-
genannte Rothkrankheit so stark unter den Kindern, daß viele
Schulen geschlossen find. — Die Dienstprüfung der evangelischen
Volksschulkandidaten beginnt am 13. April d. I., Vormittags
8 Uhr, im Schullehrerseminar in Karlsruhe. Zeugnisse sind bin-
nen 4 Wochen an gr. evangel. Oberkirchenrath einzusenden.
* In Bayern hat die Behörde eben viel mit der Religion
zu thun. Zuerst waren es die Protestanten, die sich der „Kir-
chenzucht" des Ober-Consistorialvirektorö Dr. Harleß nicht fügen
wollten, und durch ihr srcimüthiges Zusammenhalten am Ende
auch in ihren bisherigen Ordnungen belassen wurden; jetzt find
es die Katholiken, von denen 5 Geistliche zum sogenannten „Jr-
vingianiömus" übertraten und für sich und ihre Anhänger das
Recht gemeinschaftlicher Religionsübungen verlangten. Die Re-
gierung dagegen verfahrt mit allen möglichen Polizeimaßregeln
gegen die Prediger und Anhänger des Jrvingianismus, dem sie
das angesuchte Recht der geduldeten Sekten für das Königreich
verweigert.
, * * In München starb der bekannte Landschaftsmaler
C. Roß.
Wörther Schiffbrücke. Der Badmeister Jakob Hart-
mann aus Pfortz, welcher unlängst die Fluthen des ganzen Rhei-
nes durchschritt, wird dieses seltene Schauspiel nächsten Sonntag
den 28. d. M., Mittags 3 Uhr, wiederholen. Voraussichtlich wird
sich dabei wieder eine große Zuschauermenge einfinden. (Pf. Z.)
Altrip, 23. Febr. Ich versäume nicht, Ihnen im Inter-
esse aller Freunde des Altcrthums zu berichten, daß die höchst
interessanten und beträchtlichen Ruinen mitten im Rhein bei Alt-
rip , die wahrscheinlich die Fundamente des römischen Castels
^lts ii'pa sind, eben, was beinahe schon 200 Jahre nicht mehr
der Fall war, sehr gut können gesehen werden. Das höchst ge-
legene Gestein ist von Wasser frei und man kann darauf stehen.
Jedermann wird über die Festigkeit und den Umfang der Stein-
masse, die so viele Jahrhunderte dem hier sehr reißenden Strome
Trotz geboten hat, und die in zum Theil noch sehr scharfen Um-
rissen die Anlage des Baues erkennen laßt, erstaunt sein. Für
eine geringe Vergütung bringen die Fischer Altripps die Fremden
vermittelst ihrer Fahrzeuge an diese jedenfalls interessanteste Ruine
im Rheinstrome. (Pf. Ztg.)

Stuttgart, 24 Febr. Konzertmeister Jean Becker aus
Mannheim ist gestern im Abonnementskonzert aufgetreten und
hat wiederholten und sehr warmen Beifall gefunden. Sein Spiel
von seltener Frische, Kraft und Eleganz, darf hier für ziemlich neu
gelten. (H. T.)
* In Wüstenroth bei Weinsberg erplodirte in dem Laden
eines Krämers eine kleine Quantität Pulver, wodurch in der
nächsten Umgebung an Gebäuden große Beschädigungen entstan-
den und die "darin sich aufhaltenden Personen bedeutende Brand-
wunden erhielten.
Köln, 23. Febr. Ein Duell zwischen zwei Bonner Stu-
; deuten hatte den traurigen Ausgang, daß einer derselben, durch
i einen Hieb schwer verletzt, in Folge desselben gestorben ist. (E. Z.)
* Wien, 22. Febr. Man hat die Einrichtung getroffen,
i daß jetzt der Weg von Wien nach Berlin auf der Eisenbahn in
25 Stunden zurückgelegt werden kann. Auch kann an beiden
Orten die direkte Gepäckaufgabe erfolgen.
* Die französischen Minister lieben es jetzt, in ihren Er-
lassen geschichtliche und staatsrechtliche Auseinandersetzungen zu
geben, und auch Graf Morny thut dies in seinem Bericht, den
er über das „Verdachtigungsgesetz" abgefaßt hat. Zum Thema haben
sie alle den Zustand Frankreichs, der durch eine geringe Zahl
unverbesserlicher Fanatiker fortwährend bedroht sei. Ist es nun
nicht ein Widerspruch, wenn man die Zahl der Gegner der be-
stehenden Ordnung eine geringe nennt und doch der ganzen
französischen Nation eine Beschränkung der Freiheit nach der
andern auflegt?
Während den französischen Blättern die Veröffentlichung deS
Anklageaktes in Bezug auf das Attentat vom 14. Jan. unter-
sagt ist, bringt bereits heute die Köln. Ztg. denselben in extenso
— ein neuer Beweis, daß man, vorab in Paris, für Geld im-
mer Verräther findet. Die Angeklagten sind: 1) Felir Orsini,
39 Jahre alt, Schriftsteller, im Kirchenstaate geboren, 2) Karl
v. Rudio, 25 I. alt, Sprachlehrer, im Venetianischen gebürtig,
3) Anton Gomez, 29 I. alt, Bedienter, in Neapel geboren, 4)
Joseph Andreas Pierri, Sprachlehrer, in Lucca gebürtig, 5) Si-
mon Franz Bernard, 50 Jahre alt, ehemaliger Marine-Arzt, in
Carcassonne geboren, zur Zeit flüchtig. (Pf. Z.)
* En gl and. Die Bildung eines Ministeriuins Derby ist gelun-
gen und zwar ohne die Theilnahme der Peeliten, welche die Einladung
zum Eintritt in dasselde auöschlugen. Die Namen haben wir mit-
gctheilt. Wie man sieht, gehören alle Mitglieder des neuen Ca-
binets den Tory's, der altconservativen Partei, an und die Zu-
sammensetzung ist fast dieselbe wie im Jahre 1852. Es entsteht
nun die Frage, ob das neue Cabinet auf die Dauer sich wird
halten können? So viel ist gewiß, daß es im Unterhaus bei
weitem nicht die Majorität hat. Das osficiöse Wochenblatt „Ob-
server" schätzt die Zahl der Anhänger Lord Decby's im Hause
der Gemeinen auf nicht mehr als 150 bis !90. Etwas anders
wird die Stärke der Parteien in einem Pariser Blatt angegeben.
Darnach verfügen die Tory's über 260 Stimmen, etwa 100
Mitglieder nennen sich Gemäßigt-Conservative, die Liberalen zäh-
len, als Trümmer der alten Whigpartei, 120 Mitglieder, die sich
unter Lord Palmerston und Lord John Ruffel in zwei Lager
theilen, und die Zahl der Radikalen beträgt 80; außerdem zählt
das Parlament eine kleine Zahl Peeliten, Anhänger der Man-
chesterschule und einige Ercentrische, wie Roebuck u. A. Nimmt
man diese Angaben als richtig an, so fehlen also den. Ministerium
Derby noch etwa 60 bis 80 stimmen zur Majorität, und somit
wäre für dasselbe die Theilnahme der Peeliten (einer konservati-
ven Partei in mehr continentalem Sinne, die einige tüchtige
Kräfte, wie Gladstone und Earl Grey, besitzt) immerhin ein
großer Gewinn gewesen. Sollte iudeß Lord Derby keine Majo-
rität erhalten, so vermuthet man, daß er zu einer Auflösung deS
Parlaments schreiten werde.
 
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