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Mannheimer Anzeiger — 1858

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Nr. 1 – Nr. 27 (1. Januar – 31. Januar)
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Nr. 27
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https://doi.org/10.11588/diglit.29921#0117

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1838

Erscheint, Montags ausgenom- Anzeigen werden im „Mannhei-
97 men, täglich Morgens nnd kostet mer Anzeiger" und dem täglichen
^k. »I. mit dem Unterhaltungs-Blatte OZ.. ^AU.»zuur-. „Straßeuplakat" die Zeile berech-
viertcljährlich /»L. kr. net mit Z kr.

Bestellungen auf den „Mannheimer
Anzeiger" und das „Unterhaltungs-
blatt" für die Monate Februar und März
können für 36 kr. gemacht werden bei allen Postanstalten, den
Boten der Umgegend, den Trägern in der Stadt und bei
der Expedition.

-7-Mannheim, 28. Jan. „Im ersten Viertel des Jahres
1858 ereignen sich zwei interessante Himmelserscheinungen, welche
beide ihrem ganzen Verlaufe nach in unseren Gegenden sichtbar
sind. Am 27. Februar des Abends wird der Mond in den
Schatten der Erde eintauchen und -dadurch einem Theile seiner
Scheibe das Sonnenlicht entzogen werden. Am 15. März, bald
nach 12 Uhr Mittags, tritt der Mond zwischen uns und die
Sonne und wird für einige Zeit den größeren Theil ihrer Scheibe
bedecken." Dieses ist der Eingang einer so eben aus der Presse
gekommenen Darstellung und Beschreibung der beiden im Jahre
1858 bei uns sichtbaren Finsternisse. Der Verfasser der Bro-
schüre, Ingenieur Dr. Nell in Mainz, welcher bekanntlich als
Astronom an der Mannheimer Sternwarte angestellt war, hat in
allgemein faßlicher Form den Gegenstand behandelt und dem
Werkchen eine lithographirte Tafel beigegeben, welche für den
Laien zum Verständniß von wesentlichem Vortheil ist, und zum
Nachdenken anregt. Sie ist Verlag von Viktor von Jabern in
Mainz. Möge das Werkchen überall die Anerkennung finden,
welche es verdient!
7 Mannheim, 30. Jan. Stand der Fremden hiesiger Stadt
vom 29.-30. Jan.: 197 Personen.
* Karlsruhe, 29. Jan. Heute Nachmittag 3 Uhr sand
die feierliche Beisetzung der hohen Leiche des höchstseligen Groß-
herzogs Ludwig nach der dem veröffentlichten Programm ent-
sprechenden Weise statt. Eine zahlreich leidtragende Volksmenge
war aus naher und weiter Ferne zusammengeströmt, um an der
Gruft des vielgeliebten Fürsten das letzte Trauergewinde auf den
volksumweinten Sarg niederzulegen. Der nun in Gott ruhende
Großherzog Ludwig, geboren den 15. August 1824 im markgräf-
lichen Palaste dahier, war der Sohn des höchstseligen Großhcr-
zogs Leopold, des Unvergeßlichen, und der Großherzogin Sophie,
Höchstwelche in Folge anstrengender Pflege des geliebten Sohnes
selbst erkrankte, und der ältere Bruder Sr. Kgl. Hoh. des regie-
renden Großherzogs Friedrich, mit Höchstwelchem er unter der
Leitung des ff Geh. Raths Dr. Karl Friedrich Riuck erzogen
wurde. Unter der Leitung der Majore v. Hinkeldey und Ludwig
widmeten sich beide erlauchten Brüder gleichzeitig den militärischen
Studien. Von Großherzog Leopold als Lieutenant dem Grena-
dier-Bataillon des Leib-Jnfanterie-Regiments aggregirt, bezog
Ludwig am 14. Juli 1841 erstmals als Kommandant die Haupt-
und Schloßwache und wurde nach praktischer Dienstleistung am
10. August 1841 zum Hauptmanne befördert. Am 1. Dezember
1843 begaben sich beide Prinzen zu einem 6monatlichen Aufent-
halte an den kaiserlichen Hof nach Wien und kehrten am 10.
Junr 1844 wieder nach Karlsruhe zurück, um sich sofort zur
Fortsetzung ihrer Studien auf die Universität Heidelberg zu bege-
ben, wo sie beinahe zwei Jahre Privatkollegien und öffentliche
Vorlesungen mit lebhaftestem Interesse und schönstem Erfolge be-
suchten. Nach diesen akademischen Studien trat der junge Erb-
großherzog eine längere Reise in das Ausland an, wurde aber
schon in Antwerpen bedenklich krank. Ein längerer Aufenthalt
in Italien schien von gutem Erfolge für seine Gesundheit zu sein.
Er bildete sich nach der Rückkehr in das von ihm stets innigst,
geliebte Vaterland als Major und Oberst in den Kriegswissen-
schäften aus, nahm Antheil an den Verhandlungen der ersten
Ständekammer, allein seine Krankheit nahm immer mehr über-
hand, und als im Jahre 1852 der höchstselige Großherzog Leopold

durch Krankheit verhindert war, den Regierungsgeschästen sich
ferner zu unterziehen, mußte der jetzt regierende Großherzog Fried-
rich an die Stelle seines älteren Bruders Ludwig mit der stell-
vertretenden Sorge für die ^Regierung betraut werden, und bei
dem herannahenden Tode Leopolds sahen sich dw Großherzogin
Sophie und die Agnaten des großh. Hauses genöthigt, auf den
Grund des einstimmigen Gutachtens besonders beeidigter Aerzte,
wornach die schwere Geistes- und Körperkrankheit des Erbgroß-
herzogs diesem für immer unmöglich machte, die durch das Recht
der Erstgeburt ihm zufallenden landesherrlichen Rechte und Pflich-
ten zu übernehmen, die Bestimmung zu treffen, daß der zweite
Sohn Leopolds, Friedrich, die Regierung mit allen der Souve-
ränität innewohnenden Rechten und Befugnissen übernehme. Seit
dem Tode des Großherzogs Leopold hatten sich die Krankheits-
umstände Ludwigs, Höchstwelcher nun den Titel „Großherzog"
führte, stets verschlimmert und nur die sorgfältigste Pflege konnte
das Leben des unglücklichen Fürsten bis jetzt verlängern. Gegen
Ende des letztverflossenen Jahres gesellten sich aber zu den un-
aussprechlich qualvollen Leiden des hohen Patienten noch heftige
katarrhalische Zustände, welchen die ohnehin rief herabgesunkene
Kraft des theueren Herrn nicht mehr gewachsen war. Schwerere
Leiden mögen wohl nicht leicht einem Fürsten vom Himmel auf-
erlegt worden sein, und nur die Ueberzeugung kann Trost geben,
daß der geliebte Verstorbene jetzt den himmlischen Lohn für seine
gottergebene, geduldige Unterwerfung unter den göttlichen Willen
empfange. Der Herr gebe Ruhe und Friede seiner Asche und
tröste und segne die vom tiefsten Schmerze gebeugten erlauchten
Hinterbliebenen!
Speyer, 29. Jan. Seit einigen Tagen zeigt sich in hie-
siger Gegend mehr Kauflust für Tabak. Die Preise sind jedoch
geringer als im vorigen Jahre und betragen, wie man hört,
nur 12-16 fl. ' (Pf. I.)
* Zweibrücken, 27. Jan. Zur Warnung für die Zopf-
abschneider macht das k. Polizeikommissariat in einer Bekannt-
machung darauf aufmerksam, daß das Vergehen des Zopfabschnci-
denö mit einer Gefängnißstrafe von 2 bis 5 Jahren und einer
Geldbuße von 50 bis 500 Franken bestraft werden kann. —
Das dasige Bürgermeisteramt sichert Demjenigen, der einen sol-
chen Thäter entdeckt und zur Strafe bringt, eine Belohnung von
55 fl. aus der Stadtkasse zu.
* In dem gewerbfleißigen Offenbach hat seit dem neuen
Jahre die Geschäftsstockung noch mehr zugenommen. Die größten
Fabriken beschäftigen ihre Arbeiter nur noch theilweise, die kleinen
stehen ganz still. Ueber 1000 auswärtige Fabrikarbeiter haben
ihre Pässe erhalten, weil keine Arbeit für sie da ist.
Wiesbaden, 26. Jan. Die Abgeordneten der Musikver-
eine der Städte Mainz, Mannheim und Darmstadt waren gestern
mit den hiesigen Abgeordneten zusammengetreten, um die Wahl
des Dirigenten des großen dritten mittrlrheinischen Musikfestes,
das nach dem angenommenen Turnus in diesem Jahre und zwar
in der ersten Hälfte des September-Monats hier in Wies-
baden abgehalten wird, sowie die Feststellung des Festpro-
grammes vorzunehmen. Die Berathung fand im Theater
statt. Der Theater-Intendant, Freiherr v. Bose, richtete an die
Abgeordneten eine Ansprache. Der Kapellmeister Hagen von hier
wurde einstimmig zum Dirigenten des Musikfestes gewählt; den
ersten Tag der Leitung trat derselbe jedoch an den im vorigen
Jahre durch Krankheit verhindert gewesenen Hofkapellmeister Lach-
ner von Mannheim ab. Abends wohnten sämmtliche Abgeordnete
einem Concerte des Cäcilienvcreines bei, dem sich ein zahlreich
besuchtes Souper anschloß. Da außer dem Cursaal, der sich nicht
gut zu einer solchen Produktion eignet, auch den Kurzwecken nicht
wohl auf mehrere Tage entzogen werden kann, kein anderes
größeres Lokal vorhanden ist, so wird eitle große Halle in der
Nähe der Kurhaus-Lokalitäten besonders gebaut werden Man
 
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